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Gemeinsame Positionsbestimmung von Landrat und Quedlinburger ...

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würden im Fall einer Dreierlösung die Städte Quedlinburg <strong>und</strong> Wernigerode hinter Halberstadt<br />

zurückstehen müssen. Durch den Bau der autobahngleichen B<strong>und</strong>esstraße B 6n kann die Frage der<br />

Erreichbarkeit nicht mehr unbedingt zugunsten <strong>von</strong> Halberstadt entschieden werden.<br />

Wir sind der Auffassung, dass angesichts der in den Neunziger Jahren entstandenen<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Disparitäten ein anderes Kriterium einen höheren Stellenwert hat als<br />

die genannten klassischen.<br />

Die Kreisgebietsreform als aktive Strukturpolitik<br />

Mit einer Neugliederung <strong>und</strong> Schaffung größerer Kreisgebilde hat das Land die Chance <strong>und</strong><br />

Möglichkeit, die Kreissitzbestimmung als Instrument landesplanerischer Entwicklung <strong>und</strong><br />

Strukturpolitik zu nutzen. So kann es zum einen starke Standorte weiter stärken, was zur Folge<br />

hat, dass sich bestehende Disparitäten verschärfen. Oder es wirkt diesen gezielt entgegen <strong>und</strong><br />

versucht, bestehende Nachteile auszugleichen. Dies sind aus unserer Sicht die beiden Alternativen,<br />

denen sich die Landespolitik zu stellen hat <strong>und</strong> an denen sie sich später im Rückblick messen<br />

lassen muss. Dagegen ist die Zahl der Einwohner ein sek<strong>und</strong>äres Kriterium, Kreisstadt zu werden.<br />

Wir betrachten es als Kernaufgabe politischer Verantwortung, ausgewogene Bedingungen <strong>und</strong><br />

Lebensverhältnisse in den neuen, größeren Landkreisen zu erreichen.<br />

Die Stadt Quedlinburg hatte 1990 bedeutend schlechtere Startbedingungen als die<br />

Nachbarkreisstädte. Standortnachteile waren eine geringere Industriedichte schon vor dem zweiten<br />

Weltkrieg, der nahezu vollständige Verlust der Saatgutproduktion als traditionell wichtigen<br />

Wirtschaftsfaktor, Probleme bei Neuansiedlungen insbesondere durch archäologische F<strong>und</strong>e <strong>von</strong><br />

großer Bedeutung, die Bindung <strong>von</strong> Haushaltsmitteln für die Sanierung der historischen Altstadt<br />

statt des Ausbaus einer wirtschaftsnahen Infrastruktur <strong>und</strong> eine zunächst deutlich schlechtere<br />

Verkehrsinfrastruktur. Erschwerend kam hinzu, dass Quedlinburg bei der Verteilung <strong>von</strong><br />

Landesbehörden deutlich benachteiligt wurde. So erhielt Halberstadt den Sitz des Amtes für<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Flurneuordnung, des Arbeitsgerichtes, der Agentur für Arbeit, des<br />

Gewerbeaufsichtsamtes, der Polizeidirektion, des Staatlichen Schulamtes, des Straßenbauamtes,<br />

der Staatsanwaltschaft, des Staatshochbauamtes <strong>und</strong> nicht zuletzt eines Teiles der Hochschule<br />

Harz. In der Folge entwickelte sich im Landkreis Quedlinburg eine seit 1990 ständig höher liegende<br />

Arbeitslosenquote (im März 2005: 24,1 %) als in den Nachbarkreisen Halberstadt (22,9 %) <strong>und</strong><br />

Wernigerode (17,1 %). Diese relativ großen Unterschiede sind auch dadurch begründet, dass<br />

unsere Nachbarn <strong>von</strong> der Randlage zum Land Niedersachsen profitieren. Die Statistiken über Ein<strong>und</strong><br />

Auspendler beweisen dies nachhaltig.<br />

Mit dem oben gesagten soll nicht ein Wettbewerb der Stärken in einen der Schwächen<br />

umgewandelt werden. Vielmehr soll die Argumentation der heute vermutlich stärksten Kreisstadt<br />

durch eine solche ersetzt werden, die nach dem morgen möglichst stärksten neuen Landkreis fragt.<br />

Um es in einem Bild auszudrücken: Bei den meisten Mannschaftssportarten geht es nicht um die<br />

Spitzenleistung eines Einzelnen, sondern um ein homogenes Team auf möglichst hohem Niveau.<br />

Der mittelfristige Verlust <strong>von</strong> einigen H<strong>und</strong>ert Arbeitsplätzen in der Landkreisverwaltung, die damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Steuerausfälle, der Kaufkraftschw<strong>und</strong> sowie ein Verlust an Urbanität wären für den<br />

Landkreis <strong>und</strong> die Stadt Quedlinburg deutlich schwerer verkraftbar als für Wernigerode oder<br />

Halberstadt.<br />

Die Bestimmung der Stadt Quedlinburg als künftiger Kreissitz wäre hingegen ein strukturpolitisches<br />

Zeichen <strong>und</strong> würde zu einer Aufwertung des Standortes sowie eines damit verb<strong>und</strong>enen<br />

entwicklungsbedürftigen Raumes führen. Gestützt wird diese Auffassung durch eine ebensolche<br />

landesplanerische Herangehensweise beispielsweise im Land Brandenburg bei der dortigen<br />

Kreisgebietsreform im Jahr 1993.<br />

Auch in Sachsen-Anhalt ist diese Erkenntnis nicht so neu, wie dies die Landtagsdebatte vom<br />

20.03.1997 zu einer großen Anfrage der CDU-Fraktion zeigt. In Kenntnis der Entwicklung nach der<br />

Kreisgebietsreform <strong>von</strong> 1994 sagte der Landtagsabgeordnete Detlev Lehmann in der vorgenannten<br />

Debatte: "Aus meiner Sicht wäre es seinerzeit günstiger gewesen, statt mit Finanzausgleichen zu<br />

operieren, die ganze Problematik Kreissitz auch einmal unter der Maßgabe der Strukturförderung<br />

zu betrachten. Dann hätten wir mit Sicherheit teilweise gesündere Verhältnisse in den Landkreisen<br />

<strong>und</strong> auch hinsichtlich der Kreisstädte gehabt." Dabei sei angemerkt, dass die seinerzeit<br />

zugesicherten Finanzausgleiche durch das Land für einen Kreissitzverlust bei der bevorstehenden<br />

Reform heute kein Thema sind. Der jetzige Innenminister Klaus Jeziorsky führte seinerzeit aus,<br />

dass durch die "Hochzeitsprämien" wenigstens ein Ausgleich dessen erreicht werden konnte, was

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