Filmtage auch in Homburg - In-4mation
Filmtage auch in Homburg - In-4mation
Filmtage auch in Homburg - In-4mation
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www.<strong>in</strong>-<strong>4mation</strong>.de<br />
Das Jugendmagaz<strong>in</strong> der Arbeitskammer des Saarlandes<br />
Ak-<strong>Filmtage</strong> Saarbrücken<br />
<strong>Filmtage</strong> <strong>in</strong> <strong>Homburg</strong><br />
S<strong>in</strong>us-Jugendstudie<br />
Fotoausstellung:<br />
Stählerne Gewalt<br />
Jan Delay<br />
Bewertungsportale<br />
Das Heft im Heft:<br />
Wissen, was Sache ist<br />
Jugendarbeitsschutz<br />
IGM/ver.di:<br />
Millimeterarbeit<br />
Der Schwimmer<br />
Lucien Haßdenteufel<br />
Jugend forscht<br />
Organspende<br />
Mobilfunk-Strahlen<br />
2. Chance<br />
Reklamehelden<br />
Zivilcourage<br />
September 2009<br />
1
Die AK-<strong>Filmtage</strong> richten sich vor allem an<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, Auszubildende<br />
und Jugendgruppen. Sie bieten täglich<br />
drei kostenlose Vorstellungen: 8.30 Uhr,<br />
11 Uhr und 17 Uhr. Allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e<br />
Anmeldung erforderlich, Karten werden<br />
dann <strong>in</strong> der Reihenfolge der Anmeldungen<br />
reserviert. Die Abendvorstellungen<br />
um 20 Uhr zum ermäßigten<br />
Preis von 3 Euro s<strong>in</strong>d frei zugänglich.<br />
Karten gibt es im freien Verkauf an der<br />
Abendkasse.<br />
Alle Filme werden gezeigt im<br />
„k<strong>in</strong>o achte<strong>in</strong>halb“, Nauwieserstraße 19,<br />
66111 Saarbrücken.<br />
Zu den Filmen steht im <strong>In</strong>ternet umfangreiches<br />
<strong>In</strong>formations- und Unterrichtsmaterial<br />
zum Download bereit: www.arbeitskammer.de/filmtage2009<br />
Anmeldungen und <strong>In</strong>formationen:<br />
Tel.: (06 81) 40 05-212<br />
Fax: (06 81) 40 05-259<br />
E-Mail: filmtage@arbeitskammer.de<br />
Schirmherrschaft:<br />
Astrid Klug, Parlamentarische<br />
Staats sekretär<strong>in</strong> im<br />
Bundesumwelt m<strong>in</strong>isterium<br />
Stefan Mörsdorf, Umweltm<strong>in</strong>ister<br />
des Saarlandes<br />
Offiziell eröffnet werden die AK-<strong>Filmtage</strong><br />
am 21. September um 19 Uhr im „k<strong>in</strong>o<br />
achte<strong>in</strong>halb“, <strong>in</strong> Anwesenheit von Astrid<br />
Klug, Stefan Mörsdorf und Shaheen Dill-<br />
Riaz, Regisseur des Eröffnungsfilms „Eisenfresser“.<br />
Im Anschluss an die 20-Uhr-<br />
Vorstellung besteht Gelegenheit zur<br />
Diskussion mit ihm.<br />
Die AK-<strong>Filmtage</strong> f<strong>in</strong>den statt <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit SchulK<strong>in</strong>oWochen Saarland<br />
und der Landeszentrale für politische<br />
Bildung.<br />
Mit kritischem Blick<br />
Montag, 21.09.2009<br />
Eisenfresser<br />
Dienstag, 22.09.2009<br />
Leben außer<br />
Kontrolle<br />
Mittwoch, 23.09.2009<br />
Work<strong>in</strong>gman’s<br />
Death<br />
Mit den AK-<strong>Filmtage</strong>n bietet die<br />
Arbeitskammer <strong>auch</strong> <strong>in</strong> diesem<br />
Jahr wieder die Möglichkeit, die<br />
Welt aus der Sicht von Filmemachern<br />
mit kritischem Blick<br />
zu betrachten, H<strong>in</strong>tergründe<br />
zu erfahren und darüber zu<br />
diskutieren.<br />
Auf dem Programm stehen Dokumentar-<br />
und Spielfilme, die sich <strong>in</strong> diesem<br />
Jahr mit dem Thema Ausbeutung befassen:<br />
Denn weltweit werden <strong>auch</strong> im<br />
21. Jahrhundert sowohl die menschliche<br />
Arbeitskraft als <strong>auch</strong> unsere natürlichen<br />
Lebensgrundlagen ausgenutzt und zerstört.<br />
Kritische Filmemacher werfen e<strong>in</strong>en<br />
Blick h<strong>in</strong>ter die Kulissen des Geschäfts<br />
mit der Ware Arbeitskraft und<br />
der Ware Lebensmittel (siehe Programm<br />
und <strong>In</strong>fos im Kasten).<br />
Ak - F i l m t a g e vom 21. bis 25. 9. 2009<br />
Dokumentarfilm,<br />
Regie: Shaheen Dill-Riaz<br />
85 M<strong>in</strong>., D 2007<br />
<strong>In</strong> Bangladesch, am e<strong>in</strong>stmals weißen<br />
Strand von Chittagong am Golf von Bengalen,<br />
f<strong>in</strong>den ausgemusterte Tanker und<br />
Conta<strong>in</strong>erschiffe ihr Ende: <strong>In</strong> Abwrackungswerften<br />
werden die Ozeanriesen<br />
von tausenden von Arbeitern mühsam<br />
mit bloßen Händen zerlegt. Barfuß ziehen<br />
sie die tonnenschweren Schiffe mit<br />
Seilen an Land.„Lohakhor“ nennt man<br />
sie hier – „Eisenfresser“. PHP steht für<br />
„Peace, Happ<strong>in</strong>ess and Prosperty“ und so<br />
heißt die Werft, auf der die Kle<strong>in</strong>bauern<br />
Kholil und Gadu seit Jahren anheuern.<br />
Für ihre Arbeitgeber werben sie Männer,<br />
meistens Verwandte, und nehmen sie mit<br />
auf die Reise <strong>in</strong> den Süden nach Chittagong.<br />
Die jährliche Hungersnot nach den<br />
Überschwemmungen der Regenzeit<br />
zw<strong>in</strong>gt sie, ihre Heimat zu verlassen.<br />
Der Regisseur Shaheen Dill-Riaz wurde<br />
Zeuge e<strong>in</strong>es Systems von Ausbeutung,<br />
dem nur die wenigsten Arbeiter entkommen<br />
können: Die Saisonarbeiter aus<br />
dem Norden erledigen nicht nur die gefährlichsten<br />
Arbeiten auf der Werft, sondern<br />
geraten dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ausweglose<br />
Schuldenfalle. Mit e<strong>in</strong>em komplizierten<br />
Geflecht aus Vorschüssen und Krediten<br />
werden sie auf die Werften gelockt und<br />
müssen sich bei den ortsansässigen Lebensmittelhändlern<br />
versorgen. Dort machen<br />
sie Schulden, die ihnen später von<br />
ihrem Lohn abgezogen werden. Oft<br />
bleibt so wenig übrig, dass die Männer<br />
ihre Heimreise nicht mehr bezahlen können.<br />
„Ich wollte wissen, wer diese Menschen<br />
s<strong>in</strong>d, die über Monate für e<strong>in</strong>en<br />
Hungerlohn zu uns <strong>in</strong> den Süden kommen“,<br />
erklärt Regisseur Shaheen Dill-Riaz,<br />
der <strong>in</strong> der Nähe von Chittagong aufwuchs,<br />
die Motivation für se<strong>in</strong>en Film.<br />
Ausgelaugt, ausgebeutet und gebrochen<br />
gel<strong>in</strong>gt nur wenigen Arbeitern, die er<br />
begleitet hat, der Ausstieg. Und so wird<br />
das Überleben auf der Werft bestimmt<br />
von e<strong>in</strong>em verhängnisvollen Kreislauf<br />
aus Not und Ausbeutung. Für „Eisenfresser“<br />
erhielt Shaheen Dill-Riaz, der seit<br />
1992 <strong>in</strong> Deutschland lebt und <strong>in</strong> Babelsberg<br />
Kamera studiert hat, zahlreiche<br />
Preise und Auszeichnungen.<br />
Dokumentarfilm<br />
Regie: Bertram Verhaag<br />
und Gabriele Kröber<br />
95 M<strong>in</strong>., D 2004<br />
Mitte der 80er Jahre hat die Wissenschaft<br />
mit der Gentechnologie den<br />
Schlüssel gefunden, sich die Erde und<br />
vor allem ihre Geschöpfe endgültig untertan<br />
zu machen. Plötzlich schien alles<br />
möglich! 20 Jahre später begeben wir<br />
uns auf e<strong>in</strong>e Weltreise, um die fortschreitende<br />
Genmanipulation bei Pflanzen,<br />
Tieren und Menschen zu erkunden:<br />
Wegen e<strong>in</strong>er katastrophalen Ernte bei<br />
gentechnisch veränderter Baumwolle<br />
stehen viele <strong>in</strong>dische Bauern vor dem<br />
Ru<strong>in</strong>, verkaufen e<strong>in</strong>e Niere oder begehen<br />
Selbstmord. <strong>In</strong> Kanada weht genmanipulierter<br />
Rapssamen auf die Felder<br />
benachbarter Biobauern und macht damit<br />
ökologischen Anbau unmöglich.<br />
Das isländische Parlament verkauft das<br />
gesamte Genpotential se<strong>in</strong>er Bevölkerung<br />
an e<strong>in</strong>e private Firma, die die Daten<br />
wiederum gew<strong>in</strong>nbr<strong>in</strong>gend an die<br />
Pharma<strong>in</strong>dustrie und Versicherungen<br />
weiterverkaufen will.<br />
Als „Vampirprojekt“ wird e<strong>in</strong> Forschungsprojekt<br />
bezeichnet, bei dem<br />
700 sogenannten aussterbenden Völkern<br />
– unter dem Vorwand gesundheitlicher<br />
Vorsorge – Blut-, Haar-, und Speichelproben<br />
entnommen werden. Die<br />
Genproben verschw<strong>in</strong>den <strong>in</strong> den Labors<br />
der <strong>In</strong>dustrie und sollen wertvolle Patente<br />
ermöglichen. Weltweit bieten nur<br />
e<strong>in</strong>e Handvoll idealistischer Wissenschaftler<br />
der <strong>In</strong>dustrie die Stirn und<br />
untersuchen – unabhängig von deren<br />
Geld – die Auswirkungen transgener<br />
Tiere und Pflanzen auf die Umwelt und<br />
auf unsere Gesundheit, wenn wir diese<br />
genmanipulierten Lebensmittel zu uns<br />
nehmen.<br />
Dokumentarfilm<br />
Regie: Michael Glawogger<br />
126 M<strong>in</strong>., Österreich/Deutschland 2005<br />
Stirbt die Arbeiterklasse aus? Verschw<strong>in</strong>det<br />
körperliche Schwerstarbeit, oder<br />
wird sie nur unsichtbar? Wo ist sie im<br />
21. Jahrhundert noch zu f<strong>in</strong>den?<br />
„Work<strong>in</strong>gman’s death“, der Film von<br />
Michael Glawogger, folgt den Spuren<br />
der realen Arbeit <strong>in</strong> unserem Jahrhundert.<br />
Dabei bewegt er sich e<strong>in</strong>mal um<br />
die Erde. <strong>In</strong> sechs Kapiteln dokumentiert<br />
er, wo die Helden der Arbeit heute zu<br />
f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d und unter welchen unwürdigen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen sie leben und arbeiten:<br />
<strong>in</strong> den illegalen M<strong>in</strong>en der Ukra<strong>in</strong>e,<br />
auf den Schwefelbergen <strong>in</strong><br />
<strong>In</strong>donesien, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schlachthof <strong>in</strong> Nigeria,<br />
auf e<strong>in</strong>er Schiffsabwrack-Werft <strong>in</strong><br />
Pakistan und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ch<strong>in</strong>esischen<br />
Stahlwerk. Und schließlich kommt er<br />
<strong>auch</strong> <strong>in</strong> Deutschland an, wo e<strong>in</strong>e ehemals<br />
wichtige Hochofenanlage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Freizeitpark verwandelt wurde.<br />
Michael Glawogger: „Arbeit kann viel<br />
se<strong>in</strong>. Oft ist sie kaum sichtbar, manchmal<br />
schwer erklärbar, und <strong>in</strong> vielen Fällen<br />
nicht darstellbar. Schwere körperliche<br />
Arbeit ist sichtbar, erklärbar, darstellbar.<br />
Daher denke ich oft: sie ist die e<strong>in</strong>zig<br />
wirkliche Arbeit.“<br />
3
Donnerstag, 24.09.2009<br />
We feed the world<br />
Dokumentarfilm<br />
Regie: Erw<strong>in</strong> Wagenhofer,<br />
105 M<strong>in</strong>., Österreich 2005<br />
<strong>Filmtage</strong> <strong>auch</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Homburg</strong><br />
Tag für Tag wird <strong>in</strong> Wien gleich viel Brot<br />
entsorgt, wie Graz verbr<strong>auch</strong>t. Auf rund<br />
350.000 Hektar, vor allem <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika,<br />
werden Sojabohnen für die österreichische<br />
Viehwirtschaft angebaut, daneben<br />
hungert e<strong>in</strong> Viertel der<br />
e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung. Jede Europäer<strong>in</strong><br />
und jeder Europäer essen jährlich<br />
zehn Kilogramm künstlich bewässertes<br />
Treibhausgemüse aus Südspanien, wo<br />
deswegen die Wasserreserven knapp<br />
werden. Der österreichische Autor und<br />
Regisseur Erw<strong>in</strong> Wagenhofer hat sich auf<br />
die Spur unserer Lebensmittel gemacht.<br />
Sie hat ihn nach Frankreich, Spanien, Rumänien,<br />
<strong>in</strong> die Schweiz, nach Brasilien<br />
und zurück nach Österreich geführt.<br />
