Lungenfunktion (PDF)
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Die <strong>Lungenfunktion</strong>sprüfung<br />
Die Hauptaufgabe der Lunge als Ort des Gasaustausches und hierüber als Regulator des Säure-Basen-<br />
Haushaltes findet ihre Repräsentation in der <strong>Lungenfunktion</strong>sdiagnostik. Die verschiedenen Anteile<br />
der <strong>Lungenfunktion</strong> – Ventilation, Perfusion, Diffusion, Verteilung – können hierbei als<br />
Einzelfunktionen oder als Summe dargestellt werden. Indikationen zur Durchführung einer<br />
lungenfunktionellen Diagnostik stellen neben der Objektivierung und ätiologischen Zuordnung der<br />
Dyspnoe, deren Verlaufskontrolle unter Therapie, die Beurteilung der pulmonalen Leistungsbreite<br />
vor belastenden Eingriffen (bspw. Operationen) und im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen dar.<br />
Folgende Messmethoden stehen uns hierfür zur Verfügung:<br />
1. Die Spirometrie dient der Identifikation von Ventilationsstörungen im Sinne einer<br />
obstruktiven bzw. restriktiven Einschränkung. Der Patient wird aufgefordert, nach maximaler<br />
Ausatmung zügig und vollständig einzuatmen, um anschließend - ohne zwischenzeitliche<br />
Pause - komplett forciert auszuatmen. Es resultiert eine Fluss-Volumen-Kurve. Limitationen<br />
auf der X-Achse (Volumen) sprechen für Behinderungen der Lungenausdehnung und damit<br />
für restriktive Ventilationsstörungen. Limitationen auf der Y-Achse (Fluss) spiegeln<br />
verminderte exspiratorische Flussgeschwindigkeiten wider und erlauben hierüber eine<br />
Abgrenzung von zentralen und peripheren obstruktiven Ventilationsstörungen.<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
2. Ergänzt wird die Spirometrie durch die<br />
Bodyplethysmographie, die die Bestimmung des<br />
spezifischen Atemwegswiderstandes mit<br />
Atemschleife, des intrathorakalen Gasvolumens und<br />
aller davon ableitbaren zusätzlichen<br />
Volumenparameter erlaubt. Der Patient nimmt in<br />
einer luftdicht zu verschließenden Kabine Platz,<br />
deren Volumen bekannt ist. Mittels<br />
Verschlussdruckmessung wird kurzzeitig am<br />
Mundstück des Patienten der Atemstrom<br />
verschlossen und hierüber der spezifische<br />
Atemwegswiderstand als Ausdruck der hierfür<br />
aufzubringenden Atemarbeit ermittelt. Die<br />
bodyplethysmographisch erhobenen Parameter<br />
erlauben insbesondere eine genauere<br />
Quantifizierung von restriktiven Ventilationsstörungen und Überblähungsgraden.<br />
3. Die Diffusionstestung erfolgt unter<br />
Verwendung des Testgases Kohlenmonoxid<br />
(CO), das – abgesehen bei Rauchern- in der<br />
natürlichen Umgebung und damit im Blut der<br />
Patienten nicht vorkommt. Mittels Ein-<br />
Atemzug-Methode (Single-Breath-Methode)<br />
wird ein Gasgemisch (Kohlenmonoxid, Helium,<br />
Raumluft) maximal eingeatmet. Während einer<br />
anschließenden Atemanhaltezeit von 10sec<br />
kann das Gasgemisch ins Blut diffundieren; der<br />
verbliebene intraalveoläre Gasanteil wird in der<br />
nachfolgenden Exspiration bestimmt. Der<br />
hierdurch ermittelte Transferfaktor (TL) kann<br />
zum Alveolarvolumen (VA) korreliert werden<br />
und ergibt den Transferkoeffizienten (K=TL/VA),<br />
der eine Unterscheidung von konkomitanten<br />
pulmonalen oder extrapulmonalen<br />
