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Praxisbeispiele aus der<br />
politischen Bildung (S. 17 - 23)<br />
6/03<br />
-Zeitung<br />
112. Jahrgang<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Zur Lage des<br />
Bildungswesens -<br />
Herausforderungen nach PISA<br />
„TAG DER<br />
BILDUNG“<br />
25. Juni in Mainz<br />
Was nun,<br />
Herr Zöllner?<br />
Fragen zur Reform der<br />
LehrerInnenbildung<br />
in Rheinland-Pfalz<br />
27. Juni in Mainz<br />
Qualität entwickeln - Arbeitsbedingungen verbessern<br />
PISA und die Konsequenzen<br />
für Kindertagesstätten<br />
27. Juni in Mainz<br />
„LiA“ - Tag der Bildung*:<br />
Moderner Unterricht<br />
praktisch<br />
27. Juni in Kaiserslautern
Kolumne / Inhalt / Impressum<br />
Foto: Lucas Schmitt<br />
Qualität darf<br />
nicht quälen<br />
Nun sind sie überall an den Schulen des<br />
Landes am Basteln: Landauf, landab<br />
schwitzen in diesen Tagen Steuerteams -<br />
oder wie immer auch die Gruppen der<br />
hoffentlich von unten gewählten und nicht<br />
von oben berufenen Schulentwickler heißen<br />
- an den vom Ministerium für das<br />
Schuljahresende vorgeschriebenen Qualitätsprogrammen.<br />
Nun soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden, was an berechtigten<br />
Einwänden gegen die Zwangsverordnung von Qualität (dazu noch im<br />
Turbotempo, ohne nennenswerte Hilfestellung und unter verschlechterten<br />
Rahmenbedingungen) in den letzten Monaten formuliert wurde.<br />
Vielmehr soll überlegt werden, was sich im schlechtesten Falle an<br />
den Schulen abspielen könnte und wie vielleicht aber auch mit Hilfe<br />
der überlebensnotwendigen Improvisationskunst unserer Lehrkräfte aus<br />
dem Dilemma Positives entstehen könnten.<br />
Szenarium 1:<br />
Mitten in der Stressphase vor bzw. in der Prüfungs- und Zeugniszeit<br />
häufen sich die Termine in Sache Qualität: Dienstbesprechungen, Studientage,<br />
Fachkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften und dann noch eine<br />
Gesamtkonferenz in quälender Länge. Manch ein Baum muss sterben<br />
für die vielen Papiere, die bedruckt werden, um in Kürze als Makulatur<br />
zu enden. Blabla, neumodische, pseudowissenschaftliche, aus diversen<br />
Vorlagen abgekupferte Floskeln von Leuten, die vor Kurzem zum<br />
Beispiel das Kürzel PSE fälschlicherweise noch für den Vereinsnamen<br />
holländischer Fußballclubs hielten und jetzt die Chance zur Profilbildung<br />
sehen. Für sich, nicht für die Schulen. Schließlich gleichermaßen<br />
hochtrabende wie nichtssagende Programme, die so abstrakt und unrealistisch<br />
sind, dass ihr Gelingen nicht überprüft und für ihr Misslingen<br />
niemand verantwortlich gemacht werden kann. Viel Zeit und Energie<br />
verschwendet. Pflicht erfüllt, nichts bewegt.<br />
Szenarium 2:<br />
Ein Kollegium sagt sich: Okay, eigentlich albern, so´n Qualitätsprogramm.<br />
Wir wissen doch, woran es hapert. Wir bräuchten Förderstunden, wir<br />
bräuchten Schulsozialarbeit, wir bräuchten eine Vertretungsreserve, die<br />
dafür sorgt, dass ausfallender Unterricht fachgerecht vertreten wird und<br />
die Kinder nicht nur irgendwie beschäftigt werden.<br />
Wir wissen doch aber auch, was hier daneben läuft. Wo die Zusammenarbeit<br />
nicht klappt, wo wir uns das Leben gegenseitig unnötigerweise<br />
schwer machen, wo wir nicht mehr aus unseren eingetretenen Pfaden<br />
kommen, wo aufgrund von Animositäten und Eitelkeiten eigentlich<br />
vorhandene Potenziale verschüttet bleiben. Also machen wir aus der<br />
Pflicht eine Chance. Lassen uns dabei nicht in ein Schema drängen,<br />
verzichten auf wohlfeile Allgemeinplätze, sondern wir analysieren konkret<br />
die Situation unserer Schule. Wo stehen wir und wo könnten wir<br />
eigentlich stehen bzw. wohin möchten wir kommen?<br />
Wir vergewissern uns unserer Stärken und benennen ehrlich unsere<br />
Schwächen, um zu realistischen Zielformulierungen zu kommen. Und<br />
dies alles mit dem Ziel: Wenn uns auch nur kleine Fortschritte gelingen,<br />
geht es nicht nur der Qualität besser, dann geht es auch uns besser.<br />
Mit diesen beiden Szenarien zu sehr im Schwarz-Weiß-Schema gedacht?<br />
Vielleicht sogar die Belastung durch das Qualitätsprogramm ironisch<br />
verharmlost? Möglicherweise. Interessant wäre es dennoch, Rückmeldungen<br />
zu erhalten, welches der beiden Modelle am ehesten der<br />
Realität in den Schulen entsprach. Wir sind gespannt.<br />
Um beim Thema zu bleiben und gleichzeitig zu unserer beliebten Fundgrube<br />
sprachlicher Peinlichkeiten zu kommen. Oben war von neumodischen<br />
Floskeln die Rede. Viele wären da zu benennen, und die Redaktion<br />
würde sich freuen, auch hier Beispiele zu bekommen, was unsere<br />
Leserschaft besonders nervt. Bei uns sind das die sich häufenden<br />
überflüssigen Anglizismen. Er erläutere seine Vorstellungen in einer<br />
Power-Point-Präsentation und gebe dazu ein „hand out“ aus, meinte<br />
neulich ein wichtiger Mensch bei einer Dienstbesprechung. Hand out<br />
oder Hirn out? Warum kann man nicht schlicht von einer Zusammenfassung<br />
oder einem Thesenpapier sprechen?<br />
Positiv sollst du den Tag beginnen und die Kolumne beenden. Deshalb<br />
eine kleine Episode zum Abschluss:<br />
Drei Schülerinnen, 7. Klasse, unterhalten sich auf dem Weg zum Sport<br />
wie immer über die Schule. Gerade läuft Klipperts Kommunikationstraining.<br />
Der Fahrer spitzt die Ohren. Endlich mal O-Töne und keine<br />
selektiven Wahrnehmungen von PSE-Fans. Die Meinungen sind geteilt,<br />
Einigkeit herrscht allerdings in der Feststellung, besser als „normaler<br />
Unterricht“ seien die Tage allemal.<br />
Themenwechsel.<br />
Doch dann tippt die Skeptischste dem Chauffeur auf die Schulter und<br />
sagt:<br />
„Jedenfalls habe ich beim Kommunikationstraining gemerkt, dass nicht<br />
alle in meiner Klasse blöd sind. Bei der Gruppenarbeit musste ich mit<br />
Leuten zusammenarbeiten, die ich bisher überhaupt nicht riechen konnte.<br />
Jetzt habe ich aber gemerkt, dass die eigentlich ganz okay sind.“<br />
Günter Helfrich<br />
Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz Nr. 6 / 2003:<br />
Kolumne Seite 2<br />
Politik: „Mut zum Umsteuern“ Seite 3<br />
Schulen Seite 4 - 9<br />
LehrerInnenbildung Seite 10 - 12<br />
Schulen Seiten 13 - 15<br />
Rechtsschutz Seite 16<br />
Praxisbeispiele aus der pol. Bildung Seite 17 - 23<br />
LeserInnenbriefe / Alter + Ruhestand Seite 24 - 25<br />
Tipps + Termine Seiten 26 - 30<br />
Kreis + Region Seiten 31<br />
Schulgeist Seite 32<br />
<strong>GEW</strong>-Termine zum „Tag der Bildung“ Seiten I - IV<br />
Impressum <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />
Mainz, Tel.: (0 61 31) 28988-0, Fax: (06131) 28988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de<br />
Redaktion: Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen,<br />
Tel./ Fax: (0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr.<br />
14, 67063 Ludwigshafen, Tel.: (0621) 69 73 97, Fax.: (0621) 6 33 99 90, e-mail:<br />
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91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />
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Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />
nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene<br />
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Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 12 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 5. des Vormonats.<br />
2 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Mut zum Umsteuern<br />
Wirtschafts- und sozialpolitische Reformagenda des DGB<br />
Politik<br />
Der Geschäftsführende Bundes vorstand des DGB mischt sich mit einem Diskussionsentwurf<br />
zu einer eigenen Reformagenda in die politische Diskussion<br />
ein. Ziel ist die Ankurbelung und langfristige Stabilisierung des Wirtschaftswachstums,<br />
eine Erhöhung der Nettolöhne und eine Entlastung personalintensiver<br />
Unternehmen. Die Reformagenda verbindet Sofortmaßnahmen und<br />
mittelfristige Reformen. Die Sofortmaßnahmen bestehen im Wesentlichen<br />
aus vier Eckpunkten:<br />
Foto: Mathias Thurm<br />
1. Eine offensive Finanzpolitik soll<br />
für Wachstumsimpulse sorgen. Der<br />
DGB regt dazu eine Investitionsoffensive<br />
von rund 15 Milliarden Euro<br />
an, mit deren Hilfe die Kommunen<br />
wieder in die Lage versetzt werden<br />
sollen zu investieren. Eine Senkung<br />
des Eingangssteuersatzes auf 17 Prozent<br />
sowie die Anhebung des Einkommenssteuerfreibetrages<br />
sollen<br />
weitere Wachstumsimpulse geben.<br />
Investitionen der Wirtschaft sollen<br />
durch Zulagen gefördert werden.<br />
2. In der Tarifpolitik unterstützt der<br />
DGB ein höheres Maß an Flexibili-<br />
tät, wie es die meisten Gewerkschaften<br />
schon praktizieren. So wird als<br />
sinnvoll erachtet, Unternehmen in<br />
Krisenzeiten im Rahmen von Tarifverträgen<br />
abweichende Vereinbarungen<br />
zu Entgelt oder Arbeitszeit zu<br />
ermöglichen. Stärker als bisher könnten<br />
auch Arbeitszeit, Aus- und Weiterbildung<br />
in Tarifverträgen eine<br />
Rolle spielen. Entgeltteile könnten,<br />
wie von der IG Metall 2002 in die<br />
Diskussion gebracht, in Weiterbildungsansprüche,<br />
zusätzliche Freizeit<br />
und Unternehmensbeteiligungen<br />
umgewandelt werden.<br />
3. In der Sozialversicherung soll eine<br />
sachgerechte Finanzierung für sinkende<br />
Sozialabgaben sorgen. Die<br />
Steuerfinanzierung „versicherungsfremder<br />
Leistungen“ würde eine<br />
Entlastung von rund 4,5 Milliarden<br />
Euro und eine mögliche Senkung des<br />
Beitragssatzes um 1,09 Prozent bringen.<br />
4. Die Gesetzliche Krankenversicherung<br />
soll durch die Einbeziehung<br />
aller Erwerbstätigen zu einer „allgemeinen<br />
Solidarversicherung“ ausgebaut<br />
werden. Die Anpassung der<br />
Beitragsbemessungsgrenze sowie die<br />
insgesamt von der Bundesregierung<br />
geplante Gesundheitsstrukturreform<br />
wird zu einer Effektivierung führen,<br />
die eine Senkung der Beitragssätze<br />
zur GKV in einem ersten Schritt um<br />
2,59 Prozentpunkte ermöglicht.<br />
Die übrigen Reformvorschläge sind<br />
mittelfristig angelegt:<br />
• eine antizyklische Finanzpolitik<br />
ohne höhere Neuverschuldung<br />
durch die Wiederbelebung der Konjunkturausgleichsrücklage,<br />
• die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages<br />
durch die Steuerfinanzierung<br />
des West-Ost-Transfers<br />
in der Arbeitslosenversicherung,<br />
• die Senkung der Sozialabgaben<br />
durch Einführung eines Freibetrages<br />
von 250 Euro zur Sozialversicherung<br />
sowie<br />
• die Einbeziehung aller Einkommensarten<br />
in die allgemeine Solidarversicherung.<br />
Insgesamt könnten so die Sozialabgaben<br />
um durchschnittlich 8,5 Prozentpunkte<br />
gesenkt werden.<br />
eb<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
3
Schulen<br />
<strong>GEW</strong> verhandelt erfolgreich mit dem Ministerium<br />
Neuorganisation der Schulpsychologischen Beratungsstellen abgemildert<br />
Auf der Grundlage einer Forderung des Landesrechnungshofes Rheinland-<br />
Pfalz aus dem Jahr 1998, die Schulpsychologischen Beratungsstellen durch<br />
Bildung von „Service-Zentren“ neu zu organisieren., legte der zuständige<br />
Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend im Februar<br />
dieses Jahres ein Organisationsmodell mit gravierenden Veränderungen<br />
insbesondere im Hinblick auf die derzeit bestehenden Standorte vor.<br />
Der Plan sah vor, anstelle der bisherigen<br />
31 Beratungsstellen, hierunter<br />
16 „Ein-Personen-Dienststellen“, 11<br />
„Service-Zentren“ einzurichten, in<br />
denen statt der Vielzahl von „EinzelkämpferInnen“<br />
nun SchulpsychologInnen-Teams<br />
arbeiten können. In<br />
der Begründung hieß es, kleine<br />
Dienststellen seien unwirtschaftlich<br />
und die ständige Erreichbarkeit einer<br />
schulpsychologischen Fachkraft<br />
sei nicht gewährleistet.<br />
Dieser Plan, zwei Drittel der Dienststellen<br />
aufzulösen, stieß bei den Beschäftigten<br />
und dem Landeselternbeirat<br />
auf wenig Gegenliebe. Auch<br />
die <strong>GEW</strong> stand dem Modell von<br />
Anfang an kritisch gegenüber, da zu<br />
befürchten war, dass schulpsychologische<br />
Beratung und Unterstützung<br />
in bestimmten Bereichen wie der<br />
nördlichen Eifel, der Westpfalz oder<br />
dem Rhein-Hunsrück-Nahe-Bereich<br />
nur unter erschwerten Bedingungen<br />
für alle Beteiligten möglich und der<br />
erhoffte Synergieeffekt durch lange<br />
Fahrtwege der SchulpsychologInnen<br />
oder der Eltern wieder aufgehoben<br />
würde.<br />
Nach Gesprächen mit dem Arbeitskreis<br />
Bildung der SPD und dem Landeselternbeirat<br />
verhandelte die <strong>GEW</strong><br />
im Mai unmittelbar mit Staatssekretär<br />
Prof. Dr. Hofmann-Göttig vom<br />
Bildungsministerium. In Absprache<br />
mit den in der <strong>GEW</strong> organisierten<br />
SchulpsychologInnen schlug die<br />
<strong>GEW</strong> ein Modell von 14 „Service-<br />
Zentren“ vor, um vor allem die Kreise<br />
Daun/Bitburg/Prüm, Birkenfeld/<br />
Kusel und Zweibrücken/Pirmasens<br />
als Zentren mit einzubeziehen. Auch<br />
der Standort Bad Kreuznach, wegen<br />
seiner Randlage im Großraum<br />
Rhein-Hunsrück, wurde problematisiert<br />
sowie die Randlage von Spey-<br />
er für den Bereich Südliche Weinstraße<br />
und Vorderpfalz und die Abkopplung<br />
des Bereichs Bad Neuenahr-Ahrweiler.<br />
Staatssekretär Hofmann-Göttig<br />
nannte die Vorschläge der <strong>GEW</strong><br />
ebenso konstruktiv wie die Bereitschaft<br />
der Gewerkschaft, die Kontroverse<br />
sachbezogen und zielgerichtet<br />
zu lösen. Nach intensivem Austausch<br />
der gegenseitigen Argumente akzeptierte<br />
er den Vorschlag der <strong>GEW</strong>,<br />
statt der vorgesehenen 11 insgesamt<br />
14 Schulpsychologische „Service-<br />
Zentren“ einzurichten und die Bereiche<br />
Bitburg, Kusel/Birkenfeld und<br />
Westpfalz unmittelbar in die Service-<br />
Bereiche mit einzubeziehen. Darüber<br />
hinaus habe er sich überzeugen lassen,<br />
so der Staatssekretär, dass für den<br />
Bereich Rhein-Hunsrück wohl eher<br />
der Standort Simmern gegenüber<br />
Bad Kreuznach zu bevorzugen sei.<br />
Staatssekretär Hofmann-Göttig sagte<br />
zu, den mit der <strong>GEW</strong> abgesprochenen<br />
neuen Vorschlag der Ministerin<br />
und dem Ministerrat zu unterbreiten.<br />
Auch für das weitere von der <strong>GEW</strong><br />
thematisierte Problem zeigte der<br />
Staatssekretär Verständnis und Entgegenkommen:<br />
Die durch Altersteilzeit<br />
in den nächsten Jahren ausscheidenden<br />
zehn SchulpsychologInnen-<br />
Stellen müssten dringend wiederbesetzt<br />
werden, um die Qualität der<br />
Schulpsychologischen Beratung aufrecht<br />
zu erhalten. Es wäre „eine<br />
schlichte Katastrophe“, wenn ein<br />
Viertel der vorhandenen Stellen in<br />
der Freistellungsphase der Altersteilzeit<br />
nicht besetzt würde, meinte der<br />
Hofmann-Göttig. Er werde versuchen,<br />
dies auch dem Finanzminister<br />
deutlich zu machen.<br />
U.Kü.<br />
Bücherspalte<br />
Methoden des<br />
lebendigen Lernens<br />
Die von Prof. Dr. Arnold und<br />
Dipl.Päd. Ingeborg Schüßler als<br />
Heft Nr. 1 der Reihe „Pädagogische<br />
Materialien der Universität<br />
Kaiserslautern“ herausgegebene<br />
Broschüre beinhaltet alle im Verlauf<br />
eines handlungsorientierten<br />
Methodenseminars erprobten<br />
Methoden inklusive anschaulicher<br />
Beispiele, Anwendungsfelder und<br />
Einsatzbewertungen. Auch die 3.<br />
Auflage 2002 ist wieder durch die<br />
<strong>GEW</strong> veröffentlicht.<br />
Euro 3,60 zzgl. Porto<br />
Beamtenversorgungsrecht<br />
In dieser <strong>GEW</strong>-Broschüre wird die<br />
Berechnung des Ruhegehalts dargestellt.<br />
Grundlage ist das ab 1.<br />
Jan. 1992 geltende Beamtenversorgungsrecht<br />
i.d.F. der Änderungsgesetze<br />
1997, 1998 und<br />
2000.<br />
6. Aufl. 2001, 230 Seiten<br />
Euro 4,00 zzgl. Porto<br />
Beihilfenverordnung<br />
in der Fassung vom 10. Dezember<br />
2002 mit der Einführung einer<br />
Kostendämpfungspauschale und<br />
den Änderungen zu Wahlleistungen<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenlos -<br />
Nichtmitglieder 1,30 Euro,<br />
jeweils zzgl. Porto<br />
111 Tipps zu Sozialleistungen<br />
DGB-Broschüre mit Tipps für Erwerbstätige,<br />
Arbeitslose oder allein<br />
Erziehende zu Leistungen wie Arbeitslosengeld,<br />
Wohngeld, Sozialhilfe<br />
u.v.m.<br />
185 Seiten, 2. Aufl. 2002<br />
Euro 4,90 zzgl. Porto<br />
Bestellungen an:<br />
<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />
Neubrunnenstr. 8 · 55116 Mainz<br />
4 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
<strong>GEW</strong> fordert mehr Unterstützung<br />
für Ganztagsschulen in neuer Form<br />
Der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Tilman Boehlkau:<br />
„Die Ganztagsschule<br />
in<br />
neuer Form<br />
benötigt noch<br />
Nachbesserungen<br />
von Seiten der<br />
Politik.“<br />
„Wenn zu Beginn des<br />
Schuljahres 2003/<br />
2004 weitere 82 Ganztagsschulen<br />
in neuer<br />
Form eingerichtet<br />
werden, dann bedarf<br />
dies einer größeren<br />
Unterstützung von<br />
Seiten des zuständigen<br />
Ministeriums sowie<br />
der Schulträger, die<br />
von der Politik stärker<br />
in die Verantwortung<br />
genommen werden<br />
müssen als vor einem Jahr," sagte<br />
der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Tilman<br />
Boehlkau vor der Presse.<br />
Schulen<br />
Die Ergebnisse der <strong>GEW</strong>-Umfrage zur<br />
Situation an den neuen Ganztagsschulen<br />
vom vergangenen Jahr wurde im<br />
Februar und März auf vier Schulungen<br />
der <strong>GEW</strong> von 120 teilnehmenden<br />
Personalräten erneut bestätigt. Schlecht<br />
bis unzulänglich stellt sich an den meisten<br />
neuen Ganztagsschulen die Raumsituation<br />
dar. Insbesondere wurden angemessene<br />
Aufenthalts-, Ruhe- und Arbeitsräume<br />
für die SchülerInnen sowie<br />
zum großen Teil nur provisorisch eingerichtete<br />
Essensräume angeprangert.<br />
Auch für die LehrerInnen an den<br />
Ganztagsschulen fehlen Arbeitsräume.<br />
"Hier muss das Ministerium die Schulträger<br />
in die Pflicht nehmen und darf<br />
Ganztagsschulen nur zulassen, wenn<br />
das Raumprogramm den Anforderungen<br />
auch wirklich gewachsen ist" stellte<br />
Tilman Boehlkau fest. Er forderte das<br />
Ministerium auf, möglichst rasch die<br />
aus dem Investitionsprogramm des<br />
Bundes zur Verfügung gestellten Mittel<br />
den Schulträgern für bauliche Maßnahmen<br />
an den Ganztagsschulen<br />
zweckgebunden weiterzuleiten und mit<br />
den Kommunen über zusätzliche Verwaltungskräfte<br />
zu verhandeln.<br />
Die Eltern, so laut <strong>GEW</strong> viele Personalräte,<br />
seien oft mit "unzureichenden<br />
Informationen" über die neuen Ganztagsschulen<br />
"angelockt" worden, z.B.<br />
im Hinblick auf die Hausaufgabenbetreuung.<br />
Zurzeit würde häufig nicht<br />
pädagogisch ausgebildetes Personal eingesetzt.<br />
Die folge seien oft nicht vollständig<br />
erledigte Hausaufgaben bzw.<br />
Unruhe in der Hausaufgabenzeit. Einige<br />
Schulen klagten deswegen bereits<br />
für den zweiten Jahrgang über rückläufige<br />
Anmeldezahlen und sähen die<br />
Fortsetzung des pädagogisch wichtigen<br />
Ganztagsangebotes in Frage gestellt. "Es<br />
kann und darf nicht sein, dass die<br />
Hausaufgabenzeit in der neuen Ganztagsschule<br />
durch nicht hinreichend qualifizierte<br />
Kräfte betreut wird. Gerade<br />
schwache SchülerInnen brauchen die<br />
pädagogische Hilfestellung - aber auch<br />
gute SchülerInnen können nur durch<br />
den Einsatz von Lehrkräften besonders<br />
gefördert werden!" sagte Boehlkau.<br />
"Die Ganztagsschule in neuer Form<br />
benötigt noch Nachbesserungen von<br />
Seiten der Politik - z.B. mehr pädagogisches<br />
Personal -, damit sie sich zu einer<br />
qualitativ guten Ganztagsschule<br />
entwickelt und nicht eine Aufbewahrungseinrichtung<br />
wird," betonte der<br />
<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />
<strong>GEW</strong> lehnt Vergleichsarbeiten am Ende der Grundschule ab<br />
Die <strong>GEW</strong> hält die Entscheidung von<br />
Bildungsministerin Doris Ahnen, flächendeckende<br />
Vergleichsarbeiten in<br />
Mathematik und Deutsch im vierten<br />
Grundschuljahr durchzuführen, aus<br />
pädagogischen wie aus bildungspolitischen<br />
Gründen für einen falschen<br />
Schritt.<br />
„Aus pädagogischer Sicht sehen wir Vergleichsarbeiten<br />
mit großer Skepsis, weil<br />
sie die Leistung der Kinder auf abfragbares<br />
Wissen reduzieren, anstatt jedes<br />
Kind ganzheitlich mit all seinen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten anzuerkennen.<br />
Das geplante Vorhaben ist insofern<br />
mit den pädagogischen Zielen und<br />
Arbeitsweisen einer modernen Grundschule<br />
nur wenig zu vereinbaren.“, sagte<br />
der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Tilman<br />
Boehlkau.<br />
Vergleichsarbeiten gegen Ende der<br />
Grundschulzeit machen aus Sicht der<br />
<strong>GEW</strong> zudem wenig Sinn, wenn mit<br />
ihnen ´Hinweise für die individuelle<br />
Förderung der Kinder‚, wie das Bildungsministerium<br />
betont, erreicht werden<br />
sollen. „Unterstützungsleistungen<br />
für SchülerInnen und Eltern, die erst<br />
in der vierten Grundschulklasse erfolgen,<br />
kommen zu spät und erreichen<br />
nicht mehr das erklärte Ziel.“, hob Boehlkau<br />
hervor. Die <strong>GEW</strong> habe deshalb<br />
in den Gesprächen mit den BildungspolitikerInnen<br />
der Regierungsparteien<br />
und dem Ministerium vorgeschlagen,<br />
die - von der Politik unbedingt gewollten<br />
- Vergleichsarbeiten bereits im dritten<br />
Grundschuljahr durchzuführen,<br />
um noch genügend Zeit zu haben, individuell<br />
Rückschlüsse zu ziehen und<br />
effektive Hilfe leisten zu können. „Das<br />
Vorziehen der Vergleichsarbeiten auf<br />
den Beginn der vierten Klassenstufe war<br />
vor diesem Hintergrund offenbar ein<br />
Kompromiss.“, so der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />
„Der Verdacht, dass die Vergleichsarbeiten<br />
ebenfalls als ein weiteres Selektionsinstrument<br />
für die Schullaufbahnempfehlung<br />
am Ende der Grundschulzeit<br />
dienen sollen, ist leider nicht von der<br />
Hand zu weisen.“, meinte Tilman Boehlkau.<br />
Die Aussage der Ministerin, die<br />
´Testergebnisse seien aber auch eine zusätzliche<br />
Information für Eltern und<br />