Roter Faden ist e<strong>in</strong> <strong>In</strong>terview mit Jean<br />
Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für<br />
das Recht auf Nahrung.<br />
Freitag, 25.09.2009<br />
It’s a Free World<br />
Spielfilm<br />
Regie: Ken Loach<br />
92 M<strong>in</strong>., GB/D/ITA/ESP 2007<br />
Mit Witz und emotionaler Wucht erzählt<br />
Ken Loach e<strong>in</strong>e berührende Geschichte<br />
von Soll und Haben, die so<br />
hochaktuell wie zeitlos ist.<br />
Angie ist e<strong>in</strong>e <strong>In</strong>dividualist<strong>in</strong> und steht<br />
mitten im Leben. Schlagfertig, attraktiv<br />
und selbstbewusst – <strong>in</strong> der alle<strong>in</strong>erziehenden<br />
Mutter lebt der Unternehmergeist<br />
e<strong>in</strong>er liberalen Wirtschaftswelt. Als<br />
sie ihren Job <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Personalvermittlung<br />
verliert, beschließt sie, ihre eigene<br />
Agentur auf die Be<strong>in</strong>e zu stellen. Sie<br />
steigt e<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Geschäft mit Gastarbeitern<br />
aus Osteuropa. Doch hier ist das Geschäftsklima<br />
rau, s<strong>in</strong>d Gesetze nur zum<br />
Übertreten da. Zusammen mit ihrer<br />
Freund<strong>in</strong> Rose verschafft sie legalen und<br />
illegalen E<strong>in</strong>wanderern Arbeit – wenn<br />
<strong>auch</strong> nur für e<strong>in</strong>en Tag. Doch der Erfolg<br />
macht hungrig und Angie ist bereit, für<br />
den nahenden Durchbruch alles aufs<br />
Spiel zu setzen.<br />
„We feed the world“ ist e<strong>in</strong> Film über<br />
Ernährung und Globalisierung, Fischer<br />
und Bauern, Fernfahrer und Konzernlenker,<br />
Warenströme und Geldflüsse –<br />
e<strong>in</strong> Film über den Mangel im Überfluss.<br />
Er gibt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvollen Bildern E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> die Produktion unserer Lebensmittel<br />
sowie erste Antworten auf die<br />
Frage, was der Hunger auf der Welt mit<br />
uns zu tun hat.<br />
Sie verliebt sich <strong>in</strong> Karol aus Polen und<br />
gerät unversehens zwischen die Fronten<br />
aus Wirtschaftsbossen, Menschenhändlern<br />
und aufbegehrende Arbeitern. Als<br />
sich e<strong>in</strong>es Tages e<strong>in</strong> Unternehmen <strong>in</strong><br />
Luft auflöst, muss Angie e<strong>in</strong>er aufgebrachten<br />
Masse Rede und Antwort stehen.<br />
Doch sie ist entschlossen, diesmal<br />
nicht leer auszugehen: Für ihr Glück ist<br />
sie bereit, alles zu tun und riskiert dabei<br />
das eigene Leben und das ihres K<strong>in</strong>des.<br />
Zu Wort kommen neben Fischern, Bauern,<br />
Agronomen, Biologen und Jean<br />
Ziegler <strong>auch</strong> der Produktionsdirektor<br />
des weltgrößten Saatgutherstellers Pioneer<br />
sowie Peter Brabeck, Konzernchef<br />
von Nestlé <strong>In</strong>ternational, dem größten<br />
Nahrungsmittelkonzern der Welt.<br />
Kaum e<strong>in</strong>em Regisseur gel<strong>in</strong>gt es derzeit<br />
so konsequent, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Geschichten<br />
die Strukturen e<strong>in</strong>er Welt offenzulegen,<br />
<strong>in</strong> der Verantwortung und Solidarität<br />
verschwunden s<strong>in</strong>d. Packend und e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich<br />
erzählt Ken Loach e<strong>in</strong> hervorragend<br />
besetztes Drama zwischen Wirtschaftskrimi<br />
und Familiengeschichte.<br />
Text: Gabi Hartmann<br />
Fotos: Verleih<br />
Am Mittwoch, 16. September, haben<br />
<strong>auch</strong> dort Schulklassen, Auszubildende<br />
und Jugendgruppen die Möglichkeit,<br />
kostenlos e<strong>in</strong>e der drei Vorstellungen<br />
(8.30 Uhr, 11 Uhr und 17.30 Uhr) im<br />
„Eden – C<strong>in</strong>ehouse“ (Zweibrücker Straße<br />
19) zu besuchen. Gezeigt wird der<br />
Eröffnungsfilm der letztjährigen<br />
AK-<strong>Filmtage</strong>, die bee<strong>in</strong>druckende Dokumentation<br />
„Über Wasser“ des österreichischen<br />
Regisseurs Udo Maurer. Dar<strong>in</strong><br />
erzählt er von der existenziellen Bedeutung<br />
des Wassers für die Menschheit: Im<br />
überfluteten Bangladesch, wo aus Häusern<br />
Boote werden, <strong>in</strong> der Steppe<br />
Kasachstans, wo Fischerdörfer nach dem<br />
Verschw<strong>in</strong>den des Aralsees plötzlich <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Wüste stehen, und <strong>in</strong> den dichtbesiedelten<br />
Slums von Nairobi, wo Tr<strong>in</strong>kwasser<br />
zur Ware und zu e<strong>in</strong>er Frage von<br />
Leben und Tod wird. Zum ermäßigten<br />
Preis von drei Euro ist der Film <strong>auch</strong><br />
um 20 Uhr zu sehen.<br />
Im Rahmen der Umwelt- und<br />
Friedenstage machen die <strong>Filmtage</strong><br />
diesmal <strong>auch</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Ab stecher nach <strong>Homburg</strong>.<br />
Zum gleichen Preis gibt es Karten<br />
für die Filmmat<strong>in</strong>ée am Sonntag,<br />
20. September, um 11 Uhr. Gezeigt<br />
wird der Dokumentarfilm „Unser täglich<br />
Brot“ des österreichischen Regisseurs<br />
Nikolaus Geyrhalter. Zum Rhythmus von<br />
Fließbändern und riesigen Masch<strong>in</strong>en<br />
gibt der Film kommentarlos E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong><br />
die Orte, an denen Nahrungsmittel <strong>in</strong><br />
Europa produziert werden: Monumentale<br />
Räume, surreale Landschaften und<br />
bizarre Klänge – e<strong>in</strong>e kühle <strong>in</strong>dustrielle<br />
Umgebung, die wenig Raum für <strong>In</strong>dividualität<br />
lässt.<br />
www.<strong>in</strong>-<strong>4mation</strong>.de<br />
Das Jugendmagaz<strong>in</strong> der Arbeitskammer des Saarlandes<br />
Ak-<strong>Filmtage</strong> Saarbrücken 2<br />
<strong>Filmtage</strong> <strong>in</strong> <strong>Homburg</strong> 4<br />
S<strong>in</strong>us-Jugendstudie 6<br />
Stählerne Gewalt 8<br />
Jan Delay 10<br />
Bewertungsportale 12<br />
Das Heft im Heft:<br />
Wissen, was Sache ist 13-20<br />
Jugendarbeitsschutz 21<br />
Millimeterarbeit 22<br />
Lucien Haßdenteufel 24<br />
Jugend forscht 25<br />
Organspende 26<br />
Mobilfunk-Strahlen 27<br />
2. Chance 28<br />
Reklamehelden 29<br />
Zivilcourage 30<br />
Impressum:<br />
Verleger: Arbeitskammer des Saarlandes,<br />
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit,<br />
Fritz-Dobisch-Straße 6-8, 66111 Saarbrücken,<br />
Tel. 0681/4005-406, Fax 4005-401<br />
Chefredakteur: Peter Riede<br />
Redaktion: Peter Jacob, Gabi Hartmann,<br />
Jürgen Matheis<br />
presse@arbeitskammer.de<br />
www.arbeitskammer.de<br />
www.<strong>in</strong>-<strong>4mation</strong>.de<br />
Autoren dieser Ausgabe: Kai Florian Becker,<br />
Sab<strong>in</strong>e Graf, Gabi Hartmann, Peter Jacob,<br />
Stefan Kerber<br />
Titelfoto: Saiful Huq (Portfolio: Life along the<br />
Coast L<strong>in</strong>e)<br />
Cartoon Rückseite: TOM<br />
Fotos: Pasquale D’Angiolillo, Deutsches<br />
Zeitungsmuseum Wadgassen, Filmverlage,<br />
Saiful Huq, Nicolas Oswald, Polizeiliche<br />
Krim<strong>in</strong>alprävention der Länder und des Bundes<br />
Layout: Kurt He<strong>in</strong>emann<br />
Mac-Operator: Lidw<strong>in</strong>a Müller<br />
Lithos: HR Medienservice, Saarlouis<br />
Druck: Kern Druck, Bexbach<br />
Gedruckt auf Umweltschutzpapier<br />
4
Wie ticken Jugendliche? Die<br />
neue „S<strong>in</strong>us-Jugendstudie“ hat<br />
die aktuellen „Jugendmilieus“<br />
untersucht und bemerkenswerte<br />
Details zu Tage gefördert.<br />
Die Vorstellung e<strong>in</strong>er Studie über Jugendmilieus<br />
hat immer e<strong>in</strong> bisschen was<br />
von e<strong>in</strong>em Kostümfest: Man betrachtet<br />
aus sicherer Entfernung diejenigen, die<br />
so unvorsichtig waren, sich zu verkleiden.<br />
Aber so e<strong>in</strong>fach ist es dann doch<br />
nicht, wie die von der Heidelberger<br />
S<strong>in</strong>us Sociovision GmbH vorgelegte Studie<br />
zeigte; sieben „Milieus“ fand sie, <strong>in</strong><br />
denen Jugendliche zwischen 14 und<br />
19 Jahren leben (sollen). Jeder gehört<br />
e<strong>in</strong> bisschen irgendwo dazu und f<strong>in</strong>det<br />
se<strong>in</strong>e Ecke <strong>in</strong> der Kartoffelgrafik, anhand<br />
derer Dr. Marc Calmbach, Musiksoziologe,<br />
Medienwissenschaftler und Verfasser<br />
der S<strong>in</strong>us-Studie, se<strong>in</strong>e Ergebnisse vor<br />
zahlreichem Publikum <strong>in</strong> der Arbeitskammer<br />
<strong>in</strong> Saarbrücken vorstellte.<br />
Dabei war das Wort „Studie“ ke<strong>in</strong> Anlass,<br />
das Hirn auf Standby-Modus zu<br />
schalten. Statt erwarteter Tabellen, Zahlen<br />
und staubiger Fakten, vorgetragen<br />
von e<strong>in</strong>em, dessen Jugendzeit mutmaßlich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Erdzeitalter verlief,<br />
kam alles ganz anders. Calmbach ist<br />
selbst Musiker <strong>in</strong> der dem <strong>In</strong>die-Rock zugeneigten<br />
Band „Monochrome“, Autor<br />
e<strong>in</strong>es Buchs über die Hardcore-Bewegung<br />
und als Wissenschaftler se<strong>in</strong>em<br />
Untersuchungsthema aufgeschlossen.<br />
Anstatt die klassische Verhörsituation zu<br />
schaffen, suchte er 132 K<strong>in</strong>der und Jugendliche<br />
zwischen 9 und 27 Jahren daheim<br />
auf, um direkt zu erfassen, was sie<br />
bestimmt: ihre Musik, ihr Kleidungsund<br />
Lebensstil, die politische E<strong>in</strong>stellung,<br />
ihr Verhältnis zu Religion und Kirche.<br />
Letzteres kam nicht von ungefähr;<br />
Auftraggeber der Studie waren das<br />
Hilfswerk Misereor und der Bund der<br />
Katholischen Jugend (BDKJ), zu dem<br />
Zweck, aus den Erkenntnissen Strategien<br />
zu entwickeln, um Jugendliche für<br />
die Kirche zu <strong>in</strong>teressieren und zurückzugew<strong>in</strong>nen.<br />
Die Ergebnisse freilich lassen<br />
sich „für die Jugendarbeit im Allgeme<strong>in</strong>en“<br />
als Ste<strong>in</strong>bruch nutzen,<br />
empfiehlt Marc Calmbach, um Angebote<br />
am tatsächlichen Bedarf auszurichten.<br />
Also konkret, was s<strong>in</strong>d etwa die Milieus<br />
der 14- bis 19-Jährigen? Etwa das<br />
„traditionelle“ Jugendmilieu, dem „alles<br />
Exzentrische suspekt ist“, was mit dem<br />
Griff zur CD von DJ Ötzi und PUR besiegelt<br />
wird. Versteht sich daher, dass für<br />
dieses Milieu Musik ke<strong>in</strong>e identitätsstiftende<br />
Bedeutung hat. Lange Haare,<br />
aber gepflegt, mag der Leitspruch des<br />
„bürgerlichen“ Jugendmilieus se<strong>in</strong>, das<br />
se<strong>in</strong>e Normalität betont, die „Fantastischen<br />
Vier“ und Robbie Williams hört<br />
und Zimmer bewohnt, <strong>in</strong> denen „ganz<br />
schön die Ikea-Bombe hochgegangen<br />
ist“, wie Calmbach e<strong>in</strong>en – versteht<br />
sich – zu e<strong>in</strong>em anderen Milieu zugehörenden<br />
Jugendlichen zitierte.<br />
Neue Jugendstudie<br />
Wenn<br />
die Ikea-<br />
Bombe<br />
Nur folgerichtig, dass <strong>auch</strong> dieses Milieu<br />
schrumpft, während das „konsum-materialistische“<br />
Lager wächst, das durch e<strong>in</strong><br />
ausgeprägtes Markenbewusstse<strong>in</strong> und<br />
die Frage „Was haben die anderen, und<br />
wo gibt es das günstig?“ gekennzeichnet<br />
ist. Willkommen <strong>in</strong> der Unterschicht,<br />
sagt Calmbach, deren Helden Detlev D!<br />
Soost, Bushido und 50 Cent heißen und<br />
deren mehrheitlich mit Haupt- oder<br />
Realschulabschluss, anschließender<br />
Ausbildung und vielfach mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
ausgestattete Mitglieder<br />
