forum 1/2013 - Gew-koeln.de
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HIB<br />
RECHTSBERATUNG<br />
Neues Jahr, neue Regelungen<br />
von Anika Schlichting,<br />
Hochschulinformationsbüro<br />
(HIB) FH<br />
Auch im Jahr <strong>2013</strong> än<strong>de</strong>rt sich<br />
für Studieren<strong>de</strong> das Ein o<strong>de</strong>r<br />
An<strong>de</strong>re in Sachen Geld. Alle<br />
Än<strong>de</strong>rungen, die für Studieren<strong>de</strong><br />
interessant sein könnten, hier im<br />
Überblick.<br />
Minijob-Grenze steigt<br />
auf 450 Euro<br />
Die Verdienstgrenze für geringfügig<br />
Beschäftigte än<strong>de</strong>rt sich<br />
erstmals seit Einführung <strong>de</strong>r<br />
Minijobs im Jahr 2003. Die Neuregelung<br />
gilt für alle Minijobverhältnisse,<br />
die ab <strong>de</strong>m 1. Januar<br />
<strong>2013</strong> abgeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />
Statt bislang 400 Euro dürfen<br />
geringfügig Beschäftigte nun 450<br />
Euro verdienen, ohne Steuern<br />
und Abgaben an die Kranken-,<br />
Pflege- und Arbeitslosenversicherungen<br />
zahlen zu müssen.<br />
Studieren<strong>de</strong>, die unter 25 Jahren<br />
alt sind, können im Rahmen<br />
eines Minijobs 50 Euro mehr<br />
verdienen, ohne dass <strong>de</strong>r Anspruch<br />
auf Familienversicherung<br />
wegfallen wür<strong>de</strong>. Zu<strong>de</strong>m besteht<br />
ab Anfang Januar für Minijobber<br />
eine Rentenversicherungspflicht,<br />
von <strong>de</strong>r sie sich aber wie<strong>de</strong>r<br />
befreien lassen können. Vorsicht<br />
ist allerdings für alle Studieren<strong>de</strong>,<br />
die BAföG empfangen, geboten,<br />
<strong>de</strong>nn hier besteht weiterhin eine<br />
Verdiensthöchstgrenze von 400<br />
Euro. Eine Anpassung seitens <strong>de</strong>s<br />
BAföG-Amtes bleibt vorerst aus.<br />
Anspruch auf Teilerlassmöglichkeit<br />
bei<br />
BAföG-Rückzahlung<br />
fällt bei Studiumsabschlüssen,<br />
die ab<br />
<strong>2013</strong> erfolgen, weg<br />
Das schon 2010<br />
beschlossenen<br />
BAföG-Än<strong>de</strong>rungsgesetz, wird<br />
nun für alle BAföG-Empfänger<br />
relevant, die ihr Studium in<br />
diesem o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Jahren abschließen. Sie können<br />
lei<strong>de</strong>r nicht mehr auf Grund<br />
guter Leistungen o<strong>de</strong>r eines<br />
schnellen Studiums von <strong>de</strong>r Teilerlassregelung<br />
bei <strong>de</strong>r BAföG-<br />
Rückzahlung profitieren.<br />
Ausweitung <strong>de</strong>s<br />
Kf W-Studienkredits<br />
Ab April <strong>2013</strong> wer<strong>de</strong>n aka<strong>de</strong>mische<br />
Weiterbildungen auch als<br />
för<strong>de</strong>rungsfähig von <strong>de</strong>r Kf W<br />
Bankengruppe eingestuft. Dann<br />
können erstmals auch Zusatz-,<br />
Ergänzungs-, Aufbau- und Zweitstudiengänge<br />
sowie Promotionen<br />
geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Bei einem<br />
Zweitstudium wird allerdings<br />
nur ein grundständiges Studium<br />
geför<strong>de</strong>rt. Zusätzlich können ab<br />
April alle Stu<strong>de</strong>nten, egal ob sie<br />
ein Teilzeit- o<strong>de</strong>r Vollzeitstudium<br />
absolvieren, diesen Kredit erhalten.<br />
Beson<strong>de</strong>rs für ältere Studieren<strong>de</strong><br />
dürfte interessant sein, dass<br />
auch die Altersgrenze angehoben<br />
wird. Bis zu 44 Jahre alt darf<br />
man bei Studienbeginn sein. Der<br />