Kinder, wenn es um die Wahl der weiteren<br />
Schullaufbahn gehe´, können<br />
nach Auffassung der Gewerkschaft<br />
kaum anders gedeutet werden.<br />
Wenn in diesem Zusammenhang die<br />
IGLU-Studie zitiert werde, müssten die<br />
politisch Verantwortlichen schon deutlicher<br />
machen, inwiefern mit dieser<br />
Studie vor allem das „Vermessen“ von<br />
SchülerInnen-Leistungen gegen Ende<br />
der Grundschulzeit als eine sinnvolle<br />
bildungspolitische Strategie angesehen<br />
werden könne, hinterfragte der <strong>GEW</strong>-<br />
Landesvorsitzende. Richtig sei, dass<br />
IGLU den Grundschullehrkräften bescheinige,<br />
´Strategien zu beherrschen,<br />
um mit heterogenen Schülerschaften<br />
umzugehen sowie individuell zu fördern´,<br />
wie auch das Bildungsministerium<br />
betone. Durch Vergleichsarbeiten<br />
würden aber weder diese Fähigkeiten<br />
der GrundschullehrerInnen gestärkt<br />
noch die Grundschule entscheidend<br />
weiterentwickelt, glaubt Tilman Boehlkau.<br />
pm-gew<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
5
Schulen<br />
Warum die Grundschule besser ist<br />
„Als Schule für alle Kinder dem Auslesesystem überlegen“<br />
Nach Bekanntgabe<br />
der Ergebnisse<br />
der internationalen<br />
Vergleichsstudie<br />
IGLU, bei der<br />
die deutschen<br />
Grundschulen<br />
weitaus besser<br />
abschnitten als<br />
die Schulen der<br />
Sekundarstufe<br />
I bei PISA, befragte<br />
unser<br />
Mitarbeiter Dr.<br />
Paul Schwarz<br />
im pfälzischen Landau PädagogInnen,<br />
wie sie sich dieses Ergebnis erklären.<br />
„Die Grundschule als Schule für alle<br />
Kinder ist offenbar dem Auslesesystem<br />
nach Klasse vier überlegen“,<br />
meint Bernhard Letzel, Schulleiter an<br />
der Grundschule Wollmesheimer<br />
Höhe. Die frühe Auslese in Deutschland<br />
führe dazu, dass die schwachen<br />
Kinder keine Chance bekämen, besser<br />
zu werden. Er plädiert deshalb für<br />
eine Schule für alle - in den ersten<br />
acht, neun Jahren. Bekanntlich landeten<br />
beim 35-Nationen-Schulvergleich<br />
IGLU (Internationale Grundschul-Leseuntersuchung)<br />
die deutschen<br />
GrundschülerInnen bei der<br />
Lesekompetenz im oberen Mittelfeld.<br />
Auch in Mathematik und in den<br />
Naturwissenschaften sind deutsche<br />
Grundschülerinnen überdurchschnittlich<br />
gut. Sie schnitten danach<br />
bedeutend besser ab als die Fünfzehnjährigen<br />
in der PISA- Studie.<br />
Dort belegte Deutschland einen hinteren<br />
Rankingplatz.<br />
Gefragt nach den Gründen für das<br />
gute Abschneiden der Erst- bis Viertklässler,<br />
sehen sich Schulleiterin Hedi<br />
Heintze und ihr Kollegium aus der<br />
Pestalozzischule in ihrer gründlichen<br />
Lesearbeit bestätigt. Lesen sei jedoch<br />
ein Prozess, der auch in der weiterführenden<br />
Schule nicht abgeschlossen<br />
sei. Auch dort müsse man die<br />
„Megakompetenz“ Lesen ernst nehmen<br />
und sollte wie in der Grund-<br />
schule den Mädchen und Jungen mit<br />
kleinen Klassebibliotheken Gelegenheit<br />
geben, sich zum Lesen zurückziehen<br />
zu können. Die von zahlreichen<br />
Eltern nicht beachtete Laufbahnempfehlung<br />
der Lehrkräfte am<br />
Ende der 4. Klasse ist für Heintze<br />
eine wichtige Ursache für die<br />
schlechten PISA-Ergebnisse der<br />
Achtklässler. „Wenn Eltern mit<br />
Hauptschulempfehlungen ihre Kinder<br />
ins Gymnasium schicken, brauchen<br />
wir uns über schlechte Leistungen<br />
und manche schulische Tragödie<br />
nicht zu wundern“.<br />
Theo Bauer, Rektor der Nußdorfer<br />
Grundschule, weist auf das individuelle<br />
Lernen und auf die methodische<br />
Vielfalt im Unterricht der ersten<br />
Klassen hin. Für ihn ist die Grundschule<br />
die eigentliche „Reformschule“<br />
in unserem Land. Bauer regt deshalb<br />
für die LehrerInnen weiterführender<br />
Schulen an, ab und zu in den<br />
Grundschulen zu hospitieren, um<br />
den Kindern den Übergang von der<br />
Grund- zur weiterführenden Schule<br />
zu erleichtern.<br />
„Wir in der Grundschule fordern<br />
und fördern“, betont Christiane<br />
Jacub_czyk. Sie leitet die Queichheimer<br />
Grundschule. Die familiäre Atmosphäre<br />
und die Bindung an den<br />
Klassenlehrer motiviere überdies das<br />
Lernen.<br />
Kritisch geht Norbert Rothhaas, Leiter<br />
der Horstringschule, zahlreiche<br />
Lehrerinnen und Lehrer der weiterführenden<br />
Schulen an. Dort herrsche<br />
im Unterricht häufig das Prinzip<br />
„Vogel friss oder stirb“. Es werde zu<br />
wenig erklärt und zu wenig auf die<br />
Schüler eingegangen, beklagt er sich.<br />
Fachlich gute Leistungen reichten<br />
heute für einen Lehrer am Gymnasium<br />
nicht mehr aus. „Wir brauchen<br />
in der weiterführenden Schule bessere<br />
Pädagogen und eine bessere Vermittlungskompetenz,<br />
mehr Freude<br />
an der Lehrarbeit, die sich dann auch<br />
auf die Kinder und deren Lernmotivation<br />
überträgt“.<br />
Elke Wadlinger und Dieter Scholl<br />
von der Thomas- Nast- Grundschule<br />
heben hervor, wie wichtig in der<br />
Erziehungs- und Bildungsarbeit die<br />
Nähe und der Bezug zum Kind seien.<br />
Der anschauliche Grundschulunterricht,<br />
so Wadlinger, erleichtere das<br />
Stoffverständnis. Seit Jahren, fügt<br />
Rektor Scholl hinzu, arbeite man im<br />
Mathematikunterricht der Thomas-<br />
Nast-Schule schwerpunktmäßig mit<br />
Textaufgaben, um das Leseverständnis<br />
zu steigern. „Das problemlösende,<br />
mehrstufige Vorgehen in Einzel,<br />
Partner- und Gruppenarbeit führt<br />
bei uns zu einem nachweisbar nachhaltigeren<br />
Lernen als früher.“<br />
Der Privatdozent für Grundschulpädagogik<br />
an der Universität Landau,<br />
Dr. Herbert Laux, stellt mit wachsendem<br />
Schulalter eine sinkende<br />
Lernfreude fest, weil die Interessen<br />
der Kinder und Jugendlichen immer<br />
weniger in der Schule berücksichtigt<br />
würden. „In der Grundschule dagegen“,<br />
sagt er, „wird das Anspruchsniveau<br />
im Unterricht auf die Kinder<br />
zugeschnitten.“ Den weiterführenden<br />
Schulen gibt er den Rat, weniger<br />
stofforientiert und mehr kindorientiert<br />
zu unterrichten. Die Pubertät<br />
als Lernhemmnis lässt Laux nicht<br />
gelten. Vielmehr müssten sich Pädagogen<br />
fragen, was brauchen Kinder<br />
in der Pubertät und wie gehe ich<br />
pädagogisch damit um.<br />
Schulreformer Dr. Heinz Klippert<br />
lobt das kleinschrittige und konsequente<br />
Lernen und Üben in der<br />
Grundschule. Helfersysteme, der<br />
stärkere hilft dem schwächeren Schüler,<br />
förderten die einzelnen Begabungen,<br />
Kinder lernten von Kindern.<br />
Die dichtere Betreuung und das<br />
Klassenlehrerprinzip seien für den<br />
jetzigen internationalen Erfolg<br />
ebenfalls mitentscheidend. Für Lehrerbildner<br />
Frank Müller vom EFWI<br />
in Landau ergeben sich Chancen,<br />
wenn Kinder nicht abgeschoben<br />
werden können, also nicht sitzen<br />
bleiben. So ist die Grundschule gezwungen<br />
zu differenzieren, um jedem<br />
Schüler gerecht zu werden. Die<br />
<strong>GEW</strong>-Kreisvorsitzende Dr. Gerlinde<br />
Schwarz hofft, dass mit dem guten<br />
Abschneiden deutscher Grundschüler<br />
das „abwertende Gerede von der<br />
Kuschelpädagogik in der Grundschule<br />
endlich verstummt“.<br />
Paul Schwarz<br />
6 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
„Man merkt schon am Bonjour, ob sie schlecht gelaunt ist“<br />
Lehrkräfte und Unterricht im Spiegel von Abiturzeitungen<br />
Schulen<br />
„In der letzten Stunde waren wir bei<br />
Faust im Studierzimmer, der nichts<br />
Besseres zu tun hat, als nach dem<br />
Sinn des Lebens zu suchen. Da ihm<br />
seine ganzen Wissenschaften keine<br />
Erkenntnis bringen, kommt der Kerl<br />
auf die Idee, sich umzubringen. Hätte<br />
er’s doch nur gemacht, dann wären<br />
wir heute schon fertig. Und so<br />
nimmt die Stunde ihren Lauf. Frau<br />
A. monologisiert zwei Drittel der<br />
Zeit ohne Punkt und Komma über<br />
Faust, die Dummheit der Männer<br />
und die Herrlichkeit der Frau.“<br />
Deutschunterricht im Leistungskurs<br />
einer 13. Klasse, gespiegelt in einer<br />
pfälzischen Abiturzeitung.<br />
Dreizehn Jahre lang haben viele der<br />
diesjährigen Abiturienten ihre Zeit,<br />
manchmal auch ihre ganze Kraft in<br />
die Schule gesteckt. Dass sie einmal<br />
öffentlich und unüberhörbar sagen<br />
können, was sie über ihre Schulzeit<br />
und Lehrkräfte wirklich denken,<br />
dafür gibt es im deutschen Schülerleben<br />
scheinbar nur eine einzige Gelegenheit:<br />
in den landauf, landab erscheinenden<br />
Abiturzeitungen. Blättert<br />
man die z.T. umfangreichen Publikationen<br />
(200 und mehr Seiten)<br />
aus pfälzischen Gymnasien durch,<br />
versteht man die PISA-Studie besser<br />
und warum im internationalen Vergleich<br />
deutsche Schülerinnen und<br />
Schüler so schlecht abgeschnitten<br />
haben:<br />
„Die Unterrichtsstunden waren nur<br />
Zeitabsitzerei. Wir sind eigentlich<br />
nur älter geworden in dieser Zeit“ -<br />
„mittelalterliche Lernmethoden“ -<br />
„ultralangweiliger Unterricht“ - „die<br />
Schule eine Leidenszeit“ - „der Unterricht<br />
eine Quälerei“ - „wie konnten<br />
wir das alles überleben?“ - „sie<br />
kitzelte unsere Antworten auf ihre<br />
Fragen heraus, bis wir nur noch mit<br />
Ja oder Nein antworten mussten“ -<br />
„ob Kafka, Goethe oder Brecht, es<br />
war leider alles schlecht, welche Qual,<br />
uns war alles scheißegal“.<br />
In einem Gymnasium bekommen<br />
von 48 Lehrkräften nur etwa 20 Prozent<br />
einigermaßen gute Noten („ein<br />
toller Lehrer“, „Super-Geschichtslehrer“,<br />
„bei ihr lernt man was“). Einige<br />
werden gelobt, weil sie lustig und<br />
locker drauf sind („super cool und<br />
nett“), wie überhaupt Spaß und Fun<br />
als entscheidende Kriterien für die<br />
Qualität des Unterrichts angesehen<br />
werden. „Der Englisch-Leistungskurs<br />
is always verrie luschdich, we häf<br />
gelooked very good film. Your Tafelbilder<br />
were very selten, awwer wenn<br />
dann rightly.“ - „auch wenn wir nicht<br />
viel gelernt haben, hatten wir doch<br />
viel Spaß“ - „echt lustiger Chemieunterricht“<br />
- „unterhaltsame Stunden“.<br />
Dazu passen dumme Pädagogensprüche:<br />
„Wer glaubt, dass Bildungsreformer<br />
Bildung reformieren,<br />
der denkt wohl auch, dass Zitronenfalter<br />
Zitronen falten“.<br />
Schlimmer sind die immer wieder<br />
zitierten zotigen und frauenfeindlichen<br />
Äußerungen („wie verhüten<br />
Emanzen?“) mancher Lehrkräfte,<br />
begleitet von heftigen Schülerkommentaren:<br />
„In der 7ten (hohe Pubertätsphase)<br />
durfte man ihn nicht als<br />
Klassenlehrer einsetzen. Wir Mädels<br />
haben uns von ihm ferngehalten.“<br />
Die Schülerurteile sind z.T. vernichtend:<br />
„als Lehrer ungeeignet“, „keine<br />
Autorität“, „wie hat sie nur Abitur<br />
und Studium geschafft?“ - „Null<br />
Durchblick“ - „ein lieber Kerl so faul<br />
wie seine Schüler“ - „macht nichts<br />
und verdient“ - „hält es noch weniger<br />
in der Schule aus als ihre Schüler“<br />
- „das stets verwirrte Genie steht<br />
vorne am Pult und konsultiert sein<br />
schmales Buch, das bestimmt schon<br />
hundert Jahre alt ist“ - „menschlich<br />
super drauf, aber als Lehrer ´ne halbe<br />
Katastrophe“ - „hat den falschen<br />
Beruf gewählt“ - „hat keine Lust zum<br />
Erklären. Warum ist er dann Lehrer?“<br />
- „sie folgte ihren sadistischen<br />
Neigungen und wurde Lehrerin“ -<br />
„würde man Lehrer mit zwei ee<br />
schreiben, wäre sie auch nach ihrer<br />
Funktion benannt“ - „der langweiligste<br />
Unterricht, schaut nur auf die<br />
Brüste der Mädels“. Wen wundert´s,<br />
dass bei solchen Lehrkräften aus dem<br />
Blickwinkel der SchülerInnen die<br />
Leistungen auf der Strecke bleiben:<br />
„Verliert Tests und gibt auf falsche<br />
Lösungen volle Punktzahl“ - „gibt<br />
mir immer 10 Punkte (= gut), egal,<br />
wie Scheiße mein Bild ist“ - „bei ihm<br />
kann man einen DIN A 4-Spickzettel<br />
in der Reihe herumgeben, ohne<br />
dass er’s merkt“ - „ich schrieb Tests<br />
immer komplett aus dem Heft ab<br />
und hatte trotzdem nur 10 Punkte“<br />
- „schläft bei Tests“ - „habe bisher in<br />
der Oberstufe noch nie eine Lektüre<br />
gelesen „ - „bekommt man bei ihr<br />
die guten Noten nachgeschmissen“.<br />
Es gibt Unterschiede bei der Beurteilung<br />
der Lehrkräfte. Am härtesten<br />
gehen die Schülerinnen und Schüler<br />
staatlicher Gymnasien mit ihren<br />
Lehrern ins Gericht, am freundlichsten<br />
sind die Mädchen aus einer katholischen<br />
Privatschule. Sie spießen<br />
zwar auch die Macken ihrer Lehrer<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
7
Schulen<br />
auf, kritisieren die Langeweile als das<br />
Immergleiche des Unterrichtsalltags,<br />
aber sie loben mehr, und am Ende<br />
klingt es dann jedes Mal versöhnlich.<br />
„Sie ist ein wahrer Glücksgriff“ - „einer<br />
der engagiertesten Lehrer“ - „wir<br />
werden sie schmerzlich vermissen“ -<br />
„Sie als Lehrer zu haben, war wirklich<br />
ein Glück“. - „Dank für Ideenreichtum,<br />
gute Laune und Motivation“.<br />
Werden die LehrerInnen bewertet,<br />
zählen hauptsächlich Allgemeinwissen,<br />
Fachwissen, Humor und<br />
Menschlichkeit. Was fehlt, ist die<br />
Vermittlungskompetenz und das<br />
methodische Geschick eines Lehrers,<br />
die Hinführung zum eigenverantwortlichen<br />
Lernen, und so verläuft<br />
trotz PISA und Bildungsdebatten der<br />
Unterricht meistens noch immer so:<br />
Es wird serviert, geschluckt, verdaut<br />
und vergessen:<br />
„So jetzt schreiben wir eine Kursarbeit.<br />
Ich hoffe, ihr habt alles auswendig<br />
gelernt“ - „Sie ist nur zufrieden,<br />
wenn man eine Antwort wortwörtlich<br />
in ihrem Sinne vorträgt.“<br />
Das Ergebnis nach mindestens neun<br />
Jahren Gymnasialbesuch im Spiegel<br />
einer der Abiturzeitungen: Ein Abiturient,<br />
„der so motiviert ist, dass er<br />
vor lauter Motivation nichts anderes<br />
mehr machen kann - wenn man<br />
bei Frau B. Unterricht hatte“, „der<br />
bei H. S. und H. B. gelernt hat, dass<br />
Bio-Exkursionen Spaß machen können“,<br />
„der bei Herrn K. erkannt hat,<br />
warum Schüler Amok laufen“, „der<br />
nach drei Jahren Sozialkunde Leistungskurs<br />
bei Herrn M. über Afghanistan,<br />
Israel und den Irak eine Doktorarbeit<br />
schreiben könnte, aber<br />
sonst nicht weiß, was er gelernt hat“<br />
und „der erkannt hat, dass Englischlehrer<br />
nicht unbedingt Englisch<br />
können müssen, um zu unterrichten,<br />
wenn man Frau H. hatte“.<br />
Die Texte der AbiturientInnen stimmen<br />
nachdenklich, aber manche<br />
Schülerklage verlöre viel an Berechtigung<br />
und Schärfe, wenn SchülerInnen<br />
nicht nur beim Verlassen der<br />
Schule aufstünden und sagten, was<br />
falsch ist an der Schule, nicht gefällt<br />
am Lehrer und am Unterricht, wenn<br />
die Auseinandersetzung tolerant und<br />
standhaft bestritten und wenn sich<br />
an unseren Schulen so etwas wie eine<br />
Kultur der öffentlichen Schulgespräche<br />
entwickelte. Wo lassen sich die<br />
Schulmeister in Lehrerkonferenzen<br />
reflektierend und selbstkritisch auf<br />
das ein, was ihr Kerngeschäft ist, wo<br />
sind die Elternbeiräte, die nicht nur<br />
über den ausgefallenen, sondern<br />
auch den gehaltenen Unterricht reden?<br />
Paul Schwarz<br />
Reformkonzept mehr verwässert als präzisiert<br />
<strong>GEW</strong> und VBE zur Reform der LehrerInnenbildung<br />
Die Vorsitzenden der beiden größten Lehrergewerkschaften in Rheinland-<br />
Pfalz, Tilman Boehlkau von der <strong>GEW</strong> und Johannes Müller vom VBE, äußerten<br />
sich in einer gemeinsamen Stellungnahme anlässlich einer Pressekonferenz<br />
von Wissenschaftsminister Zöllner zur Reform der Lehrerbildung in<br />
Rheinland-Pfalz.<br />
VBE<br />
„Im jetzt von Minister Zöllner vorgelegten<br />
Konzept gibt es weniger<br />
Licht und mehr Schatten.<br />
So begrüßen wir zwar die Einrichtung<br />
von Lehrerbildungszentren an<br />
den Universitäten und die Stärkung<br />
bildungswissenschaftlicher und fachdidaktischer<br />
Anteile in der Lehrerbildung.<br />
Wir unterstützen auch das<br />
Bestreben, durch die Reform mehr<br />
Einheitlichkeit in die Lehrerbildung<br />
insgesamt zu bringen. Wir sind<br />
allerdings enttäuscht, dass der<br />
Grundgedanke eines gemeinsamen<br />
Basis-Studiums für alle Lehrerinnen<br />
und Lehrer im heute vorgelegten<br />
Reformkonzept faktisch aufgegeben<br />
worden ist. Denn eine schulartspezifische<br />
Schwerpunktbildung vom<br />
ersten Semester an setzt letztlich die<br />
Tradition der bisherigen Lehrerbildungsstruktur<br />
fort, die gerade durch<br />
das Reformkonzept überwunden<br />
werden sollte.“<br />
Geradezu als Provokation empfinden<br />
beide Vorsitzenden den Plan, die<br />
Fachwissenschaften ab dem ersten<br />
Semester schulartspezifisch anzubieten.<br />
Diese Regelung durchbreche<br />
nicht nur endgültig den Gedanken<br />
einer gemeinsamen Basisausbildung<br />
für alle Lehrämter, sondern entspreche<br />
auch einem anderen Verständnis<br />
von den Aufgaben des Lehrberufs.<br />
Boehlkau und Müller: „Wir sehen<br />
deshalb in diesem substantiellen<br />
Schwenk nicht - wie der Minister<br />
sagt - aus dem Dialogprozess erwachsene<br />
Präzisierungen, sondern durch<br />
politischen Druck erzeugte Verwässerungen<br />
des ursprünglichen geplanten<br />
Lehrerbildungskonzepts.“<br />
Die beiden Vorsitzenden erinnerten<br />
daran, dass bereits der Reformentwurf<br />
vom März 2002 zahlreiche<br />
Kompromisse enthalten hätte. „Wir<br />
haben diese Kompromisse akzeptiert,<br />
um den Gesamtentwurf weiter tragen<br />
zu können. Jetzt sehen wir uns<br />
kaum noch in der Lage, dieses wichtige<br />
Reformvorhaben der Landesregierung<br />
zu unterstützen!“<br />
<strong>GEW</strong> und VBE haben vor der Reformdiskussion<br />
einen eigenen gemeinsamen<br />
Vorschlag zur Reform<br />
der Lehrerbildung formuliert, der<br />
ursprünglich in zentralen Punkten<br />
Berücksichtung fand. Boehlkau und<br />
Müller: „Wir müssen heute feststellen,<br />
dass sich Wissenschaftsminister<br />
Zöllner in den letzten Monaten nur<br />
noch mit den Gegnern und nicht<br />
mehr mit den Befürwortern der Reform<br />
der Lehrerbildung befasst hat.<br />
Dadurch, dass er die traditionelle<br />
Säulenstruktur der Lehrerbildung<br />
nicht aufgehoben hat, sondern durch<br />
das neue Modell letztlich nur in<br />
modifizierter Form fortsetzt, hat er<br />
eine echte bildungspolitische Chance<br />
vertan!“<br />
pm<br />
8 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
„Altes Schwein durch´s Dorf getrieben“<br />
Schulen<br />
„Die Forderung des Präsidenten des<br />
Deutsch Industrie- und Handelskammertages<br />
(DIHK) zur Fortbildungspflicht<br />
der LehrerInnen sind zwar gut<br />
für die Stimmungsmache, entsprechen<br />
aber in keiner Weise den Tatsachen!“,<br />
stellte der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Tilman<br />
Boehlkau gegenüber der Presse klar.<br />
LehrerInnen nähmen heute schon eine<br />
Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen<br />
an Nachmittagen, Wochenenden<br />
und in den Ferien wahr. „Der Slogan<br />
‚Lebenslanges Lernen‘ gilt gerade für<br />
Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten“,<br />
so Boehlkau und wies die Unterstellung<br />
des DIHK-Präsidenten nachdrücklich<br />
zurück, dass „die Lehrer mal<br />
(darüber) nachdenken“ sollten.<br />
Die <strong>GEW</strong> habe gemeinsam mit dem<br />
DGB lange für das Bildungsfreistellungsgesetz<br />
und den rechtlichen Anspruch<br />
aller ArbeitnehmerInnen zur<br />
Fort- und Weiterbildung während der<br />
Arbeitszeit ‚gestritten‘. Dass nun der<br />
DIHK-Präsident Braun die Ferien der<br />
LehrerInnen ins Gespräch bringe, sei<br />
so alt wie der berühmte Zopf.<br />
„Natürlich kann Fortbildung nicht in<br />
die Beliebigkeit des Einzelnen gestellt<br />
werden. Genauso natürlich ist aber<br />
auch, dass Fortbildung nicht nur in der<br />
unterrichtsfreien Zeit durchgeführt<br />
werden kann“, sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />
Wer sechs oder mehr Stunden<br />
unterrichtet habe, sei selten mittags<br />
in der Lage, effektive Fortbildung<br />
zu betreiben. Auch LehrerInnen an<br />
Ganztagsschulen nähmen Fortbildungen<br />
in der außerunterrichtlichen Zeit<br />
selbstverständlich wahr.<br />
„Wenn Braun argumentiert, ‚dass Lehrer<br />
Teile ihrer Ferien für Weiterbildung<br />
in ihren Unterrichtsfächern oder auch<br />
für Betriebspraktika nutzen‘ sollen,<br />
dann zeugt dies von völliger Unkenntnis<br />
der derzeitigen Praxis!“, betonte<br />
Boehlkau und forderte den DIHK-Präsidenten<br />
auf, sich bei den staatlichen<br />
oder kirchlichen und sonstigen Fortund<br />
Weiterbildungseinrichtungen über<br />
die Fortbildungsbereitschaft der LehrerInnen<br />
zu informieren.<br />
„Herr Braun sollte in seinem Bereich<br />
einmal eine Abfrage über Betriebspraktika<br />
der LehrerInnen durchführen, er<br />
würde sich über die große Resonanz<br />
dieser Angebote freuen“, so der <strong>GEW</strong>-<br />
Landeschef zum Abschluss und wies auf<br />
die erfolgreichen Seminare von „Schule<br />
und Wirtschaft“ in Rheinland-Pfalz<br />
hin. pm-gew<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
9
LehrerInnenbildung<br />
Mythos Praxisbezug -<br />
Anmerkungen zu einem begrifflichen Irrläufer der Bildungspolitik<br />
- Von Rolf Arnold -<br />
Ein Gespenst geht um in der Bildungspolitik: Es ist das Gespenst des „Praxisbezugs“.<br />
Und im Gefolge dieses Gespenstes finden sich allerhand Muster einer<br />
vereinfachenden und vielfach dichotomisierenden Sicht der Wirklichkeit,<br />
wie z.B. „hier die Wissenschaft als der Hort der Elfenbeintürme und der praxisfernen<br />
Wirklichkeitsschau“ und „dort die Praxis, in der man lernen kann,<br />
wie es geht!“<br />
Nimmt man die augenblickliche<br />
Debatte um die Reform der Lehrerbildung<br />
in den Blick, so finden sich<br />
zahlreiche Belege für diese gespensterhafte<br />
Prozession, die alle Aufmerksamkeit<br />
auf sich zieht, weshalb die<br />
Verantwortlichen verkennen, wie es<br />
wirklich ist und wo die eigentlichen<br />
Innovationen anzusetzen hätten.<br />
Zudem liefert diese Prozession dem<br />
erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch<br />
informierten Beobachter zahlreiche<br />
Belege für den Konstruktivismus,<br />
wie z.B. für den Effekt des<br />
„Man-sieht-nur-was-man-sieht“,<br />
aber auch für die Blindheit „für die<br />
eigene Blindheit“ (Pörsken 2001,<br />