das Ziel def<strong>in</strong>ieren: „Get rich or die<br />
try<strong>in</strong>’“. Das ist alles ke<strong>in</strong> Thema für das<br />
Lager der „postmaterialistisch“ e<strong>in</strong>gestellten<br />
Jugendlichen, für die es gilt,<br />
„anders zu se<strong>in</strong>“ und dennoch <strong>in</strong> der<br />
Popkultur e<strong>in</strong>en festen Platz zu haben,<br />
weiß Marc Calmbach. Schließlich gibt es<br />
dort <strong>auch</strong> das Rollenfach des Rebellen,<br />
dessen Leben „Die Ärzte“ und die „Hohepriester<strong>in</strong><br />
aller postmaterialistischen<br />
Zwölftklässler<strong>in</strong>nen“, die „Wir s<strong>in</strong>d<br />
Helden“-Sänger<strong>in</strong> Judith Holofernes mit<br />
dem passenden Soundtrack untermalen.<br />
Dieses Milieu ist jedoch verschw<strong>in</strong>dend<br />
ger<strong>in</strong>g, verglichen mit den „Hedonisten“,<br />
all denen von Spaß und Lustgew<strong>in</strong>n Getriebenen<br />
mit Neigung zum Trash, solange<br />
die D<strong>in</strong>ge eher geil als ungeil s<strong>in</strong>d,<br />
wobei hier musikalisch vieles zwischen<br />
Tokio Hotel und Metallica möglich ist.<br />
„Das verliert sich mit dem Alter“, weiß<br />
der Verfasser der Studie. Nicht so bei der<br />
Gruppe der „modernen Performer“, die<br />
<strong>auch</strong> im Erwachsenenmilieu allmählich<br />
stärker wird und dem Milieu der „experimentalistischen<br />
Jugend“ mit ihrem kunterbunten<br />
„Identitätspatchwork“ mit<br />
dem Besten aus Ideologie, Design und<br />
Musik der letzten 40 Jahre den Rang<br />
abläuft. Dann gibt es noch den Typ des<br />
flexiblen, Netzwerke aufbauenden und<br />
nutzenden Zeitgenossen, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>s Garn<br />
der sozialen Netzwerke gewickelter Egotaktiker,<br />
der „pragmatisch, sicher und<br />
zielorientiert“ ist und „Wettkampfhärte“<br />
im Kampf um den Platz an der Sonne<br />
zeigt. Er fragt „Wer ist spannend, von<br />
wem kann ich profitieren?“ und hat<br />
Qualitäts- und Markenansprüche, die den<br />
luxusfixierten Konsummaterialisten aus<br />
der Unterschicht entsprechen.<br />
Hier s<strong>in</strong>d die wachsenden Milieus, während<br />
die Mitte allmählich verschw<strong>in</strong>det.<br />
Den eigenen Vorteil suchen und möglichst<br />
viel für sich herausholen, läuft auf<br />
„Moderne Performer“ vs. „dauershoppende<br />
Konsummaterialisten“ heraus,<br />
folgt man der Studie. Wobei hier ke<strong>in</strong><br />
Fest für Schwarzseher gefeiert, auf dem<br />
„Früher war alles besser“ gejammert<br />
wird. Zwar geht das politische Engagement<br />
Jugendlicher allgeme<strong>in</strong> zurück,<br />
aber das mag daran liegen, dass ihre<br />
Themen <strong>in</strong> der Politik nicht präsent s<strong>in</strong>d,<br />
wiederholt Marc Calmbach e<strong>in</strong>e bekannte<br />
Erkenntnis. Je nach Milieu verändert<br />
sich jedoch diese Ansicht, was Politik<br />
oder die eigene Zukunft angeht. Faustregel<br />
dabei: Wer begütert ist, schaut<br />
entspannter voraus, während der Konsumfixierte<br />
sehr wohl um se<strong>in</strong>e Suchtgefährdung<br />
weiß. Immerh<strong>in</strong>: Das Familienmodell<br />
der partnerschaftlich<br />
gleichgestellten Ehe geht allgeme<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
allen Milieus durch und ist <strong>in</strong> der Mitte<br />
der Gesellschaft angekommen. „Du<br />
musst es leben, um es zu verstehen“,<br />
lautet e<strong>in</strong> Satz aus dem experimentalistischen<br />
Jugendmilieu. Das mag im Umkehrschluss<br />
für diejenigen gelten, deren<br />
Job es ist, mit diesen Jugendmilieus, ob<br />
<strong>in</strong> Schule, Politik oder Freizeit, zu arbeiten:<br />
Du musst es verstehen, de<strong>in</strong> Angebot<br />
verändern, um damit zu leben.<br />
Text: Sab<strong>in</strong>e Graf<br />
Fotos: Nicolas Oswald<br />
hochgeht…<br />
Carsten Wippermann und<br />
Marc Calmbach: S<strong>in</strong>us-Milieustudie U 27:<br />
Wie ticken Jugendliche? Hg. von dem<br />
BDKJ und Misereor. Verlag Haus Altenberg,<br />
2008. ISBN-10: 3776102152; ISB-13:<br />
978-3776102154. Preis: 45 Euro.<br />
6<br />
7
Sie benutzen Hammer, Meißel<br />
und Säge, um rostige Schiffsbäuche<br />
aufzureißen, die scharfkantigen<br />
Stahlreste schleppen<br />
sie von Hand davon: Männer <strong>in</strong><br />
Flip-Flops r<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> Bangladesch<br />
mit stählernen Ozeandampfern.<br />
Unter extrem harten Bed<strong>in</strong>gungen<br />
wracken Arbeiter dort<br />
Schiffe ab – im so genannten<br />
„Ship Break<strong>in</strong>g Yard“.<br />
Im „Ship Break<strong>in</strong>g Yard“ s<strong>in</strong>d das Tagelöhner<br />
aus dem Norden Bangladeschs,<br />
die zum Überleben an die Küsten kommen.<br />
Sie werden von Kontaktpersonen<br />
der Abwrack-<strong>In</strong>dustrie angeworben und<br />
fliehen so vor der Armut zu Hause, wo<br />
sie <strong>in</strong> der Landwirtschaft arbeiten. E<strong>in</strong>ige<br />
Monate im Jahr leben sie geme<strong>in</strong>sam<br />
<strong>in</strong> Hütten aus Schrott und Holz, schuften<br />
den Tag über und verdienen weniger als<br />
zwei Euro am Tag.<br />
Das ist <strong>auch</strong> <strong>in</strong> Bangladesch wenig,<br />
wenn Miete und Essen bezahlt s<strong>in</strong>d –<br />
falls es überhaupt e<strong>in</strong>e Mahlzeit gibt –<br />
bleibt fast nichts übrig. Es ist e<strong>in</strong>e<br />
Foto-Ausstellung<br />
So ist es billiger, so stimmen die Gew<strong>in</strong>ne<br />
für die ehemaligen Besitzer der<br />
Schiffe <strong>in</strong> der Ersten Welt, die verschiedenen<br />
Zwischenhändler und die Unternehmer<br />
an der Küste Bangladeschs:<br />
Statt schwerer Masch<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d es verarmte<br />
Arbeiter, die ausrangierte Schiffe<br />
zerlegen. Die Verluste werden von den<br />
Profiteuren akzeptiert oder ausgeblendet:<br />
Es s<strong>in</strong>d die Arbeiter, die ihre Gesundheit,<br />
ihre Arbeitskraft und ihr Leben<br />
im täglichen Schlamm zerstören,<br />
deren Familien und die Umwelt, die e<strong>in</strong>er<br />
Katastrophe aus Öl, Benz<strong>in</strong>, Blei und<br />
Asbest entgegensieht.<br />
Saiful Huq hat das Leben dieser Arbeiter<br />
mit se<strong>in</strong>er Fotokamera festgehalten. Es<br />
s<strong>in</strong>d fasz<strong>in</strong>ierende Aufnahmen körperlicher<br />
Schwerstarbeit unter brutalen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
– trotzdem lächelt mancher<br />
Arbeiter, sie leben. Er zeigt die Ausgebeuteten<br />
mit ihren Falten, ihrem<br />
Schweiß und ihren Blicken. Er will die<br />
unmenschliche Realität abbilden, die oft<br />
ignoriert wird oder denen unbekannt<br />
ist, die e<strong>in</strong>st auf den Luxusl<strong>in</strong>ern Urlaub<br />
machten oder denen Bananen <strong>in</strong> die Küche<br />
gebracht wurden. So versteht Saiful<br />
Huq se<strong>in</strong>e Arbeit, denn er sieht sich als<br />
„Foto-Aktivist“ und will mit se<strong>in</strong>en Bildern<br />
dazu beitragen, e<strong>in</strong>e bessere Welt<br />
zu schaffen. Er kommt selbst aus<br />
Bangladesch, wurde dort 1980 geboren<br />
und arbeitet seit 2005 als Fotograf. Se<strong>in</strong>e<br />
Fotos dokumentieren und erzählen<br />
Geschichten, sie rücken die <strong>in</strong>s Bild, die<br />
sonst schweigen.<br />
erfolglose Flucht, aber es gibt für sie<br />
ke<strong>in</strong>e Alternative. Mit e<strong>in</strong>igen <strong>In</strong>vestitionen<br />
der Unternehmen ließen sich zum<strong>in</strong>dest<br />
die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen deutlich<br />
verbessern.<br />
Drei Millionen Menschen leben <strong>in</strong><br />
Bangladesch heute von dieser Arbeit.<br />
Wenn es sich für die Unternehmen<br />
lohnt, werden es nicht weniger und die<br />
Situation der Arbeiter bleibt gleich, außer:<br />
Die Menschen f<strong>in</strong>den andere Möglichkeiten,<br />
ihr Überleben zu sichern.<br />
Vielleicht ändert sich etwas an der Situation<br />
im „Ship Break<strong>in</strong>g Yard“ auf Druck<br />
von außen? Filme wie „Eisenfresser“ des<br />
Regisseurs Shaheen Dill-Riaz oder Kampagnen<br />
von Greenpeace und anderen<br />
Nicht-Regierungsorganisationen wollen<br />
hierzu beitragen. Genauso wie die Fotos<br />
Saiful Huqs – bis sich etwas tut, bleiben<br />
sie erschreckend aktuell.<br />
E<strong>in</strong>e Ausstellung der Fotos Saiful Huqs<br />
mit dem Titel „Life <strong>in</strong> the Ship Break<strong>in</strong>g<br />
Yard“ zeigt die Arbeitskammer parallel<br />
zu den AK-<strong>Filmtage</strong>n (siehe Seite 2)<br />
vom 21. bis 25. September <strong>in</strong> der<br />
„Nauwieser 19“ <strong>in</strong> Saarbrücken; anschließend,<br />
vom 29. September bis<br />
30. Oktober, im „Haus der Beratung“<br />
der Arbeitskammer, Trierer Str. 22 <strong>in</strong><br />
Saarbrücken. Die Schirmherrschaft<br />
haben die Oberbürgermeister<strong>in</strong> der<br />
Stadt Saarbrücken, Charlotte Britz, und<br />
Berthold Huber, der 1. Vorsitzende der<br />
IG Metall – der E<strong>in</strong>tritt ist frei.<br />
<strong>In</strong>fos zum „Ship Break<strong>in</strong>g Yard“:<br />
www.saifulhuq.com,<br />
www.eisenfresser-film.de,<br />
www.shipbreak<strong>in</strong>gplatform.com<br />
Text: Stefan Kerber<br />
8 Fotos: Saiful Huq<br />
9
Der Aufstieg<br />
Jan Delay<br />
des Funkmeisters<br />
Jan<br />
Delay hat dem HipHop<br />
ke<strong>in</strong>eswegs abgeschworen, aber<br />
wie schon das Vorgängerwerk<br />
„Mercedes-Dance“ (2006) steht<br />
<strong>auch</strong> se<strong>in</strong> drittes Soloalbum<br />
„Wir K<strong>in</strong>der vom Bahnhof Soul“<br />
im Zeichen des Funk. Im Herbst<br />
geht der gebürtige Hamburger<br />
mitsamt se<strong>in</strong>er Band Disko No. 1<br />
auf Tournee und wird <strong>auch</strong> im<br />
Saarland Station machen.<br />
Jan Delay, den schmächtigen Sänger mit<br />
der unverwechselbaren nasalen Stimme,<br />
kennt sicherlich fast jeder, der nicht<br />
taub auf den Ohren ist. Er wurde musikalisch<br />
<strong>in</strong> der allseits bekannten wie<br />
beliebten HipHop-Band (Absolute) Beg<strong>in</strong>ner<br />
groß und ist e<strong>in</strong> gefeierter Solokünstler,<br />
der mit Reggae anf<strong>in</strong>g, dann<br />
auf Funk umschwenkte und seitdem<br />
Stammgast <strong>in</strong> den obersten Chartregionen<br />
ist. Nur HipHop zu machen, war<br />
und ist Delay schlichtweg zu langweilig.<br />
Dem Berl<strong>in</strong>er Tagesspiegel verriet er:<br />
„Wenn du beim HipHop e<strong>in</strong>en bestimmten<br />
Sound haben willst, nimmst<br />
du ihn dir e<strong>in</strong>fach und loopst ihn. Doch<br />
jetzt habe ich e<strong>in</strong>e richtige Band, der ich<br />
sagen kann: Spielt mal dieses und jenes,<br />
aber es soll bitte kl<strong>in</strong>gen wie ´ne Qu<strong>in</strong>cy<br />
Jones-Produktion – und die können das<br />
tatsächlich, sowohl im Studio als <strong>auch</strong><br />
auf der Bühne.“ Die Auftritte von Jan<br />
Delay & Disko No. 1 gelten als legendär<br />
– ganz gleich, ob <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Club, e<strong>in</strong>er<br />
Halle oder auf e<strong>in</strong>em der großen renommierten<br />
deutschen Festivals. Die<br />
langjährige Bühnenerfahrung Delays<br />
macht sich bezahlt.<br />
Rückblick: Delay erblickte 1976 <strong>in</strong><br />
Hamburg-Eppendorf unter dem<br />
bürgerlichen Namen Jan Philipp<br />
Eißfeldt das Licht der Welt. Lange<br />
bevor er das Abitur <strong>in</strong> der Tasche<br />
hatte, gründete er mit DJ Burn,<br />