Restriktionen erlaubt. So ist bspw. bei Z.n.<br />
Lobektomie zwar der Transferfaktor reduziert; die Korrelation zum reduzierten<br />
Alveolarvolumen ergibt jedoch einen normwertigen Transferkoeffizienten als Ausdruck einer<br />
regelrechten Diffusionsleistung des verbleibenden Lungenparenchyms.<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
4. Die Bronchospasmolysetestung dient der Beurteilung der<br />
Reversibilität einer zuvor spirometrisch und ggf.<br />
bodyplethysmographisch nachgewiesenen Obstruktion.<br />
Nach Inhalation eines schnellwirksamen<br />
Bronchospasmolytikums (β2-Sympathomimetikum,<br />
Anticholinergikum) wird die <strong>Lungenfunktion</strong> wiederholt<br />
und die Rückbildung der vormals beschriebenen<br />
Obstruktion beurteilt. Eine Zunahme der FEV1 von mind.<br />
15% bzw. 200ml wird als signifikante Reversibilität<br />
beurteilt. An der Reversibilitätsreaktion der Obstruktion<br />
lässt sich häufig zwischen einem Asthma bronchiale und<br />
einer COPD unterscheiden: Während das Asthma<br />
bronchiale unter Bronchospasmolyse komplett reversibel<br />
ist, ist die Obstruktion bei COPD irreversibel bzw. maximal<br />
partiell reversibel.<br />
5. Dem Nachweis einer bronchialen Hyperreaktivität dient die Provokationstestung. Bei der<br />
unspezifischen Metacholin-Provokation erfolgt die standardisierte Inhalation eines<br />
Metacholin-Aerosols in steigender Konzentration. Eine unter Provokation auftretende<br />
Obstruktion mit einem FEV1-Abfall um mindestens 20% spricht für das Vorliegen einer sog.<br />
unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität als Ausdruck eines Asthma bronchiale.<br />
Weiterführend können spezifische Inhalationstests zur Identifikation bestimmter<br />
Aeroallergene ergänzt werden.<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
<strong>Lungenfunktion</strong>sparameter<br />
Nachfolgend eine Beschreibung der wichtigsten <strong>Lungenfunktion</strong>sparameter, von denen die<br />
statischen und dynamischen Volumina und ihre Relation zueinander im Spirogramm<br />
veranschaulicht werden. In den einzelnen Messungen werden die Parameter als Istwert<br />
(=gemessener Wert) und meist auch als Sollwert mit prozentualer Abweichung des Ist- vom<br />
Sollwerts wiedergegeben.<br />
VT<br />
IRV<br />
IC<br />
= VT+IRV<br />
ERV<br />
IVC<br />
EVC<br />
FRC<br />
= ERV+RV<br />
ITGV<br />
= ERV+RV<br />
RV<br />
TLC<br />
= VC+RV<br />
Tidalvolumen/Atemzugvolumen: das pro Atemzug ein- bzw. ausgeatmete Volumen<br />
Inspiratorisches Reservevolumen: das Volumen, das nach normaler Inspiration noch<br />
zusätzlich maximal eingeatmet werden kann<br />
Inspiratorische Kapazität: das Volumen, das aus der Atemruhelage heraus noch<br />
maximal eingeatmete werden kann<br />
Exspiratorische Reservevolumen: das Volumen, das nach normaler Exspiration noch<br />
zusätzlich maximal ausgeatmet werden kann<br />
Inspiratorische Vitalkapazität: das Volumen, das nach maximaler Exspiration maximal<br />
eingeatmet werden kann<br />
Exspiratorische Vitalkapazität: das Volumen, das nach maximaler Inspiration maximal<br />
ausgeatmet werden kann. Erfolgt dies als forciertes Manöver, spricht man von der<br />
forcierten Vitalkapazität (FVC).<br />
Funktionelle Residualkapazität: Volumen, das sich nach normaler Exspiration noch in<br />