S.38ff), der vieles entgeht, nicht<br />
zuletzt aber auch der Sachverhalt,<br />
dass ihr etwas entgeht.<br />
Im folgenden soll eine kritische Gegenposition<br />
skizziert werden, die in<br />
der These gipfelt:<br />
Bildungspolitische Konzepte und Maßnahmen<br />
(z.B. in der Lehrerbildung)<br />
können nur dann innovativ wirken,<br />
wenn sie sich nicht an der vorfindbaren<br />
Praxis, sondern an dem wissenschaftlich<br />
basierten Bild einer veränderten,<br />
vernünftig organisierten Praxis<br />
orientieren. Für die LehrerInnenbildung<br />
gilt: „Praxis“ ist nicht allein schon<br />
deshalb eine legitime Zielgröße, weil es<br />
sie gibt, es kommt vielmehr darauf an,<br />
in den zukünftigen Lehrerinnen und<br />
Lehrern einen Möglichkeitssinn, d.h.<br />
ein Verständnis von den ungenutzten<br />
Möglichkeiten, der Veränderbarkeit<br />
und der alternativen Gestaltbarkeit von<br />
Lehren und Lernen zu entwickeln. Die<br />
Praxis selbst kann diesen Möglichkeitssinn<br />
nicht vermitteln, notwendig ist<br />
hierfür vielmehr eine Integration verschiedener<br />
Wissensformen in Studium<br />
und Ausbildung. Deshalb ist es verkürzt,<br />
nur den Aspekt des Praxisbezugs<br />
zu betonen und nicht auch den des notwendigen<br />
Wissenschaftsbezugs.<br />
Was ist Praxis?<br />
Selten genug wird diese Frage wirklich<br />
gestellt, allzu bereitwillig unterstellt<br />
man, dass alle Beteiligten doch<br />
bereits wüssten, was gemeint ist: Praxis<br />
ist das, „was der Fall ist“, so wird<br />
gesagt, so als gäbe es in der Praxis<br />
selbst nicht ganz unterschiedliche<br />
Gegebenheiten, Motive, Interessen<br />
und Bedingungen. Weniger im Blick<br />
sind in der aktuellen Debatte die<br />
Nötigungen der Praxis. Diese begegnen<br />
bereits Lehramtsanwärtern häufig<br />
in Formeln, wie „Nun vergesst<br />
mal schön, was ihr auf der Universität<br />
gelernt habt“ - ein totalitärer<br />
Anspruch, der Unterwerfung und<br />
defensives Lernen der Betroffenen<br />
unter ein Wirklichkeitskonzept anzubahnen<br />
vermag, kaum aber ihren<br />
Mut stärkt, das Vorfindbare anders<br />
zu sehen, zu verändern, zu gestalten<br />
und „vernünftiger“ zu organisieren.<br />
Was dies bedeuten kann, hat in den<br />
letzten Jahren u.a. die Debatte um<br />
die Schlüsselqualifikationen und das<br />
handlungsorientierte Lernen in der<br />
beruflichen Bildung gezeigt. Hier<br />
stießen Uni-Absolventen, die solche<br />
Konzepte in ihrem Studium kennengelernt<br />
hatten und umsetzen wollten,<br />
nicht immer nur auf die Aufgeschlossenheit<br />
der Praxis, sondern vielmehr<br />
auf Zurückhaltung, Skepsis oder<br />
unverhohlene Ablehnung - etwa<br />
nach dem Motto. „Ich bin jetzt schon<br />
25 Jahre Lehrer und habe in dieser<br />
Zeit sieben didaktische Reformmodelle<br />
erlebt, aber kein einziges mitgemacht“.<br />
Wenn Praxisbezug solchermaßen als<br />
erdrückende „Macht des Faktischen“<br />
daherkommt, wird Gegebenes eher<br />
tradiert als verändert. Denn einer<br />
solchen Orientierung am Vorfindbaren<br />
wohnen die konservativen Selbstbeschränkungen<br />
eines Und-so-weiter<br />
inne, was im Hinblick auf die<br />
zunehmende Veränderungsgeschwindigkeit<br />
der gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse nicht unproblematisch<br />
ist. Da wir heute wissen, dass das<br />
Morgen nicht so sein wird, wie das<br />
Heute, kann mit Fug und Recht bezweifelt<br />
werden, ob es denn dann<br />
überhaupt sinnvoll ist, sich an dem<br />
zu orientieren, was heute „der Fall<br />
ist“. Diese radikale Skepsis - gipfelnd<br />
in dem Satz „Die Beste Form des<br />
Praxisbezugs ist es, sich nicht an der<br />
Praxis zu orientieren“ - wurde im<br />
Bereich der beruflichen Bildung<br />
verschiedentlich artikuliert 1 . Grund-<br />
10 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
LehrerInnenbildung<br />
lage dafür sind die sich rasant verkürzenden<br />
Halbwertzeiten des Wissens,<br />
die das Modell einer vorbereitenden<br />
Aus-Bildung schon längst<br />
haben obsolet werden lassen. Zu offensichtlich<br />
ist die Fragwürdigkeit<br />
einer Vermittlung von Kenntnissen,<br />
die häufig bereits nach drei Jahren<br />
in wesentlichen Teilen veraltet oder<br />
gar obsolet sind. Und auch die prognostischen<br />
Bildungsbedarfsstudien<br />
der letzten Jahre haben uns eigentlich<br />
immer wieder bloß gezeigt, wie<br />
wenig wir im Grunde genommen<br />
darüber wissen, wie die Arbeitsplätze<br />
und Lebenssituationen beschaffen<br />
sein werden, für die wir die nachwachsende<br />
Generation vorzubereiten<br />
versuchen. Aus diesem Prognosedefizit<br />
der Bedarfsforschung wurde<br />
in der beruflichen Bildung die<br />
Konsequenz gezogen, sich immer<br />
stärker auf die Förderung von Selbstlern-<br />
sowie Sozial- und Methodenkompetenzen<br />
zu beziehen und nicht<br />
alle Anstrengungen auf das<br />
Hinterhereilen hinter den sich wandelnden<br />
Bedarfslagen der betrieblichen<br />
Praxis zu konzentrieren.<br />
Sicherlich kann man vermuten, dass<br />
z.B. in der Lehrerausbildung die<br />
Halbwertzeiten des Wissens sich<br />
weniger dramatisch verkürzen als in<br />
den technologienahen Bereichen beruflicher<br />
Praxis. Gleichwohl zeigt ein<br />
Blick in die jüngeren lern- und<br />
schultheoretischen Debatten, dass<br />
auch hier vieles nicht mehr gilt. So<br />
hat die neuere lerntheoretische Forschung<br />
die Zweifel an der Effektivität<br />
und Nachhaltigkeit der vorherrschenden<br />
Methodenpraxis in unseren<br />
Schulen deutlich genährt und<br />
das Verständnis für den Sachverhalt<br />
geschärft, dass Kompetenzbildung<br />
bei Lernern nur gelingt, wenn die<br />
systematische Förderung ihrer<br />
Selbsterschließungsstrategien zur<br />
zentralen Intention schulischen Unterrichts<br />
wird, welcher zudem reichhaltig<br />
arrangierte Lernumgebungen<br />
zu präsentieren habe, in denen Wissen<br />
durch die Subjekte selbsttätig<br />
angeeignet und Problemlösungshandeln<br />
systematisch geübt werden können.<br />
Damit verbunden ist eine<br />
grundlegender Rollenwandel der<br />
Lehrenden, welche sich von linearen<br />
Vorstellungen einer Vermittelbarkeit<br />
von Inhalten lösen und zu Ermöglichern<br />
vernetzter Lernkontexte<br />
wandeln müssen, in denen auch die<br />
Nutzung multimedialer Möglichkeiten<br />
eine wichtige Lernressource<br />
darstellt (vgl. Arnold/Schüßler<br />
2003). Die Bildungspraxis der Zukunft<br />
wird - nach allem, was wir<br />
derzeit absehen können - kaum noch<br />
etwas mit der frontalunterrichtlichen<br />
Wissensmast, dem überflüssigen<br />
Lehren und den linearen Lehr-<br />
Lernkurzschlüssen früherer und<br />
heutiger Zeiten gemeinsam haben 2 ,<br />
weshalb man mit Recht die Frage<br />
stellen darf, ob ein dominanter Bezug<br />
auf die heutige Praxis wirklich<br />
geeignet ist, auf diese gewandelte<br />
Praxis der Zukunft vorzubereiten.<br />
„Theorie ohne Praxis ist<br />
leer - Praxis ohne Theorie<br />
ist blind!“<br />
Die augenblickliche Praxisbezugs-<br />
Euphorie geht mehr oder weniger<br />
unverhohlen mit einem antitheoretischen<br />
Affekt einher. Ausdruck findet<br />
dieser u.a. in einer Kritik der<br />
„praxisfernen Ausbildung“ an den<br />
Universitäten und wissenschaftlichen<br />
Hochschulen. Zwar lässt sich<br />
nicht leugnen, dass manche Borniertheit<br />
der Praxis ihr Pendant in<br />
einer praxisabstinenten oder gar arroganten<br />
Wissenschaft findet, doch<br />
ist vor simplifizierenden Schwarz-<br />
Weiß-Zeichnungen zu warnen.<br />
Denn so, wie es die wissenschaftlich<br />
informierten Bemühungen mancher<br />
Kollegien in den Schulen gibt, in<br />
Kooperation mit Universitätspädagogen<br />
die Lernkultur ihrer Schulen<br />
zu innovieren und sich dabei auch<br />
mutig von außen betrachten zu lassen,<br />
so gibt es auch die Universitätsvertreter,<br />
die sich in ihrem Bemühen,<br />
den wissenschaftlichen Blick<br />
auf die Praxis bei ihren Studierenden<br />
zu entwickeln, von konkreten<br />
Problem- und Fragestellungen der<br />
Bildungswirklichkeit leiten lassen<br />
(vgl. u.a. Müller 1997) und dieses<br />
ebenfalls evaluieren und dokumentieren<br />
- beide frei nach dem Motto<br />
„Aus Fehlern lernen!“.<br />
Solche Schnittmengen, die größer<br />
sind, als das bisweilen klingt, gilt es<br />
Prof. Dr. Rolf Arnold, Lehrstuhl für Pädagogik (insbesondere<br />
Berufs- und Erwachsenenpädagogik) und Leitung des Zentrums<br />
für Fernstudium und Universitäre Weiterbildung an<br />
der Universität Kaiserslautern. Neuere Veröffentlichungen:<br />
Schulpädagogik kompakt. Berlin 2002 (mit H. Pätzold);<br />
Humanistische Pädagogik. Emotionale Bildung nach Erich<br />
Fromm. Frankfurt 2003.<br />
noch deutlicher in den Blick zu rücken.<br />
So könnte die vereinseitigende<br />
Rhetorik, wie die des „Nun vergesst<br />
mal schön...!“ überwunden<br />
werden und sich ein Verständnis entwickeln,<br />
dass den unterschiedlichen<br />
Handlungslogiken von Praxis und<br />
Wissenschaft Rechnung zu tragen<br />
vermag. Beide dienen nämlich -<br />
strukturell notwendig! - unterschiedlichen<br />
Zwecken, wie u.a. die wissenssoziologische<br />
und erziehungswissenschaftlichen<br />
Professionalitätsdebatten<br />
deutlich herausgearbeitet haben<br />
(vgl. Bommes u.a. 1996; Dewe<br />
1991; Combe/ Helsper 1996). Während<br />
es der Wissenschaft darum zu<br />
tun ist, komplexitätsangemessene<br />
Sichtweisen zu entwickeln und die<br />
Bewusstheit der Systemik und Konstruiertheit<br />
sozialer Kontexte zu stärken,<br />
weshalb „die kritische Analyse<br />
bis ins Detail“ des Gegebenen und<br />
das „Probedenken in anderen Köpfen“<br />
ihre wesentlichen Verfahren<br />
sind, folgen Praxis und praktische<br />
Ausbildung (z.B. in der LehrerInnenausbildung)<br />
notwendig einer anderen<br />
Handlungslogik: Ihr Ziel kann<br />
und darf es nicht sein, komplexitätserweiternd<br />
zu wirken. Es geht vielmehr<br />
um Vereindeutigung, Komplexitätsreduktion<br />
sowie um die unmittelbare<br />
Anwendung und Erprobung<br />
in Gestaltungskontexten.<br />
Die Professionalitätsdebatte hat<br />
deutlich gezeigt, dass die Professio-<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
11
LehrerInnenbildung<br />
nalisierung des LehrerInnenhandelns<br />
beides gleichzeitig benötigt: Wissenschaftlich<br />
geschulte Reflexionskompetenz<br />
sowie Möglichkeitssinn<br />
einerseits, sowie die Handlungserprobung<br />
in der Praxis andererseits.<br />
Nur, wer das eine hat, erstarrt nicht<br />
in Routine, kann sich selbst und sein<br />
Handeln kritisch von außen sehen<br />
und das Gegebene auch als veränderbar<br />
konzipieren, und nur wer die<br />
Möglichkeit der Praxiserprobung<br />
hat, kann sich wirklich verantwortlich<br />
gestaltend in die Entwicklung<br />
von Schule und Unterricht einbringen.<br />
Mit guten Gründen hat man<br />
deshalb die unterschiedlichen Handlungslogiken<br />
von Wissenschaft und<br />
Praxis in der Professionalisierung von<br />
PädagogInnen kombiniert. Dabei<br />
sollte es auch bleiben. Wer seine eigene<br />
Handlungslogik zum alleinigen<br />
Maßstab erhebt, nach dem o.g. Motto<br />
„Nun vergesst mal schön...“ dient<br />
allem Möglichen (z.B. inneren narzisstischen)<br />
Zwecken, nicht aber dem<br />
der Professionalisierung des Lehrerhandelns.<br />
Evaluierung und Qualitätssicherung<br />
der LehrerInnenbildung<br />
auf der Basis eines<br />
integrativen Konzeptes<br />
Notwendig ist aber nicht nur das<br />
Respektieren der notwendigerweise<br />
unterschiedlichen Handlungslogiken<br />
von Wissenschaft und Praxis für den<br />
Prozess der Professionalisierung von<br />
Lehrerinnen und Lehrern, es geht<br />
vielmehr m.E. auch darum, auf der<br />
Basis eines integrativen Konzeptes in<br />
eine deutlich engere Kooperation<br />
zwischen erster und zweiter Phase der<br />
Lehrerbildung einzutreten, wie es ja<br />
auch die Lehrerbildungszentren-<br />
Konzeption des Landes vorsieht.<br />
Diese könnte durch gemeinsame<br />
Tagungen und Workshops zur Ausgestaltung<br />
eines Leitbildes „Lehrerbildung<br />
2010“ vorbereitet werden<br />
und u.a. in Peer-Evaluierungen der<br />
eigenen Ausbildungspraxis seinen<br />
Ausdruck finden, wie sie von Wissenschaftsseite<br />
schon verschiedentlich<br />
vorgeschlagen wurden, ohne dass<br />
dieser Vorschlag bislang auf fruchtbaren<br />
Boden fiel. Die Bildungspolitik<br />
könnte einen solchen Integrationsprozess<br />
m.E. dadurch stärken,<br />
dass sie nicht länger nur vom Praxisbezug<br />
der Lehrerbildung redet, sondern<br />
auch den notwendigen Wissenschaftsbezug<br />
(nicht nur der fachlichen,<br />
sondern auch der erziehungswissenschaftlichen<br />
Ausbildungsteile)<br />
ebenfalls in den Vordergrund stellt.<br />
Weiterführende These: Systemische<br />
Haltung als Kern<br />
pädagogischer Professionalität<br />
Zwar ist es in den erziehungs- und<br />
sozialwissenschaftlichen Professionalitätsdebatten<br />
unbestritten, dass die<br />
Ausbildung pädagogischer Professionals<br />
für die Bildungsinstitutionen<br />
moderner Gesellschaften nicht allein<br />
praxisintegriert (wie noch in anderen<br />
historischen und regionalen Kontexten)<br />
gelingen kann, sondern<br />
gleichermaßen den wissenschaftlich<br />
geschulten Blick auf das Vertraute<br />
benötigt, doch wird auch - angeregt<br />
durch systemisch-konstruktivistische<br />
Ansätze (vgl. Voß 1998) - in letzter<br />
Zeit wieder die Frage verstärkt diskutiert,<br />
ob die professionelle Kompetenz<br />
zur Gestaltung lebendiger<br />
Systeme nicht auch eine Selbstreflexivität<br />
voraussetzt, die absichtsvoll<br />
angebahnt und entwickelt werden<br />
muss. Diese Selbstreflexivität trägt<br />
der konstruktivistischen These Rechnung,<br />
dass der Mensch die Welt auch<br />
so sieht, wie er sie fühlt und „aushalten“<br />
kann. Für die Gestaltung<br />
pädagogischer Handlungssituationen<br />
ergibt sich hieraus die Folgerung,<br />
dass es in der LehrerInnenbildung<br />
auch darum gehen muss, die selbst<br />
erlebte Pädagogik, d.h. den in der<br />
eigenen Bildungsbiographie erfahrenen<br />
und bisweilen erduldeten Umgang<br />
mit Autoritäts- und Leistungsansprüchen<br />
ins Bewusstsein zu heben,<br />
um die Muster zumindest zu<br />
erkennen, die in unterrichtlichen<br />
Drucksituationen die unmittelbaren<br />
Reaktionen leiten (vgl. Rotthaus<br />
2002). Die Fähigkeit zur produktiven<br />
Gestaltung äußerer Systemiken<br />
(z.B. Umgang mit Disziplinproblemen,<br />
Verhaltensauffälligkeiten, Störungen)<br />
ist auch abhängig von der<br />
Selbstreflexivität, die Professionals<br />
(insbesondere Lehr- und Führungskräfte)<br />
gegenüber ihrer „inneren Systemik“<br />
entwickeln können. Die systemisch-konstruktivistische<br />
Pädagogik<br />
rückt hier eine weiterführende<br />
Perspektive für die LehrerInnenbildung<br />
in den Blick, die bislang erst<br />
in Ansätzen aufgegriffen worden ist.<br />
Anmerkungen:<br />
1 So schreibt Michael Brater: „Alle Bildungsund<br />
Erziehungsbemühungen von Schule,<br />
all ihre Lerninhalte, alle Verhaltensnormen,<br />
die sie in der Vergangenheit auch<br />
gegen die Schüler durchsetzen konnte, lebten<br />
traditionell von dem Verweis auf die<br />
Notwendigkeiten und Anforderungen des<br />
>späteren Lebens
„Fällige“ Praxisrelevanz<br />
Möglichkeiten einer Fallorientierung in der Lehrerbildung<br />
- Von Hennig Pätzold -<br />
Pädagoginnen und Pädagogen, die tagtäglich in der Praxis des Lehrens und<br />
Erziehens stehen, haben es jedes Mal aufs Neue mit einzigartigen Situationen<br />
zu tun, die in dieser Form noch nie da gewesen sind. Gleichzeitig gleichen<br />
sich viele Situationen in gewissen Punkten, es gibt „typische“ Fälle, die<br />
man schon kennt oder zu kennen glaubt.<br />
Solche Situationen werden nicht<br />
nach ihrer Einzigartigkeit beurteilt<br />
und behandelt, sondern danach, was<br />
sie mit bekannten, zum Beispiel früher<br />
erlebten Situationen gemein haben.<br />
Hier greifen dann Routinen, es<br />
laufen sogenannte Skripts (Kaiser<br />
2001: 138ff) ab.<br />
Nun stellt sich natürlich die Frage,<br />
inwieweit man auf einzigartige Situationen<br />
mit standardisierten Antworten<br />
reagieren kann - wobei<br />
allerdings ein Skript auch nicht als<br />
ein völlig starr ablaufendes Ritual<br />
verstanden werden darf, vielmehr<br />
bestimmt es eine Art von „Korridor<br />
von Möglichkeiten“, innerhalb dessen<br />
eine Anpassung an die jeweilige<br />
Situation möglich ist. So mag man<br />
auf eine Verständnisfrage eines Schülers<br />
routiniert mit entsprechenden<br />
Antworten reagieren, dennoch kann<br />
die Antwort in der Ausführlichkeit,<br />
dem Ton und vielem anderen situationsspezifisch<br />
variieren. Noch wichtiger<br />
ist allerdings die Möglichkeit,<br />
aus dem Skript „aussteigen“ zu können,<br />
wenn es sich insgesamt als nicht<br />
angemessen erweist (weil beispielsweise<br />
die Frage auf etwas ganz anderes<br />
als inhaltliche Erklärungen abzielte).<br />
In gewisser Weise stehen die Routinen<br />
und der Umgang mit ihnen im<br />
Zentrum der Ausbildung von LehrerInnen<br />
und auf ihre Art markieren<br />
sie auch den (zum Teil rhetorisch<br />
überhöhten) Unterschied oder sogar<br />
Gegensatz zwischen einer wissenschaftlichen<br />
Ausbildung in der ersten<br />
Phase und einem praxisorientierten<br />
Referendariat (der oft aus einem<br />
vergangenheitsorientierten Praxisverständnis<br />
herrührt, vgl. den Artikel<br />
von Rolf Arnold in diesem Heft).<br />
In der ersten Phase wird immer<br />
wieder auf die Vielfalt der möglichen<br />
Einzelfälle hingewiesen. Jeglicher<br />
Eindruck der Routinisierung muss<br />
vermieden werden oder bedarf<br />
zumindest einer sorgfältigen Begründung<br />
(die selten so elegant gelingt<br />
wie bei Grell und Grell: „Unterricht<br />
ist ein komplexes Geschehen. Und<br />
deshalb brauchen wir Rezepte“,<br />
1996: 48). An Stelle der Bildung von<br />
Routinen wird abstrahiert. Es geht<br />
also weniger um die Fähigkeit, in einer<br />
Situation ein Rezept zur Hand<br />
zu haben, um unmittelbar reagieren<br />
zu können (auch wenn dies in der<br />
ersten Phase der Ausbildung von<br />
Lehrkräften auch eine Rolle spielt),<br />
LehrerInnenbildung<br />
sondern darum, Maßstäbe und Kategorien<br />
zu gewinnen, anhand derer<br />
eine Situation erfasst werden und<br />
angemessenen Handlungen gefunden<br />
oder Vorschläge hierzu beurteilt<br />
werden können. Die Gewichtung in<br />
der zweiten Phase ist eine andere.<br />
Hier wird Unterricht für die AnwärterInnen<br />
nach kurzer Zeit zur täglichen<br />
Aufgabe und die Vielfalt möglicher<br />
Situationen wird zum Problem,<br />
das sich scheinbar nur durch<br />
die Aneignung von Routinen beherrschen<br />
lässt, die unmittelbares Handeln<br />
ermöglichen. Zeit für die Reflexion<br />
oder die Beurteilung der Situation<br />
bleibt allenfalls dann, wenn<br />
eigentlich alles vorbei ist, und auch<br />
dann drängen sich bereits neue Erfordernisse<br />
dazwischen.<br />
Man sieht: Eigentlich passt beides<br />
gut zueinander - wenn in dieser (vereinfachten)<br />
Darstellung in der ersten<br />
Phase Kategorien und Maßstäbe<br />
entwickelt und angeeignet werden,<br />
so können sie in der zweiten Phase<br />
helfen, Routinen oder „Rezepte“ zu<br />
beurteilen und Erfahrungen mit deren<br />
Anwendung zu reflektieren. In<br />
der Praxis, sei sie durch das Referen-<br />
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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
13
LehrerInnenbildung<br />
dariat gegeben oder studienintegriert,<br />
können Routinen entwickelt<br />
und ausprobiert werden. Dies sollte<br />
umso leichter und gleichzeitig anspruchsvoller<br />
möglich sein, wenn die<br />
ReferendarInnen bereits Erfahrungen<br />
mit der Anwendung pädagogischer<br />
Kategorien auf konkrete Situationen<br />
und Handlungsweisen gemacht<br />
haben. Und es erfordert, dass<br />
weder in der wissenschaftlichen Ausbildung<br />
der Umgang mit der Praxis<br />
gescheut wird, noch dass diese auf<br />
die Ressource des in der wissenschaftlichen<br />
Ausbildung gelernten,<br />
eher abstrakteren Wissens verzichtet.<br />
Für die universitäre Phase der Lehramtsausbildung<br />
ergibt sich hier<br />
allerdings ein Problem. Auf der einen<br />
Seite bietet sie - außerhalb begleiteter<br />
schulpraktischer Studien<br />
(vgl. Müller 1997) - keinen geeigneten<br />
Raum, um strukturiert auf<br />
Einzelerfahrungen der Studierenden<br />
aus Praktika und ähnlichem einzugehen<br />
(auch wenn sie diese bereits<br />
in der ersten Phase ermutigen soll,<br />
in informellen Gesprächen untereinander<br />
solche Erfahrungen zu bearbeiten),<br />
auf der anderen Seite bedarf<br />
die Auseinandersetzung mit praxisrelevanten<br />
Themen, Situationen und<br />
Strategien jedoch eines Materials,<br />
dass gleichzeitig authentisch ist und<br />
doch „typische“ Situationen und Reaktionen<br />
schildert, die sich für die<br />
gründliche Bearbeitung, beispielsweise<br />
in einem Seminar, eignen. Einen<br />
prominenten Versuch hierzu<br />
stellte Jürgen Henningsens Aufsatz<br />
„Peter stört“ dar (Henningsen 1964).<br />
Hier geht es um einen einzelnen,<br />
hypothetischen Fall, der verschiedene<br />
Fortsetzungen erhält, die die<br />
Grundlage für eine Diskussion darstellen.<br />
Einiges lässt sich an dem Fall<br />
tatsächlich erarbeiten und es ist beabsichtigt,<br />
dass keine der Lösungen<br />
als „die richtige“ erscheint. Dennoch<br />
ist Henningsens Aufsatz -<br />
insbesondere heute, nach fast 40 Jahren<br />
- nur noch sehr begrenzt einsetzbar.<br />
Der Darstellung mangelt es<br />
(inzwischen) an Authentizität, zumal<br />
aus der Verschiedenheit der Fortsetzungen<br />
erkennbar ist, dass es sich<br />
nicht um einen realen Fall handelt.<br />
„Peter stört“ steht also eher für einen<br />
allgemeinen Einblick in den<br />
Umgang mit pädagogischen Fällen,<br />
als dass er als Übungsmaterial einsetzbar<br />
wäre.<br />
Wünschenswert erscheint hingegen<br />
eine Sammlung von zeitgemäßen<br />
und authentischen Fällen, in denen<br />
Situationen und Handlungen aus<br />
dem Schulalltag geschildert werden,<br />
die sich tatsächlich zugetragen haben<br />
und die exemplarisch für Unterrichtsgeschehen<br />
stehen. Auch hier<br />
geht es nicht darum, dass eine Verhaltensweise<br />
als die richtige für eine<br />
konkrete Situation herausgearbeitet<br />
wird, aber solche Fälle führen neben<br />
anderem vor, dass und wie sich Lehrkräfte<br />
in einer konkreten Situation<br />