Denyo, Nabil, Mirko und Pladd<strong>in</strong><br />
Mard<strong>in</strong> die Absoluten Beg<strong>in</strong>ner.<br />
Anfangs schrieben sie ihre Texte <strong>in</strong><br />
englischer und deutscher Sprache,<br />
später nur noch auf Deutsch. Delay erklärte<br />
dazu im <strong>In</strong>terview mit dem „Süddeutsche<br />
Zeitung Magaz<strong>in</strong>“ die H<strong>in</strong>tergründe:<br />
„Als ich 1991 mit dem Rappen<br />
anf<strong>in</strong>g, wollten me<strong>in</strong>e Kumpels, dass ich<br />
englisch s<strong>in</strong>ge. Das fand ich aber doof.<br />
Damals wie heute empf<strong>in</strong>de ich für die<br />
deutsche Sprache nichts als Liebe, <strong>in</strong> ihr<br />
fühle ich mich zu Hause, es ist die Sprache,<br />
die ich als Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d gelernt habe.<br />
Klar kann ich so tun, als könnte ich<br />
Englisch, aber am Ende hab ich es<br />
halt doch nicht perfekt drauf.<br />
Ich denke nicht englisch, ich<br />
träume nicht englisch, ich spreche<br />
nicht zu englischen Menschen<br />
– warum sollte ich auf<br />
Englisch rappen?“<br />
E<strong>in</strong>es der Beg<strong>in</strong>ner-Demos landete bei<br />
Buback Tonträger, dem Label des ehemaligen<br />
Goldene- Zitronen-Schlagzeugers<br />
Ale Dumbsky. 1996 veröffentlichten<br />
sie dort ihr erstes Album „Flashnizm“.<br />
Produziert worden war es von e<strong>in</strong>em gewissen<br />
Matthias Arfmann, der fortan e<strong>in</strong>e<br />
feste Konstante <strong>in</strong> Delays Karriere<br />
werden sollte. Zwei Jahre nach<br />
„Flashnizm“ folgte „Bambule“, der ganz<br />
große Wurf für die Beg<strong>in</strong>ner, zu denen<br />
mittlerweile nur noch Delay, Denyo und<br />
DJ Mad gehörten. Ihr Ohrwurm „Liebes<br />
Lied“ schrammte ebenso wie das Album<br />
knapp an den Top Ten vorbei. Das<br />
reichte allerd<strong>in</strong>gs, um die Beg<strong>in</strong>ner, wie<br />
sie sich bald nur noch nennen sollten,<br />
populär zu machen und deutschsprachigen<br />
HipHop zu etablieren. Ihre Songs<br />
erfreuten sich <strong>auch</strong> außerhalb der<br />
Rapszene großer Beliebtheit – neben<br />
„Liebes Lied“ etwa „Füchse“, „Rock On“<br />
und „Hammerhart“.<br />
1999 veröffentlichte dann Jan Delay<br />
e<strong>in</strong>e Reggae-Version des Nena-Hits<br />
„Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“.<br />
Das war der Startschuss für se<strong>in</strong>e Solokarriere.<br />
Mit Platz zwei <strong>in</strong> den Charts<br />
war er auf Anhieb erfolgreicher als mit<br />
se<strong>in</strong>er Band. Der „Spiegel“ schrieb se<strong>in</strong>erzeit:<br />
Delay sei „für e<strong>in</strong>en Monat <strong>in</strong><br />
jenen Regionen der Charts, wo plötzlich<br />
viele neue und falsche Freunde auft<strong>auch</strong>en,<br />
wo Talk- und Game-Shows um<br />
Vollplayback-Auftritte ersuchen und<br />
Lachen Pflicht ist.“<br />
2001 folgte se<strong>in</strong> Debütalbum „Search<strong>in</strong>g<br />
for the Jan Soul Rebels“, das er mit der<br />
Sam Ragga Band und unter der Regie<br />
von Beg<strong>in</strong>ner-Produzent Arfmann aufgenommen<br />
hatte. Trotz des damit verbundenen<br />
Erfolges und der lästigen<br />
Pflicht, im Ma<strong>in</strong>stream-Zirkus gute Miene<br />
zum bösen Spiel zu machen, blieb<br />
sich Delay treu und streute <strong>auch</strong> mal e<strong>in</strong>e<br />
Provokation e<strong>in</strong>. Im Video zur S<strong>in</strong>gle<br />
„Ich möchte nicht, dass ihr me<strong>in</strong>e Lieder<br />
s<strong>in</strong>gt“ trug er Paläst<strong>in</strong>enserschal, Tarnanzug<br />
und Gewehr und mischte sich unter<br />
Karnevalisten. Was weniger e<strong>in</strong> politisches<br />
Statement war denn Kritik an all<br />
den Ma<strong>in</strong>stream-Fans, die plötzlich se<strong>in</strong>e<br />
Lieder sangen, ohne sich je mit ihm als<br />
Künstler ause<strong>in</strong>andergesetzt zu haben.<br />
Im darauf folgenden Jahr kam unter<br />
dem Projektnamen La Boom e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames<br />
Album von Delay und<br />
HipHop-Produzent Tropf auf den Markt<br />
und 2003 sogar e<strong>in</strong> neues Album der Beg<strong>in</strong>ner.<br />
Se<strong>in</strong>e Solo karriere verlor Delay<br />
aber nicht aus den Augen. Mit Arfmann<br />
meisterte er das Nummer E<strong>in</strong>s-Album<br />
„Mercedes-Dance“ und <strong>auch</strong> se<strong>in</strong>e aktuelle<br />
Songkollektion „Wir K<strong>in</strong>der vom<br />
Bahnhof Soul“. Beides erstklassige, moderne<br />
Funkplatten. Die neuen Stücke,<br />
wie beispielsweise das augenzw<strong>in</strong>kernde<br />
„Showgeschäft“, die 80er-Jahre-Falco/<br />
Pr<strong>in</strong>ce-Hommage „Abschussball“, „Rave<br />
Aga<strong>in</strong>st The Mach<strong>in</strong>e“ oder die schmissige<br />
S<strong>in</strong>gle „Oh Jonny“, s<strong>in</strong>d wie für die<br />
Bühnendarbietung geschaffen. <strong>In</strong>sofern<br />
ist die Vorfreude auf die anstehende<br />
Deutschlandtour umso größer. Und e<strong>in</strong>s<br />
ist jetzt schon gewiss: Es wird e<strong>in</strong>e<br />
schweißtreibende Erfahrung werden,<br />
denn für Delay gilt <strong>in</strong> Bezug auf se<strong>in</strong>e<br />
Auftritte: „Wenn ke<strong>in</strong>er geschwitzt hat<br />
am Ende, b<strong>in</strong> ich enttäuscht.“<br />
Jan Delay & Disko No. 1 spielen live<br />
am 22. Oktober 2009 um 20 Uhr <strong>in</strong> der<br />
Mechanischen Werkstatt <strong>in</strong> St. <strong>In</strong>gbert.<br />
Karten gibt es an allen bekannten<br />
VVK-Stellen, weitere <strong>In</strong>fos beim<br />
Veranstalter unter www.saarevent.de<br />
Diskografie<br />
Soloalben:<br />
Search<strong>in</strong>g for the Jan Soul Rebels<br />
(2001),<br />
Mercedes-Dance (2006),<br />
Search<strong>in</strong>g… – The Dubs (2007),<br />
Wir K<strong>in</strong>der vom Bahnhof Soul<br />
(2009);<br />
Alben mit Absolute Beg<strong>in</strong>ner:<br />
Flashnizm (1996),<br />
Bambule (1998),<br />
Boombule (Bambule Remixed)<br />
(2000),<br />
Blast Action Heroes (2003),<br />
The Early Years 1992-1994 (2004);<br />
Alben mit La Boom:<br />
Atarihuana (2002);<br />
Preise:<br />
2007 wurde Delay <strong>in</strong> der<br />
Kategorie „Bester Künstler“ mit<br />
e<strong>in</strong>er „E<strong>in</strong>sLive-Krone“ geehrt.<br />
Text: Kai Florian Becker<br />
Fotos: Agentur<br />
10 11
Bewertungsportale<br />
Die anderen<br />
testen<br />
lassen<br />
Drei Monate als Praktikant<br />
geschuftet, ohne Gehalt und<br />
ohne S<strong>in</strong>n; e<strong>in</strong> verlängertes<br />
Wochenende <strong>in</strong> München, alles<br />
<strong>in</strong>klusive: schimmelige Dusche,<br />
pampiges Personal und zwei<br />
Sorten Marmelade als Frühstücksbuffet.<br />
Da hilft nur e<strong>in</strong>s:<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>In</strong>ternetportal Dampf<br />
ablassen.<br />
Zum Glück trifft nicht jede Praktikant<strong>in</strong><br />
oder jeder Urlauber die falsche Wahl,<br />
doch selbst erlebte Gruselgeschichten<br />
gibt es gar nicht so selten, und immer<br />
öfter zum Nachlesen im <strong>In</strong>ternet: <strong>in</strong> Bewertungsportalen.<br />
Hier kann Frust abgebaut<br />
aber <strong>auch</strong> Lob verteilt werden –<br />
mit der Absicht, nachfolgende<br />
Leser<strong>in</strong>nen und Leser zu warnen, zu animieren,<br />
zu überzeugen.<br />
Bewertungsportale gibt es <strong>in</strong>zwischen<br />
zu den unterschiedlichsten Themen, sie<br />
haben verschiedene Ziele und funktionieren<br />
nicht alle gleich. Wer e<strong>in</strong>en passenden<br />
Praktikumsplatz sucht, kann das<br />
Web-Angebot der DGB-Jugend nutzen.<br />
Ehemalige Praktikant<strong>in</strong>nen und Praktikanten<br />
können dort <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tabelle e<strong>in</strong>tragen,<br />
wie <strong>In</strong>halt, Bezahlung und Betreuung<br />
von ihnen erlebt wurden, e<strong>in</strong><br />
Feld für e<strong>in</strong>en kurzen Text lässt den Gedanken<br />
und Emotionen freien Raum.<br />
Wer bei der nächsten Reise auf Stress<br />
verzichten will, kann sich bei holidaycheck.de,<br />
tripadvisor.de oder hrs.de umschauen.<br />
Hier können <strong>In</strong>ternet-Nutzer<br />
Fotos und Kommentare zu Hotels und<br />
deren Mängeln veröffentlichen und lesen,<br />
zudem werden die Preise von Reisebüros<br />
verglichen. Zugleich wollen die<br />
Betreiber dieser Seiten eigene Reisen<br />
und Übernachtungen verkaufen, <strong>in</strong>dem<br />
sie den potenziellen Kunden e<strong>in</strong>e gute<br />
Entscheidungshilfe anbieten. Auch andere<br />
kommerzielle Seiten bieten ihren<br />
Besuchern Bewertungen und <strong>in</strong>dividuelle<br />
Testberichte früherer Käufer. Bei<br />
ciao.de, idealo.de oder dooyoo.de können<br />
mit wenigen Klicks Preise von Bierkühlern<br />
bis Zigarren verglichen werden,<br />
technische Details und praktische Tipps<br />
helfen bei der richtigen Entscheidung.<br />
Auch Friseur<strong>in</strong>nen, Supermärkte und<br />
Restaurants werden von ihren Gästen<br />
bewertet.<br />
<strong>In</strong> e<strong>in</strong>er anderen Gruppe von Portalen<br />
geht es h<strong>in</strong>gegen nicht um‘s Geld ausgeben<br />
– über andere Themen wird hier<br />
<strong>in</strong>formiert und diskutiert. Viel Besuch<br />
haben Seiten, auf denen Schüler oder<br />
Studierende ihren Lehrer<strong>in</strong>nen, Lehrern<br />
und Profs Noten geben können. E<strong>in</strong>e 1<br />
<strong>in</strong> „gutem Unterricht“ und dazu e<strong>in</strong>e 2<br />
<strong>in</strong> der Rubrik „cool und witzig“ versprechen<br />
viel Spaß am Montagmorgen, e<strong>in</strong>e<br />
4 bei „Verständlichkeit“ und e<strong>in</strong>e 5 für<br />
das „<strong>In</strong>teresse“ verwandeln den attraktivsten<br />
Vorlesungs-Titel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Verführung<br />
zum Mittagsschlaf.<br />
Was ist nun zu halten von all diesen<br />
Vergleichen, Bewertungen, Erfahrungen<br />
und Tests? Sie helfen sicherlich all denen,<br />
die sich nicht mit wenigen <strong>In</strong>formationen<br />
oder billigen Versprechungen abspeisen<br />
lassen wollen. Die Gefahr<br />
falscher Fakten, zusätzlicher Halbwahrheiten<br />
und e<strong>in</strong>seitiger Bewertungen <strong>in</strong><br />
den Portalen müssen die Nutzer dafür<br />
akzeptieren, denn hier kontrolliert niemand:<br />
Zu viel Vertrauen ist also schlecht.<br />
Doch wer etwas Zeit hat und verschiedene<br />
Bewertungsportale durchsucht,<br />
kann sich e<strong>in</strong> ganz gutes Bild machen –<br />
und Geldbeutel und Nerven entlasten.<br />
www.dgb-jugend.de/studium,<br />
www.holiday-check.de,<br />
www.tripadvisor.de, www.hrs.de,<br />
www.ciao.de, www.idealo.de,<br />
www.dooyoo.de, www.me<strong>in</strong>prof.de,<br />
www.spickmich.de<br />
Text: Stefan Kerber<br />
Foto: Nicolas Oswald<br />
Broschüre<br />
„Jugendarbeitsschutz“<br />
Was<br />
ist<br />
erlaubt<br />
Knechten, bis der Arzt kommt?<br />
Lieber nicht. Zum Glück gibt es<br />
das Jugendarbeitsschutzgesetz<br />
und die K<strong>in</strong>derarbeitsschutzverordnung.<br />
Sie sollen vor Arbeit<br />
schützen, die zu lange dauert, zu<br />
früh beg<strong>in</strong>nt, die zu gefährlich,<br />
zu schwer oder ungeeignet ist.<br />
Die Arbeitskammer hat gerade geme<strong>in</strong>sam<br />
mit dem M<strong>in</strong>isterium für Umwelt<br />
e<strong>in</strong>e überarbeitete Auflage der mit lustigen<br />
TOM-Karikaturen gespickten Broschüre<br />
„Jugendarbeitsschutz“ herausgegeben.<br />
Dort steht genau dr<strong>in</strong>, was Euer<br />