der Lunge befindet. Entspricht den ventilierten Anteilen in der<br />
Heliumdilutionsmethode.<br />
Intrathorakales Gasvolumen: Volumen, das sich nach normaler Exspiration noch in<br />
der Lunge befindet. Wird bodyplethysmographisch bestimmt und entspricht neben<br />
den ventilierten Anteilen auch den gasgefüllten Anteilen. Bei bspw. Emphysembullae<br />
ist ITGV>FRC.<br />
Residualvolumen: Volumen, das nach maximaler Exspiration noch in der Lunge<br />
verbleibt und nicht ausgeatmet werden kann<br />
Totale Lungenkapazität: Volumen, das sich nach maximaler Inspiration in der Lunge<br />
befindet.<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
Atemflussparameter:<br />
FEV1 Forciertes exspiratorisches Volumen in 1 Sekunde, Einsekundenkapazität: das nach<br />
maximaler Inspiration unter stärkster Anstrengung schnellstmöglich ausgeatmete<br />
Volumen der ersten Sekunde.<br />
FEV1% Relative Einsekundenkapazität: FEV1 im Verhältnis zur Vitalkapazität.<br />
PEF Peak exspiratory flow: maximale exspiratorische Atemstromstärke bzw.<br />
Flussgeschwindigkeit, die bei forcierter Exspiration nach kompletter Inspiration<br />
erreicht werden kann.<br />
MEF75 Maximale exspiratorische Atemstromstärke bzw. Flussgeschwindigkeit zu dem<br />
Zeitpunkt, bei dem noch 75% der Vitalkapazität auszuatmen sind.<br />
MEF50 Maximale exspiratorische Atemstromstärke bzw. Flussgeschwindigkeit zu dem<br />
Zeitpunkt, bei dem noch 50% der Vitalkapazität auszuatmen sind<br />
MEF25 Maximale exspiratorische Atemstromstärke bzw. Flussgeschwindigkeit zu dem<br />
Zeitpunkt, bei dem noch 25% der Vitalkapazität auszuatmen sind<br />
Diffusionsparameter:<br />
TLCO = DLCO<br />
KCO<br />
= TLCO/VA<br />
VA<br />
Transferfaktor, Diffusionskapazität: Gasmenge an Kohlenmonoxid (CO), die vom<br />
Alveolarraum ins Blut (Hämoglobin) aufgenommen wird<br />
Transferkoeffizient, Krogh-Index: Transferfaktor bezogen auf das Alveolarvolumen<br />
(VA)<br />
Alveolarvolumen<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
Fallbeispiele<br />
1. Fallbeispiel:<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
Die exspiratorische Fluss-Volumen-Kurve zeigt eine konkavbogige Deformierung mit deutlicher<br />
Diskrepanz des tatsächlichen exspiratorischen Flusses (blau) vom (auf das Alter, Geschlecht, Gewicht<br />
und Größe normierten) Sollverlauf (schwarz). Entsprechend beträgt der gemessene FEV1 1,54l bzw.<br />
46,4% des Sollwertes. Die zu verschiedenen Zeitpunkten der Exspiration bestimmten<br />
Flussgeschwindigkeiten (PEF, MEF75, MEF50, MEF25) zeigen eine stärkere Beeinträchtigung von MEF75<br />
bis MEF25 als Ausdruck einer führend peripheren Obstruktion, da die genannten Werte die späten<br />
Zeitpunkte der Exspiration und damit das periphere Bronchialsystem erfassen. Die sich im<br />
Kurvenverlauf darstellende frühexspiratorische Knickbildung ist Ausdruck einer bronchialen<br />
Wandinstabilität. Als Folge der Bronchialobstruktion besteht eine unvollständige Exspiration, die eine<br />
Lungenüberblähung bedingt. Entsprechend sind das intrathorakale Gasvolumen und das<br />
Residualvolumen mit 148,9% des Sollwertes bzw. 186,2% des Sollwertes erhöht.<br />
Zusammenfassend zeigt sich der Befund einer mittelschweren, führend peripheren Obstruktion mit<br />