entschieden haben zu handeln und<br />
dass sie und die Lerngruppe mit den<br />
Folgen des Handelns umgehen müssen<br />
und können. Derartige Fälle sollten<br />
dementsprechend von Lehrkräften<br />
sowie Tätigen in der außerschulischen<br />
Bildung geschildert werden<br />
(siehe Kasten). Durch die Bearbeitung<br />
authentischer und gleichzeitig<br />
exemplarischer Fälle aus einem größeren<br />
Pool von Beispielen könnte<br />
die universitäre Lehramtsausbildung<br />
in mehrfacher Hinsicht Gewinn ziehen:<br />
• Studierende erleben Praxisrelevanz,<br />
die darin besteht, dass sie sich schon<br />
Beispielfälle gesucht<br />
in der wissenschaftlichen Ausbildung<br />
mit „echten“ Fällen auseinander setzen.<br />
• Durch die Vielfalt der Fälle wird<br />
eine ebenso große Vielfalt an Handlungsmöglichkeiten<br />
entfaltet und es<br />
kann sich zeigen, dass keine Handlung<br />
isoliert vom Fall als die richtige<br />
verallgemeinert werden kann.<br />
• Die Auseinandersetzung mit den<br />
Fällen bietet Raum, erziehungswissenschaftliches<br />
Wissen anzuwenden<br />
und damit gleichzeitig zu üben und<br />
auf seine Tauglichkeit zu prüfen. So<br />
wird der Umgang mit den Inhalten<br />
der wissenschaftlich-pädagogischen<br />
Ausbildung, der im Referendariat<br />
eigentlich nebenbei stattfinden soll,<br />
gezielt vorbereitet und geübt.<br />
Die Bearbeitung authentischer Fälle<br />
soll also einen Beitrag dazu leisten,<br />
die Verbindung zwischen Theorie<br />
und Praxis zu fördern, ohne einerseits<br />
einem von beiden ein Vorrecht oder<br />
eine höhere Bedeutung zuzusprechen<br />
oder andererseits beides zu einer konturlosen<br />
„Theopraxis“ zu vermischen.<br />
Literatur:<br />
Grell, Jochen und Grell, Monika: Unterrichtsrezepte.<br />
Weinheim 1996.<br />
Henningsen, Jürgen: Peter stört. In: Die<br />
deutsche Schule 1964: 617-632.<br />
Kaiser, Arnim und Kaiser, Ruth: Studienbuch<br />
Pädagogik. 10. Aufl., Berlin 2001.<br />
Müller, Hans-Hoachim: Praxis-integrierende<br />
Ausbildung von Lehrerinnen und<br />
Lehrern. Ein didaktisches Konzept zur<br />
Anbahnung von pädagogischer Handlungskompetenz.<br />
Heft 2 der Pädagogischen<br />
Materialien der Universität Kaiserslautern.<br />
Kaiserslautern 1997.<br />
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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
15
Rechtsschutz<br />
Unfallversicherung: SchülerInnen sind geschützt<br />
Bei einem Schulunfall zwischen<br />
SchülerInnen haftet der schuldige<br />
Mitschüler nur bei Vorsatz.<br />
Der Fall: Der damals 16 Jahre alte<br />
Kläger und ein 15 Jahre alter Mitschüler<br />
hielten sich im Unterrichtsraum<br />
auf. Als der Lehrer diesen kurzzeitig<br />
verließ, schlug der 15-Jährige<br />
Kugeln aus Aluminiumfolie durch<br />
den Raum. Dazu nahm er eine auf<br />
dem Lehrertisch liegende Eisensäge<br />
an sich und verwendete sie wie einen<br />
Tennisschläger. Dabei löste sich<br />
das Sägeblatt, schlug auf den Tisch<br />
Kein erhöhter Ortszuschlag<br />
Der Ortszuschlag für verheiratete<br />
Angestellte nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag<br />
(BAT) steht Angestellten,<br />
die in einer eingetragenen<br />
Lebenspartnerschaft leben, nicht zu.<br />
Der Fall: Der Kläger ist als Krankenpfleger<br />
beschäftigt. Nachdem er mit<br />
seinem Partner eine eingetragene<br />
Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz<br />
über die Eingetragene Lebenspartnerschaft<br />
(LpartG) begründet<br />
hatte, verlangte er vom Arbeitgeber<br />
den höheren Ortszuschlag, den verheiratete<br />
Angestellte erhalten. Er vertrat<br />
die Ansicht, dass sich durch das<br />
LpartG die Rechtsstellung verheirateter<br />
und eingetragener Lebenspartner<br />
so weit angenähert habe, dass<br />
kein sachlicher Grund mehr für eine<br />
Ungleichbehandlung vorliege. Mit<br />
seiner Klage hatte er keinen Erfolg.<br />
Das Landesarbeitsgericht: Der BAT<br />
ist in diesem Punkt nicht auf den<br />
Kläger anwendbar, da er nicht verheiratet<br />
ist. Die Partner einer gleichgeschlechtlichen<br />
eingetragenen Lebenspartnerschaft<br />
sind nicht verheiratet,<br />
denn dieses setzt eine bürgerliche<br />
Ehe voraus.<br />
Das LpartG regelt keine grundsätzliche<br />
Anwendbarkeit aller für die Ehe<br />
geltenden Normen auf die eingetragene<br />
Lebenspartnerschaft, sondern<br />
zählt nur die Auswirkungen der Lebenspartnerschaft<br />
auf. Unter dieser<br />
Aufzählung befindet sich keine<br />
auf und traf den Kläger. Infolge des<br />
Unfalls verlor der Betroffene das<br />
Sehvermögen auf dem rechten Auge.<br />
Seine Erwerbsfähigkeit ist dauerhaft<br />
um 30 Prozent herabgesetzt. Da der<br />
Unfall als Schulunfall anerkannt<br />
wurde, bezieht der Kläger eine monatliche<br />
Unfallrente. Von seinem<br />
Mitschüler hat er die Zahlung von<br />
Schmerzensgeld verlangt. Mit seiner<br />
Klage hatte er keinen Erfolg.<br />
Der Bundesgerichtshof: Gegenseitige<br />
Verletzungshandlungen von<br />
Schülern bei Spielereien, Raufereien<br />
und übermütigem Handeln während<br />
der Abwesenheit von Aufsichtspersonen<br />
gehören nach wie vor zum<br />
Schulalltag. Durch die Einbeziehung<br />
der SchülerInnen in die gesetzliche<br />
Unfallversicherung wird zum einen<br />
der verletzte Schüler geschützt. Zum<br />
anderen soll aber auch der an der<br />
Verletzung schuldige Mitschüler -<br />
von Fällen vorsätzlichen Handelns<br />
abgesehen - von seiner zivilrechtlichen<br />
Haftung freigestellt werden, um<br />
ihn vor finanziellen Belastungen zu<br />
bewahren, die unter Umständen<br />
langzeitig sein können.<br />
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.<br />
Febr. 2003 - VI ZR 34/02<br />
Norm, die regelt, dass Vergütungsregelungen<br />
für Verheiratete auch für<br />
eingetragene LebenspartnerInnen<br />
gelten.<br />
Ein Verstoß gegen den allgemeinen<br />
Gleichheitssatz des Grundgesetzes<br />
liegt nicht vor. Nach dem Grundgesetz<br />
stehen Ehe und Familie unter<br />
dem besonderen Schutz der staatlichen<br />
Ordnung. Gleichgeschlechtliche<br />
Lebensgemeinschaften genießen<br />
diesen besonderen Schutz nicht<br />
.Auch nach europäischem Recht gibt<br />
es keine Verpflichtung, Ehen mit<br />
Lebenspartnerschaften gleichzustellen.<br />
Landesarbeitsgericht Düsseldorf<br />
Urteil vom 5. Dezember 2002 - 11<br />
Sa 933/02<br />
Kurz-<br />
Infos:<br />
Ross und Reiter<br />
nennen<br />
Wird ein Beamter bei seinem Dienstherrn<br />
wider besseren Wissen oder<br />
leichtfertig der Korruption bezichtigt,<br />
muss der Dienstherr ihm den<br />
Denunzianten nennen. Das gilt<br />
auch, wenn dem Informanten Vertraulichkeit<br />
zugesichert worden ist.<br />
Bundesverwaltungsgericht, Urteil<br />
vom 27. Febr. 2003 - 2 C 10.02<br />
Ärztliches Attest auch<br />
ab dem ersten Tag<br />
Ein Tarifvertrag kann vorsehen, dass<br />
eine Erkrankung dem Arbeitgeber<br />
unverzüglich anzuzeigen und eine<br />
ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
ab dem ersten Krankheitstag<br />
vorzulegen ist. Liegt eine derartige<br />
tarifliche Regelung vor, darf diese<br />
Frage nicht mehr Gegenstand einer<br />
Betriebsvereinbarung sein.<br />
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.<br />
Febr. 2003 - 5 AZR 112/02<br />
Berufsschule ist<br />
keine Arbeit<br />
Ein Auszubildender wird für den<br />
Berufsschulunterricht von der Arbeit<br />
freigestellt. Dauert der Berufsschulunterricht<br />
länger als die Arbeitszeit,<br />
so gilt das nicht als Mehrarbeit. Der<br />
Auszubildende hat also keinen An-<br />
spruch auf Überstundenvergütung.<br />
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.<br />
Febr. 2003 - 6 AZR 537/01<br />
Mobbing-Folgen keine<br />
Berufskrankheit<br />
Psychische Krankheiten als Folge<br />
von Mobbing am Arbeitsplatz können<br />
nicht als Berufskrankheit entschädigt<br />
werden. Zum einen tauchen<br />
sie in der Verordnung über Berufskrankheiten<br />
nicht auf. Zum anderen<br />
gibt es bislang keine wissenschaftlich<br />
gesicherten Erkenntnisse dafür, dass<br />
Mobbing eine bestimmte Berufsgruppe<br />
krank machen kann.<br />
Sozialgericht Dortmund, Urteil vom<br />
19. Febr. 2003 - S 36 U 267/02<br />
16 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
Handlungsorientierung als Unterrichtsprinzip<br />
„Sehr geehrter Herr UN-Generalsekretär, liebe Kolleginnen und Kollegen<br />
Abgeordnete, sehr geehrte Vertreter der Weltbank und der Weltpresse,<br />
ich möchte als Regierungschef der Region Arabien folgende Erklärung<br />
zur Lage der Nation abgeben ...“. Diese Worte sprudeln nicht<br />
etwa aus dem Mund eines hochrangigen UN-Vertreters, sondern am<br />
Rednerpult steht ein 16 Jahre alter Schüler einer 10. Klasse. Mit Engagement<br />
und deutlich erkennbarer persönlicher Betroffenheit nimmt er<br />
Stellung, macht Lösungsvorschläge, vertritt Interessen. Doch der Reihe<br />
nach ...<br />
Kurze Bestandsaufnahme<br />
Der Umgang mit der Politik in der Schule ist eine schwierige Sache.<br />
Das Fach Sozialkunde wird in der Sekundarstufe I in Rheinland-Pfalz<br />
eine Stunde pro Woche unterrichtet, zu wenig, so klagen<br />
Fachkolleginnen und -kollegen und das zu Recht. Andererseits<br />
bemängelt die Politik, das fehlende Interesse der Jugendlichen am<br />
politischen Prozess, und die neuste Shell-Studie scheint empirisch<br />
abgesichert den fortschreitenden Rückzug der Jugend ins Private<br />
anzuzeigen. Die künftigen Wählerinnen und Wähler sowie die<br />
Jungwähler entfernen sich immer weiter von der Politik, der junge<br />
Souverän, so scheint es, investiert sein Engagement lieber in die<br />
Befriedigung privater Interessen. Und um das Wehklagen zu vervollständigen,<br />
kommt auch von Schülerseite Kritik an der Politik:<br />
Politiker, so erklären manche Jugendliche, verfolgten ihre eigenen<br />
Interessen eher als die jener, von denen und für die sie gewählt<br />
worden seien; außerdem, so eine Schülerin neulich in meinem Unterricht,<br />
ändere eine Wahl ja ohnehin nichts. Angesichts der von<br />
den Medien gerne schlagzeilenträchtig ausgeschlachteten Skandale<br />
um Spendengelder und Müllverbrennungsanlagen, Bonusmeilen-<br />
und sonstigen Flugaffären verlieren Politiker als Berufsstand<br />
in den Augen der Jugend an Vorbildfunktion: „Ich möchte mich<br />
an der Politik nicht beteiligen, denn so wie die Politiker sein will<br />
ich nicht“, erklärte mir eine Schülerin, die ich ansprach, ob sie<br />
nicht bei den Wahlen zum Jugendparlament als Kandidatin mitmachen<br />
wolle. Es zeichnet sich eine Entwicklung ab, die keineswegs<br />
im Sinne der Bildungsverantwortlichen sein kann und es stellt sich<br />
die Frage, welchen Beitrag der Sozialkundeunterricht leisten kann.<br />
Angesichts der oben geschilderten Situation finden sich die Fachkollegen<br />
in einer unangenehmen Situation wieder. Sie sollen den<br />
Ansprüchen des Staates genügen und dazu beitragen, dass aus den<br />
politikerverdrossenen Jugendlichen mündige Bürger werden, die<br />
in der Lage sind, politische und gesellschaftliche Probleme zu er-<br />
kennen, zu politischen Themen zu recherchieren, sie sachgerecht<br />
zu beurteilen und daraus entsprechende Handlungsalternativen<br />
abzuleiten. Das alles in einer Stunde pro Woche und in einem Fach,<br />
das in der Sekundarstufe I (nur) drei Jahre lang unterrichtet wird.<br />
Doch lamentieren hilft nicht, und es bleibt die bereits gestellte Frage<br />
danach, welche Rolle der Sozialkundeunterricht im Kanon der<br />
Bemühungen um mündige Bürger spielen kann.<br />
Politik spannend machen oder warum Handlungsorientierung<br />
wichtig ist<br />
Die Erfahrung an unserer Schule hat gezeigt, dass Sozialkunde für<br />
Schülerinnen und Schüler dann spannend wird, wenn die Kolleginnen<br />
und Kollegen es schaffen, die Jugendlichen aus der Reserve<br />
zu locken, ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ihnen als<br />
„Entwicklungshelfer“ zur Seite anstatt als „Be-Lehrer“ gegenüber<br />
zu stehen. Es muss Aufgabe der Sozialkunde und damit der Lehrenden<br />
sein, die Jugendlichen entdecken zu lassen, dass Politik<br />
keineswegs ein Ereignis ist, das irgendwo nur nicht im eigenen<br />
Lebensumfeld stattfindet. Wenn Sozialkunde Schülerinnen und<br />
Schüler zum selbstständigen Beurteilen politischer Sachverhalte veranlassen<br />
soll, dann führt dieser Weg zweifellos über das Sammeln<br />
eigener Erfahrungen. Und dies geht eben nur, wenn die Schule<br />
ihnen im Rahmen des Unterrichts entsprechende handlungsorientierte<br />
Möglichkeiten bietet. Das allerdings ist schwierig angesichts<br />
des knappen unterrichtlichten Zeitansatzes. Unsere Schule hat aus<br />
diesem Grund die Teilnahme an einem „politischen“ Seminar für<br />
die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 10 in das Schulprogramm<br />
aufgenommen. Und so macht sich seit fünf Jahren jedes<br />
Jahr eine Klasse auf, um bei der Bundeswehr POL&IS zu spielen*<br />
...<br />
Das Planspiel POL&IS<br />
Entstehung<br />
Das Planspiel POL&IS (POLitik und Internationale Sicherheit)<br />
wurde ursprünglich von der Forschungsgruppe Simulationen e.V.<br />
der Universität Erlangen entwickelt. Die Bundeswehr, die das Planspiel<br />
zunächst zur politischen Bildung der Soldaten einsetzen wollte,<br />
stellte jedoch rasch fest, dass es ebenfalls im Rahmen der Arbeit<br />
der Jugendoffiziere geeignet war, Jugendliche für die komplexen<br />
Probleme der internationalen Sicherheitspolitik zu interessieren.<br />
So wurde das Planspiel Ende der 80er Jahre von der Bundeswehr<br />
mitsamt der Rechte zur kontinuierlichen Weiterentwicklung für<br />
die hauptamtlichen Jugendoffiziere angeschafft. Neben der Bundeswehr<br />
kaufte auch das Land Nordrhein-Westfalen das Planspiel<br />
für den Unterricht an Schulen.<br />
Bei POL&IS handelt es sich genauer betrachtet um eine Mischung<br />
aus Rollenspiel einerseits und streng formal vorgegebener, regelgebundener<br />
und datengesteuerter Simulation politischer und ökonomischer<br />
Situationen auf globaler Ebene andererseits. Das Planspiel<br />
eignet sich aus meiner Sicht frühestens für Schülerinnen und<br />
Schüler von Abschlussklassen der Sekundarstufe I sowie natürlich<br />
für alle Kurse der Oberstufe des Gymnasiums und der Berufsbildenden<br />
Schulen.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
17
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
Ablauf<br />
Am ersten Tag erhalten die Jugendlichen ihre Rollen. Insgesamt<br />
wird in dreizehn Gruppen gespielt. Elf davon werden als so genannte<br />
Regionengruppen gebildet (Nordamerika, Südamerika, Japan,<br />
Ozeanien, China, Asien, die GUS, Osteuropa, Westeuropa,<br />
Afrika und Arabien), eine Gruppe stellt die Weltbank dar und<br />
eine Gruppe mimt die Weltpresse. Innerhalb der Regionen nehmen<br />
die einzelnen Jugendlichen Rollen als Regierungschefs, Wirtschaftsminister,<br />
Staatsminister und Oppositionsführer ein. Damit<br />
alle Funktionen ausgefüllt werden können, reicht in der Regel die<br />
Personenzahl einer Lerngruppe nicht aus. Aus diesem Grund nahm,<br />
zumindest im Rahmen der POL&IS-Simulationen, an denen ich<br />
beteiligt war, jeweils eine weitere Klasse einer anderen Schule teil.<br />
Anschließend werden die Jugendlichen mit den Regeln der Simulation<br />
vertraut gemacht und erhalten Gelegenheit, sich über die<br />
Situation in ihren Regionen sowie über ihre eigene Rolle zu informieren.<br />
Diese Einarbeitungsphase wird von den Schülerinnen und<br />
Schülern erfahrungsgemäß als sehr anstrengend empfunden und<br />
hat bislang sogar Teile des Abends in Anspruch genommen. Sind<br />
die Regeln geklärt, beginnt die Spielleitung, die meist aus zwei<br />
Jugendoffizieren besteht, mit dem Einstieg in das erste POL&IS-<br />
Jahr. Ein solches Jahr besteht aus mehreren Phasen, in denen nach<br />
strengen Kriterien von den<br />
Akteuren gehandelt wird. In<br />
der ersten Phase, der Beratung,<br />
erhalten die Jugendlichen<br />
Gelegenheit, sich über<br />
die Situation in ihrer Region<br />
klar zu werden und erste Initiativgedanken<br />
zu fassen.<br />
Danach folgt die Phase der<br />
Produktion beziehungsweise<br />
der Kartenarbeit. Hier wird<br />
beispielsweise, ebenfalls gemäß<br />
Regelwerk und auf der<br />
Grundlage des vom Wirtschaftsminister<br />
zu führenden<br />
Wirtschaftsformulars, ermittelt,<br />
wie die Ernten in der Region<br />
ausgefallen sind, über wie viele Industrie-, Rohstoff- und<br />
Agrarzentren ein Land verfügt. Diese Zahlen hängen unter anderem<br />
von den getätigten Investitionen ab und nehmen beispielsweise<br />
Einfluss auf den Lebensstandard der Bevölkerung. Nach einer<br />
weiteren kurzen Beratung (Phase 3) folgt nun die vierte Phase.<br />
Die Regionen teilen sich nun auf und während in einem separaten<br />
Raum die Wirtschaftsminister im internationalen Handel angeschlossene<br />
Wirtschaftsverträge erfüllen, haben die Regierungschefs<br />
und ihre Staatsminister die Gelegenheit, diplomatische Kontakte<br />
mit anderen Regionen aufzunehmen, Verträge auszuhandeln,<br />
Konferenzen durchzuführen. Kritisch beobachtet werden sie in<br />
ihrem Tun von den Oppositionsspielern, die natürlich versuchen<br />
werden (sofern es sich um demokratische Regionen handelt), sich<br />
bei den bald anstehenden Wahlkämpfen und Wahlen gegen die<br />
Regierung durchzusetzen. Nachdem diese Phase beendet ist, folgt<br />
eine erneute Beratung, in deren Verlauf sich die einzelnen Spieler<br />
innerhalb der jeweiligen Regionen über den Stand ihrer politischen<br />
Bemühungen gegenseitig informieren können. Anschließend<br />
geht das POL&IS-Jahr in die Phase der internationalen Information,<br />
in der die Regionen eine Vollversammlung der Vereinten<br />
Nationen simulieren. Es ist die Pflicht eines jeden Regierungschefs,<br />
pro POL&IS-Jahr eine Rede zu halten, in der sowohl der politische<br />
und ökonomische Status Quo der eigenen Region zu Sprache<br />
kommt, als auch Erklärungen zur internationalen Politik abgegeben<br />
werden können. Als letzte Phase schließt sich die Austragung<br />
anliegender Konflikte an. Dazu sei bemerkt, dass die Jugendlichen<br />
in den sechs Simulationen, die ich bislang erlebt habe, noch nie<br />
einen Krieg geführt haben. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die<br />
Schülerinnen und Schüler das Planspiel schon nach kurzer Zeit<br />
nicht mehr nur als eine Art leistungsgesteigerte Variante des Eroberungsbrettspiels<br />
„Risiko“ ansehen, in dem man die virtuell vorhandenen<br />
Waffen einfach zum Spaß einsetzt. Ist ein POL&IS-Jahr<br />
- das etwa einen realen Zeitraum von vier Jahren abbildet - beendet,<br />
beginnt ein neuer Zyklus.<br />
Inhalt und didaktische Ziele<br />
Aus der Sicht des Sozialkundelehrers gesehen schafft es das Planspiel,<br />
die komplizierten Zusammenhänge der internationalen Politik<br />
in vielen Bereichen, wie etwa der Sicherheits-, der Umwelt-,<br />
der Wirtschafts- oder auch der Entwicklungshilfepolitik für Schülerinnen<br />
und Schüler didaktisch auf ein verstehbares Maß zu reduzieren<br />
und erfahrbar zu machen. Begrifflichkeiten wie Bevölkerungsexplosion,<br />
Wohlstandsgesellschaft, Nord-Süd-Gefälle, Ost-West-<br />
Annäherung, Unterstützung von Abrüstungsvorhaben, der Zusammenhang<br />
von Lebensstandard und politischer Stabilität einer Region,<br />
die Folgen der Globalisierung, die Notwendigkeit des schonenden<br />
Umgangs mit den natürlichen Ressourcen bei gleichzeitiger<br />
Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, die Spannungen<br />
im magischen Sechseck oder die Rolle der UNO in der Welt (und<br />
auch manches Mal ihre Ohnmacht), treten bei POL&IS aus der<br />
Abstraktheit heraus. Genauer betrachtet können im Planspiel sehr<br />
viele jener Unterrichtsinhalte gefestigt und spielerisch praktisch angewendet<br />
werden, die der Lehrplan des Faches zu bieten hat.<br />
Abgesehen davon integriert das<br />
Planspiel weitere schulisch relevante<br />
Inhalte. Aus dem Bereich<br />
des Faches Deutsch gehört z. B.<br />
die Förderung der Kommunikationsfähigkeit<br />
durch permanente<br />
und inhaltsgebundene Interaktion<br />
dazu, was letztlich in<br />
immer routinierter dargebotenen<br />
Reden am Mikrophon gipfelt<br />
(bei manchen Jugendlichem<br />
am Ende sogar ohne Spickzettel<br />
oder Redemanuskript). Der<br />
politische Erfolg der eigenen Bemühungen<br />
hängt auch im Planspiel<br />
von erfolgreich praktizierter<br />
und effektiver Kommunikation<br />
in starkem Maße ab. Die Jugendlichen sind durch den Aufbau<br />
der Simulation auf die zweckorientierte Aufbereitung und genaue<br />
Weitergabe von Informationen angewiesen. Ein Missverständnis<br />
zwischen einem Regierungschef und seinem Wirtschaftsminister<br />
kann für die eigene Region, aber auch auf internationaler Ebene,<br />
fatale Folgen haben (Das weiß übrigens auch die Weltpresse, die<br />
recherchiert und permanent in Artikeln über die Weltlage Auskunft<br />
gibt.).<br />
Weitere Fächer, deren Inhalte im Planspiel in integrativer Weise<br />
18 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
umgesetzt werden, sind Erdkunde (internationale Orientierung,<br />
globaler Strukturwandel), das Fach Mathematik (wirtschaftliche<br />
Berechnungen in den Regionen und in der Weltbank), sowie Wirtschafts-<br />
und Sozialkunde als Wahlpflichtfach der Realschule und<br />
der Regionalen Schule. Neben den inhaltlichen Zugewinnen, die<br />
das Planspiel bietet, die aber in gewissem Umfang ein „normaler“,<br />
lehrgangsbezogener Unterricht auch vorzuweisen hat, ermöglicht<br />
das Planspiel eine mehrseitige Entgrenzung des schulischen Lernens,<br />
indem es den Lernort verlagert, die Fächergrenzen außer<br />
Acht lässt und den Zeitrahmen des 45-Minuten-Taktes der Schule<br />
sprengt. Dadurch trägt diese Form der politischen Bildung dazu<br />
bei, methodisch-kommunikative Kompetenzen aufzubauen und<br />
verstärkt zu fördern, affektiv-emotionale (Rollenidentifikation) Fähigkeiten<br />
auszubauen und zu erproben, soziale Fähigkeiten weiterzuentwickeln,<br />
Fähigkeiten zum Erkennen von Problemen und<br />
Strategien des Problemlösens zu erweitern, den Erwerb von Prozesskompetenz<br />
anzustoßen, und die Teamarbeit in vielen verschiedenen<br />
Ausprägungen zu trainieren.<br />
Das Planspiel aus Schülersicht -<br />
Ergebnisse einer kleinen Evaluation<br />
Im Rahmen der Nachbetrachtung des Planspieles habe ich die<br />
Schülerinnen und Schüler anonym einen Fragebogen ausfüllen<br />
lassen. Über 90 Prozent der befragten Jugendlichen fanden das<br />