Arbeitgeber von Euch verlangen darf,<br />
und was nicht.<br />
Das Jugendarbeitsschutzgesetz gilt für<br />
junge Menschen ab 15 Jahren während<br />
der Berufsausbildung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ähnlichen<br />
Ausbildungsverhältnis (Praktikanten, Volontäre)<br />
oder <strong>in</strong> Heimarbeit. Die K<strong>in</strong>derarbeitsschutzverordnung<br />
regelt den vorbeugenden<br />
Gesundheitsschutz für die<br />
Altersgruppe ab 13 Jahren.<br />
Die Broschüre „Jugendarbeitsschutz“<br />
könnt Ihr schnell unter<br />
www.arbeitskammer.de im Broschürenshop<br />
bestellen oder per Mail an<br />
<strong>in</strong>fo@arbeitskammer.de, sie ist für<br />
AK-Mitglieder, alle im Saarland<br />
beschäftigten Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen<br />
und Arbeitnehmer, kostenlos.<br />
Text: Peter Jacob<br />
Foto: Nicolas Oswald<br />
12<br />
21
Gewerkschaftsjugend<br />
Millimeterarbeit<br />
Junge Menschen s<strong>in</strong>d überhaupt<br />
nicht unpolitisch. Für Victoria<br />
Sklomeit von ver.di und Lars<br />
Desgranges von der IG Metall<br />
kommt es darauf an, sie mitzunehmen<br />
und mit ihnen zu diskutieren.<br />
So wird die alljährliche<br />
Mai-Demo zum Event mit e<strong>in</strong>er<br />
Mixtur aus Spaß und Politik.<br />
„Her mit dem schönen Leben!“ Bunte,<br />
kampfeslustige Smileys an der Wand im<br />
Besprechungsraum machen auf ihrem<br />
Transparent e<strong>in</strong>e klare Ansage. Auf dem<br />
Boden liegen Schlafsäcke, Kisten mit<br />
Gläsern stehen herum. „Tut mir leid“,<br />
entschuldigt sich Victoria Sklomeit, „wir<br />
hatten gerade unser ver.di-Jugend-Camp<br />
<strong>in</strong> Ludweiler…“ Die gelernte Kauffrau<br />
für Bürokommunikation und ehemalige<br />
Vorsitzende e<strong>in</strong>er Ausbildungsvertretung<br />
bei der Deutschen Telekom weiß,<br />
dass es bei Großveranstaltungen immer<br />
etwas turbulent zugeht. Als ver.di-Landesjugendsekretär<strong>in</strong><br />
für das Saarland<br />
und ver.di-Bezirkssekretär<strong>in</strong> für die Region<br />
Trier kümmert sie sich seit 1. Juli<br />
2008 um den Nachwuchs <strong>in</strong> der Dienstleistungsgewerkschaft.<br />
Drei Tage Ludweiler, das waren drei Tage<br />
„die spaßige Seite“, aber <strong>auch</strong> Workshops<br />
über Wahlen, zum Thema Antirassismus,<br />
Globalisierung, M<strong>in</strong>destlohn<br />
oder Ladenschluss. „Bei solchen Camps<br />
können wir Berührungsängste abbauen<br />
und <strong>auch</strong> politische Themen mit den<br />
jungen Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen besprechen“,<br />
sagt die 26-Jährige.<br />
Lars Desgranges sieht das ganz genauso.<br />
2010 wird es fünf statt vier Wochensem<strong>in</strong>are<br />
„Junge Arbeitnehmer <strong>in</strong> Betrieb,<br />
Wirtschaft und Gesellschaft I“ geben. <strong>In</strong><br />
solchen Sem<strong>in</strong>are lernen sich die jungen<br />
Leute besser kennen und sehen <strong>auch</strong>,<br />
was <strong>in</strong> den Betrieben der anderen geht,<br />
oder <strong>auch</strong> nicht, so der 30-Jährige von<br />
der IG-Metall-Verwaltungsstelle Völkl<strong>in</strong>gen.<br />
Als Gewerkschaftssekretär ist er für<br />
die jungen Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen und Arbeitnehmer<br />
zuständig. Er betreut 16 Jugend-<br />
und Auszubildendenvertretungen<br />
und e<strong>in</strong>en Ortsjugendausschuss. Als ehemaliger<br />
Azubi bei der Dill<strong>in</strong>ger Hütte<br />
weiß Desgranges nur zu gut, wie se<strong>in</strong>e<br />
jüngeren Kollegen ticken.<br />
F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise. Dieses<br />
Wortungetüm kann der Metaller kaum<br />
noch hören, beschäftigt es ihn doch jeden<br />
Tag. <strong>In</strong> vielen Betrieben wird Kurzarbeit<br />
gefahren, junge Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />
Kollegen wissen nicht, ob sie übernommen<br />
werden. Bei den großen Betrieben<br />
wie Ford, der Dill<strong>in</strong>ger Hütte oder Saarstahl<br />
gibt es neben der tariflich vere<strong>in</strong>barten<br />
Übernahmegarantie für zwölf<br />
Monate firmenspezifische Regelungen<br />
zur Übernahme. „Da sieht es ganz gut<br />
aus“, sagt Desgranges. Über kle<strong>in</strong>e, unsche<strong>in</strong>bare<br />
Erfolge weiß der junge Gewerkschafter,<br />
der die Jugendvertretungen<br />
<strong>in</strong> den Betrieben unterstützt,<br />
<strong>auch</strong> zu berichten: „Wir haben es per<br />
Haustarifvertrag bei e<strong>in</strong>em Ford-Zulieferer,<br />
der fast 300 Leute <strong>in</strong> Saarlouis und<br />
deutschlandweit 2.000 Mitarbeiter beschäftigt,<br />
geschafft, dass jetzt e<strong>in</strong>e Auszubildende<br />
e<strong>in</strong>gestellt wurde.“ So sei es<br />
manchmal „Millimeterarbeit“, Forderungen<br />
– wie die nach Ausbildungsplätzen<br />
– durchzusetzen.<br />
Victoria Sklomeit sieht die Krise <strong>in</strong> den<br />
Dienstleistungsbetrieben noch nicht so<br />
hart angekommen. Zurzeit gebe es noch<br />
relativ gute Ausbildungsquoten, aber<br />
„spätestens im nächsten Jahr wird es<br />
sehr eng“, lautet ihre Prognose. Wobei<br />
sie <strong>in</strong> Gesprächen mit jungen ver.di-Mitgliedern<br />
erfahren hat, dass die Jugendlichen<br />
ihre Sorgen nicht bei sich selbst<br />
sehen, sondern bei ihren Eltern, die von<br />
Arbeitslosigkeit bedroht s<strong>in</strong>d.<br />
Wie politisch s<strong>in</strong>d eigentlich Jugendliche<br />
von heute? Sie kommen verme<strong>in</strong>tlich<br />
unpolitisch daher, aber wenn man sie<br />
abholt, wo sie stehen und mit ihnen <strong>in</strong>s<br />
Gespräch kommt, dann sehe man oder<br />
zeige man ihnen recht schnell das Gegenteil,<br />
me<strong>in</strong>e beiden Gewerkschafter.<br />
„Da gibt es Berührungsängste“, aber<br />
wenn Themen auf die persönliche Ebene<br />
kämen, sehen die Jugendlichen<br />
schnell, dass ihre Forderungen politisch<br />
werden. ver.di-Frau Sklomeit berichtet<br />
von e<strong>in</strong>er Aktion mit dem „Café Exodus“<br />
<strong>in</strong> Saarbrücken. Dort habe man mit<br />
12- bis 16-Jährigen über Leih- und Zeitarbeit<br />
gesprochen. E<strong>in</strong> hochbrisantes,<br />
politisch umstrittenes Thema. „Damit<br />
haben wir doch nichts zu tun, was geht<br />
uns das an“, wehrten die K<strong>in</strong>der und Jugendlichen<br />
ab, wie die junge ver.di-Frau<br />
berichtet. Am Ende sei ihnen aber klar<br />
geworden, welche Probleme Leih- und<br />
Zeitarbeit mit sich br<strong>in</strong>gen, sagt Victoria<br />
Sklomeit. Nämlich dann, wenn ihre Eltern<br />
wenig verdienen, ihre Arbeitsstelle<br />
verlieren, dann fallen am Ende die neuen<br />
Turnschuhe weg...<br />
Die Hexennacht am 30. April ist die lange<br />
Nacht vor dem 1. Mai. Jedes Jahr. Da<br />
wird gefeiert, was das Zeug hält. Und<br />
der 1. Mai ist der weltweite Protesttag<br />
der Gewerkschaften, <strong>in</strong> Saarbrücken ruft<br />
der Deutsche Gewerkschaftsbund zur<br />
1.-Mai-Demonstration. „Anderswo ist<br />
das e<strong>in</strong>e übliche ‚Latsch-Demo’“, sagt<br />
Victoria Sklomeit, aber hier <strong>in</strong> der Landeshauptstadt<br />
„ist das e<strong>in</strong>e sehr positive<br />
Veranstaltung.“ 2009 sorgten die jungen<br />
ver.di-Mitglieder mit sogenannten<br />
„Standbildern“ für Aufsehen: Mitten <strong>in</strong><br />
der Demo steht auf e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> junger<br />
Mensch mit e<strong>in</strong>em Schild („Me<strong>in</strong>e Ausbildung<br />
zur Kosmetiker<strong>in</strong> kostet ca.<br />
3.000 Euro, das ist 1,2-mal die Abwrackprämie“)<br />
um den Hals auf e<strong>in</strong>em Bierkasten.<br />
Die politische Botschaft war: Wer<br />
se<strong>in</strong>en Wunschberuf erlernen will, muss<br />
dafür bezahlen. „Was tut die Politik, die<br />
Milliarden <strong>in</strong> die Banken pumpt, für<br />
mich?“, wollte die ver.di-Jugend wissen.<br />
„Auf geht’s zur Mittagsschicht“. Das war<br />
das Motto der Metall-Jugend aus Völkl<strong>in</strong>gen,<br />
die sich als Senioren verkleidet<br />
hatten. „Wir br<strong>auch</strong>en doch gute Arbeitsplätze<br />
für junge Menschen, und<br />
ke<strong>in</strong>e ‚Rente mit 67’“, betont Lars Desgranges.<br />
Es könne doch nicht se<strong>in</strong>, dass<br />
Opa zur Schicht geht und der Enkel arbeitslos<br />
ist. „Bei so e<strong>in</strong>er Mai-Demo verb<strong>in</strong>den<br />
wir das Angenehme mit dem Politischen,<br />
das klappt gut“, kommt<br />
Desgranges e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong>s Schwärmen.<br />
Der 1. Mai sei alles andere als „e<strong>in</strong>e<br />
Pflichtveranstaltung“. „Wenn ich nach<br />
Saarbrücken zur Demo komme“, sagt<br />
Desgranges, „treffe ich Freunde, höre<br />
<strong>in</strong>teressante Redner.“ Überzeugen? Ja!<br />
Überreden? Ne<strong>in</strong>! Desgranges und<br />
Sklomeit haben dasselbe Rezept.<br />
<strong>In</strong>fos: http://cms.verdijugend-rlp.de;<br />
www.igm-jugend-bezirk-frankfurt.de;<br />
www.igmetall-voelkl<strong>in</strong>gen.de<br />
Text: Peter Jacob<br />
Fotos: Pasquale D’Angiolillo<br />
22 23
„Yeah, der neue Wunderanzug<br />
ist da!“ Mit dem kann Lucien<br />
Haßdenteufel bei der Jagd nach<br />
Titeln und Bestzeiten <strong>in</strong> neue<br />
Dimensionen gleiten. Der<br />
19-jährige Schwimmer aus Saarbrücken<br />
gehört zu den Erfolgreichsten<br />
se<strong>in</strong>es Alters <strong>in</strong><br />
Deutschland und der Welt.<br />
600 Medaillen füllen schon die<br />
Schränke, doch er ist sicher:<br />
„Da geht noch e<strong>in</strong>iges.“<br />
Mit dreie<strong>in</strong>halb zog Lucien se<strong>in</strong>e erste<br />
Bahn – Seepferdchen hieß damals die<br />
Belohnung. Heute s<strong>in</strong>d es jeden Tag<br />
mehrere Stunden, hundert Bahnen, tausende<br />
Armzüge, die er im Schwimmbecken<br />
der Landessportschule bewältigt.<br />
Nicht umsonst: „Vize-Junioren-Weltmeister<br />
<strong>in</strong> der Staffel, 3. Platz bei der Junioren-WM<br />
über 200 m Freistil und Junioren-Europameister<br />
über 100 m Freistil“,<br />
das s<strong>in</strong>d die Erfolge, die sich sehen lassen<br />
können. Jetzt hat er e<strong>in</strong>e Zwangspause,<br />
Antibiotika statt Chlor heißt die<br />
Devise, nur zwei Kilometer lockeres<br />
Schwimmen sei im Moment dr<strong>in</strong>. Das<br />
hat ihn noch größere Erfolge bei den<br />
Deutschen Meisterschaften Ende Juni<br />
gekostet, er wurde „nur“ Vierter. So<br />
war 2009 bis jetzt nicht ganz so erfolgreich<br />
wie das glänzende 2008 – zum<strong>in</strong>dest,<br />
was das Schwimmen angeht. Dafür<br />
hat er e<strong>in</strong>en anderen großen Schritt h<strong>in</strong>ter<br />
sich gebracht: „Dieses Jahr habe ich<br />
Abitur gemacht, vor kurzem war der<br />
Abi-Ball, jetzt b<strong>in</strong> ich durch.“ Das heißt<br />
für die nächste Saison: noch bessere<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für se<strong>in</strong>en Sport,<br />
für die Attacke.<br />
Der Schwimmer Lucien Haßdenteufel<br />
Vom Seepferdchen zu Olympia 2012<br />
Mit dem Abitur kommt natürlich<br />
<strong>auch</strong> die Frage nach der Zukunft,<br />
der sportlichen und der beruflichen.<br />
Beim Schwimmen hat Lucien e<strong>in</strong><br />
großes, klares Ziel: „Olympia 2012“.<br />
E<strong>in</strong>e Medaille? Er will abwarten und<br />
alles auf sich zukommen lassen.<br />
Parallel dazu möchte er studieren,<br />
denn „mit 30 Jahren ist das Schwimmen<br />
vorbei“ – Lehramt oder BWL kann er<br />
sich vorstellen. „So genau weiß ich<br />
das noch nicht, deshalb mache ich<br />