Haken ist, dass sich die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Semester verringert, für die man<br />
<strong>de</strong>n Kredit erhalten<br />
kann, wenn man<br />
älter als 35 Jahre ist.<br />
Der Abschluss dieses<br />
Kredits sollte gut<br />
überlegt sein. Erst<br />
wenn Möglichkeiten<br />
wie BAföG, Jobben<br />
und/o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Unterhalt von <strong>de</strong>n<br />
Eltern ausschei<strong>de</strong>n und nicht die<br />
nötige finanzielle Unterstützung<br />
geboten ist, sollte ein Kredit in<br />
Erwägung gezogen wer<strong>de</strong>n.<br />
Erhöhung <strong>de</strong>s steuerlichen<br />
Grundfreibetrags ist fast<br />
beschlossene Sache<br />
Der steuerliche Grundfreibetrag<br />
ist in diesem Jahr auf 8.130 Euro<br />
gestiegen. Letztes Jahr lag die<br />
Grenze bei 8.004 Euro und wird<br />
2014 auf 8.354 Euro angehoben.<br />
Auch wenn das jährliche Einkommen<br />
eines Stu<strong>de</strong>nten etwas<br />
über dieser Grenze liegt, ist das<br />
in <strong>de</strong>r Regel unproblematisch,<br />
da die Werbekostenpauschale<br />
von 1.000 Euro pro Jahr davon<br />
vorab abgezogen wer<strong>de</strong>n darf.<br />
Beitragssatz für die Pflegeversicherung<br />
steigt<br />
Die Pflegeversicherungen begegnen<br />
<strong>de</strong>m ansteigen<strong>de</strong>n Bedarf<br />
an Pflegeleistungen mit einer<br />
Beitragserhöhung um 0,1 %<br />
auf 2,05 %. Relevant ist diese<br />
Erhöhung für die Stu<strong>de</strong>nten,<br />
die gesetzlich krankenversichert<br />
sind. Für sie macht die Erhöhung<br />
monatlich 60 Cent aus.<br />
von Ines Bartenstein<br />
Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
– ab <strong>de</strong>m 1. Tag<br />
Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz<br />
(EFZG) ist<br />
<strong>de</strong>r Arbeitgeber berechtigt, von<br />
<strong>de</strong>m Arbeitnehmer die Vorlage<br />
einer ärztlichen Bescheinigung<br />
über das Bestehen <strong>de</strong>r Arbeitsunfähigkeit<br />
und <strong>de</strong>ren voraussichtliche<br />
Dauer schon von <strong>de</strong>m<br />
ersten Tag <strong>de</strong>r Erkrankung an zu<br />
verlangen. Die Ausübung dieses<br />
Rechts steht im nicht an beson<strong>de</strong>re<br />
Voraussetzungen gebun<strong>de</strong>nen<br />
Ermessen <strong>de</strong>s Arbeitgebers.<br />
(Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht, Urteil<br />
vom 14. November 2012<br />
- 5 AZR 886/11 -<br />
Vorinstanz: Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht<br />
Köln, Urteil vom 14. September<br />
2011 - 3 Sa 597/11 –)<br />
Das heißt im Klartext: Der<br />
Arbeitgeber darf vom Arbeitnehmer<br />
eine Krankschreibung<br />
schon vom ersten Tag<br />
an verlangen, auch wenn kein<br />
„Betrugsverdacht“ vorliegt.<br />
Arbeitskampf in kirchlichen<br />
Einrichtungen - Dritter Weg<br />
Verfügt eine Religionsgesellschaft<br />
über ein am Leitbild <strong>de</strong>r Dienstgemeinschaft<br />
ausgerichtetes<br />
Arbeitsrechtsregelungsverfahren,<br />
bei <strong>de</strong>m die Dienstnehmerseite<br />
und die Dienstgeberseite in einer<br />
paritätisch besetzten Kommission<br />
die Arbeitsbedingungen<br />
<strong>de</strong>r Beschäftigten gemeinsam<br />
aushan<strong>de</strong>ln und einen Konflikt<br />
durch <strong>de</strong>n neutralen Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />
einer Schlichtungskommission<br />
lösen (sog. Dritter Weg),<br />
dürfen <strong>Gew</strong>erkschaften nicht zu<br />