Planspiel interessant und anregend, 61 Prozent gaben an, dass ihnen<br />
die Methode geholfen habe, die Inhalte besser zu verstehen.<br />
Rund 70 Prozent behaupteten, sie hätten sich auch nach dem Ende<br />
des Planspiels mit manchen Inhalten weiter beschäftigt, indem sie<br />
beispielsweise mit ihren Eltern darüber diskutiert hätten. Mehr als<br />
die Hälfte der Jugendlichen war der Meinung, die Zeit (immerhin<br />
eine Woche) habe nicht ausgereicht, und man hätte noch weiterspielen<br />
müssen. Ein Schüler schrieb auf den Rückmeldebogen: „Ich<br />
verstehe jetzt viel mehr, wenn ich die Nachrichten schaue. Politik<br />
ist schwieriger, als ich gedacht habe. Die Politiker haben keinen<br />
leichten Job.“<br />
Doch die aus meiner Sicht beste Bestätigung für die nachhaltige<br />
Wirkung lieferte die Aussage einer Schülerin, die Monate später<br />
bei einer Gesamtkonferenz über POL&IS berichten sollte. Sie stand<br />
auf und eröffnete ihren kurzen Vortrag mit den Worten: „Ich, als<br />
Regierungschefin Afrikas ...“<br />
Marc A. Gollon<br />
Marc A. Gollon, Realschullehrer an der Regionalen Schule Wörth,<br />
Ausbildung als Moderator für Studientage des EFWI Landau in den<br />
Bereichen Methoden- und Kommunikationstraining sowie Teamentwicklung<br />
* Informationen zum Planspiel POL&IS sind über die regional zuständigen Jugendoffiziere<br />
zu bekommen (auch unter www.jugendoffiziere.de)<br />
Demokratie lernen? -<br />
Lernortkooperation Schule - Unternehmen - Landtag<br />
Seit 1999 findet in Rheinland-Pfalz eine neue und bundesweit<br />
bisher einmalige Form der Lernortkooperation statt, an der neben<br />
der Berufsbildenden Schule Bingen mehrere Unternehmen (Fa.<br />
Boehringer Ingelheim Pharma KG, Sparkasse Rhein-Nahe, Volksbank<br />
Alzey, Kreissparkasse Alzey) und der rheinland-pfälzische<br />
Landtag beteiligt sind. Ziel war es, dieses handlungsorientierte und<br />
praxisnahe Projekt als festen Bestandteil in die duale Ausbildung<br />
der Unternehmen zu integrieren, um den Auszubildenden die<br />
Möglichkeit zu geben, Einblicke in die Arbeit des Landtages zu<br />
gewinnen, Verständnis für politische Ereignisse und Zusammenhänge<br />
zu entwickeln, politisches Interesse zu wecken und so vor<br />
allem Vorurteile gegenüber Politik und Politikern abzubauen.<br />
Inzwischen finden mit großem Erfolg jedes Jahr zwei bis drei Seminare<br />
statt, die sich jeweils über drei Tage erstrecken. Begleitet<br />
und organisiert werden die Veranstaltungen, die jeweils abwechselnd<br />
an einem Tag in der Berufsbildenden Schule, dem beteilig-<br />
ten Unternehmen und dem Landtag durchgeführt werden, von<br />
dem/der jeweiligen Fachlehrer/in der BBS Bingen, einem/einer<br />
Ausbilder/in des beteiligten Unternehmens und dem Leiter des<br />
Bereichs „Jugend und Schule“ der Landtagsverwaltung des rheinland-pfälzischen<br />
Landtages. Inhaltlich gestalten sich die Seminare<br />
wie folgt:<br />
1. Tag ( Landtag)<br />
• Einführung („Politik - Was geht mich das an?“)<br />
• Gespräch mit dem Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-<br />
Pfalz<br />
• Teilnahme an einer Ausschusssitzung des rheinland-pfälzischen<br />
Landtages<br />
• Gespräch mit Abgeordneten (i.d.R. Ausschussvorsitzende/r und<br />
Mitglieder der einzelnen Fraktionen)<br />
2. Tag (Berufsbildende Schule)<br />
• Historische Aspekte und Entwicklung des Landes Rheinland-<br />
Pfalz (Film)<br />
• Internet-Rallye zum Thema „Landtag und Politik“<br />
3. Tag (Unternehmen)<br />
• Rollenspiel „Ausschusssitzung“ (Thema variabel, z.B. Führerschein<br />
mit 16 Jahren? Tierversuche? etc.), in der die Auszubildenden<br />
das in den Tagen zuvor Erlebte und Erfahrene „nachspielen“<br />
müssen, indem sie die Rolle von Abgeordneten übernehmen.<br />
Ergänzt wird das Seminar durch einen Wettbewerb, in dem die<br />
Auszubildenden Fragen zu den angebotenen Programmpunkten<br />
beantworten. Die Punktbesten erhalten dann von den Kooperati-<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
19
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
onspartnern gestiftete Preise.<br />
Nach dreijähriger Erfahrung können wir feststellen, dass die Seminare<br />
von allen Beteiligten sehr positiv bewertet werden:<br />
• Die Auszubildenden erfahren Politik als konkreten Gegenstand<br />
ihres täglichen Lebens (dies auch, da berufliche Ausbildung, Schule<br />
und Politik direkt miteinander „verbunden“ werden).<br />
• Vorurteile werden abgebaut, da Auszubildende am „eigenen Leibe“<br />
erfahren, dass „Demokratie“ (z.B. Diskussionskultur, Abstimmungsprozedere<br />
etc.) gar nicht so einfach ist.<br />
• Hemmschwellen gegenüber der Politik werden abgebaut, da Auszubildende<br />
durch persönlichen Kontakt Politiker als „normale“<br />
Menschen erleben.<br />
Inzwischen bindet die BBS Bingen auch ihre Partnerschule in Sonneberg/Thüringen<br />
in dieses Projekt ein, indem Auszubildende aus<br />
Sonneberg und aus der Region Bingen gemeinsam an diesem Seminar<br />
teilnehmen.<br />
Außerdem wurde das Konzept weiterentwickelt und jetzt in einem<br />
Pilotseminar „Politiker vor Ort“ auf die kommunale Ebene übertragen.<br />
Hermann Groß<br />
Hermann Groß, der zusammen mit H. Berkessel 1999 das Konzept<br />
dieses Seminars entwickelt hat, ist Lehrer für Deutsch und Sozialkunde<br />
der BBS Bingen, Autor eines Sozialkundebuchs und weiterer Publikationen.<br />
Zeitung in der Schule - ein „Bon-Bon“ im Schulalltag<br />
Ein Leistungskurs Deutsch oder ein Grundkurs Sozialkunde, der<br />
im Unterricht mit der Süddeutschen Zeitung arbeitet, Artikel<br />
schreibt und auch noch Zeilenhonorar kassiert - ist dies noch<br />
Schule?<br />
Das Grundkonzept<br />
Die Idee ist recht einfach. Bundesweit werden etwa 40 Schulklassen<br />
vom „Institut zur Objektivierung von Lern- und Prüfungsverfahren“,<br />
kurz IZOP Aachen, aus zahlreichen Bewerbern ausgesucht,<br />
die ein Jahr lang umsonst die SZ erhalten. Samstags gibt es<br />
dann eine ganze Schülerseite, auf der die Beiträge der Klassen erscheinen<br />
und schließlich noch bezahlt werden. Weil dies alles sehr<br />
viel Geld kostet, werden Wirtschaftsunternehmen und andere Institutionen<br />
als Sponsoren geworben. Die Wirtschaftspartner werden<br />
den Klassen zugewiesen und laden meistens die Klasse anschließend<br />
zu sich zu interessanten Betriebsbesichtigungen ein,<br />
wo wiederum Schülerreportagen und Interviews entstehen.<br />
Andere Themen werden in Eigenregie ausgewählt, recherchiert und<br />
erarbeitet. Beispielsweise lud die letzte Klasse 11 des Wirtschaftsgymnasiums<br />
Idar-Oberstein im Rahmen des Projekts die Bildungsministerin<br />
Doris Ahnen in die Schule ein, um mit ihr ein Gespräch<br />
zu den Ergebnissen der PISA-Studie zu führen. Nach sorgfältigem<br />
Studium aller Informationen entstand ein Fragenkatalog,<br />
und das Ergebnis der Diskussion wurde für die SZ zur Veröffentlichung<br />
aufbereitet. Weitere Beispiele für außerschulische Lerntätigkeiten<br />
waren Besuche in regionalen Wirtschaftsbetrieben, beim<br />
Flughafen Hahn, bei einer Gemeinde, die vorbildliche Integrationsarbeit<br />
für Aussiedler geleistet hatte, ein Interview mit dem ehemaligen<br />
KZ-Häftling Alex Deutsch sowie Sport- und Kulturveranstaltungen.<br />
Die Lernplankonvergenz<br />
Die Texte der SZ, FAZ und mancher anderen Zeitung eignen sich<br />
nicht nur wegen der Aktualität für den Unterricht. Im Hinblick<br />
auf Textanalysen, Erörterungen und Textsortenunterscheidung stellen<br />
die Zeitungen oft schon das Material für manche Abituraufgabenstellung<br />
im Fach Deutsch. Die im Lehrplan der Fächer Deutsch<br />
und Sozialkunde verankerten Themen Massenmedien, Fachsprachen,<br />
rhetorische Texte, das politische System der BRD, Parteien<br />
und Wahlen u. v. a. werden für die Schüler zeitnah zugänglich<br />
gemacht. Englischkollegen haben eine Unterrichtsreihe zum Thema<br />
Gesellschaftsprobleme konzipiert und ins Englische übersetzt.<br />
IZOP bietet zusätzlich 14tägige Vergleichsabos von anderen Zeitungen<br />
an, so dass ein breites Spektrum der Medienlandschaft in<br />
ihren Grundtendenzen vermittelt werden kann. Da die Schüler<br />
selbstständig schreiben, wächst das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl<br />
derjenigen besonders, die es geschafft haben, einen Artikel<br />
in einer renommierten Zeitung unter ihrem Namen zu veröffentlichen.<br />
Eine zusätzliche Leistung besteht in der Erstellung der<br />
so genannten Langzeitarbeit, in der wissenschaftspropädeutisches<br />
Arbeiten eingeübt wird. Die Schüler wählen sich ein beliebiges<br />
aktuelles Thema, das sie mit der SZ und eigenen Materialien in<br />
Form einer Facharbeit, die wissenschaftliche Kriterien erfüllen soll,<br />
behandeln. Vor einem eventuellem Studium wird so eine weitere<br />
Hemmschwelle, abgebaut, manche Arbeit wurde auch schon vom<br />
IZOP-Institut in einem Reader veröffentlicht. Da in unserer Reiz<br />
überfluteten Medienlandschaft das Lesen und eigenständiges<br />
Schreiben nicht hoch genug eingestuft werden können, ist „Zeitung<br />
in der Schule“ ein sehr sinnvolles Projekt, das Abwechslung<br />
und Schüleraktivität in den Schulalltag einbringt. Eltern und Schüler<br />
haben es bisher sehr geschätzt.<br />
Michael Pelke<br />
Michael Pelke ist Lehrer für Deutsch und Sozialkunde an der Berufsbildenden<br />
Schule Wirtschaft Idar-Oberstein.<br />
20 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
(Keine) Lust auf politische Bildung? -<br />
Neue Impulse durch die Verbindung von Live-Event mit praktischer Radioarbeit<br />
„Macht, Korruption, alte ineffiziente Strukturen, das verbinde<br />
ich mit Politik. Daher interessiere ich mich nicht dafür. Die Arbeit<br />
von Greenpeace ist für mich nicht politisch; die handeln,<br />
und zwar schnell, klar und kompromisslos.“<br />
Dieses Zitat eines von uns befragten jungen Mannes (Thorsten<br />
H., 26, Verwaltungsangesteller) unterstreicht die Thesen der neuesten<br />
Shell-Studie: Das Interesse der Jugendlichen an traditioneller<br />
Politik sinkt weiter. Die erlebte persönliche Distanz zur Politik zieht<br />
sich durch alle Milieus. Allein die Erwähnung des Wortes „politisch“<br />
hat eine abstoßende, im besten Fall neutrale Wirkung auf<br />
Jugendliche.<br />
Harte Zeiten für Jugendbildungsreferentinnen und -referenten, die<br />
ihre Produkte - nämlich Seminare zur politischen Bildung - anbieten.<br />
Wie können sie in Anbetracht dieser Erkenntnisse Jugendliche<br />
für aktuelle Themen begeistern, wie sie für Seminare interessieren?<br />
Sollten sie den Begriff „politisch“ tunlichst vermeiden, diesen<br />
nur noch der Form halber gegen Ende ihrer Veranstaltungen<br />
vorsichtig einfließen lassen, in der Hoffnung, dass die TeilnehmerInnen<br />
nicht fluchtartig den Raum verlassen?<br />
Die Erfahrungen mit der Veranstaltung „Wir machen Festivalradio“<br />
haben gezeigt, dass ein Bildungsangebot, das damit wirbt,<br />
über praktische Radioarbeit zu jugendadäquaten Themen verschiedene<br />
Kompetenzen zu vermitteln, durchaus Jugendliche anspricht.*<br />
Hier können die Heranwachsenden etwas zusammen mit anderen<br />
erleben, dabei Spaß haben und etwas Sinnvolles tun, was sie für<br />
ihre berufliche Lebensplanung nutzen können.<br />
Wie sich insbesondere Event und praktische Radioarbeit zu einem<br />
für Jugendliche und BildungsreferentInnen gleichermaßen spannenden<br />
Veranstaltungskonzept der politischen Bildung verbinden<br />
lassen, wollen wir anhand des durchgeführten Festival-Radioseminars<br />
aufzeigen. Für Seminaridee und Umsetzung zeichneten die<br />
beiden Autorinnen von Arbeit und Leben Rheinland-Pfalz und<br />
Haus am Maiberg verantwortlich.<br />
Radio meets Festival - ein Seminarkonzept entsteht<br />
Die Idee war, praktische Radioarbeit mit einem jugendkulturellen<br />
Event (Festival Open Ohr) in einem zweiteiligen Seminar zu verbinden.<br />
Im Vorbereitungsworkshop sollten Grundkenntnisse des<br />
Radiomachens vermittelt und in die Festivalthematik eingeführt<br />
werden. Während des Seminars auf dem Festivalgelände ging es<br />
darum, dass die Jugendlichen das Gelernte ausprobierten und umsetzten.<br />
Für Open Ohr als Thema und Veranstaltungsort eines Seminars<br />
der politischen Bildung sprach zum Einen, dass es weit über die<br />
Grenzen des Rhein-Main-Gebiets bei den Jugendlichen bekannt<br />
±<br />
Die Veranstaltung fand im Rahmen des bundesweiten Projekts „Radio<br />
Aktiv - Jugend strahlt aus“ statt, das der Bundesarbeitskreis Arbeit und<br />
Leben mit Standort in München und das Haus am Maiberg in Heppenheim<br />
(AKSB - Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke) von<br />
November 1997 bis Juni 2000 durchführten. Gefördert wurde das Projekt<br />
von der Stiftung Deutsche Jugendmarke e.V., Bonn.<br />
und beliebt ist. Es findet seit 25 Jahren jährlich auf der Mainzer<br />
Zitadelle statt. Das Gelände dort bietet neben Wiesen für große<br />
Veranstaltungszelte, Marktstände und fünf Open-Air-Bühnen verschiedenster<br />
Größe idealen Raum für Zeltplätze der BesucherInnen.<br />
Rund 300 Künstler und Referenten tragen zu einem aufklärerischen<br />
und kulturell vielfältigen Programm bei.<br />
Als Festival für „Beine, Bauch und Birne“, wie es der Kabarettist<br />
Helmut Ruge bezeichnete, bringt Open Ohr jedes Jahr hochaktuelle<br />
Themen zur Sprache, die von Konzerten verschiedenster Musikrichtungen,<br />
Theaterdarbietungen und Workshops ergänzt werden.<br />
Das Motto des Programms 1999 lautete „Macht und Gegenmacht“.<br />
Mit ihm wollten die Veranstalter zur Auseinandersetzung<br />
mit dem Thema Macht generell, mit den veränderten Machtstrukturen<br />
im Land durch den Regierungswechsel sowie mit dem Kosovo-Krieg<br />
anregen. Darüber hinaus wurden Vorträge und Diskussionsrunden<br />
zu einer Reihe von Einzelthemen wie Frauenbewegung,<br />
Bioethik, Macht der Wissenschaft und zur Globalisierung<br />
angeboten.<br />
Dieses vielfältige Programm spiegelt das Ausdrucks- und Selbstverständnis<br />
von Open Ohr als politischem Festival wider und versprach,<br />
„spannenden Stoff“ für Radiobeiträge im Rahmen eines<br />
Seminars der politischen Bildung zu liefern.<br />
Mit dem Workshoptitel „Wir machen Festivalradio“ wollten wir<br />
das Interesse der Jugendlichen am Radiomachen wecken. Als ReporterInnen<br />
konnten sich die TeilnehmerInnen engagiert und „lustvoll“<br />
- so das Ziel der Veranstaltung - mit Motto, Geschichte und<br />
Besonderheiten des Festivals auseinandersetzen und ihre eigenen<br />
Meinungen und Einstellungen zum Event und den hier diskutierten<br />
Themen einbringen. Als ein weiteres Highlight des Seminars<br />
ermöglichten wir es den TeilnehmerInnen, täglich zwei Stunden<br />
auf der Frequenz zweier lokaler Bürgerradios zu senden.<br />
Hierfür benötigten die Jugendlichen journalistische und technische<br />
Grundkenntnisse sowie inhaltliches Backgroundwissen zum<br />
Festival. All dies wurde im Vorbereitungsworkshop vermittelt. Die<br />
Teilnahme an dieser Veranstaltung, die zwei Referenten in einer<br />
Bildungsstätte durchführten, war Bedingung für das Radiomachen<br />
auf dem Open Ohr. Für das Seminar auf dem Festivalgelände planten<br />
wir vier ReferentInnen ein. Die TeilnehmerInnenzahl beschränkten<br />
wir auf dreizehn, um den Jugendlichen eine intensive<br />
Begleitung durch die Referenten und ein effizientes Arbeiten zu<br />
ermöglichen.<br />
Nach Ankündigung des Seminarprogramms in den regionalen Tageszeitungen,<br />
im Festivalprogramm und von den Bürgerradios gingen<br />
auch die ersten Anmeldungen ein. Innerhalb von wenigen<br />
Tagen mussten wir eine Warteliste für die zahlreichen interessierten<br />
TeilnehmerInnen eröffnen und fragten uns erfreut: Gibt es sie<br />
etwa doch - die bildungs- und (mit)gestaltungswilligen Jugendlichen?<br />
Vorbereitungsseminar am Wochenende<br />
Eineinhalb Wochen vor Festivalbeginn startete das Vorbereitungsseminar<br />
mit sieben jungen Männern und sechs jungen Frauen,<br />
fast alle im Alter von sechzehn bis neunzehn Jahren. Bis auf zwei<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
21
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
Teilnehmer, die schon einmal beim Uni- und Bürgerradio reingeschnuppert<br />
hatten, besaßen die Jugendlichen keine radiojournalistischen<br />
Erfahrungen. Nahezu alle interessierten sich allerdings<br />
für Medien generell und überlegten sich, ob und welcher Beruf in<br />
diesem Bereich für sie in Frage käme.<br />
Dass Open Ohr nicht einfach coole Bands und Radiomachen nicht<br />
nur Locker-am-Mikro-Moderieren bedeuten, ahnten die Jugendlichen.<br />
Alle kannten das Festival. Die meisten von ihnen waren<br />
schon öfter dort. In diesem Jahr wollten sie allerdings nicht als<br />
Besucher „abhängen“, sondern als Berichterstatter auf der Frequenz<br />
zweier Bürgerradios dabei sein und selbst „etwas Sinnvolles mit<br />
anderen Gleichaltrigen zusammen machen“, so Felix, der jüngste<br />
Teilnehmer. Dies hieß für die einen, eigene Beiträge texten und<br />
sprechen, Umfragen durchführen und am PC schneiden. Andere<br />
wollten gerne eine komplette Sendung moderieren und manche<br />
fieberten darauf, als „SelbstfahrerInnen“ am Mischpult „die Technik<br />
zu fahren“ und zu moderieren.<br />
Wieviel Arbeitsaufwand allein schon die Produktion eines dreiminütigen<br />
Beitrags erfordert, das hatte sich - so das Feedback bei<br />
Abschluss des ersten Workshopteils - niemand vorstellen können.<br />
Auch dass die Vorbereitungsveranstaltung sehr viel „harte“ Arbeit<br />
mit sich bringen würde, hatten die wenigsten erwartet. Aber<br />
schließlich wollten alle gut vorbereitet sein, wenn sie live vom Festival<br />
berichteten. Von daher waren sie mit Feuereifer dabei, als es<br />
darum ging, die Ziele für das Vorbereitungswochenende mit den<br />
Referenten festzulegen und in Teams gemeinsam umzusetzen.<br />
In einem theoretisch orientierten Seminarteil führten die Referenten<br />
in das Festivalthema ein und gaben Einblick in das Radiomachen.<br />
Sie vermittelten den Jugendlichen einen Überblick über<br />
die regionale Medienlandschaft, damit die nichtkommerziellen<br />
lokalen Radios - auf deren Frequenz und Sendeplatz das Projekt<br />
„on air“ gehen würde - in ihrer Aufgabe, Arbeitsweise und Organisationsstruktur<br />
bekannt waren. Am Beispiel eines Mustersendefahrplans<br />
regten die Referenten die Jugendlich dazu an, Beiträge<br />
vorzuschlagen, die sie vorproduzieren wollten.<br />
Eine Menge „Stoff“ - doch die Jugendlichen waren „voll dabei“.<br />
Schließlich bezogen sich die theoretischen Seminareinheiten und<br />
Diskussionen im Plenum auf zwei konkrete Dinge, für die sie sich<br />
interessierten: das Medium Radio, das sie kennen lernen und „selbst<br />
machen“ wollten, und das Festival, über das sie live berichten<br />
würden.<br />
Nach der Bildung von Redaktionsteams erhielten die einzelnen<br />
Gruppen die im Vorfeld des Festivals erschienenen Presseberichte<br />
und das Festivalprogramm, um sich einen Überblick vom Festivalgeschehen<br />
zu verschaffen und Einzel-Events und -Themen für<br />
ihre Beiträge zu diskutieren und vorab auszuswählen. Klar war für<br />
alle Teams, dass die bekannten Bands wie „Pothead“ und „Fruit“<br />
unbedingt vorgestellt werden mussten. Und wenn sie auch die<br />
Gruppe „Blumfeld“ - das musikalische Highlight auf dem Festival<br />
- interviewen könnten, wäre das einfach super! Klar war auch, dass<br />
das Motto „Macht und Gegenmacht“, das von Theatergruppen,<br />
Kabarettisten und in Diskussionsrunden aufgegriffen wurde,<br />
durchgängig in ihren Sendungen zur Sprache gebracht werden sollte.<br />
Jede Redaktionsgruppe erhielt eine Einweisung in die Aufnahmetechnik<br />
und den Computerschnitt, Tipps und Unterstützung für<br />
das Schreiben und Sprechen fürs Mikro sowie Unterstützung bei<br />
Ideensammlung und Exposé-Abfassung für die Beiträge. Die ersten<br />
Erfahrungen mit der praktischen Radioarbeit formulierten die<br />
TeilnehmerInnen in der Redaktionskonferenz wie folgt: „Es war<br />
ein komisches Gefühl, seine eigene Stimme erstmals aus der Lautsprecherbox<br />
zu hören“, „Was für ein Riesen-Zeitaufwand für minutenlange<br />
Aufnahmen!“, „Das ist echt ein Ding, wie sich Aussagen<br />
von Beiträgen durch Schnitt verändern oder durch Effekte<br />
karikieren lassen“. Bis in den späten Abend saßen die Teams zusammen<br />
und waren „radio aktiv“.<br />
Bei der abschließenden Redaktionskonferenz war die Gruppe zu<br />
einem großen Team zusammengewachsen. Alle waren mit dem<br />
Seminarprogramm und sich selbst voll und ganz zufrieden: Voller<br />
Stolz präsentierten und lauschten die Jugendlichen den fertiggestellten<br />
Beiträgen. Nach letzten Absprachen für den zweiten Seminarteil,<br />
fuhren sie mit Festivalprogramm, Team- und Themenplänen<br />
in den Taschen, Ringen unter Augen und - was das Wichtigste<br />
war - einer Verabredung mit ihren neuen Radio-Kolleginnen<br />
und Kollegen zum gemeinsamen Open Ohr-Liveradio nach<br />
Hause.<br />
Die Seminargruppe geht „on air“<br />
Pfingstfreitag war Treffpunkt auf dem Open Ohr. Nachdem die<br />
TeilnehmerInnen ihre Zelte errichtet hatten, halfen sie beim Technikaufbau<br />
ihres Studio- und Redaktionsraums, der für die kommenden<br />
vier Tage ihr Zuhause sein würde. Schon am nachmittag<br />
sollten sie auf Sendung gehen. Das war eine andere Situation als<br />
bei den Vorproduktionen auf dem Vorbereitungsseminar. Jetzt<br />
gaben die Live-Sendungen das Tagesziel vor, und die Jugendlichen<br />
traten mit ihren Beiträgen und Moderationen in die Öffentlichkeit.<br />
Für das Event-Radiomachen gaben wir den jungen ReporterInnen<br />
einen klar strukturierten Zeit- und Aufgabenplan als Seminarrahmen<br />
vor. Dieser Plan enthielt folgende Seminarbausteine<br />
bzw. Tagesabschnitte, die das Referententeam durchgängig anleitete:<br />
• 9.00 Uhr und 16.15 Uhr jeweils eine große Redaktionskonferenz<br />
• 10.00 Uhr: Arbeit in Redaktionsteams (u.a. Beitragsplanung,<br />
Recherche, O-Ton-Aufnahmen und -bearbeitung, Texten, Sprechproben,<br />
Schnitt, Musikauswahl, Sendefahrplan erstellen und Moderationen<br />
vorbereiten)<br />
• ab 10.30 Uhr: Außentermine auf dem Festivalgelände<br />
• 13.00 Uhr: Generalprobe für die Sendeteams (zwei Trockensendungen<br />
mit je einem Sendeteam)<br />
• 14.00 bis 16.00 Uhr: „on air“ - die beiden Teams (ModeratorInnen<br />
und TechnikerInnen) machen je eine Stunde ein eigenes Radioprogramm,<br />
die übrigen TeilnehmerInnen sind kritische ZuhörerInnen<br />
und werten die Sendungen anhand vorgegebener Kriterien<br />