jetzt erst mal e<strong>in</strong> Freiwilliges Soziales<br />
Jahr, direkt beim LSV“, dem Landesschwimmverband.<br />
So hat er nicht nur<br />
Zeit, se<strong>in</strong> Studium zu planen, sondern<br />
vor allem zum Tra<strong>in</strong>ieren unter idealen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen an der Sportschule.<br />
„Das s<strong>in</strong>d die besten Voraussetzungen<br />
überhaupt, die Anlagen s<strong>in</strong>d super,<br />
das Essen immer lecker, wir haben den<br />
Wald zum Laufen und die Krafträume<br />
direkt dabei.“ Und weil die anderen<br />
Schwimmer „saucool und saujung“<br />
s<strong>in</strong>d, freut er sich, dass er ab September<br />
<strong>in</strong>s Haus der Athleten ziehen kann.<br />
„Wir haben immer super viel Spaß. Beim<br />
Weltcup feiern wir jedes Mal e<strong>in</strong>e Abschiedsparty<br />
zusammen, mit Schwimmern<br />
aus allen Ländern. E<strong>in</strong>e Hass-Konkurrenz<br />
gibt es überhaupt nicht.“ Schwimmer<br />
s<strong>in</strong>d angenehme Zeitgenossen – daran<br />
lässt Lucien ke<strong>in</strong>en Zweifel. Das ist <strong>auch</strong><br />
gut so, schließlich tra<strong>in</strong>iert Lucien täglich:<br />
Zwei Stunden vormittags und drei Stunden<br />
nachmittags s<strong>in</strong>d das normale Programm,<br />
<strong>in</strong> der nächsten Saison ist es vielleicht<br />
mehr. Zwischendurch geht‘s dann<br />
nach Brasilien und Australien, Berl<strong>in</strong> und<br />
Barcelona, um Normen und Medaillen.<br />
Und das ab jetzt im neuen Wunderanzug,<br />
den er aus e<strong>in</strong>em gepolsterten Päckchen<br />
packt. „Geil, endlich! Der hat fast ke<strong>in</strong>e<br />
Nähte und ist komplett wasserabweisend.<br />
Der br<strong>in</strong>gt noch e<strong>in</strong>mal Zehntelsekunden.“<br />
Allerd<strong>in</strong>gs nur noch bis Ende des<br />
Jahres, ab dann kämpft Lucien nur noch<br />
<strong>in</strong> der Badehose für se<strong>in</strong>e Ziele – denn die<br />
Anzüge wurden gerade vom Schwimm-<br />
Weltverband<br />
verboten.<br />
Text: Stefan Kerber<br />
Foto: Pasquale D’Angiolillo<br />
Jugend forscht<br />
Ich hab‘s:<br />
Vier Teile statt e<strong>in</strong>em, Motor- statt<br />
Handbetrieb zum Schwenken. „Damit<br />
war es aber nicht getan“, sagt Barnickel.<br />
Die jungen Leute dachten noch weiter:<br />
Ihr Ziel war es, den Arbeitsplatz ergonomischer<br />
zu gestalten, die Arbeitsabläufe<br />
zu verbessern. Jetzt soll noch e<strong>in</strong>e Personenhebebühne<br />
e<strong>in</strong>gebaut werden, damit<br />
die Arbeitshöhe auf die jeweilige<br />
Größe des Kollegen e<strong>in</strong>gestellt werden<br />
kann. Beratende Unterstützung gab es<br />
<strong>auch</strong> von der Arbeitskammer.<br />
Wir bauen was<br />
<strong>In</strong> Osnabrück mussten Markus Görgen<br />
<strong>In</strong> Osnabrück durften die beiden<br />
Auszubildenden Markus Görgen<br />
und Jonas Barnikel ganz nach<br />
oben auf das Treppchen:<br />
Mit ihrem Projekt „Härten leicht<br />
gemacht“ wurden sie Bundessieger<br />
bei „Jugend forscht“ und<br />
erleichtern ihren Kollegen <strong>in</strong><br />
Zukunft die Arbeit.<br />
Es riecht nach Öl. Dort wird gefräst,<br />
gleich nebenan gebohrt, h<strong>in</strong>ten wird e<strong>in</strong><br />
Werkzeug vorbereitet. Mehr als e<strong>in</strong> Dutzend<br />
Auszubildende s<strong>in</strong>d heute <strong>in</strong> der<br />
Lehrwerkstatt bei ThyssenKrupp Drauz<br />
Nothelfer <strong>in</strong> Wadern-Lockweiler im E<strong>in</strong>satz.<br />
Sie arbeiten konzentriert, zwischendurch<br />
wird gelacht. Hier kommen<br />
also Bundessieger her: Markus Görgen<br />
und Jonas Barnickel haben Ende Mai<br />
beim „Jugend forscht“-F<strong>in</strong>ale <strong>in</strong> Osnabrück<br />
den Preis für die beste <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre<br />
Arbeit gewonnen.<br />
Görgen und Barnickel (beide 19) schließen<br />
Anfang 2010 ihre Lehre zum Werkzeugmechaniker<br />
ab. Während ihrer E<strong>in</strong>sätze<br />
<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Abteilungen<br />
legten sie <strong>auch</strong> e<strong>in</strong>en vierwöchige Zwischenstopp<br />
<strong>in</strong> der Härterei e<strong>in</strong>. „Die Arbeit<br />
dort war körperlich sehr anstrengend“,<br />
er<strong>in</strong>nern sich die beiden Azubis.<br />
Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus<br />
kam den beiden die Idee, die Arbeit<br />
zu vere<strong>in</strong>fachen. Bei ihrem Ausbildungsleiter<br />
He<strong>in</strong>z-Josef Lauer liefen sie<br />
dabei offene Türen e<strong>in</strong>: „Er stand uns<br />
von Anfang an mit Rat und Tat zur Seite,<br />
das ganze Unternehmen hat uns voll<br />
unterstützt“, sagt Görgen. Dabei habe<br />
die Teilnahme bei „Jugend forscht“ <strong>in</strong><br />
dem Wadener Unternehmen Tradition,<br />
ergänzt Miterf<strong>in</strong>der Barnickel. Im dritten<br />
Lehrjahr werden die Auszubildenden<br />
seit vielen Jahr animiert, sich am<br />
Wettbewerb zu beteiligen.<br />
Was haben die beiden Tüftler jetzt genau<br />
erfunden? Im Grunde genommen<br />
ist es – im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> betrachtet – ganz<br />
e<strong>in</strong>fach, man muss nur darauf kommen.<br />
Damit Werkzeuge aus Stahl widerstandsfähiger<br />
s<strong>in</strong>d, werden sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Ofen erhitzt und dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ölbad<br />
geschwenkt. Das sogenannte „Härten“<br />
war für Görgen, Barnickel und ihre<br />
Kollegen nicht nur anstrengend, „es ist<br />
<strong>auch</strong> sehr zeitraubend.“ Daraufh<strong>in</strong> entwickelten<br />
die beiden Auszubildenden<br />
e<strong>in</strong>e Vorrichtung, die den Schwenkvorgang<br />
automatisiert. Sie montierten e<strong>in</strong>e<br />
Hakenleiste, die vier Stahlteile gleichzeitig<br />
aufnehmen kann. E<strong>in</strong> Motor, der<br />
über e<strong>in</strong>e Kette mit e<strong>in</strong>er Drehscheibe<br />
verbunden ist, sorgt dafür, dass die Teile<br />
dann bewegt werden.<br />
und Jonas Barnickel der Jury Rede und<br />
Antwort stehen, am Ende wurden sie<br />
für ihren ganzheitlichen Ansatz besonders<br />
gelobt, dafür, dass sie <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<br />
an Technik und Ergonomie gearbeitet<br />
haben.<br />
Auf den Lorbeeren wollen sich die angehenden<br />
Werkzeugmechaniker nicht<br />
ausruhen. Görgen wird jetzt noch<br />
schnell se<strong>in</strong> Fachabi machen, um dann<br />
<strong>in</strong> Trier Masch<strong>in</strong>enbau zu studieren. Se<strong>in</strong><br />
Tüftlerkollege Barnickel will erst noch<br />
e<strong>in</strong> wenig weiter im Unternehmen arbeiten<br />
und tendiert dann zu e<strong>in</strong>em Studium<br />
<strong>in</strong> Richtung Wirtschafts<strong>in</strong>genieurwesen.<br />
Da die beiden heimatverbunden<br />
s<strong>in</strong>d, ist nicht unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass sie<br />
am Ende wieder für das Wadener Unternehmen<br />
tüfteln...<br />
Text: Peter Jacob<br />
Foto: Pasquale D’Angiolillo<br />
24 25
Der Hauptpreis: E<strong>in</strong>e Niere,<br />
gespendet von der todkranken<br />
Lisa. Noch im Rennen: Drei Kandidaten,<br />
die auf der Blockflöte<br />
„We’re the world“ um die Wette<br />
spielen. So etwa g<strong>in</strong>g die<br />
„Große Spendershow“ im belgischen<br />
Fernsehen. <strong>In</strong> der Realität<br />
ist Organspende weit<br />
weniger spektakulär.<br />
Es müssen besondere Spektakel se<strong>in</strong>, die<br />
das Thema Organspende <strong>in</strong> aller Munde<br />
br<strong>in</strong>gen. Die makabere Fernsehshow<br />
war 2007 und die Aufregung schnell<br />
vorbei – das Ganze war nur e<strong>in</strong> Bluff,<br />
mit dem die Macher aufrütteln wollten.<br />
E<strong>in</strong> kurzer Erfolg. E<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der Zeitung<br />
Anfang Juni zum Tag der Organspende<br />
oder bei e<strong>in</strong>er neuen Kampagne der Gesundheits-M<strong>in</strong>isterien,<br />
so sieht der mediale<br />
Alltag der Organspende aus.<br />
Die „Jungen Helden“ bundesweit, die<br />
„Jungen Nierenkranken“ <strong>auch</strong> im Saarland<br />
– das ist die andere Seite: die engagierte.<br />
Wer hier mitmacht, zeigt mit se<strong>in</strong>er<br />
Zeit und se<strong>in</strong>er Arbeit, dass e<strong>in</strong>e<br />
Organspende Leben retten kann, und<br />
dass die Betroffenen nicht alle<strong>in</strong>e<br />
gelassen werden. Das gilt natürlich<br />
<strong>auch</strong> für jene, die schon e<strong>in</strong>en<br />
Organspende-Ausweis besitzen.<br />
Organspende<br />
Nach jeder Aktion – auf der Straße oder<br />
im <strong>In</strong>ternet – s<strong>in</strong>d es e<strong>in</strong> paar mehr, die<br />
sich darüber Gedanken machen, was<br />
nach ihrem Tod mit ihren Organen geschieht.<br />
„Man kann <strong>auch</strong> ‚ne<strong>in</strong>‘ sagen,<br />
aber jeder sollte sich mit dem Thema<br />
Organspende beschäftigen“, das ist das<br />
Wichtigste für Mart<strong>in</strong> Müller vom Vere<strong>in</strong><br />
der Jungen Nierenkranken. Er spricht<br />
an, klärt auf und nimmt die Bedenken<br />
ernst: „Es gibt e<strong>in</strong> großes Vorurteil, vor<br />
allem bei Jüngeren: Viele glauben, die<br />
Ärzte geben sich ke<strong>in</strong>e Mühe, wenn<br />
man e<strong>in</strong>en Organspende-Ausweis hat.“<br />
Immer wieder hat er das <strong>in</strong> der Saarbrücker<br />
Fußgängerzone gehört. Auch<br />
die Jungen Helden kennen diese Ängste<br />
– mit ihrer Arbeit wollen sie daher <strong>auch</strong><br />
öffentlich machen, wie Ärzte im Ernstfall<br />
handeln müssen. Denn es gibt klare<br />
gesetzliche Regeln: die Angehörigen<br />
werden benachrichtigt, mediz<strong>in</strong>ische<br />
Tests durchgeführt und vor allem: Zwei<br />
Ärzte müssen unabhängig vone<strong>in</strong>ander<br />
den Hirntod feststellen.<br />
Warten<br />
auf<br />
das Leben<br />
<br />
Jeder und jede kommt für die Organspende<br />
<strong>in</strong>frage. Ausreichende <strong>In</strong>formationen<br />
s<strong>in</strong>d der erste Schritt, dann kann<br />
man sich fragen: Will ich das? Wer e<strong>in</strong>en<br />
Organspende-Ausweis unterschreibt und<br />
sich dafür entscheidet, kann Leben retten,<br />
kann den 12.000 Personen helfen,<br />
die auf der entscheidenden Warteliste<br />
stehen. Im Moment gebe es noch viel zu<br />
wenige Spender – „jeden Tag sterben<br />
drei bis vier Personen, die zu lange warten<br />
mussten“, erläutert Mart<strong>in</strong> Müller.<br />
Auch 800 Jugendliche machen sich Hoffnung<br />
auf e<strong>in</strong> Spender-Organ. Wer von<br />
ihnen e<strong>in</strong>e neue Niere, Leber oder Lunge<br />
erhält, der kann weiterleben.<br />
Unterstützung br<strong>auch</strong>en sie weiterh<strong>in</strong>,<br />
persönliche und öffentliche. „Nach e<strong>in</strong>er<br />
Transplantation s<strong>in</strong>d sie anders krank“,<br />
das betont Müller. „Die körperliche Abwehr<br />
ist geschwächt, die Leute haben<br />
<strong>In</strong>fekte und manchmal br<strong>auch</strong>t man<br />
<strong>auch</strong> e<strong>in</strong>e Therapie gegen die Abstoßung<br />
des neuen Organs. Im ersten Jahr<br />
s<strong>in</strong>d viele fast täglich beim Arzt oder im<br />
Krankenhaus.“ Auch das ist bisher kaum<br />
e<strong>in</strong> Thema.<br />
Vere<strong>in</strong>e wie die „Jungen Nierenkranken“<br />
und die „Jungen Helden“ arbeiten<br />
daran – alle<strong>in</strong>e können sie es nicht<br />
schaffen.<br />
Text: Stefan Kerber<br />