einem Streik aufrufen. Das gilt<br />
jedoch nur, soweit <strong>Gew</strong>erkschaften<br />
in dieses Verfahren organisatorisch<br />
eingebun<strong>de</strong>n sind und<br />
das Verhandlungsergebnis für die<br />
Dienstgeberseite als Min<strong>de</strong>starbeitsbedingung<br />
verbindlich ist.<br />
(Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht, Urteil<br />
vom 20. November 2012 - 1<br />
AZR 179/11 -<br />
Vorinstanz: Lan<strong>de</strong>sarbeitsgericht<br />
Hamm, Urteil vom 13. Januar<br />
2011 - 8 Sa 788/10 –)<br />
Der Fall: Verschie<strong>de</strong>ne evangelische<br />
Einrichtungen hatten von<br />
ver.di verlangt, Aufrufe zu Streiks<br />
in Ihren Einrichtungen zu unterlassen.<br />
Begrün<strong>de</strong>t hat die Kirche<br />
das damit, dass durch die Streikaufrufe<br />
das durch das Grundgesetz<br />
geschützte kirchliche<br />
Selbstbestimmungsrecht verletzt<br />
wird. Ver.di dagegen hatte sich<br />
darauf berufen, dass sie aufgrund<br />
<strong>de</strong>r ebenfalls grundrechtlich<br />
geschützten Koalitionsfreiheit<br />
auch in Einrichtungen <strong>de</strong>r Kirche<br />
zum Streik aufrufen dürfen.<br />
Das Problem: Hier treffen zwei<br />
Grundrechte aufeinan<strong>de</strong>r.<br />
Da ist zum einen das Selbstbestimmungsrecht<br />
<strong>de</strong>r Kirchen.<br />
Danach können die Kirchen<br />
ihre Angelegenheiten (auch die<br />
arbeitsrechtlichen) selbstständig<br />
regeln. Dazu gehört auch die<br />
Ausgestaltung <strong>de</strong>r Arbeitsverhältnisse<br />
mit ihren Beschäftigten.<br />
Diese können sie entwe<strong>de</strong>r<br />
einseitig durch Weisung regeln<br />
(„erster Weg“), durch Tarifverträge<br />
gestalten („zweiter Weg“)<br />
o<strong>de</strong>r, wie die evangelische Kirche,<br />
durch Arbeitsvertragsrichtlinien<br />
(AVR) regeln. Diese wer<strong>de</strong>n<br />
zwar durch eine Kommission,<br />
aber ohne <strong>Gew</strong>erkschaftsbeteiligung<br />
erstellt („dritter<br />
Weg“ - um <strong>de</strong>n geht es hier).<br />
Dagegen steht das Grundrecht<br />
<strong>de</strong>r <strong>Gew</strong>erkschaften auf<br />
Koalitionsfreiheit. Diese gibt<br />
<strong>de</strong>n <strong>Gew</strong>erkschaften und <strong>de</strong>n<br />
Arbeitgebern das Recht, die<br />
Arbeitsbedingungen frei von<br />
staatlicher Beteiligung zu regeln.<br />
Und da ein Arbeitgeber die<br />
<strong>Gew</strong>erkschaft ohne das Streikrecht<br />
als Verhandlungspartner<br />
gar nicht erst nehmen müsste,<br />
beinhaltet die Koalitionsfreiheit<br />
auch das Recht <strong>de</strong>r <strong>Gew</strong>erkschaften<br />
zum Streik aufzurufen.<br />
Der BGH hat in seinem Urteil<br />
diese bei<strong>de</strong>n Grundrechte<br />
gegeneinan<strong>de</strong>r abgewägt und ist<br />
zu folgen<strong>de</strong>m Ergebnis gekommen:<br />
Kirchliche Einrichtungen,<br />
die <strong>de</strong>n „dritten Weg“ anwen<strong>de</strong>n,<br />
dürfen das Streiken in ihren Einrichtungen<br />
grundsätzlich verbieten.<br />
Aber <strong>de</strong>r BGH hat das Recht<br />
auf das Streikverbot an eine<br />
Bedingung geknüpft: Das Verbot<br />
ist nämlich nur dann rechtmäßig,<br />
wenn die <strong>Gew</strong>erkschaften<br />
bei <strong>de</strong>n Verhandlungen über die<br />
Arbeitsplatzrichtlinien beteiligt<br />
wer<strong>de</strong>n und dieses Verhandlungsergebnis<br />
für <strong>de</strong>n Arbeitgeber<br />
„Kirche“ auch verbindlich ist.<br />
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