aus<br />
Im Rahmen der Teamarbeit sowie in den Redaktionskonferenzen<br />
initiierte das Referententeam durchgängig Reflexionseinheiten, um<br />
das beim praktischen Radiomachen Erlebte, Geplante, Produzierte<br />
zusammenzufassen, kritisch zu hinterfragen und verallgemeinerbare<br />
Schlussfolgerungen und Erkenntnisse aus der gemeinsamen<br />
Radioarbeit für alle zu ziehen.<br />
Hierbei ging es beispielsweise um die Fragen, ob, warum und in<br />
welcher Form über die Abschluss-Pressekonferenz des Festivals<br />
berichtet werden sollte. In diesem Zusammenhang diskutierten<br />
Jugendliche und ReferentInnen über den Stellenwert der Berichte<br />
über das Festival in ihren Sendungen. Die Hindernisse für das<br />
Open Ohr 1999, die Befürworter und Kritiker in den Reihen der<br />
22 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />
politischen Parteien sowie das Image des Festivals bei jungen und<br />
älteren Einwohnern der Region sollten - so das Resümee der Jugendlichen<br />
- zur Sprache gebracht werden. Schließlich hatten die<br />
ZuhörerInnen das Recht, hierüber mehr zu erfahren, und sie als<br />
ReporterInnen die Aufgabe, auf der Basis einer gründlichen Recherche<br />
über diese Fragen zu informieren.<br />
Jeder Seminarbaustein vermittelte für sich sowie als Teil des Gesamtkonzepts<br />
„Festivalradio“ (Vorbereitungsseminar und Live-<br />
Radio-Seminar) gleich mehrere Kompetenzen:<br />
• Sachliches Wissen zu Motto, Geschichte, Finanzierung, Organisation<br />
und regionaler Bedeutung des Festivals und aktuellen Einzelthemen<br />
(politische Sachkompetenz)<br />
• Journalistisches und technisches Know How, um ein eigenes Live-<br />
Radioprogramm zu gestalten und die eigenen Meinungen und<br />
Ansichten kompetent zu artikulieren (aktive Medienkompetenz)<br />
• Allgemeines Wissen über die Arbeitsweise öffentlich-rechtlicher,<br />
privater und Bürger-Sender sowie Einblicke in technische und journalistische<br />
Möglichkeiten der Beitrags- und Sende-Gestaltung für<br />
ein kritisches Radio-“Hören“ (rezeptive Medienkompetenz)<br />
• Entwickeln von Teamgeist, Gemeinschaftssinn und Engagement<br />
für die Seminargruppe (soziale Kompetenzen)<br />
Darüber hinaus wollten wir das Interesse der Jugendlichen wecken,<br />
bei Bürgerradios längerfristig mitzuarbeiten und als JournalistInnen<br />
regionale und kommunale Themen und Ereignisse mit<br />
zu diskutieren. Der Austausch mit den RedakteurInnen der Rheinwelle<br />
Wiesbaden, die im Anschluss an die Seminargruppe auf Sendung<br />
gingen sowie das „Reinhören“ in deren Programm, lieferten<br />
erste Gespräche über Jobs und Mitwirkungsmöglichkeiten beim<br />
Bürgerradio.<br />
Eingebunden in einen aufregenden Arbeitstag mitten auf dem Festivalgelände,<br />
identifizierten sich die Jugendlichen sehr schnell mit<br />
ihrer Rolle als Radio-JournalistInnen und wurden sich der großen<br />
Verantwortung „ihres“ Berufes bei Recherchen, Live-Interviews und<br />
-moderationen sowie in der Technik bewusst. Selbstbewusst traten<br />
sie ihren Interviewpartnern und ihrer Zuhörerschaft gegenüber<br />
als themenkompetente und journalistisch kompetente BerichterstatterInnen<br />
auf.<br />
Die einzelnen TeilnehmerInnen und Teams unterstützten sich gegenseitig<br />
und waren untereinander sehr kooperativ. Das Zusammenarbeiten<br />
und -leben auf dem Festivalgelände sowie die hohen<br />
Anforderungen in Gestalt von täglichen Live-Sendungen förderten<br />
einen starken Zusammenhalt der jungen Menschen. Die Teamarbeit<br />
machte den Gesamterfolg aus - das war allen klar. Das „Wir“-<br />
Gefühl der Gruppe kam „on air“ im gemeinsamen Motto „Projekt<br />
Ohr - das Festivalradio“, ihrem Beitrag „Wir über uns“ sowie in<br />
der hohen Identifikation mit ihren Beitrags- und Sende-Produkten<br />
zum Tragen.<br />
Vom ersten bis zum letzten Festivaltag erhöhten die Jugendlichen<br />
die Anzahl der Beiträge pro Sendestunde und wagten sich an aufwendigere<br />
Berichte wie zum Beispiel über das Diskussionsforum<br />
zur Bioethik heran. Nicht das Produzieren und technische Experimentieren<br />
standen beim Radiomachen für sie im Vordergrund,<br />
sondern die Tatsache, gemeinsam mit anderen zu lernen, die Ergebnisse<br />
anzuwenden und etwas zu bewegen.<br />
Diese Erwartung erfüllte sich für sie in mehrfacher Hinsicht: Neben<br />
journalistischem und produktionstechnischem Wissen hatten<br />
sie sich gemeinsam mit anderen Einblick in Motto und Bedeutung<br />
des Open-Ohr-Festivals verschafft, zu Einzelthemen recherchiert<br />
und darüber berichtet. Wann immer sie auf „Politisches“<br />
stießen, wie beispielsweise im Zusammenhang mit der Finanzierungsfrage<br />
des Festivals oder mit dem Thema Bioethik, strichen<br />
sie es nicht aus ihrer Sendeplanung, sondern brachten es mit Unterstützung<br />
der ReferentInnen so konkret und verständlich wie<br />
möglich in ihren Beiträgen zur Sprache. Wichtig hierbei war für<br />
sie, dass es um etwas Fassbares, für sie Nachvollziehbares ging, mit<br />
dem sie etwas verbinden konnten, und nicht um etwas Abstrakt-<br />
Theoretisches oder gar Ideologisches.<br />
Ihr Resümee zum Live-Radio auf dem Festival lautete vor diesem<br />
Hintergrund: „Es hat super viel Spaß gemacht, obwohl es sehr stressig<br />
war - schließlich haben wir tolle Sendungen gemacht und eine<br />
Menge gelernt.“ Auf jeden Fall wollten alle Teilnehmerinnen über<br />
weitere Seminarangebote im Rahmen des Radioprojekts informiert<br />
werden. Bei einem Redaktionssprecher der Rheinwelle Wiesbaden,<br />
der die Sendungen des Bürgerradios betreut hatte, trugen sie sich<br />
mit Anschrift und Telefon ein, um an einer Informationsveranstaltung<br />
zur Mitarbeit beim Bürgerradio eingeladen zu werden.<br />
Für ihre Teilnahme am Festival-Seminar wollten sie gerne eine Teilnahmebescheinigung,<br />
die auflistete, welche Inhalte ihnen vermittelt<br />
worden waren und welche „Jobs“ sie selbst durchgeführt hatten.<br />
Ganz besonders freuten sie sich über unsere Zusage, ihnen die<br />
Sendemitschnitte auf Kassette zu kopieren.<br />
Ausblick<br />
Es gibt also durchaus positive Perspektiven für politische Bildungsarbeit,<br />
wenn sie sich an der Lebenswelt und den Bedürfnissen der<br />
Jugendlichen orientiert. Praktische Radioarbeit in Verbindung mit<br />
dem Event Festival motiviert Jugendliche dazu, sich mit lokalen<br />
Ereignissen auseinanderzusetzen und ihre Sichtweisen kompetent<br />
zu artikulieren.<br />
Die TeilnehmerInnen-Werbung zum Festivalradio war im Vergleich<br />
zu anderen Veranstaltungen einfach, da das Event „Open Ohr-<br />
Festival“ für Jugendliche ein anziehender, interessanter Treffpunkt<br />
ist. Das Event gewinnt zusätzlich durch die intensive Berichterstattung<br />
der verschiedenen Medien (Print, TV, Hörfunk) an Attraktivität.<br />
Weitere Anreize für die Jugendlichen, am Seminar teilzunehmen,<br />
waren produktorientiertes Arbeiten (eigene Sendungen<br />
sowie Sendemitschnitte auf Kassette) und eine Teilnahmebescheinigung,<br />
die alle Seminareinheiten auflistet.<br />
Die scheinbare „Freizeit- und Fun-Veranstaltung“ ermöglicht den<br />
jungen ReporterInnen Zugang zu ernsteren politischen Themen<br />
(z.B. Festivalfinanzierung, Bioethik). Kooperationspartner wie die<br />
lokalen Bürgerradios und die Projektgruppe Open Ohr eröffneten<br />
den Jugendlichen neue Beteiligungsmöglichkeiten. Diese Angebote<br />
sind allerdings mit einem größeren Zeit- und Arbeitsaufwand<br />
in der Vorbereitung sowie Seminardurchführung verbunden und<br />
nur mit intensiver Betreuung umsetzbar.<br />
Die hier vorgestellte Seminarform vermittelt Medienkompetenz,<br />
politische Sachkompetenz und soziale Kompetenzen, die die Heranwachsenden<br />
für den eigenen beruflichen Werdegang oder Lebensplan<br />
nutzen können, und die sie gleichzeitig dabei unterstützen,<br />
eigene Meinungen zu bilden und zu äußern und so an lokalen<br />
gesellschaftspolitischen Prozessen zu partizipieren.<br />
Manuela Duft / Sonja Puchelski<br />
Manuela Duft ist Bildungsreferentin im Haus am Maiberg, Akademie<br />
für politische und soziale Bildung, Heppenheim;<br />
Sonja Puchelski ist Jugendbildungsreferentin der LAG Rheinland-Pfalz<br />
von Arbeit und Leben.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
23
LeserInnenbriefe<br />
Arschkriecher und Realpolitiker ?<br />
Betr.: <strong>GEW</strong>-Zeitung 4-5 / 03, S. 3,<br />
Kurzkommentar „Arschkrieg(ch)er“<br />
Die Differenz zwischen den USA und<br />
der BRD ist nicht primär eine zwischen<br />
Kriegstreiberei und Friedensliebe,<br />
wie dies sowohl<br />
Prof. Czempiel in der<br />
E&W als auch der Kurzkommentar<br />
in der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />
4-5/2003 meinten. Und A.<br />
Merkel kommt Bushs Hinterteil<br />
zwar nahe. Hauptgrund dafür ist jedoch<br />
nicht blinde Unterwürfigkeit. Sie<br />
ist bloß aus ihrer Sicht die bessere Realpolitikerin.<br />
Der Autor des Kommentars in der<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung hat Recht, sich über<br />
CDU-Landesregierungen zu beschweren,<br />
die demonstrierenden SchülerInnen<br />
mit Strafe drohen. Nichtsdestotrotz<br />
ist es meiner Ansicht nach verharmlosend,<br />
die Position von A. Merkel zum<br />
Irakkrieg als „arschkriecherisch“ zu bezeichnen,<br />
und zwar verharmlosend gegenüber<br />
der rot-grünen Außenpolitik.<br />
Dass diese sich in der Irakfrage gegen<br />
die US-amerikanische Hegemonialmacht<br />
auflehnt, sollte nicht als ein Akt<br />
friedensfördernder Emanzipation verklärt<br />
werden. Die deutsche Außenpolitik<br />
hat andere Interessen im Nahen<br />
Osten als die US-amerikanische. Sie<br />
macht zum Beispiel bessere Geschäfte<br />
mit S. Hussein und versteht sich mit<br />
diversen Regimes - wie im Iran - besser<br />
als die USA. Solche Beziehungen könnte<br />
der US-Krieg gefährden. Dass die<br />
deutsche Außenpolitik das nicht möchte,<br />
führt zu einer selektiven Friedensfreundschaft,<br />
die nichts Grundsätzliches<br />
hat. Schließlich war Deutschland im<br />
Kosovo 1999 mit 14 Tornados dabei<br />
und hat mitgebombt, 78 Tage lang (...)<br />
- die UNO und damals gleichfalls gegebene<br />
Warnungen vor einem „Flächenbrand“<br />
und einem „Präzedenzfall“ bewusst<br />
übergehend.<br />
Rot-Grüne Außenpolitik meint, dass sie<br />
es sich jetzt erlauben kann, die Muskeln<br />
gegen die USA spielen zu lassen.<br />
Möglicherweise will man austesten, wie<br />
weit man gehen kann. Die Meinungsverschiedenheit<br />
in der Irakfrage ist eine<br />
Machtprobe zwischen Staaten, die im<br />
Kalten Krieg durch einen gemeinsamen<br />
Feind verbunden waren und deren Verhältnis<br />
jetzt in einen Konkurrenzkampf<br />
zurückfällt. Die interessante Frage ist,<br />
welche „neue Weltordnung“ dabei herauskommt<br />
und wer seine Interessen wie<br />
weit durchsetzen kann.<br />
A. Merkel (und andere, nicht nur in<br />
der CDU) ist zu einem anderen Schluss<br />
gekommen als Schröder und Genossen:<br />
Auch sie möchte die Geschäfte der deutschen<br />
Wirtschaft mit dem Irak erhalten.<br />
Aber im Gegensatz zu Schröder,<br />
Fischer, Struck hält sie es für realpolitisch<br />
geboten, zur Verfolgung dieses Ziels<br />
(noch) nicht auf die antiamerikanische<br />
Karte zu setzen. Denn die BRD kann<br />
die USA nicht als Weltordnungsmacht<br />
ersetzen, und die EU - selbst unter deutscher<br />
Führung - auch nicht. Nach dieser<br />
Interpretation lässt sich der weltpolitische<br />
Aufstieg und die außenpolitische<br />
Emanzipation der BRD, wie sie<br />
seit 1989 von Schwarz-Gelb über Rot-<br />
Grün betrieben wird, noch nicht in<br />
Frontstellung gegen die USA, sondern<br />
nur in Partnerschaft mit ihnen erreichen.<br />
Realpolitik kann manchmal sehr<br />
„arschkriecherisch“ sein. Sie kann sich<br />
genauso gut „friedensbewegt“ geben. Je<br />
nach Lageeinschätzung. Aus ihrer Sicht<br />
bleibt die Realpolitik Merkels und<br />
Schäubles den Lehren Bismarcks treuer,<br />
der die reale Kräftelage erkannte<br />
und mit ihr, nicht gegen sie, bis 1890<br />
den Aufstieg des deutschen Reiches zu<br />
betreiben suchte. Rot-Grün hingegen<br />
stürmt mit einem außenpolitischen<br />
Emanzipationsbedürfnis nach vorne,<br />
das einige Strategen in Deutschlands<br />
Chefpartei, der CDU, beunruhigt.<br />
Wenn nämlich der Krieg der USA und<br />
ihrer Verbündeten „besser“ ausgeht als<br />
erwartet, könnte die BRD, aber auch<br />
Frankreich, im Regen stehen. Da wartet<br />
der konservative deutsche Realpolitiker<br />
lieber noch etwas ab, bis sich bessere<br />
Gelegenheiten ergeben, die außenpolitischen<br />
Muskeln spielen zu lassen.<br />
Daniel Hard, Mainz<br />
Warum ein Apfel immer eine schlechte Birne ist<br />
Betr.: Diskussion um PISA-Ergebnisse<br />
Es ist keineswegs so, dass Schülerinnen<br />
und Schüler in den skandinavischen<br />
Musterländern Finnland und Schweden<br />
intelligenter sind und die Lehrerinnen<br />
und Lehrer besseren Unterricht<br />
erteilen. Die Bedingungen, unter denen<br />
Schülerinnen und Schüler lernen<br />
und Lehrerinnen und Lehrer unterrichten,<br />
sind schlichtweg nicht miteinander<br />
vergleichbar. Stellen wir dann trotzdem<br />
eine Studie an, in der wir Qualitätsmerkmale<br />
von Äpfeln und Birnen nebeneinander<br />
stellen und kommen wir<br />
dann zu dem Ergebnis, dass die deutschen<br />
Äpfel gemessen an den skandina-<br />
vischen Birnen auf Platz 21 liegen, so<br />
ist dies doch ein gutes Ergebnis, oder?<br />
Warum untersuchen wir nicht stattdessen,<br />
wie gut die Lernergebnisse in<br />
Deutschland gemessen an den gesellschaftlichen<br />
und sozialen Bedingungen<br />
sind?<br />
Wussten Sie, dass<br />
• die finnischen Schulen so klein sind,<br />
dass sie fast familiären Charakter haben?<br />
• zum Schulpersonal einer jeden Schule<br />
eine Schulschwester, eine Kuratorin,<br />
eine Psychologin, eine Speziallehrerin,<br />
eine unbestimmte Anzahl von Assistenten<br />
und Küchenpersonal gehört?<br />
• schwache SchülerInnen speziell gefördert<br />
werden?<br />
• jede Schule ihr eigenes Schulprofil<br />
entwirft und das Kollegium den Lehrplan<br />
selbst entwickelt? (Bei uns werden<br />
gegenwärtig Vergleichsarbeiten zwischen<br />
den Schulen eingeführt.)<br />
• die durchschnittliche Klassenfrequenz<br />
in Finnland 19,5 beträgt?<br />
• jeder Schulträger eine Vertretungsreserve<br />
hat?<br />
• Lehrkräfte ihre ganze Kraft in ihren<br />
Unterricht investieren können?<br />
Schließlich ist es ja nicht ihre Pflicht<br />
sich nebenbei ganz anderen Dingen zu<br />
widmen.<br />
• dass die Schule Assistentinnen auf<br />
Stundenbasis einstellt, wenn sie große<br />
24 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Alter + Ruhestand<br />
Klassen (d.h. solche mit mehr als 18/<br />
20 Schüler/innen) hat?<br />
• die Sommerferien in Finnland zweieinhalb<br />
Monate dauern?<br />
Auch die soziokulturellen Bedingungen<br />
in Finnland lassen sich schlecht mit den<br />
deutschen messen.<br />
• Finnland hat lange, kalte und dunkle<br />
Winter und von daher eine Lesetradition.<br />
(Mit 3,8% hatte Finnland<br />
bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
die niedrigste Analphabetenrate der<br />
Welt.)<br />
• Finnisch liest sich sehr viel leichter<br />
Die <strong>GEW</strong> gratuliert …<br />
… im Juli 2003<br />
zum 70. Geburtstag<br />
Herrn Rainer Schmidt<br />
02.07.1933<br />
Finkenweg 40 · 55743 Idar-Oberstein<br />
Herrn Franz Schulz<br />
23.07.1933<br />
Kettelerstr. 46 · 55126 Mainz<br />
Herrn Hans Erich Henkes<br />
24.07.1933<br />
Ziegelhütte 25 · 66484 Schmitshausen<br />
als Deutsch. Die Orthographie ist völlig<br />
phonetisch. (Man spricht, wie man<br />
schreibt.)<br />
• Kinofilme und ausländische Fernsehbeiträge<br />
werden nicht synchronisiert,<br />
sondern untertitelt. Sinnerfassendes<br />
Lesen wird ständig, freiwillig außerhalb<br />
der Schule trainiert. Gibt es eine bessere<br />
Motivation als eine intrinsische?<br />
• In Finnland gibt es praktisch keine<br />
Kinder mit ausländischer Muttersprache.<br />
(Die Ausländerquote liegt bei<br />
knapp 2%.)<br />
~Die Bevölkerung Finnlands ist in<br />
zum 75. Geburtstag<br />
Herrn Gerhard Luwig<br />
22.07.1928<br />
Horebstr. 25 · 66953 Pirmasens<br />
Herrn Hans Werner<br />
28.07.1928<br />
Terassenweg 3 · 66953 Pirmasens<br />
zum 80. Geburtstag<br />
Herrn Theodor Ziegler<br />
04.07.1923<br />
Aspenweg 29 · 67433 Neustadt<br />
LeserInnenbriefe<br />
hohem Maße homogen. Die Differenz<br />
zwischen dem höchsten und dem niedrigsten<br />
Einkommen ist die geringste aller<br />
entwickelten Länder.<br />
Warum erkennen wir nicht an, dass es<br />
Äpfel und Birnen gibt? Kein Apfel muss<br />
sich schämen eine schlechte Birne zu<br />
sein. Er ist ein Apfel. Das ist seine Natur.<br />
(Quelle: „Zur Binnenstruktur des finnischen<br />
Schulwesens“ von Thelma von<br />
Freymann in Zeitschrift „Freiheit der<br />
Wissenschaft“, 2/2002)<br />
Marliese Hirsch / Marc. A. Golon<br />
Regionale Schule Wörth<br />
zum 89. Geburtstag<br />
Frau Martha Gauch<br />
22.07.1914<br />
Haardter Str. 6 /Wohnstift, 67433 Neustadt<br />
Der Landesvorstand<br />
In memoriam - Georg Blees<br />
1910 - 2003<br />
Der Kreisverband Westerwald in der<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
nimmt Abschied von Georg<br />
Blees. Am 4. Mai 1910 geboren,<br />
wurde er schon 1929 als Student<br />
Mitglied im AdLLV, um dann nach<br />
dem Krieg mit vollem Einsatz den<br />
Aufbau der <strong>GEW</strong> im DGB voranzutreiben.<br />
Georg Blees war immer in vorderster<br />
Reihe zu finden, wenn es galt, die<br />
Belange der Kolleginnen und Kollegen<br />
zu vertreten. Ich durfte an seiner<br />
Seite mit ihm als Vorsitzenden<br />
15 Jahre im Kreispersonalrat erfahren,<br />
wie man wirksam die Anliegen<br />
der Kolleginnen und Kollegen gegenüber<br />
der Schulaufsicht als Partner,<br />
aber auch - wenn nötig - als<br />
Gegner in der Sache vertritt. Er war<br />
in drei Wahlperioden auch Mitglied<br />
des Hauptpersonalrats für Grundund<br />
Hauptschulen beim Kultusministerium<br />
in Mainz.<br />
Als Delegierter und Vorsitzender seines<br />
Kreisverbands vertrat er die Interessen<br />
seiner Mitglieder bei Bezirks-<br />
und Landesvertreterversammlungen<br />
und gehörte mehrmals als<br />
Vertreter von Rheinland-Pfalz dem<br />
Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> an.<br />
Vor allem in den Zeiten des Um-<br />
bruchs, als die Simultanschule an<br />
die Stelle der Konfessionsschule<br />
trat, die einklassige Volksschule<br />
von der voll gegliederten Grundund<br />
Hauptschule abgelöst wurde,<br />
der teilweise „Durchbruch“ bei der<br />
Lehrerbesoldung erfolgte, die Personalvertretung<br />
eine neue Qualität<br />
bekam - immer war die Stimme<br />
von Georg Blees zu hören.<br />
Auch in der Funktion als Rektor<br />
seiner Schule galt sein besonderes<br />
Anliegen dem Ausbau einer „kollegialen<br />
Schulleitung“ und der<br />
Stärkung der Rechte seiner Kolleginnen<br />
und Kollegen. Die <strong>GEW</strong><br />
im Westerwald und in Rheinland-<br />
Pfalz hat Georg Blees viel zu danken<br />
und wird ihm ein ehrendes<br />
Andenken bewahren.<br />
Edmund Theiß<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
25
Tipps + Termine<br />
Berufsbegleitender Fernstudiengang<br />
„Schulmanagement“<br />
Die Universität Kaiserslautern bietet<br />
zum Wintersemester 2003/2004 einen<br />
Fernstudiengang „Schulmanagement“<br />
an, der sich aufgrund seiner<br />
großen Nachfrage inzwischen als<br />
Regelstudienangebot der Universität<br />
etablieren konnte. Das Studienangebot<br />
wendet sich insbesondere an<br />
SchulleierInnen, LehrerInnen an allgemein-<br />
und berufsbildenden Schulen,<br />
aber auch an Schulaufsichtspersonal,<br />
Lehrerfortbildungspersonal<br />
sowie SchulpsychologInnen, die ihr<br />
Wissen und ihre berufliche Kompetenz<br />
erweitern möchten.<br />
Einschreibungen für das Wintersemester<br />
2003/2004 sind seit Mai<br />
2003 möglich.<br />
Information:<br />
Universität Kaiserslautern, Zentrum<br />
für Fernstudien und Universitäre<br />
Weiterbildung (ZFUW), Pfaffenbergstr.<br />
/Geb. 3) - Schulmanagement,<br />
D-67663 Kaiserslautern, Dr. Christiane<br />
Griese, Monika Klein<br />
Tel: +49 (0)631 / 205-4674 oder -<br />
4681, Fax: +49 (0) 631 / 205 -<br />
4681, E-Mail: griese@rhrk.unikl.de,<br />
Internet: http://www.zfuw.<br />
uni-kl.de/sm<br />
Fördermittel für Sicher-Stark-Kurse<br />
Dank Sozial-Sponsoring<br />
stehen für das Jahr 2003/<br />
2004 Fördermittel für Sicher-Stark-Kurse<br />
an Schulen<br />
zur Prävention von<br />
Gewalt gegenüber Kindern<br />
zur Verfügung. Das<br />
Programm sieht vor, Kinder<br />
in einem eigens dafür<br />
erarbeiteten Konzept<br />
durch Selbstbehauptung, Selbstverteidigung<br />
und realitätsnahe Rollenspiele<br />
dafür fit zu machen, nicht<br />
mehr hilflos einem Verbrechen ausgeliefert<br />
zu sein, sondern sich selbst<br />
vor Gewalttaten besser schützen zu<br />
können. Neben wichtigen Verhal-<br />
Kinder- und Jugendliteratur: Rezensionen im Internet<br />
tensregeln und Stärkung ihres Selbstbewusstseins<br />
lernen Kinder darüber<br />
hinaus leicht anwendbare Tricks, die<br />
auch gegenüber Erwachsenen wirkungsvoll<br />
sind.<br />
Gewalt an Kindern ist eine alle Menschen<br />
immer wieder erschütternde<br />
Wirklichkeit, über die in den vergangenen<br />
Monaten vielfach in den Medien<br />
berichtet wurde. Die letzen Fälle<br />
liegen erst einige Wochen zurück.<br />
Erwiesenermaßen sind unsicher und<br />
schüchtern wirkende Kinder, die<br />
nicht gelernt haben, Gefahren zu erkennen<br />
und mit einem entschiedenen<br />
NEIN den oft einschmeichlerischen<br />
Überredungskünsten von Tätern<br />
zu begegnen, eher gefährdet, einem<br />
Verbrechen zum Opfer zu fallen.<br />
Selbstbewusstes Auftreten jedoch<br />
wirkt als Schutzschild vor kriminellen<br />
Übergriffen.<br />
Daher schult das Sicher-Stark-Team<br />
in ganz Deutschland Kinder seit<br />
nunmehr über 10 Jahren in den Bereichen<br />
Selbstbehauptung und<br />
Selbstverteidigung nach einem außergewöhnlichen<br />
und einmaligem<br />
Konzept. Dabei lernen Jungen und<br />
Mädchen bereits ab sechs Jahren, wie<br />
sie sich in kritischen Situationen<br />
richtig verhalten sollen.<br />
Informationen über die Antragstellung<br />
für Fördermittel sind im Internet<br />
unter http://www.sicher-stark.de<br />
zu erhalten.<br />
pm<br />
Seit Oktober 2002 ist die Datenbank<br />
der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur<br />