Foto: Nicolas Oswald<br />
Das Handy strahlt, das Telefon strahlt,<br />
<strong>auch</strong> der Fernseher und das Radio und<br />
W-LAN. Könnte man die Strahlen für<br />
das menschliche Auge sichtbar machen,<br />
„dann wäre e<strong>in</strong> Bus voller Schulk<strong>in</strong>der<br />
schwarz, alle<strong>in</strong> von den Handys, die<br />
heute jedes K<strong>in</strong>d hat“, beschreibt Arm<strong>in</strong><br />
Scheid von der Bürger<strong>in</strong>itiative „Bubach<br />
alte Schule“. Für ihn ist klar, dass die<br />
tägliche Bestrahlung schädlich ist:<br />
„Besonders K<strong>in</strong>der müssen geschützt<br />
werden, denn die Zwangs-Bestrahlung<br />
beschädigt das Erbgut.“ Se<strong>in</strong>e Bürger<strong>in</strong>itiative<br />
geht deshalb auf die Straße, <strong>in</strong><br />
Schulen und M<strong>in</strong>isterien und sie vernetzt<br />
sich im <strong>In</strong>ternet. Ihre Mitglieder<br />
wollen warnen und fordern Politiker<strong>in</strong>nen<br />
und Politiker auf, zu handeln.<br />
Man sucht mit ihnen zwar das Gespräch,<br />
aber konkrete Änderungen gibt es bisher<br />
nicht. Zu Recht, f<strong>in</strong>det Professor<br />
Langguth von der Hochschule für Technik<br />
und Wirtschaft Saarbrücken: „Es gibt<br />
ke<strong>in</strong>e neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse.<br />
Die Empfehlung des Europäischen<br />
Rates von 1999 ist weiter aktuell.“<br />
<strong>In</strong> dieser Empfehlung werden Grenzwerte<br />
für die Stärke der Strahlung vorgegeben,<br />
denen Menschen <strong>in</strong> ihrem Alltag<br />
ausgesetzt se<strong>in</strong> dürfen. Dabei geht<br />
es um elektrische und magnetische Felder:<br />
Hier wird es wissenschaftlich und<br />
zugleich emotional, hier wissen es manche<br />
ganz genau, aber die meisten <strong>in</strong>teressieren<br />
sich kaum dafür und verstehen<br />
wenig. Jeder kennt die e<strong>in</strong>e oder<br />
andere „Wahrheit“, doch die entscheidenden<br />
Fragen s<strong>in</strong>d nicht abschließend<br />
beantwortet: Machen Strahlen krank?<br />
Kann ich mich schützen? Müssen die<br />
Gesetze strenger werden?<br />
„Ob etwas ungefährlich ist, ist nicht zu<br />
beweisen, und die Gefahr konnte bisher<br />
nicht wissenschaftlich bewiesen werden“,<br />
fasst Langguth den Stand der Forschung<br />
aus se<strong>in</strong>er Sicht zusammen. Für<br />
ihn ist aber klar: „Wirtschaftliche Abwägungen<br />
dürfen nicht zählen, wenn die<br />
Gefahr belegt ist. Dann muss zum Schutz<br />
der Bürger gehandelt werden.“ Das<br />
sieht <strong>auch</strong> die Bürger<strong>in</strong>itiative so – doch<br />
geschützt werden müsse sofort, sagt sie,<br />
und verweist auf wissenschaftlichen Studien,<br />
etwa von Dr. Ulrich Warnke von<br />
der Universität des Saarlandes. Arm<strong>in</strong><br />
Scheid betont: „Die Grenzwerte s<strong>in</strong>d bei<br />
uns im Moment tausendfach zu hoch. <strong>In</strong><br />
anderen Ländern wird gehandelt: <strong>In</strong><br />
Spanien kommen die Funkmasten aus<br />
den Städten raus, <strong>in</strong> Frankreich haben<br />
Gerichte anerkannt, dass die Strahlung<br />
krank macht. Nur hier passiert nichts.“<br />
Was also tun? „Das Handy nicht am<br />
Körper tragen, immer den Verb<strong>in</strong>dungsaufbau<br />
abwarten und Freisprechanlagen<br />
benutzen“, rät Scheid, und „man sollte<br />
sich über die Gefahren <strong>in</strong>formieren.“<br />
„Die positiven Seiten des Mobilfunks sehen“<br />
und „die weiteren Ergebnisse seriöser<br />
Wissenschaft abwarten“, empfiehlt<br />
dagegen Langguth, sowie „bei Fragen<br />
das Bürgertelefon des EMF-Katasters<br />
(Tel.: 06 81 / 58 67 - 444) anrufen“, dort, wo<br />
die elektromagnetischen Felder <strong>in</strong>nerhalb<br />
des Saarlandes gemessen werden.<br />
<strong>In</strong>fos:<br />
http://emf-saar.htw-saarland.de,<br />
www.buerger-machen-mobil.de,<br />
www.kompetenz<strong>in</strong>itiative.net<br />
Text: Stefan Kerber<br />
Fotos: Nicolas Oswald<br />
<strong>In</strong>fos: www.junge-nierenkranke.de,<br />
26 27<br />
www.junge-helden.org, www.bzga.de<br />
Das Handy <strong>in</strong> der männlichen<br />
Hosentasche macht impotent,<br />
beim Wählen fangen die<br />
Gehirnzellen an zu kochen und<br />
die Langzeitfolgen all der<br />
Funkmasten und kabellosen<br />
<strong>In</strong>ternet-Zugänge s<strong>in</strong>d überhaupt<br />
nicht absehbar – ist das<br />
alles nur Panikmache oder ist<br />
was Wahres dran?<br />
Mobilfunk-Strahlen<br />
strenger<br />
„Müssen die Gesetze<br />
werden?“
2. Chance<br />
Rote Fäden zur<br />
Spektakulärer Breakdance und<br />
nachdenkliche Hip-Hop-Texte<br />
fasz<strong>in</strong>ieren das Publikum. Wenn<br />
Daniele de Rosa auf der Bühne<br />
ist, geht‘s ab. Und er kommt<br />
selten alle<strong>in</strong>: 2CS-Young nennt<br />
sich die Crew. Es s<strong>in</strong>d Jugendliche<br />
des Projekts „2. Chance-<br />
Saarland“ – e<strong>in</strong> Projekt, das<br />
Kunst und berufliche <strong>In</strong>tegration<br />
verschmilzt.<br />
Daniele steht nicht mehr draußen. Kunst<br />
und berufliche Förderung haben dem<br />
20-Jährigen geholfen, se<strong>in</strong>e zweite<br />
Chance zu nutzen. „Me<strong>in</strong>e erste Chance,<br />
das war mit Sicherheit die abgebrochene<br />
Ausbildung zum Bürokaufmann“,<br />
erzählt er – jetzt ist er beim Vere<strong>in</strong><br />
„2. Chance-Saarland“ zuständig für Ton<br />
und Bild. Berufliche <strong>In</strong>tegration, die ihn<br />
vor Arbeitslosigkeit bewahrt und ihm<br />
die Möglichkeit gibt, se<strong>in</strong> Hobby zu professionalisieren.<br />
„2. Chance-Saarland“ ist<br />
e<strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>, der Jugendliche unterstützt,<br />
damit sie nicht die Rolltreppe abwärts<br />
fahren. Saeid Teimouri, Leiter und Ideengeber<br />
der Jugendarbeit, charakterisiert<br />
S<strong>in</strong>n und Programm so: „Wir s<strong>in</strong>d<br />
Anlaufstelle und <strong>auch</strong> Zufluchtsort für<br />
Jugendliche. Und <strong>in</strong> unserem Projekt<br />
haben wir zwei rote Fäden: die Unterstützung<br />
für Jugendliche bei Schule,<br />
Jobsuche und Praktika und den künstlerischen<br />
Bereich mit Theater, Musik und<br />
Gesang.“<br />
Im beruflichen Bereich wird die Ausbildungsfähigkeit<br />
15- bis 23-Jähriger mit<br />
besonderen <strong>In</strong>tegrationshemmnissen<br />
verbessert, dazu gehören etwa straffällige<br />
Jugendliche oder solche mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund.<br />
Zugleich haben sie die<br />
Möglichkeit, ihre Stärken künstlerisch zu<br />
verbessern und auf die Bühne zu br<strong>in</strong>gen.<br />
Hierzu beschäftigt der Vere<strong>in</strong> Saeid<br />
Teimouri und Sandra Jung, die sich um<br />
den <strong>in</strong>haltlichen und bürokratischen Alltag<br />
kümmern, unterstützt von Teammitgliedern<br />
für berufliche Qualifizierung,<br />
Kunst und Sport, Pädagogen und „Engeln<br />
für alles“ – „Ehrenamt wird bei uns<br />
groß geschrieben“, sagt Teimouri. Nur<br />
so kann der Vere<strong>in</strong>, den es seit Januar<br />
2008 gibt, se<strong>in</strong>e ehrgeizigen Ziele verfolgen.<br />
Dazu reicht nicht alle<strong>in</strong> die Förderung<br />
durch das saarländische Sozialm<strong>in</strong>isterium<br />
und viele weitere<br />
Unternehmen und Organisationen.<br />
<strong>In</strong>tegration<br />
Der rote Faden berufliche Qualifizierung,<br />
das s<strong>in</strong>d Beratungen und Workshops, engagierte<br />
Telefonate mit Arbeitgebern<br />
und Erfolge bei der Suche nach Stellen<br />
für Praktika oder Ausbildung. Der künstlerische<br />
Faden hat e<strong>in</strong> dickes Ende, auf<br />
das die Jugendlichen geme<strong>in</strong>sam h<strong>in</strong>arbeiten:<br />
die Vorbereitung e<strong>in</strong>es Musicals –<br />
Uraufführung im Februar 2010. „15 bis 17<br />
Jugendliche werden auf der Bühne stehen.“<br />
Das ist der Plan von Teimouri, dort<br />
übersetzen sie autobiografische Erfahrungen<br />
<strong>in</strong> Lieder und Tänze. „Am Anfang<br />
hatten wir e<strong>in</strong> Cast<strong>in</strong>g, da wurde entschieden,<br />
wer mitmacht“, berichtet de<br />
Rosa vom Start des Projekts, „jetzt proben<br />
wir, unten im JUZ oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Halle<br />
an der Uni. Wir verstehen uns alle gut, es<br />
ist nicht wie <strong>in</strong> der Schule, wo man nur<br />
h<strong>in</strong>geht, weil man muss.“<br />
Aber für Teimouri gibt es <strong>auch</strong> e<strong>in</strong><br />
Muss: die richtige Balance zwischen der<br />
künstlerischen Arbeit und der beruflichen<br />
Unterstützung. „Die Jugendlichen sollen<br />
ihre Auftritte auf der Bühne genießen“ –<br />
aber „wir müssen <strong>auch</strong> berufliche, schulische<br />
und f<strong>in</strong>anzielle Probleme geme<strong>in</strong>sam<br />
lösen.“ <strong>In</strong>fos: www.2-c-s.de<br />
Text: Stefan Kerber<br />
Fotos: Pasquale D’Angiolillo<br />
„Reklamehelden“ im Zeitungsmuseum<br />
Wadgassen<br />
Hansi,<br />
Hansi Urpils ist der größte aller<br />
Reklamehelden. Jedenfalls für<br />
838 <strong>In</strong>ternetnutzer, die se<strong>in</strong>en<br />
Namen bei der Abstimmung im<br />
<strong>In</strong>ternet anklickten, zu dem das<br />
Deutsche Zeitungsmuseum<br />
Wadgassen aufgerufen hatte.<br />
Im Vorfeld der aktuellen Ausstellung<br />
„Reklamehelden“ hatte das Museum<br />
nach den größten ihres Fachs gesucht –<br />
und mit dem von der saarländischen<br />
Karlsberg-Brauerei <strong>in</strong>s Rennen geschickten<br />
Gartenzwerg den Sieger gefunden.<br />
Zwei TV-Legenden komplettieren<br />
das Siegertrio: Die<br />
Ma<strong>in</strong>zelmännchen, die „unkaputtbaren“<br />
Botschafter aus der ZDF-Fernsehwerbung,<br />
und ihre saarländische Variante,<br />
die waldschratigen „Saarlodris“ mit<br />
ihren Baumblattperücken, belegten die<br />
Plätze zwei und drei.<br />
Aktuelle Werbewelt trifft auf die Abgesandten<br />
des Pantoffelk<strong>in</strong>os aus K<strong>in</strong>dertagen.<br />
Nebenbei war damit <strong>auch</strong> geklärt,<br />
was die Sache von Reklamehelden<br />
ist, und was die von schnöden Werbefiguren.<br />
Während Hansi und Sigrid U. für<br />
mehr Bier <strong>in</strong> saarländischen Haushalten<br />
sorgen, war und ist der Job von Ma<strong>in</strong>zelmännchen<br />
und Saarlodris, furchtlos,<br />
wie es nur Reklamehelden se<strong>in</strong> können,<br />
mit ihren Spielszenen das Aufe<strong>in</strong>anderprallen<br />
von Werbespots für Damenb<strong>in</strong>den<br />
mit denen für Halbfettmargar<strong>in</strong>e zu<br />
vermeiden. Das Deutsche Zeitungsmuseum<br />
hat jetzt all diese Helden <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />
Räumen versammelt. Ihre Macht reicht<br />
weit, so weit, dass sie, so Museumsleiter<br />
Dr. Roger Münch, dank der Werbeseiten<br />
<strong>in</strong> Zeitungen und Zeitschriften zum für<br />
jedermann erschw<strong>in</strong>glichen Massengut<br />
wurden.<br />
Dabei geht es <strong>in</strong> der Ausstellung quer<br />
durch alle Generationen: vom Urgroßvater,<br />
der den Sarotti-Mohr schätzen<br />
lernte, über den Großvater, der durch<br />
den Igel Mecki zur Fernsehzeitschrift<br />
„Hör zu“ kam, zu den Vätern, die als<br />
K<strong>in</strong>der Schuhe bevorzugten, die der Salamander<br />
Lurchi trug, bis h<strong>in</strong> zu der<br />
heutigen jungen Generation, die Cäpt’n<br />
Iglo, die Milka-Kuh und die M&M-Figuren<br />
zu ihren E<strong>in</strong>kaufsberatern zählt.<br />
Lurchi<br />
Dabei bleibt über die Generationen h<strong>in</strong>weg<br />
