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Praxisbeispiele aus der<br />

politischen Bildung (S. 17 - 23)<br />

6/03<br />

-Zeitung<br />

112. Jahrgang<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Zur Lage des<br />

Bildungswesens -<br />

Herausforderungen nach PISA<br />

„TAG DER<br />

BILDUNG“<br />

25. Juni in Mainz<br />

Was nun,<br />

Herr Zöllner?<br />

Fragen zur Reform der<br />

LehrerInnenbildung<br />

in Rheinland-Pfalz<br />

27. Juni in Mainz<br />

Qualität entwickeln - Arbeitsbedingungen verbessern<br />

PISA und die Konsequenzen<br />

für Kindertagesstätten<br />

27. Juni in Mainz<br />

„LiA“ - Tag der Bildung*:<br />

Moderner Unterricht<br />

praktisch<br />

27. Juni in Kaiserslautern


Kolumne / Inhalt / Impressum<br />

Foto: Lucas Schmitt<br />

Qualität darf<br />

nicht quälen<br />

Nun sind sie überall an den Schulen des<br />

Landes am Basteln: Landauf, landab<br />

schwitzen in diesen Tagen Steuerteams -<br />

oder wie immer auch die Gruppen der<br />

hoffentlich von unten gewählten und nicht<br />

von oben berufenen Schulentwickler heißen<br />

- an den vom Ministerium für das<br />

Schuljahresende vorgeschriebenen Qualitätsprogrammen.<br />

Nun soll an dieser Stelle nicht wiederholt werden, was an berechtigten<br />

Einwänden gegen die Zwangsverordnung von Qualität (dazu noch im<br />

Turbotempo, ohne nennenswerte Hilfestellung und unter verschlechterten<br />

Rahmenbedingungen) in den letzten Monaten formuliert wurde.<br />

Vielmehr soll überlegt werden, was sich im schlechtesten Falle an<br />

den Schulen abspielen könnte und wie vielleicht aber auch mit Hilfe<br />

der überlebensnotwendigen Improvisationskunst unserer Lehrkräfte aus<br />

dem Dilemma Positives entstehen könnten.<br />

Szenarium 1:<br />

Mitten in der Stressphase vor bzw. in der Prüfungs- und Zeugniszeit<br />

häufen sich die Termine in Sache Qualität: Dienstbesprechungen, Studientage,<br />

Fachkonferenzen, Arbeitsgemeinschaften und dann noch eine<br />

Gesamtkonferenz in quälender Länge. Manch ein Baum muss sterben<br />

für die vielen Papiere, die bedruckt werden, um in Kürze als Makulatur<br />

zu enden. Blabla, neumodische, pseudowissenschaftliche, aus diversen<br />

Vorlagen abgekupferte Floskeln von Leuten, die vor Kurzem zum<br />

Beispiel das Kürzel PSE fälschlicherweise noch für den Vereinsnamen<br />

holländischer Fußballclubs hielten und jetzt die Chance zur Profilbildung<br />

sehen. Für sich, nicht für die Schulen. Schließlich gleichermaßen<br />

hochtrabende wie nichtssagende Programme, die so abstrakt und unrealistisch<br />