und Medien (AJuM) der <strong>GEW</strong><br />
im Internet vertreten. Inzwischen<br />
sind dort zurzeit knapp 1500 Rezensionen<br />
abrufbar. Man kann entweder<br />
eine „freie“ Suche nutzen (Faust<br />
oder Gold oder spannend oder Titelangabe<br />
oder ...) oder verschiedene<br />
„pulldowns“ mit diversen Kriterien<br />
wie Alter, Gattung, Schlagwörter<br />
usw.<br />
Dass die Webseite bereits jetzt sehr<br />
erfolgreich ist, erkennt man nicht<br />
zuletzt daran, welchen Stellenwert<br />
die Eingabe „Jugendliteratur“ in diversen<br />
Suchmaschinen hat. Die<br />
AJuM-Seite ist bei allen gängigen<br />
Suchmaschinen wie Google, Lycos,<br />
Altavista, Fireball, Yahoo usw. bereits<br />
jetzt unter den ersten zwanzig Ein-<br />
trägen zu finden. Zudem bitten vermehrt<br />
andere Seiten um die Genehmigung,<br />
einen Link auf die AJuM-<br />
Seite setzen zu dürfen.<br />
„www.ajum.de“ ist in der Tat eine<br />
Seite, die in jeder Schule (fast) jede<br />
Kollegin und / oder jeder Kollege<br />
kennen und nutzen sollte - und nicht<br />
nur die, die das Fach Deutsch unterrichten.<br />
Eine Reihe von Sachbüchern<br />
oder solche mit geschichtlichem<br />
oder sprachlichem Hintergrund<br />
(Die Such-Eingabe „Shakespeare“<br />
führt zu einem sehr lesenswerten<br />
Kinder-/Jugend-Taschenbuch)<br />
sprechen durchaus viele Schulfächer<br />
an. Interessant ist dabei, dass<br />
ein und dasselbe Buch innerhalb<br />
Deutschlands aus den verschiedenen<br />
Bundesländern evtl. (ganz) anders<br />
rezensiert worden ist. Das können<br />
unterschiedliche Schwerpunkte sein<br />
(siehe „Faust“), das können auch sehr<br />
konträre Meinungen sein (= bestimmt<br />
ein interessantes Buch).<br />
Die AJuM selbst ist in (fast) allen<br />
Bundesländern präsent. Sie ist immer<br />
auf der Suche nach neuen Mitgliedern,<br />
die versuchen möchten, sich<br />
und ihre Meinung selbst einbringen<br />
zu können. Der Arbeitseinsatz ist<br />
dabei individuell bestimmbar (ein<br />
Buch im Vierteljahr oder zehn in einem<br />
Monat) und somit mit der beruflichen<br />
Belastung abstimmbar.<br />
(Und: Es macht unglaublich viel<br />
Spaß, sich mit Kinder- und Jugendliteratur<br />
zu beschäftigen. Aber das<br />
nur nebenbei.)<br />
Ulrich H. Baselau<br />
für die AJuM der <strong>GEW</strong><br />
26 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Tipps + Termine<br />
Prävention gegen Rechtsextremismus und Gewalt<br />
„Wenn Jugendliche zu<br />
Brandstiftern und Mördern<br />
werden, dann liegt die<br />
Schuld nicht allein bei ihnen,<br />
sondern bei uns allen,<br />
die Einfluss auf die Erziehung<br />
haben - bei den Familien<br />
und Schulen, den<br />
Vereinen und Gemeinden,<br />
bei uns Politikern“. Die<br />
Worte des früheren Bundespräsidenten<br />
Richard<br />
von Weizsäcker haben<br />
nichts an Wahrhaftigkeit und Aktualität<br />
eingebüßt. Doch um der Gewalt<br />
vorzubeugen, ist blinder Aktionismus<br />
ebenso schädlich wie stumme<br />
Hilflosigkeit, Bagatellisierung<br />
oder der unreflektierte Ruf nach<br />
strengeren Gesetzen oder Ausgrenzung.<br />
Gewaltprävention tut Not!<br />
Der Landauer Politologe Dr. Fritz<br />
Marz, die Erziehungswissenschaftlerin<br />
Dr. Elke Moning - Konter von<br />
der Universität Koblenz-Landau und<br />
die frühere Hochschulassistentin an<br />
der Landauer Hochschule und heutige<br />
Leiterin des Fachbereichs Kinder,<br />
Jugend und Familie der Stadt<br />
Ludwigshafen, Dr. Katharina Klees,<br />
sind jetzt mit einem lesenswerten<br />
Sammelband auf den Markt gekommen:<br />
„Gewaltprävention Praxismodelle<br />
aus Jugendhilfe und Schule“.<br />
Statt langatmiger Theorien praxisnahe<br />
Tipps, statt seitenlanger Konfliktbegründungen<br />
handlungsorientierte<br />
Konzepte aus der pfälzischen Region,<br />
z.B. die stadtteilorientierte frühe<br />
Gewaltprävention mit Erzieherinnenteams<br />
aus Kindertagesstätten,<br />
soziale Trainingskurse mit deliquenten<br />
Jugendlichen, Projektarbeit mit<br />
rechtsextremen jungen Menschen<br />
oder auch „Streiten will gelernt sein.<br />
Reden statt rempeln“.<br />
Das Buch der Landauer Autoren<br />
wendet sich unmittelbar an Menschen,<br />
die mit Kindern und Jugendlichen<br />
direkt arbeiten, ein umfassender<br />
Band zur Gewaltprävention aus<br />
der Praxis für die Praxis. Es belegt<br />
zugleich die vielfachen schulischen<br />
und außerschulischen Maßnahmen<br />
gegen Gewalt wie beispielsweise<br />
Mediation und Streitschlichtung,<br />
Täter- und Opferausgleich, Deeskalationstraining<br />
oder auch Programme<br />
zur Stärkung der Zivilcourage<br />
und des Selbstbewusstseins. Doch<br />
solche Maßnahmen drohen immer<br />
wieder wirkungslos zu werden, wenn<br />
angesichts des Krieges im Irak ein<br />
Zehntklässler seinen Lehrer fragt:<br />
„Warum werden wir in der Hauptschule<br />
immer wieder angehalten, gewaltfrei<br />
miteinander umzugehen,<br />
während die Politiker ihre Konflikte<br />
mit Gewalt und Bomben lösen.“<br />
psw<br />
Klees, Marz, Moning-Konter (Hrsg.),<br />
Gewaltprävention. Praxismodelle aus<br />
Jugendhilfe und Schule. 264 S. Juventa-Verlag,<br />
Euro 21<br />
Die Waffen nieder - eine friedliche Welt ist möglich!<br />
Mut zur Öffnung<br />
LehrerInnen aller Schularten und<br />
-stufen, HochschullehrerInnen, SozialpädagogInnen,<br />
FriedensforscherInnen,<br />
KünstlerInnen, die mit Kindern<br />
und Jugendlichen arbeiten, JugendleiterInnen,<br />
StudentInnen, GewerkschafterInnen<br />
aus dem Bildungsbereich<br />
- sie alle sind eingela-<br />
Bernd Badegruber beginnt sein<br />
neues Buch mit Lehrerin Frischauf,<br />
die irgendwie seit Jahren das Gefühl<br />
hat, sie müsse „moderner“ unterrichten,<br />
aber eigentlich gar keine Lust zu<br />
Neumodischem hat. Im Lauf des<br />
Buches klärt der Autor für Frau<br />
Frischauf und uns alle noch einmal,<br />
was Frontalunterricht ist, welche<br />
Vor- und Nachteile er hat und was<br />
nun „Offener Unterricht“ sein kann.<br />
Dabei stellt die Pädagogin fest, dass<br />
sie gar nicht sooo überholte Dinge<br />
praktiziert und kann so manche<br />
Unsicherheiten per Seminar beim<br />
„Freiarbeitsguru“ klären. Schritt für<br />
Schritt wird sie weiter mit Offenem<br />
den, beim 4. Europäischen Kongress<br />
zur Friedenserziehung vom 30.6. -<br />
4.7.03 im Hamburger <strong>GEW</strong>-Haus<br />
Erfahrungen auszutauschen, zu diskutieren<br />
und das Erfordernis zu bekräftigen,<br />
dass Friedenserziehung<br />
intensiviert werden muss.<br />
Lernen vertrauter gemacht, und jede/r<br />
Leser/in erfährt eine Vielzahl an<br />
Tipps für Arbeitsatmosphäre, Arbeitsabläufe,<br />
Lernziellisten, Werkstattarbeit,<br />
Wochenpläne usw. Auch<br />
Arbeit mit jahrgangsgemischten<br />
Gruppen und behinderten Kindern<br />
wird berücksichtigt. Fazit: Ein zwar<br />
dünnes Buch, aber sehr vielseitig.<br />
Kurzweilige Lektüre, und sei’s auch<br />
nur zum Auffrischen, daneben viele<br />
witzige Zeichnungen zum Thema.<br />
(tje)<br />
Bernd Badegruber: Neue Ideen zum<br />
offenen Lernen. Linz: Veritas, 2002.<br />
15,90 Euro.<br />
Anmeldung:<br />
Kongressbüro: Peace Congress c/o<br />
<strong>GEW</strong>, Rothenbaum-chaussee 15,<br />
20148 Hamburg, Telefon: 040/ 44<br />
73 49, Fax: 040/4 50 46 58, e-mail:<br />
peacecongress@gew-hamburg.de,<br />
Web: http://www.ppf-germanycongress.org<br />
pm<br />
Klassenfahrten nach Berlin<br />
(incl. Transfer, Unterkunft,<br />
Programmgestaltung nach Absprache).<br />
Broschüre anfordern bei:<br />
Biss, Freiligrathstr. 3, 10967 Berlin,<br />
Tel. (030) 6 93 65 30<br />
Psychotherapeutische Praxis<br />
Dipl.-Psyc holo ge H. v on Vang erow<br />
• Beihilfeberechtigte<br />
c/o Euteneuer, Kurfürstemstr. 87a<br />
56068 Koblenz T: 0178 / 392 71 36<br />
www.selbstversorgerhaus-niederlistingen.de<br />
für Klassenfahrten, Freizeiten, Seminare<br />
zwischen Kassel und Warburg<br />
Tel: 0 56 31 / 91 54 55<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
27
Tipps + Termine<br />
Viel Praxis zur Arbeit mit der Anlauttabelle<br />
Hundert Seiten Materialteil bietet<br />
das neue Werk des Auer-Verlags.<br />
Statt langweiliger Theorie steht vor<br />
dem Material ein überschaubarer<br />
Praxisbericht, der sowohl LehrerInnen,<br />
die noch nie mit der Anlauttabelle<br />
gearbeitet haben, die ersten<br />
Schritte erleichtert, als auch skeptische<br />
Eltern überzeugend ins Thema<br />
Disziplinkonflikte im Unterricht<br />
Dass Unterricht immer komplizierter<br />
und störanfälliger wird und Kinder<br />
zunehmend »schwieriger« sind,<br />
ist eine Tatsache, mit der heute jede<br />
Lehrkraft klarkommen muss. Für<br />
Berufseinsteiger und Disziplinprobleme<br />
im Unterricht oft die größte<br />
Hürde beim Start in den Lehrerberuf,<br />
sind sie doch durch das Studium<br />
auf dieses Problem kaum vorbereitet.<br />
Mit Schülern klarkommen - ein<br />
neues, praxisorientiertes Handbuch<br />
aus dem Cornelsen Verlag Scriptor<br />
Aktion „Ferien vom Krieg“<br />
In diesem Sommer bittet das Komitee<br />
für Grundrechte und Demokratie<br />
im zehnten Jahr um Spenden zum<br />
Erholungsaufenthalt für Kinder und<br />
Jugendliche (Flüchtlinge und Waisen)<br />
aus den Kriegsgebieten des Balkans.<br />
Es sind wieder 14 Freizeiten für<br />
ca. 1.500 TeilnehmerInnen aus Bosnien,<br />
Kroatien, Kosovo, Mazedonien<br />
und Serbien geplant, bei denen<br />
aufkeimende Partnerschaften zwischen<br />
den ehemaligen Feinden unterstützt<br />
werden. Über die humanitäre<br />
Hilfe hinaus, ist die friedenspolitische<br />
Wirkung der „Ferien vom<br />
Wer war Ulrike M. ?<br />
Mit Anfang dreißig hatte sie erreicht,<br />
wovon andere träumen: Renommierte<br />
Journalistin, Mann und Kinder,<br />
Villa in Blankenese. Doch dann<br />
machte Ulrike Meinhof einen radikalen<br />
Schnitt, ließ ihre heile Welt<br />
hinter sich und gründete mit Andreas<br />
Baader und Gudrun Ensslin die<br />
Rote Armee Fraktion. „Der beste<br />
Krieg“ weiterhin von unschätzbarem<br />
Wert, denn die Kinder und Jugendlichen<br />
geben diese Erfahrungen weiter<br />
an ihre Eltern, in der Schule und<br />
in der Nachbarschaft.<br />
Im Sommer 2003 sollen wieder 50<br />
jungen Israeli und 50 jungen Palästinenser<br />
die Gelegenheit gegeben werden,<br />
sich in Deutschland zusammenund<br />
auseinandersetzen zu können,<br />
was im Nahen Osten zur Zeit nicht<br />
möglich ist.<br />
Eine Ferienpatenschaft beträgt 130<br />
Euro. Die meisten SpenderInnen<br />
sind Privatpersonen, aber es gibt auch<br />
Weg zu verstehen ist für mich, eine<br />
Lebensgeschichte zu erzählen“, sagt<br />
Autor Alois Prinz dazu, und so schildert<br />
er die Entwicklung der „Staatsfeindin<br />
Nr. 1“ von der Kindheit im<br />
Dritten Reich bis zum Tod in der<br />
Stammheimer Zelle, von der Christin<br />
zur Pazifistin zur Terroristin.<br />
Bisher unveröffentlichtes Material<br />
einführt. So hatte sich das die theoriegenervte<br />
Grundschulfrau gewünscht!<br />
Nach den Möglichkeiten des Beginns<br />
für LehrerInnen und Eltern<br />
wird für immer noch Zweifelnde das<br />
Kapitel Rechtschreibung angegangen,<br />
denn auch die kommt nicht zu<br />
kurz beim Unterricht mit der Anlauttabelle.<br />
Tipps zum zeitlichen Ablauf,<br />
dem Einsatz in Wochenplänen,<br />
Freiarbeitsphasen und am Computer<br />
sind kurz und prägnant, und dann<br />
kommt eben schön und viel und praxisnah<br />
jede Menge Kopiermaterial.<br />
(tje)<br />
Ulrike Bäuerlein/Gisela Hürrich: Lesen<br />
und Schreiben lernen mit der Anlauttabelle.<br />
Auer-Verlag, Donauwörth<br />
2003. 19,80 Euro.<br />
hilft Lehrerinnen und Lehrern dabei,<br />
einen professionellen Umgang mit<br />
Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten<br />
zu erlernen. Ausgehend<br />
von veränderten Unterrichtsbedingungen,<br />
wird die Rolle des Lehrers<br />
neu bestimmt. Der Autor, Dr. Gert<br />
Lohmann, greift hierbei u.a. Erkenntnisse<br />
der amerikanischen Fachdiskussion,<br />
in der das Thema »Classroom<br />
Management« schon lange behandelt<br />
wird, auf. Gestützt auf theoretische<br />
Erkenntnisse, vor allem aber<br />
praktische Erfahrungen aus langjähriger<br />
Unterrichtspraxis u.a. auch an<br />
einer Highschool in den USA, formuliert<br />
Lohmann Handlungsstrategien,<br />
die dazu beitragen, Disziplinprobleme<br />
im Unterricht zu bewältigen<br />
und ungestörtes Lernen und<br />
Lehren zu ermöglichen.<br />
Gert Lohmann: Mit Schülern klarkommen.<br />
Professioneller Umgang mit<br />
Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten<br />
Cornelsen Verlag Scriptor 2003, 208<br />
Seiten, mit Abbildungen, kartoniert,<br />
16,96 Euro<br />
viele Sammlungen von Personen, Initiativen,<br />
Gemeinden, Klassen usw.<br />
Über ihre Erfahrungen bei den „Ferien<br />
vom Krieg 2002“ wird in einer<br />
70seitigen Broschüre mit vielen Fotos<br />
ausführlich informiert (5 Euro).<br />
Auskunft erteilt:<br />
Helga Dieter, Tel. 069-7892525,<br />
Fax: 069-78803666<br />
Konto: Komitee für Grundrechte,<br />
Kto-Nr.: 8013055 bei Volksbank<br />
Odenwald (BLZ 508 635 13). (Wegen<br />
der Spendenquittung bitte unter<br />
Verwendungszweck die Adresse des<br />
Spenders bzw. der Spenderin eintragen,<br />
weil die Bank nur den Namen<br />
mitteilt) pm<br />
und zahlreiche Aussagen von Zeitzeugen<br />
ergänzen den Bericht, der aus<br />
Prinz’ aufmerksamer wie einfühlsamer<br />
Spurensuche entstanden ist.<br />
(tje)<br />
Alois Prinz: Lieber wütend als traurig.<br />
Die Lebensgeschichte der Ulrike<br />
Marie Meinhof. Beltz, Weinheim<br />
2003. 19 Euro.<br />
28 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Tipps + Termine<br />
Keine Scheu vor offener Arbeit<br />
Offenes Arbeiten ermöglicht, was im<br />
herkömmlichen Unterricht kaum<br />
machbar ist: SchülerInnen können<br />
ihre Lernmethoden selbst bestimmen<br />
und eigene Herangehensweisen an<br />
ein Thema erarbeiten. Individuelle<br />
Arbeitsaufträge fördern das eigenständige<br />
Denken und Handeln. Projekt-,<br />
Team- oder Stationenarbeit<br />
bringt Abwechslung in den Schulalltag<br />
und fördert die soziale Kompetenz<br />
der Schüler. Nicht nur auf<br />
Grund der großen Methodenvielfalt<br />
Besser lernen bei positivem Klassenklima<br />
Wenn das Klima, die Stimmung, der<br />
Zusammenhalt in einer Klasse gut<br />
sind, fällt auch das Lernen leichter:<br />
Die SchülerInnen sind motiviert und<br />
arbeiten konzentrierter - und auch<br />
LehrerInnen profitieren von einer<br />
ausgeglichenen Unterrichtsatmosphäre.<br />
Ein schlechtes Lernklima<br />
kann den Lernerfolg behindern.<br />
Das Methoden-Handbuch »Das<br />
sondern auch wegen des starken Praxisbezugs<br />
hat sich offenes Arbeiten<br />
deshalb als erfolgreicher Lernweg<br />
bewährt.<br />
Trotz aller erwiesenen Vorteile wird<br />
in der Praxis der Sekundarstufe I<br />
immer noch selten offen gearbeitet.<br />
Viel zu selten, meint Roland Bauer -<br />
Herausgeber des im Cornelsen Verlag<br />
Scriptor erschienenen Praxishandbuches<br />
Offenes Arbeiten in der<br />
Sekundarstufe I. Theoretisch fundiert,<br />
begründen Bauer und sein<br />
Autorenteam die Notwendigkeit offener<br />
Lernsituationen. Zahlreiche<br />
Anregungen für den Unterricht, ausführlich<br />
und mit Beispielen anschaulich<br />
dargestellt, können sowohl von<br />
Anfängern als auch von Profis des<br />
offenen Arbeitens direkt in die Praxis<br />
umgesetzt werden.<br />
pm<br />
Roland Bauer (Hrsg.): Offenes Arbeiten<br />
in der Sekundarstufe I. Ein Praxishandbuch.<br />
Cornelsen Verlag Scriptor, 2003, 239<br />
Seiten, mit Abbildungen, kartoniert,<br />
15,95 Euro<br />
Klassenklima fördern« aus dem Cornelsen<br />
Verlag Scriptor bietet zahlreiche<br />
Übungen, mit deren Hilfe das<br />
Lernklima in Schulklassen der Sekundarstufe<br />
I und II verbessert werden<br />
kann. Über 100 Handblätter,<br />
Fragebögen und Übungsmaterialien<br />
können sofort unkompliziert in der<br />
Praxis eingesetzt werden, gleichermaßen<br />
in unterschiedlichen Klassensituationen<br />
und Schulformen. Ein<br />
übersichtlicher Kompass, in dem alle<br />
Methoden gegliedert nach Unterrichtsphase<br />
und Schulform aufgeführt<br />
sind, ermöglicht einen schnellen<br />
Zugriff auf gewünschte Informationen.<br />
Hatto Christian: Das Klassenklima<br />
fördern. Ein Methoden-Handbuch<br />
Cornelsen Verlag Scriptor, 2003, 224<br />
Seiten, mit Abbildungen, kartoniert,<br />
ISBN:3-589-21658-1, 16,95 Euro<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
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<br />
<br />
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<br />
<br />
<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
29
Tipps + Termine<br />
Neues Buch zur Schulqualität und Schülerleistung<br />
Mit der Veröffentlichung der Befunde<br />
aus der dritten Internationalen<br />
Mathematik und Naturwissenschaftsstudie<br />
TIMSS (der „Vorläuferstudie“<br />
von PISA) hat in der Bundesrepublik<br />
Deutschland eine bemerkenswerte<br />
„empirische Wende“<br />
der Schulentwicklungsforschung<br />
stattgefunden. Auf der Basis der<br />
mittlerweile vorliegenden Daten und<br />
vor allem Instrumente (Fragebögen<br />
und Leistungstests) sind Schulen in<br />
der Lage zu überprüfen, inwieweit<br />
selbst gesteckte Ziele der Schulentwicklung<br />
erreicht wurden. In der<br />
Diskussion über die verstärkte<br />
Selbstständigkeit der Einzelschule<br />
gewinnen solche Erhebungen die<br />
Bedeutung von Qualitätskontrollen.<br />
Das vorliegende Buch berichtet über<br />
fünf hessische Gesamtschulen mit<br />
besonderem pädagogischen Profil<br />
(Helene-Lange-Schule Wiesbaden,<br />
Integrierte Gesamtschule Kastellstraße<br />
Wiesbaden, Offene Schule Waldau,<br />
Reformschule Kassel, Steinwaldschule<br />
Neukirchen/Knüll), die<br />
in Form einer empirischen Untersuchung,<br />
in der Instrumente aus<br />
TIMSS verwendet wurden, Rechenschaft<br />
über die Erträge ihrer pädagogischen<br />
Programme ablegen.<br />
Im ersten Teil des Bands wird ein<br />
kurzer Überblick über die Entwicklung<br />
des Sekundarschulsystems der<br />
Bundesrepublik Deutschland nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg gegeben,<br />
zudem werden einige Schulleistungsstudien<br />
kurz vorgestellt. Der zweite<br />
Teil umfasst Fallberichte aus den<br />
Schulen. Hierbei wird zunächst<br />
jeweils das pädagogische Programm<br />
der Schulen erläutert, dann werden<br />
die Ergebnisse der empirischen Untersuchung<br />
dargestellt, bevor<br />
schließlich dokumentiert wird, welche<br />
organisatorischen und pädagogischen<br />
Konsequenzen die Schulen<br />
aus den empirischen Befunden zogen.<br />
Der dritte Teil des Bands zeigt<br />
auf, wie Schulentwicklung und Evaluationsmaßnahmen<br />
voneinander<br />
profitieren können.<br />
Der Band ist darauf angelegt, den<br />
Leserinnen und Leser anschaulich zu<br />
demonstrieren, wie empirische<br />
Schulvergleichsforschung angelegt ist<br />
(Instrumente, Vorgehen, Design),<br />
welcher Nutzen für die Einzelschule<br />
möglich ist und wie Empirie und<br />
innovative Schulentwicklung Hand<br />
in Hand gehen können.<br />
Olaf Köller, Ulrich Trautwein (Hrsg.)<br />
Schulqualität und Schülerleistung.<br />
Evaluationsstudie über innovative<br />
Schulentwicklung an fünf hessischen<br />
Gesamtschulen.<br />
Juventa Materialien, 2003, 240 S.,<br />
Euro 19,50; ISBN 3-7799-1658-4<br />
Medien- und Alltagsgewalt verarbeiten<br />
Für viele LehrerInnen und SchülerInnen<br />
gehören Mobbing, Pöbeleien<br />
und gewalttätige Übergriffe<br />
mittlerweile zum traurigen Schulalltag.<br />
Neben realen Aggressionen in<br />
und außerhalb der Schule macht vor<br />
allem auch die überwältigende Präsenz<br />
von Gewalt in den Medien<br />
deutlich, dass wirkungsvolle Konzepte<br />
zum schulischen Umgang mit real<br />
existierender sowie medialer Gewalt<br />
dringend erforderlich sind.<br />
Wie Lehrer die Gewaltspirale durchbrechen<br />
können, zeigt das neu im<br />
Cornelsen Verlag Scriptor erschienene<br />
Medienpaket, bestehend aus<br />
Handbuch und CD-ROM, Konflikte<br />
gewaltfrei lösen. Der Autor Hubert<br />
Kleber stellt darin ein neuartiges<br />
Trainingsprogramm vor, dessen<br />
Ziel eine Verbesserung der Sozialkompetenz<br />
von Schülern im Umgang<br />
mit Gewalt ist. Erstmal werden<br />
hierbei auch mediale Gewaltphänomene<br />
berücksichtigt, deren Verarbeitung<br />
einen Schwerpunkt des Trainingsprogramms<br />
bildet.<br />
pm<br />
Hubert Kleber: Konflikte gewaltfrei<br />
lösen. Medien- und Alltagsgewalt:<br />
Ein Trainingsprogramm für die Sekundarstufe<br />
I<br />
Cornelsen Verlag Scriptor 2003, 192<br />
Seiten, kartoniert, mit CD-ROM,<br />
24,90 Euro<br />
Schule kann Freude machen!<br />
In der aktuellen Medienberichterstattung<br />
kommt Schule fast nur im<br />
Zusammenhang mit Kritik und<br />
Missständen vor. Doch das trifft ihre<br />
Realität nur zum Teil und ignoriert<br />
ihre positiven Seiten. „Freude in und<br />
mit der Schule“ heißt darum der<br />
Themenschwerpunkt der neuen<br />
Ausgabe von „Humane Schule“, herausgegeben<br />
von der Aktion Humane<br />
Schule e.V.<br />
Um Freude beim Lernen und um<br />
Lernen als möglichen Auslöser für<br />
Glücksgefühle geht es im Leitartikel<br />
von Wulf Wallrabenstein. Über ein<br />
Projekt mit der „Wir-Werkstatt“ an<br />
einer Grundschule berichten Achim<br />
Kessemeier und Alexandra Seitz.<br />
Ludwig Richter beschreibt seine Praxis<br />
gerechter Bewertung mündlicher<br />
Schülerleistungen. Weitere Berichte<br />
von Lehrkräften und SchülerInnen<br />
zeigen beispielhaft auf, wie der Schulalltag<br />
als sinnhaft und freudvoll erlebt<br />
werden kann. Ein Kommentar<br />
des Publizisten und Filmemachers<br />
Reinhard Kahl, eine Satire von Detlef<br />
Träbert, Buchbesprechungen und<br />
anderes mehr komplettieren die<br />
Sammlung lebendiger, praxisnaher<br />
Beiträge.<br />
Das nicht-kommerzielle 28-seitige<br />
Heft kann zum Preis von EUR 2,-<br />
zzgl. Versandkosten (Rechnung) bezogen<br />
werden bei: Aktion Humane<br />
Schule e.V., Bundesgeschäftsstelle,<br />
Merheimer Str. 484, 50735 Köln,<br />
Tel.: 02 21 / 9 74 32 - 97, Fax: - 98,<br />
E-Mail: detlef.traebert@t-online.de<br />
30 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Kreis + Region<br />
Kreis Ludwigshafen / Speyer<br />
Ein Jahr Ganztagsschulen in neuer<br />
Form - Bilanz und Ausblick<br />
Nach ihrem Besuch der Regionalen Schule Wörth, über den die <strong>GEW</strong>-<br />
Zeitung ausführlich berichtet hat, weilt die <strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzende<br />