mittelgradiger Überblähung, passend zu einer COPD GOLD III mit mittelgradigem Lungenemphysem.<br />
Folge des emphysematösen Lungenumbaus ist eine schwergradig reduzierte Diffusionskapazität<br />
(TLCO=33,3% des Sollwertes).<br />
Eine Abgrenzung zum Asthma bronchiale ist durch die Betonung der peripheren Bronchialobstruktion<br />
(beim Asthma bronchiale führend zentrale Obstruktion mit vorwiegender Reduktion FEV1 und PEF<br />
und Erhöhung des Atemwegswiderstandes) und der reduzierten Diffusionskapazität möglich, die<br />
beim Asthmatiker nicht beobachtet wird.<br />
Eine Schweregradeinteilung von Obstruktion und Überblähung ist anhand folgender Grenzwerte<br />
möglich:<br />
(1) Obstruktion<br />
Schweregrad<br />
FEV1 (in % vom Soll)<br />
Leicht<br />
≥70<br />
Mäßig 60-69<br />
Mittelschwer 50-59<br />
Schwer 35-49<br />
Sehr schwer
2. Fallbeispiel:<br />
Die Form der Fluss-Volumen-Kurve ist verschmälert, d.h. das auf der X-Achse markierte, zu<br />
erwartenden Sollvolumen (schwarz) wird nicht erreicht. Unter Berücksichtigung der Messwerte<br />
ergibt sich eine mittelgradige IVC- und TLC-Reduktion (53,2%/Soll bzw. 58,4%/Soll). Gleichzeitig<br />
liegen die Flussgeschwindigkeiten (PEF, MEF75, MEF50, MEF25) und der Atemwegswiderstand (R<br />
tot) im Normbereich. Die ergänzend vorliegende Diffusionstestung ergibt eine schwergradig<br />
eingeschränkte Diffusionsleistung (TLCO 31,4%/Soll).<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
Zusammenfassend sprechen der typische Kurvenverlauf und die Werte für das Vorliegen einer<br />
mittelgradigen restriktiven Ventilationsstörung mit schwergradig eingeschränkter<br />
Diffusionsleistun. Es handelt sich um die <strong>Lungenfunktion</strong> eines an einer idiopatischen<br />
pulmonalen Fibrose (IPF) - als eine Unterform der diffusen fibrosierenden<br />
Lungenparechymerkrankungen – erkrankten Patienten.<br />
Eine Schweregradeinteilung von Restriktion und Diffusionsstörung ist anhand folgender<br />
Grenzwerte möglich:<br />
(1) Restriktion<br />
Schweregrad<br />
IVC in % vom Soll<br />
Leicht >70<br />
Mäßig 60-69<br />
Mittelschwer 50-59<br />
Schwer 35-49<br />
Sehr schwer 60<br />
Mittel 40-60<br />
Schwer
3. Fallbeispiel:<br />
Dargestellt ist das Ergebnis einer Metacholinprovokationstestung im Sinne eines<br />
Mehrkonzentrationstests. Die Basismessung ergibt sich eine völlig blande <strong>Lungenfunktion</strong> mit<br />
normwertigem Kurvenverlauf und Messparametern. Nach Inhalation von NaCL 0,9% zeigt sich keine<br />
wesentliche Änderung. Unter Inhalation von Metacholin in steigenden Dosen kommt es bei 0,49mg<br />
Metacholin (kumulativ: 0,65mg Metacholin) zu einem deutlichen Anstieg der Resistance mit<br />
Abnahme der FEV1 um 20% im Sinne einer schwergradigen Obstruktion mit relativer Überblähung<br />
(RV 2,69l). Nach anschließender Bronchospasmolyse ist eine gänzliche Reversibilität der Obstruktion<br />
und Überblähung nachweisbar.<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013
Es ergibt sich der Befund einer positiven Metacholinprovokationstestung (Abfall der FEV1 um mind.<br />
20%) mit reversiblem Befund nach Bronchospasmolyse. Man spricht von einer schwergradigen<br />
unspezifischen bronchialen Hyperreaktivität, meist im Sinne eines Asthma bronchiale.<br />
<strong>Lungenfunktion</strong>, C. Pizarro, Stand 02-2013