Kameruner Endkampf um die Festung Moraberg - Golf Dornseif

Es wurde jetzt bekannt, dass sich keine französischen Truppen mehr nahe Mora aufhielten, weil sie
nach Fort Lamy abmarschieren mussten auf höheren Befehl hin. Der gleiche geschickte Bote brachte
es fertig, unbemerkt nach Kusseri zurück zu kehren und die Abteilung kurz vor dem Aufbruch
Richtung Mora anzusprechen. So erhielt Leutnant Kallmeyer zuverlässig die Nachrichten von
Hauptmann Raben.
Die Tage nach dem Gefecht vom 27. August sollten zum Ausbau der Stellungen und Beschaffen von
reichlich Proviant genutzt werden, weil jetzt der Belagerungszustand. durch den Gegner immer näher
rückte. Rinder, Ziegen, Pferde, Kamele und Lasten-Esel der Kompanie mussten mit erheblichen
Strapazen auf die höchsten Berge getrieben werden. Alle noch erreichbaren Farmen waren
abzuernten bis auf den letzten Halm.
Um aktuelle Informationen zu gewinnen, machte sich am 13. Oktober eine 18 Mann starke Abteilung
auf den Weg, kommandiert von Oberleutnant Weyse. Die Männer sollten die am nächsten gelegenen
deutschen Einheiten aufspüren und nach Mora umleiten gerieten jedoch bald in heftige Gefechte mit
Briten und. zogen sich vorsichtshalber ohne Verluste zurück. Es stellte sich später heraus, dass die
Briten Eingeborene beauftragt hatten, Falschmeldungen über angebliche deutsche Truppen im
Vorfeld so zu verbreiten, dass Hauptmann von Raben dies auf dem Mora-Berg erfahren und zu
falschen Schlüssen kommen würde! Eine Kriegslist; die sich nicht bezahlt machte ...
Am 17. Oktober 1914 organisierte Leutnant Kallmeyer eine dringend gebotene Verpflegungspatrouille
Richtung Padogo, gut bewaffnet mit zahlreichen Trägern und eingeborenen Soldatenfrauen. Getreide,
Erdnüsse und Fleisch winkten zur Belohnung ohne Feindberührung, und die Ausbeute konnte sich
sehen lassen. Zur gleichen Zeit erreichten die ersten französischen Truppen Mora und bauten dort die
aufgegebene Schanzenfeste der Deutschen aus. Auch der sogenannte Kanonenberg in unmittelbarer
Nähe der Festung Mora ließ lebhafte Aktivität erkennen, ebenso der Podogoberg, wo sich Engländer
einnisteten.
Am 29. Oktober vormittags feuerten erstmals Maschinengewehre auf die Stellungen der Schutztruppe
und zwar bei Tag und Nacht als offenkundige Angriffseinleitung. Am 31. Oktober marschierte eine
feindliche Einheit unter europäischer Führung in die Stadt Mora ein, begleitet vom Sultan zu Mora und
dessen Stammesangehörigen. Tags darauf meldeten hilfreiche Eingeborene, dass der Gegner
mühsam und zäh einige Geschütze auf die umliegenden Berge schleppte, die bald zu feuern
begannen. Der Sturmangriff französischer Soldaten konnte jedoch abgeschlagen werden, und die
Gefallenen waren durchweg Senegalesen.
Hauptmann von Rabens Leute erbeuteten zwei Kisten Patronen, acht Gewehre sowie eine Menge
Haumesser und Bajonette. Nach weiteren, Gefechten verloren die Angreifer immer wieder reichlich
Munition und Karabiner als willkommene "Zugabe" auf deutscher Frontseite. Bald schossen die
deutschen vorgeschobenen Posten nur noch mit erbeuteten Waffen und Munitionsvorräten, sodass
deutsches Material geschont werden konnte für größere Einsätze. Das britische Maschinengewehr
leistete ebenfalls vortreffliche Dienste zur Defensive. So konnte man es noch recht lange aushalten ...
Gegen sieben Uhr früh näherte sich aus der französischen Stellung ein Parlamentär mit seiner weißen
Flagge. Er überbrachte ein Schreiben, an Hauptmann von Raben adressiert, unterzeichnet von
Oberstleutnant Brisset. Der Offizier erkundigte sich nach der auf deutscher Seite erkennbaren
Rotkreuz-Flagge und fragte an, ob eine Suchaktion nach Toten und Verwundeten vorgesehen sei.
Falls dies zutreffen sollte, möchte man sich diesem Vorhaben anschließen und eine Waffenruhe
vereinbaren im beiderseitigen Interesse. Waffen und Ausrüstungsgegenstände dürften die Männer der
Schutztruppe in Verbindung mit der Suche nach Opfern einbehalten. Als Gegenleistung wurden die
Deutschen gebeten, die in ihrem Aktionsbereich liegenden französischen Toten und Verwundeten
auszutauschen.
Hauptmann von Raben zeigte sich einverstanden und arrangierte zunächst die Begegnung weiterer
Parlamentäre mit ihm als Verhandlungsführer. Der Colonel wünschte gleichfalls ein Treffen
persönlicher Art und man verabredete eine Waffenruhe bis 18.30 Uhr am gleichen Tag. Der Franzose
versäumte nicht, bei dieser Gelegenheit den Deutschen seine Hochachtung wegen ihrer Tapferkeit
auszusprechen und salutierte respektvoll. Unbegreiflich erschien es jedoch den Deutschen, dass im
Verlauf späterer Gefechte die deutschen Sanitäter während der Bergung ihrer Verwundeten von den
Franzosen heftig beschossen wurden ohne Beachtung der Genfer Konvention.