Dr. Eva-Maria Stange nun im Juni einen weiteren Tag in Rheinland-Pfalz,<br />
um sich vor Ort über den Stand der Entwicklung des<br />
bundesweit diskutierten Projektes „Ganztagsschulen in neuer Form“<br />
zu informieren. Am 12. Juni wird sie in Ludwigshafen zu Gast an<br />
einer Sonder- und an einer Hauptschule sein, um mit den Beteiligten<br />
die Situation an großstädtischen Ganztagsschulen zu erörtern. Danach<br />
findet um 18.30 Uhr in der Aula der Berufsbildenden Schule Technik<br />
II, Franz-Zang-Straße, eine Podiumsdiskussion mit dem Thema<br />
„Ein Jahr Ganztagsschulen in neuer Form - Bilanz und Ausblick“<br />
statt, an der neben der <strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzenden sowie Helmut Thyssen<br />
vom Kreisverband Ludwigshafen / Speyer Prof. Dr. Cornelia Reifenberg<br />
für den Schulträger (angefragt) und Willy Heinzmann (stellv.<br />
Landeselternsprecher) teilnehmen werden. Anwesend sein werden auch<br />
der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Tilman Boehlkau und der <strong>GEW</strong>-Ganztagsschulexperte<br />
Heinz Winter.<br />
Die <strong>GEW</strong> Ludwigshafen / Speyer lädt auch KollegInnen aus den benachbarten<br />
Kreisen sowie die interessierte Öffentlichkeit zu dieser Veranstaltung<br />
ein und bittet um rege Beteiligung, damit Eva-Maria Stange<br />
ein authentisches Bild davon erhält, wie die Basis die neuen Ganztagsschulen<br />
nach dem ersten Jahr einschätzt. gh<br />
Bezirk Rheinhessen-Pfalz<br />
Eine Geschichte zum Erlebnis machen<br />
Unter diesem Stichwort trafen sich ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen<br />
im Februar im Hotel Seehof bei Kaiserslautern zur<br />
gleichnamigen Tagesfortbildung des <strong>GEW</strong>-Bezirks Rheinhessen-<br />
Pfalz.<br />
Anders als beim fertig präsentierten TV- oder Computerspiel-<br />
Menü, entsteigen einer Geschichte eigene Welten, Helden und<br />
Zauberwesen, die durch unsere Phantasie belebt und durch unsere<br />
Vorstellungskraft am Leben gehalten werden. Sich diese Welt im<br />
entdeckenden und experimentellen Spiel mit Elementen aus den<br />
nachfolgenden Bereichen zu erschließen, war Aufgabe und Inhalt<br />
dieser Veranstaltung.<br />
Musik, Lied, Tanz, Bewegung, Sinneserfahrung - all das sind natürliche<br />
Ausdrucksbedürfnisse des Kindes. Je jünger Kinder sind,<br />
je enger sind diese Wesensmerkmale im kindlichen Spiel<br />
Studienreisen / Klassenfahrten<br />
8-Tage-Busreise z.B. nach<br />
WIEN ÜF 192,-- €<br />
BUDAPEST ÜF 192,-- €<br />
LONDON ÜF 254,-- €<br />
PRAG ÜF 199,-- €<br />
PARIS ÜF 224,-- €<br />
ROM ÜF 238,-- €<br />
10-Tage-Busreise z.B. nach<br />
SÜDENGLAND Ü 213,-- €<br />
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miteinander verbunden und Teil seiner Art, die Welt und ihre<br />
Zusammenhänge zu (be-)greifen und zu (er-)lernen. Auf der Basis<br />
dieser Erkenntnis hatten die TeilnehmerInnen Gelegenheit, verschiedene<br />
Wege und Methoden im Umgang mit Geschichten zu<br />
erfahren und so die eigene Spielfreude und Phantasie (wiederzu-)<br />
finden.<br />
Ob als rappende und Hip Hop tanzende Maulwürfe, Gespenster<br />
oder im Streit um eine Mauer aus Kisten, die so manche Überraschung<br />
für die Sinne bot, die Teilnehmer waren engagiert dabei<br />
und konnten nach eigener Aussage einmal „Kopf“ und Alltag hinter<br />
sich lassen. Dennoch war am Ende des Tages das „Methodenköfferchen“<br />
voll von vielfältigen Ideen und Handwerkszeug für<br />
den kreativen Umgang mit Inhalt und Material, das in Projekten<br />
in Kindergarten und Schule zum Einsatz kommen kann.<br />
ha<br />
<strong>GEW</strong> - Informationen an der Uni<br />
Ein neues Info-Brett der <strong>GEW</strong> wurde jetzt an der Universität Koblenz-Landau<br />
in Koblenz installiert. Die Studierenden sollen regelmäßig<br />
aktuelle Informationen der <strong>GEW</strong> erhalten und auf die Möglichkeit<br />
einer Gewerkschaftsmitgliedschaft hingewiesen werden. „Wir wollen,<br />
dass die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer schon während ihres<br />
Studiums Einblicke in die Arbeit der <strong>GEW</strong> erhalten,“ sagte Dr. Franz-<br />
Josef Witsch-Rothmund (Foto). Witsch-Rothmund ist Dozent an der<br />
Universität und betreut gemeinsam mit Bernd Huster vom <strong>GEW</strong> Regionalbüro<br />
Nord das Informationsbrett.<br />
Text + Foto: Bernd Huster<br />
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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
31
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz<br />
Beilage zur E&W<br />
<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />
Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />
Telefon: 06131-28988-0 • FAX 06131-28988- 80<br />
E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de<br />
Schulgeist<br />
Ein kostenloser Deutschunterricht<br />
Es schien erst ein ganz normaler Fall.<br />
Das etwa 17jährige Mädchen, das auf<br />
der Straße aufgegriffen und mit dem<br />
Krankenwagen eingeliefert wird,<br />
macht einen verstörten Eindruck.<br />
„Vielleicht Liebeskummer oder Drogen,<br />
typisch bei Spätpubertierenden“,<br />
meint der Oberarzt. Mit stark<br />
ausländischem Akzent stammelt sie<br />
„Dr. Stefan Frank“ ..., aber einen<br />
Arzt dieses Namens gibt es im Krankenhaus<br />
nicht. Dann radebricht sie:<br />
„Richterin Salesch“ und fügt derbe<br />
Schimpfworte hinzu, wobei sich der<br />
Oberarzt über die für eine Ausländerin<br />
sehr ungewöhnliche Wortwahl<br />
wundert. Ein Blick in die Patientenkartei<br />
zeigt: eine Patientin namens<br />
Salesch existiert nicht. Schließlich<br />
stammelt das Mädchen mit flackernden<br />
Augen etwas von einer Vera und<br />
einer Arabella, macht dann den Eindruck,<br />
von zwei Männern, einem<br />
Herrn Geissen und einem Richter<br />
Hold verfolgt zu werden und wiederholt<br />
ständig die Wörter „Gericht,<br />
Show, Jugendgericht“. Der Oberarzt<br />
überlegt kurz, die Polizei einzuschalten,<br />
doch an der Patientin lassen sich<br />
auch nicht die geringsten Spuren einer<br />
Verletzung feststellen. Schließlich<br />
verlangt das Mädchen nach einer Dr.<br />
Verena Breitenbach, die ebenfalls<br />
nicht im Krankenhaus gefunden<br />
werden kann. Vielleicht hat die junge<br />
Dame ihre Stadt verlassen und<br />
weiß nicht mehr, wo sie ist?<br />
Natürlich wird gleich die Psychiatrie<br />
eingeschaltet. Schließlich kann man<br />
eine junge Frau mit so schweren<br />
Symptomen nicht sich selbst überlassen.<br />
Oberarzt Dr. Kummer nimmt<br />
sich des Falles an.<br />
„Hat Ihnen dieser Dr. Frank etwas<br />
getan?“, fragt er einfühlsam, „ist es<br />
ein Verwandter oder ein Nachbar<br />
von Ihnen?“ Das Mädchen starrt ihn<br />
nur an.<br />
„Und diese Frau Salesch?“ Die Patientin<br />
reißt die Augen auf.<br />
„Und diese Vera und Arabella, was<br />
ist mit denen?“, fragt der Oberarzt<br />
fürsorglich. Die junge Frau zuckt bei<br />
der Namensnennung zusammen,<br />
springt auf und will fliehen. Doch<br />
Dr. Kummer flippt sofort sportlich<br />
über den Tisch und erreicht sie<br />
noch.<br />
„Um Himmels willen, wie kann ich<br />
Ihnen helfen?“ Er ist sich klar, dass<br />
hier eine psychische Störung vorliegt<br />
und versucht es von Neuem:<br />
„Sind Sie privat oder beruflich von<br />
jemandem bedrängt worden?“ Die<br />
junge Dame macht nur ein erschrecktes<br />
Gesicht.<br />
„Und die beiden anderen Männer,<br />
haben die Ihnen etwas getan, Herr<br />
Geissen und Herr Hold?“ Das Gesicht<br />
des Mädchens verzieht sich so<br />
entsetzlich, dass Dr. Kummer<br />
schließlich eine Pause einlegt. Sicher<br />
ist es besser, nun die Polizei einzuschalten,<br />
vielleicht hilft die Identitätsüberprüfung<br />
weiter.<br />
Dr. Kummer ruft selbst an.<br />
„Wie alt, sagten Sie?“, fragt der Polizist<br />
an der anderen Leitung.<br />
„So um die 17, schätze ich.“<br />
„Äußere Merkmale?“, sagt der Beamte<br />
lakonisch.<br />
„Mittelblond, etwa 1,65 groß, ziemlich<br />
schlank“, fügt der Oberarzt hinzu.<br />
„Das könnte passen“, ruft der Polizeibeamte<br />
erfreut in den Hörer.<br />
„Welche Sprache?“, fragt der Beamte<br />
kurz.<br />
„Ich denke aus Osteuropa“, sagt Dr.<br />
Kummer.<br />
„Passt ganz gut! Wir haben eine Vermisstenanzeige<br />
vorliegen. Ein Au-<br />
Pair-Mädchen aus Polen ist seit<br />
gestern Abend verschwunden. Das<br />
Ehepaar, das sie erst seit zwei Wochen<br />
beschäftigt, war heute Morgen hier.<br />
Sie können nicht verstehen, warum<br />
das Mädchen sein schönes Zimmer<br />
am Nachmittag heimlich verlassen<br />
hat. Dabei hat sie es so gut bei denen<br />
gehabt. Sie musste nur am Morgen<br />
das Frühstück machen und abspülen<br />
und beim Abendessen etwas mithelfen.“<br />
„Und dazwischen hat sie frei gehabt?,<br />
will Dr. Kummer wissen.<br />
„Ja, sie sollte doch Deutsch lernen!“,<br />
ruft der Polizist.<br />
„Und wo war sie da?“, fragt der Oberarzt.<br />
„Sie durfte mit der Ehefrau bis nachmittags<br />
fernsehen, stellen Sie sich das<br />
mal vor - ein kostenloser Deutschunterricht!“<br />
Klaus Britting<br />
Skandal:<br />
<strong>GEW</strong>-Quark im Angebot<br />
32 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Tag der Bildung - Mittwoch, 25. Juni 2003, Mainz<br />
Zur Lage des Bildungswesens -<br />
„Herausforderungen nach PISA“<br />
Mittwoch, 25. Juni 2003<br />
09.30 - 17.00 Uhr<br />
Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />
Programm<br />
Anmeldung/Stehkaffee<br />
Impulsreferat<br />
Pause<br />
Diskussion<br />
Mittagessen<br />
Arbeitsgruppen<br />
Pause<br />
Abschlussforum<br />
AG 1<br />
AG 2<br />
AG 3<br />
09.30 Uhr - 09.45 Uhr<br />
09.45 Uhr - 11.15 Uhr<br />
Prof. Dr. Roland Eckert,<br />
Universität Trier, Jugendsoziologe<br />
11.15 Uhr - 11.30 Uhr<br />
11.30 Uhr - 12.30 Uhr<br />
12.30 Uhr - 14.00 Uhr<br />
14.00 Uhr - 15.45 Uhr<br />
15.45. Uhr - 16.00 Uhr<br />
16.00 Uhr - 17.00 Uhr<br />
mit Staatsministerin<br />
Doris Ahnen, MBFJ<br />
Bildungsstandards<br />
Die Entwicklung von Bildungsstandards kann für die Qualitätsentwicklung<br />
der Schulen und für die Leistungssteigerung<br />
nützlich sein, birgt aber auch Gefahren in sich.<br />
• Leitung: Cilli Daumen, Ministerium für Bildung, Frauen<br />
und Jugend (MBFJ) Rheinland-Pfalz<br />
Leistungsbewertung und neue Lernkultur<br />
Dort, wo die SchülerInnen selbstständig arbeiten (und nicht<br />
nur dort), benötigen sie gutes Feedback und neue Formen<br />
der Leistungsbewertung.<br />
• Leitung: Felix Winter, Universität Bielefeld/Oberstufen-<br />
Kolleg<br />
Individualisierung von Lernprozessen im Unterricht<br />
- mögliche Arbeitsformen - notwendige didaktische<br />
Entscheidungen<br />
Mit heterogenen Gruppen zu arbeiten ist eine schwierige Herausforderung<br />
für LehrerInnen. Sie brauchen dazu geeignete<br />
Unterrichtskonzepte, aber auch mehr Unterstützung.<br />
• Leitung: Karin Volkwein, Universität Bielefeld/Oberstufen-Kolleg<br />
AG 4<br />
AG 5<br />
AG 6<br />
AG 7<br />
Schulentwicklung hin zu einer integrativen/<br />
inklusiven Schule<br />
Arbeit mit dem Index für Inklusion<br />
• Leitung: Rainer Mohr-Herlitz, IGS Ernst-Reuter-Schule<br />
II, Frankfurt/Main<br />
Wo brennt es an den Haupt- und Regionalen<br />
Schulen?<br />
Aspekte - Analysen - Perspektiven<br />
Die Hauptschule ist zurzeit in einer schwierigen Situation.<br />
Es werden viele Anforderungen gestellt, es gibt Probleme! Doch<br />
wie kommen wir damit zurecht? Was macht die Politik? Was<br />
tut die <strong>GEW</strong>? Die AG hat eine kritische Bestandsaufnahme<br />
über die Situation an den Haupt- und Regionalen Schulen<br />
zum Ziel, jenseits von ministeriellen Verlautbarungen.<br />
• Leitung: Hedi Plän, Schulpsychologische Beratungsstelle<br />
Mainz<br />
Ausbildungskatastrophe: Wirtschaft taucht ab!<br />
Rettungsinsel BBS?<br />
Die AG befasst sich mit langfristigen Perspektiven für die<br />
berufliche Bildung, d. h. wie durch strukturelle Maßnahmen<br />
(„Plurales Mischsystem“) sicher gestellt werden kann,<br />
dass nicht in jedem Jahr wieder junge Menschen Opfer des<br />
immer weniger funktionierenden Dualen Systems der Berufsbildung<br />
werden.<br />
• Leitung: Dr. Ursula Herdt, Leiterin des Arbeitsbereichs<br />
Berufliche Bildung und Weiterbildung beim <strong>GEW</strong> Hauptvorstand<br />
Das Konzept der Helene-Lange-Schule, Wiesbaden<br />
- Schule ohne äußere Leistungsdifferenzierung<br />
• Leitung: Klaus Hug, Helene-Lange-Schule<br />
Die Tagungsstätte liegt inmitten der Mainzer Altstadt in unmittelbarer<br />
Nähe des Mainzer Doms (Ostchor):<br />
Bildungszentrum Erbacher Hof<br />
Grebenstraße 24 - 26<br />
55116 Mainz<br />
Telefon: 06131/257-0 · Fax: 06131/257-514<br />
Anreise mit dem Pkw:<br />
Autobahnausfahrt Mainz-Laubenheim Richtung Innenstadt,<br />
Rheinstraße, links abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter<br />
in die Grebenstraße.<br />
Autobahnausfahrt Mainz-Mombach Richtung Innenstadt, Rheinstraße,<br />
rechts abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter in<br />
die Grebenstraße.<br />
Mit dem Zug oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln:<br />
20 min Fußweg vom Hauptbahnhof<br />
5 min. zum Stadtbus<br />
Die Teilnahme an der Veranstaltung einschließlich des Mittagessens<br />
ist kostenlos.<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
I
Tag der Bildung - Freitag, 27. Juni 2003, Mainz<br />
Was nun, Herr Zöllner?<br />
Fragen zur Reform der Lehrer/innen-Bildung<br />
in Rheinland-Pfalz<br />
Freitag, 27. Juni 2003<br />
10.00 - 13.30 Uhr<br />
Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />
Programm<br />
09.30 - 10.00 Uhr Stehkaffee<br />
Begrüßung<br />
VBE<br />
Grundsätze zur Reform der<br />
Lehrer/innen-Bildung in<br />
Rheinland-Pfalz (Auszüge aus<br />
dem gemeinsamen Papier der<br />
<strong>GEW</strong> und des VBE vom Dezember<br />
2001)<br />
Für die künftige Lehrer/<br />
innen-Bildung in Rheinland-<br />
Pfalz gelten nach Auffassung<br />
von <strong>GEW</strong> und VBE folgende<br />
Eckpunkte:<br />
10.00 - 12.30 Uhr Talkrunde<br />
mit<br />
Staatsminister Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner,<br />
Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und<br />
Kultur<br />
weitere Teilnehmer:<br />
Gerd Köhler, Leiter des Arbeitsbereichs Hochschule und Forschung<br />
beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand<br />
Prof. Dr. Kurt Czerwenka, Leiter des Referates Hochschule und<br />
Lehrerbildung beim VBE-Bundesvorstand, Universität Lüneburg<br />
Prof. Dr. Hermann Saterdag, Regierungsbeauftragter zur Reform<br />
der Lehrerbildung in Rheinland-Pfalz<br />
Prof. Dr. Fritz-Ulrich Kolbe, Pädagogisches Institut der Universität<br />
Mainz<br />
Prof. Dr. Rudi Krawitz, Universität Koblenz-Landau<br />
12.30 - 13.30 Uhr Stehkaffee / Imbiss<br />
1. Die Lehrer/innen-Bildung<br />
muss sich in<br />
drei Phasen gliedern:<br />
die wissenschaftliche<br />
Ausbildung an der<br />
Universität, der Vorbereitungsdienst<br />
bzw. das Referendariat<br />
an Schule und<br />
Seminar sowie die<br />
berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung.<br />
2. Für die Lehrer/innen-Bildung der ersten beiden Phasen ist<br />
eine Ausbildungsdauer von insgesamt mindestens 6 Jahren<br />
vorzusehen.<br />
3. Die Lehrer/innen-Bildung muss bis zu einer Zwischenprüfung<br />
ein gemeinsames erziehungswissenschaftliches Grundstudium<br />
für alle Lehrkräfte umfassen.<br />
4. Die Zwischenprüfung ist nach einer Praxisphase abzulegen.<br />
An das Grundstudium schließt ein Hauptstudium an, das<br />
der Spezialisierung und Vertiefung dient. Erste und zweite<br />
Phase der Lehrer/innen-Bildung werden mit einer Staatsprüfung<br />
abgeschlossen.<br />
5. Die Lehrer/innen-Bildung vernetzt fachwissenschaftliche,<br />
fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Studienanteile<br />
bei gleichzeitiger Erhöhung der Praxisanteile. Berufsund<br />
schulpraktische Anteile sollen in das Studium integriert<br />
und von der Hochschule in Kooperation mit den Lehrerbildungszentren<br />
begleitet werden.<br />
6. Eine Anlehnung der Lehrer/innen-Bildung an Bachelor- und<br />
Master-Studiengänge bedarf einer kritischen Prüfung im Hinblick<br />
auf einen Professionalitätsverlust sowie auf die rechtlichen<br />
Konsequenzen bezüglich des Status der angehenden<br />
Lehrkräfte.<br />
7. Die Lehrer/innen-Bildung ist als modulares Ausbildungssystem<br />
zu organisieren.<br />
8. Zur Unterstützung der Lehrer/innen-Bildung sind institutionalisierte<br />
Zentren für Lehrer/innen-Bildung zu gründen, in<br />
die alle an der Lehrer/innen-Bildung Beteiligten einbezogen<br />
sind<br />
9. Teil der Lehrer/innen-Bildung muss die stetige Aus- und Fortbildung<br />
der in der Lehrer/innen-Bildung Tätigen sein.<br />
II <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003
Tag der Bildung - Freitag, 27. Juni 2003, Mainz<br />
Qualität entwickeln - Arbeitsbedingungen verbessern<br />
Pisa und die Konsequenzen für<br />
Kindertagesstätten<br />
Freitag, 27. Juni 2003<br />
14.00 - 17.00 Uhr<br />
Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />
Die wichtigste Lektion<br />
aus Pisa wäre es,<br />
die Kultur der Aberkennung<br />
von einer der Anerkennung abzulösen.<br />
Reinhard Kahl<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
wenn über Pisa gesprochen wird, so rücken zusehends auch unsere<br />
Kindertageseinrichtungen in den Blickpunkt. Denn längst ist<br />
erwiesen: Die ersten Bildungsjahre sind die wichtigsten!<br />
Sind am Ende die unzureichenden Bedingungen vieler Kindertageseinrichtungen<br />
Schuld an der Misere?<br />
Was können/sollen/müssen Kitas leisten?<br />
Kommt die Reform der ErzieherInnenausbildung?<br />
Brauchen wir einen Bildungsplan für die frühkindliche Bildung?<br />
Die <strong>GEW</strong> gibt an diesem Nachmittag einen Überblick über den<br />
aktuellen Diskussionsstand und wird u.a. die Ergebnisse ihrer groß<br />
angelegten Kita-Umfrage vorstellen.<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
die Bedeutung von Kindertageseinrichtungen wächst stetig. Die<br />
<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz hat auf diese Entwicklung reagiert und mit<br />
Bernd Huster (Regionalbüro Nord) und Peter Blase-Geiger (Regionalbüro<br />
Süd) zwei Fachleute für die sozialpädagogischen Berufe<br />
beschäftigt. Bernd Huster wird am 27. Juni über die bildungspolitischen<br />
Positionen der <strong>GEW</strong> informieren und für entsprechende<br />
Diskussionen zur Verfügung stehen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
ABLAUF<br />
13.00 - 14.00 Uhr Stehkaffee / Infostand<br />
14.00 - 16.00 Uhr Vortrag<br />
Bernd Huster (Dipl. Päd.)<br />
Schwerpunkte unter anderem:<br />
• Rahmenplan frühkindliche Bildung<br />
• ErzieherInnenausbildung<br />
• Zusammenarbeit Grundschule und Kindertageseinrichtung<br />
• Sprachförderung in der Kita<br />
• Ergebnisse <strong>GEW</strong>-Kita-Umfrage<br />
16.00 - 17.00 Uhr Gespräche / Stehkaffee / Kuchen<br />
Tilman Boehlkau<br />
<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />
III
Tag der Bildung - Freitag, 27. Juni 2003, Kaiserslautern<br />
„LiA“ - Tag der Bildung*:<br />
Moderner Unterricht<br />
praktisch<br />
Freitag, 27. Juni 2003<br />
9.30 - 16.00 Uhr<br />
Pirmasenser Str. 65, Kaiserslautern<br />
in den Räumen der Studienseminare<br />
Workshops<br />
WS 1<br />
WS 2<br />
Fördern und Fordern in heterogenen Lerngruppen<br />
• Inge Hilbig, Institut zur Förderung von Teamarbeit, Köln<br />
Der Workshop greift die Aspekte des Referats vom Vormittag<br />
auf und gibt Gelegenheit zur Vertiefung und zum<br />
Austausch.<br />
Methodenkiste<br />
• Ina Schatzmann-Hinkel, Lehrerin<br />
Praktische Erarbeitung methodischer und handlungsorientierter<br />
Kompetenzen für den Unterricht; Bereitstellung<br />
ausgearbeiteter ansprechender Materialien für den fachgerechten<br />
praktischen Methodenunterricht.<br />
Ablauf:<br />
09.00 - 09.30 Anmeldung und Stehkaffee<br />
09.30 - 09.40 Begrüßung, Organisatorisches<br />
09.40 - 10.00 Referat<br />
„Fördern und Fordern in heterogenen Lerngruppen“<br />
Inge Hilbig, Institut zur<br />
Förderung von Teamarbeit, Köln<br />
10.00 - 11.30 Talk-Runde<br />
11.30 - 12.30 Gemeinsames Mittagessen<br />
in der Mensa (kostenfrei)<br />
12.30 - 16.00 Workshops<br />
Talk-Runde:<br />
Inge Hilbig, Institut zur Förderung von Teamarbeit, Köln<br />
Heinz Winter, Leiter des Studienseminars für Grund- und Hauptschulen<br />
Kaiserslautern<br />
Cilli Daumen, Ministerium für Bildung,<br />
Frauen und Jugend<br />
Moderation:<br />
Klaus-Peter Hammer, <strong>GEW</strong>-Landesvorstand, Bereich Schulen<br />
WS 3<br />
WS 4<br />
WS 5<br />
WS 6<br />
WS 7<br />
WS 8<br />
Frühkindliche Bildung<br />
• Minette Petri, Erzieherin, Fachwirtin für Sozialwesen<br />
Der Workshop gibt einen Überblick über die Arbeit in<br />
Kindertageseinrichtungen.<br />
Jungenpädagogik<br />
• Klaus-Peter Hammer , Fachleiter f. allg. Didaktik, Studienseminar<br />
GHS Kl<br />
Jungen fallen in der Schule immer mehr auf und gelten<br />
als schwierig und als Störenfriede. Welche Gründe und<br />
Ursachen hierbei eine Rolle spielen und was Mann/Frau<br />
evtl. dagegen tun kann, wollen wir in diesem Workshop<br />
ergründen.<br />
Soziales Lernen mit Interaktionsspielen<br />
• Schulsozialarbeiter des Palais e.V. Trier<br />
Interaktionsspiele haben sich als Methode im sozialen und<br />
emotionalen Lernen bewährt. In diesem Workshop lernen<br />
wir Spiele kennen und erproben sie praktisch.<br />
Unterstützung von außen<br />
• Schulsozialarbeiter des Palais e.V. Trier<br />
Der Workshop zeigt auf, welche Hilfe und Unterstützung<br />
LehrerInnen von außerschulischen Institutionen erfahren<br />
können. Am Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe Palais<br />
e.V. Trier sieht man, wie Jugendhilfe, Schule und Jugendamt<br />
zusammenarbeiten können.<br />
Tanz und Bewegung in der Grundschule<br />
• Sabine Graf, Lehrerin<br />
Der Workshop beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und<br />
Durchführung kindgerechter psychomotorischer Bewegungsabläufe<br />
mit der Zugabe von Materialien wie CD,<br />
Tanzbeschreibungen u.a. (Achtung: Sportkleidung mitbringen)<br />
Begegnung mit aggressiven SchülerInnen in der<br />
Hauptschule<br />
• Sascha Hinkel, Lehrer<br />
Angelehnt an das Antiaggressivitätstraining werden Reaktionsbeispiele<br />
erarbeitet (Rollenspiele, Interaktionsspiele<br />
...)<br />
* LiA = LehrerInnen in Ausbildung<br />
IV <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003