e<strong>in</strong>es jedoch gleich: Jeder Reklameheld<br />
rückt stets mit e<strong>in</strong>em ganzen Arsenal<br />
von Hilfsmitteln an, die zwischen<br />
Spielfigur und Aufkleber ke<strong>in</strong>e Stelle im<br />
Alltag offen lassen. Die Ausstellung ist<br />
voll davon, und das Fernsehen spielt dabei<br />
gleich mehrfach e<strong>in</strong>e Rolle. TV-Spots<br />
sorgen für das, was oft mit „Kult“ beschrieben<br />
ist und <strong>in</strong> der Ausstellung für<br />
Unterhaltungswert sorgt. Und: Das Fernsehen<br />
sorgt längst <strong>auch</strong> selbstständig<br />
für Reklamehelden, <strong>in</strong>dem es se<strong>in</strong>e<br />
Sport- und TV-Stars, ob Gottschalk oder<br />
Beckenbauer, zur Werbung weiterw<strong>in</strong>kt<br />
oder gleich als Reklamehelden getarnte<br />
Werbefiguren wie Verona Pooth hervorbr<strong>in</strong>gt.<br />
Was zählt, ist der Unterhaltungswert,<br />
<strong>in</strong> der Werbung wie <strong>in</strong> der Ausstellung.<br />
Oder wie das HB-Männchen<br />
empfiehlt: „Gut gelaunt genießen“,<br />
kritisiert wird nicht.<br />
und die<br />
Lila Kuh<br />
Ausstellung bis zum 14. Oktober im Deutschen<br />
Zeitungsmuseum, Am Abteihof 1,<br />
66787 Wadgassen. Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr.<br />
E<strong>in</strong>tritt: 5 Euro/3,50 Euro erm.<br />
www.deutsches-zeitungsmuseum.de<br />
Text: Sab<strong>in</strong>e Graf<br />
Foto: Deutsches Zeitungsmuseum<br />
28 29
Flagge<br />
zeigen<br />
<strong>In</strong>fos: www.saarland.de/lph.htm,<br />
www.polizei-beratung.de,<br />
www.aktion-tu-was.de,<br />
Podcast der Polizei zum Thema<br />
„Zivilcourage unter<br />
www.saarland.de/SaarlandPodcast<br />
Zivilcourage<br />
Aufstehen,<br />
statt<br />
sitzen bleiben,<br />
dazwischengehen,<br />
wenn’s<br />
brenzlig wird.<br />
Alle können e<strong>in</strong>en Beitrag leisten,<br />
das öffentliche Leben<br />
friedlich und sicher zu machen.<br />
Für die „<strong>in</strong><strong>4mation</strong>“ sprach Peter<br />
Jacob mit Hagen Berndt und<br />
Jörg Schöpp vom Landes<strong>in</strong>stitut<br />
für Präventives Handeln. Die<br />
beiden Fachleute <strong>in</strong>formieren<br />
und bilden Bürger<strong>in</strong>nen und<br />
Bürger, damit Zivilcourage zum<br />
Normalfall wird.<br />
Text: Peter Jacob<br />
Fotos: Polizeiliche Krim<strong>in</strong>alprävention<br />
der Länder und des Bundes<br />
www.polizei-beratung.de<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: Nehmen wir mal e<strong>in</strong>e<br />
Szene <strong>in</strong> der Saarbahn: E<strong>in</strong> älterer Mann<br />
bittet freundlich vier Jugendliche, ihre<br />
dreckigen Schuhe von den Sitzpolstern<br />
zu nehmen. Daraufh<strong>in</strong> fangen die 16- bis<br />
19-Jährigen an zu pöbeln. Sie beschimpfen<br />
den Mann, schubsen ihn herum. Was<br />
kann man als außenstehender Beobachter<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Situation tun?<br />
Hagen Berndt: Man sollte se<strong>in</strong>e Rolle als<br />
„außen stehender Beobachter“ verlassen<br />
und sich e<strong>in</strong>mischen. Nicht<br />
wegschauen, nicht ignorieren, sondern<br />
h<strong>in</strong>schauen ist die Devise. Zivilcourage<br />
me<strong>in</strong>t, dem älteren Mann zu<br />
helfen. Mit e<strong>in</strong>er höflichen, aber direkten,<br />
unmissverständlichen Ansprache<br />
sollte man die Jugendlichen anhalten,<br />
unverzüglich mit jeglichen<br />
Beschimpfungen und körperlichen<br />
Attacken gegenüber dem Opfer aufzuhören.<br />
Da die Jugendlichen <strong>in</strong> der<br />
Überzahl s<strong>in</strong>d, ist es ratsam, sich<br />
„Verbündete zu schaffen“, dass heißt<br />
weitere Personen <strong>in</strong> der Bahn ganz<br />
konkret anzusprechen und diese um<br />
Hilfe zu bitten: „Sie da <strong>in</strong> der schwarzen<br />
Jacke, bitte helfen Sie mir!“ So<br />
schafft man vor allem Verantwortlichkeit<br />
bei den anderen Fahrgästen.<br />
Gel<strong>in</strong>gt es nicht, die Jugendlichen<br />
von ihrem Tun abzubr<strong>in</strong>gen, ist sogar<br />
die Benachrichtigung der Polizei anzuraten.<br />
Optimal wäre es zudem, sich<br />
im Anschluss um den alten Mann zu<br />
kümmern, ihn zu fragen, ob er noch<br />
weiterh<strong>in</strong> Hilfe benötigt, ob er zum<br />
Arzt möchte oder gegebenenfalls<br />
Angehörige zu verständigen.<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: S<strong>in</strong>d die anderen Benutzer<br />
der Saarbahn eigentlich verpflichtet,<br />
dem älteren Mann zu helfen? Was sagt<br />
das Gesetz?<br />
Hagen Berndt: Der Paragraf 323c des<br />
Strafgesetzbuches tangiert das Thema<br />
Zivilcourage. Dieser Tatbestand<br />
der „Unterlassenen Hilfeleistung“<br />
stellt e<strong>in</strong>e „Nicht-Hilfeleistung“<br />
unter bestimmten Voraussetzungen<br />
unter Strafe (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe<br />
bis zu e<strong>in</strong>em Jahr). Der<br />
Gesetzgeber erwartet nur dann die<br />
Hilfeleistung des Bürgers, wenn sie<br />
für diesen „zumutbar“ ist und wenn<br />
er sich dabei nicht selbst gefährdet.<br />
Jeder soll helfen, ohne sich selbst <strong>in</strong><br />
Gefahr zu br<strong>in</strong>gen. Beispielsweise<br />
könnte man von e<strong>in</strong>er Frau nicht erwarten,<br />
dass sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Schlägerei<br />
zwischen zwei ihr kräftemäßig<br />
weitaus überlegenen Männern körperlich<br />
e<strong>in</strong>mischt. Allerd<strong>in</strong>gs könnte<br />
man erwarten, dass sie auf andere<br />
geeignete Weise Hilfe leistet, <strong>in</strong>dem<br />
sie beispielsweise über die 110 die<br />
Polizei verständigt.<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: Beweist derjenige, der hilft,<br />
Zivilcourage? Was ist das nach Ihrer<br />
Me<strong>in</strong>ung?<br />
Hagen Berndt: Des<strong>in</strong>teresse am Schick-<br />
sal des Mitmenschen begünstigt sicherlich<br />
e<strong>in</strong> Klima, <strong>in</strong> dem es Straftätern<br />
leicht fällt, unbehelligt zu<br />
agieren. Um diesem Umstand entgegenzuwirken,<br />
sollte jeder im<br />
Ernstfall <strong>in</strong>itiativ werden, Mitmenschlichkeit<br />
zeigen. Diese <strong>In</strong>itiative,<br />
dieser Mut, e<strong>in</strong>zuschreiten, ist<br />
es, was den Begriff der „Zivilcourage“<br />
prägt. Ja, derjenige, der hilft,<br />
beweist Zivilcourage.<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: Jeder denkt an sich, hat<br />
Angst, selbst <strong>in</strong> diesen Konflikt h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gezogen<br />
zu werden. Was könnte jeder<br />
gefahrlos tun und woran sollte man<br />
denken, wenn man e<strong>in</strong>schreiten will,<br />
weil es für das Opfer eng wird?<br />
Hagen Berndt: Niemand verlangt, dass<br />
man sich selbst <strong>in</strong> Gefahr br<strong>in</strong>gt. Je<br />
nach E<strong>in</strong>zelfall sollte man für sich<br />
überlegen, wie man helfen kann.<br />
Ist es mir zu zumuten, unmittelbar<br />
körperlich e<strong>in</strong>zugreifen oder wähle<br />
ich die Alternative der Alarmierung<br />
der Polizei? B<strong>in</strong> ich alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der<br />
Lage zu helfen oder suche ich mir<br />
Verbündete? Wenn man e<strong>in</strong>e Straftat<br />
beobachtet, bedeutet Zivilcourage<br />
<strong>auch</strong>, dem Opfer dadurch zu<br />
helfen, dass man der Polizei sachdienliche<br />
H<strong>in</strong>weise geben kann, die<br />
zur Ermittlung des Täters führen<br />
können. Dies bedeutet, dass man<br />
sich bestimmte Tätermerkmale, wie<br />
Aussehen, Fluchtfahrzeug usw. e<strong>in</strong>prägt<br />
und diese <strong>In</strong>formationen später<br />
der Polizei zur Verfügung stellt.<br />
Es geht darum, nicht die Augen zu<br />
verschließen, sondern sich se<strong>in</strong>er<br />
Verantwortung als Bürger bewusst<br />
zu se<strong>in</strong> und im Rahmen se<strong>in</strong>er Möglichkeiten<br />
Hilfestellung zu geben.<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: Situationen wie diese <strong>in</strong> der<br />
Saarbahn erlebt man nicht täglich. Gibt<br />
es e<strong>in</strong>e Möglichkeit, für den Ernstfall zu<br />
tra<strong>in</strong>ieren?<br />
Jörg Schöpp: Ja, zum Beispiel <strong>in</strong><br />
Coolnes stra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs. Sie richten sich <strong>in</strong><br />
erster L<strong>in</strong>ie an Jugendliche im Bereich<br />
der 7. bis 9. Klasse. Dabei wird<br />
theoretisch erörtert und <strong>in</strong> Rollenspielen<br />
e<strong>in</strong>geübt, wie sich Jugendliche<br />
<strong>in</strong> solchen Fällen richtig verhalten<br />
können. Es ist e<strong>in</strong>mal wichtig,<br />
dass man nicht alle<strong>in</strong>e, sondern mit<br />
mehreren Personen geme<strong>in</strong>sam versucht,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Konflikt e<strong>in</strong>zugreifen<br />
und dass man vor allem das Opfer<br />
<strong>in</strong> Schutz nehmen soll.<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: Dabei könnte ich nicht<br />
nur potenzieller Helfer se<strong>in</strong>, sondern<br />
<strong>auch</strong> potenzielles Opfer. Gibt es hier<br />
Methoden, Angreifer <strong>in</strong> die Schranken<br />
zu weisen?<br />
Jörg Schöpp: Angreifer suchen sich<br />
Menschen heraus, die sie als „leichte<br />
Opfer“ klassifizieren oder von denen<br />
sie sich provoziert fühlen. Hier<br />
ist es wichtig, mit e<strong>in</strong>em positiven<br />
Selbstbewusstse<strong>in</strong> und entsprechender<br />
Körpersprache die eigene<br />
Stärke zu zeigen, ohne aber zu provozieren<br />
und aggressiv zu wirken.<br />
Im Falle e<strong>in</strong>es konkreten Konfliktes<br />
gibt es e<strong>in</strong>fache Techniken, um mit<br />
klarer Körpersprache und entsprechendem<br />
Verhalten e<strong>in</strong>en Angreifer<br />
<strong>in</strong> die Schranken zu weisen. Dies<br />
kann man <strong>in</strong> Rollenspielen und <strong>in</strong><br />
entsprechenden Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>üben.<br />
Auch diese Techniken s<strong>in</strong>d Teil des<br />
Coolnesstra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs, der Ausbildung<br />
zum Erlebnispädagogen und anderer<br />
Fortbildungen des Landes<strong>in</strong>stituts<br />
für Präventives Handeln.<br />
<strong>in</strong><strong>4mation</strong>: Helfen Kampfsport oder<br />
Reizgas weiter?<br />
Jörg Schöpp: Gut geführte Kampfsport-<br />
schulen können helfen, e<strong>in</strong> positives<br />
Selbstwertgefühl auszubilden und<br />
e<strong>in</strong>e entsprechende Köpersprache<br />
e<strong>in</strong>zuüben. Dies kann dazu helfen,<br />
dass man schon gar nicht <strong>in</strong> bedrohliche<br />
Situationen gerät. Gleichzeitig<br />
kann man lernen, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bedrohungssituation<br />
selbst zu verteidigen.<br />
Kampfsport ist aber ke<strong>in</strong> „Allheilmittel“.<br />
Ähnliches gilt für Reizgas zur Selbstverteidigung.<br />
Es kann e<strong>in</strong>er Person<br />
e<strong>in</strong>e größere Sicherheit geben und<br />
im Falle e<strong>in</strong>es Angriffs vielleicht dazu<br />
dienen, sich e<strong>in</strong>en Angreifer vom<br />
Hals zu halten. Die Frage sollte aber<br />
se<strong>in</strong>, wie es uns geme<strong>in</strong>sam gel<strong>in</strong>gen<br />
kann, die Gesellschaft weniger<br />
gewalttätig zu machen und uns gegenseitig<br />
<strong>in</strong> schwierigen Situationen<br />
mehr zu unterstützen.<br />
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Cartoon: TOM