sind, dass ihr Gelingen nicht überprüft und für ihr Misslingen<br />

niemand verantwortlich gemacht werden kann. Viel Zeit und Energie<br />

verschwendet. Pflicht erfüllt, nichts bewegt.<br />

Szenarium 2:<br />

Ein Kollegium sagt sich: Okay, eigentlich albern, so´n Qualitätsprogramm.<br />

Wir wissen doch, woran es hapert. Wir bräuchten Förderstunden, wir<br />

bräuchten Schulsozialarbeit, wir bräuchten eine Vertretungsreserve, die<br />

dafür sorgt, dass ausfallender Unterricht fachgerecht vertreten wird und<br />

die Kinder nicht nur irgendwie beschäftigt werden.<br />

Wir wissen doch aber auch, was hier daneben läuft. Wo die Zusammenarbeit<br />

nicht klappt, wo wir uns das Leben gegenseitig unnötigerweise<br />

schwer machen, wo wir nicht mehr aus unseren eingetretenen Pfaden<br />

kommen, wo aufgrund von Animositäten und Eitelkeiten eigentlich<br />

vorhandene Potenziale verschüttet bleiben. Also machen wir aus der<br />

Pflicht eine Chance. Lassen uns dabei nicht in ein Schema drängen,<br />

verzichten auf wohlfeile Allgemeinplätze, sondern wir analysieren konkret<br />

die Situation unserer Schule. Wo stehen wir und wo könnten wir<br />

eigentlich stehen bzw. wohin möchten wir kommen?<br />

Wir vergewissern uns unserer Stärken und benennen ehrlich unsere<br />

Schwächen, um zu realistischen Zielformulierungen zu kommen. Und<br />

dies alles mit dem Ziel: Wenn uns auch nur kleine Fortschritte gelingen,<br />

geht es nicht nur der Qualität besser, dann geht es auch uns besser.<br />

Mit diesen beiden Szenarien zu sehr im Schwarz-Weiß-Schema gedacht?<br />

Vielleicht sogar die Belastung durch das Qualitätsprogramm ironisch<br />

verharmlost? Möglicherweise. Interessant wäre es dennoch, Rückmeldungen<br />

zu erhalten, welches der beiden Modelle am ehesten der<br />

Realität in den Schulen entsprach. Wir sind gespannt.<br />

Um beim Thema zu bleiben und gleichzeitig zu unserer beliebten Fundgrube<br />

sprachlicher Peinlichkeiten zu kommen. Oben war von neumodischen<br />

Floskeln die Rede. Viele wären da zu benennen, und die Redaktion<br />

würde sich freuen, auch hier Beispiele zu bekommen, was unsere<br />

Leserschaft besonders nervt. Bei uns sind das die sich häufenden<br />

überflüssigen Anglizismen. Er erläutere seine Vorstellungen in einer<br />

Power-Point-Präsentation und gebe dazu ein „hand out“ aus, meinte<br />

neulich ein wichtiger Mensch bei einer Dienstbesprechung. Hand out<br />

oder Hirn out? Warum kann man nicht schlicht von einer Zusammenfassung<br />

oder einem Thesenpapier sprechen?<br />

Positiv sollst du den Tag beginnen und die Kolumne beenden. Deshalb<br />

eine kleine Episode zum Abschluss:<br />

Drei Schülerinnen, 7. Klasse, unterhalten sich auf dem Weg zum Sport<br />

wie immer über die Schule. Gerade läuft Klipperts Kommunikationstraining.<br />

Der Fahrer spitzt die Ohren. Endlich mal O-Töne und keine<br />

selektiven Wahrnehmungen von PSE-Fans. Die Meinungen sind geteilt,<br />

Einigkeit herrscht allerdings in der Feststellung, besser als „normaler<br />

Unterricht“ seien die Tage allemal.<br />

Themenwechsel.<br />

Doch dann tippt die Skeptischste dem Chauffeur auf die Schulter und<br />

sagt:<br />

„Jedenfalls habe ich beim Kommunikationstraining gemerkt, dass nicht<br />

alle in meiner Klasse blöd sind. Bei der Gruppenarbeit musste ich mit<br />

Leuten zusammenarbeiten, die ich bisher überhaupt nicht riechen konnte.<br />

Jetzt habe ich aber gemerkt, dass die eigentlich ganz okay sind.“<br />

Günter Helfrich<br />

Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz Nr. 6 / 2003:<br />

Kolumne Seite 2<br />

Politik: „Mut zum Umsteuern“ Seite 3<br />

Schulen Seite 4 - 9<br />

LehrerInnenbildung Seite 10 - 12<br />

Schulen Seiten 13 - 15<br />

Rechtsschutz Seite 16<br />

Praxisbeispiele aus der pol. Bildung Seite 17 - 23<br />

LeserInnenbriefe / Alter + Ruhestand Seite 24 - 25<br />

Tipps + Termine Seiten 26 - 30<br />

Kreis + Region Seiten 31<br />

Schulgeist Seite 32<br />

<strong>GEW</strong>-Termine zum „Tag der Bildung“ Seiten I - IV<br />

Impressum <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Tel.: (0 61 31) 28988-0, Fax: (06131) 28988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de<br />

Redaktion: Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen,<br />

Tel./ Fax: (0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr.<br />

14, 67063 Ludwigshafen, Tel.: (0621) 69 73 97, Fax.: (0621) 6 33 99 90, e-mail:<br />

UKarch5580@aol.com; Antje Fries, Rheindürkheimer Str. 3, 67574 Osthofen, Tel./Fax: (0 62 42)<br />

91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />

Verlag, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt a.d.W.,<br />

Tel.: (06321) 8 03 77; Fax: (0 63 21) 8 62 17; e-mail: VPP.NW@t-online.de, Datenübernahme per<br />

ISDN: (0 63 21) 92 90 92 (Leonardo-SP - = 2 kanalig)<br />

Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />

nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene<br />

Manuskripte können angenommen werden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine<br />

Gewähr übernommen. Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

Rheinland-Pfalz werden nach 67023 Ludwigshafen, Postfach 22 02 23, erbeten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto<br />

+ MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.<br />

Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 12 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 5. des Vormonats.<br />

2 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Mut zum Umsteuern<br />

Wirtschafts- und sozialpolitische Reformagenda des DGB<br />

Politik<br />

Der Geschäftsführende Bundes vorstand des DGB mischt sich mit einem Diskussionsentwurf<br />

zu einer eigenen Reformagenda in die politische Diskussion<br />

ein. Ziel ist die Ankurbelung und langfristige Stabilisierung des Wirtschaftswachstums,<br />

eine Erhöhung der Nettolöhne und eine Entlastung personalintensiver<br />

Unternehmen. Die Reformagenda verbindet Sofortmaßnahmen und<br />

mittelfristige Reformen. Die Sofortmaßnahmen bestehen im Wesentlichen<br />

aus vier Eckpunkten:<br />

Foto: Mathias Thurm<br />

1. Eine offensive Finanzpolitik soll<br />

für Wachstumsimpulse sorgen. Der<br />

DGB regt dazu eine Investitionsoffensive<br />

von rund 15 Milliarden Euro<br />

an, mit deren Hilfe die Kommunen<br />

wieder in die Lage versetzt werden<br />

sollen zu investieren. Eine Senkung<br />

des Eingangssteuersatzes auf 17 Prozent<br />

sowie die Anhebung des Einkommenssteuerfreibetrages<br />

sollen<br />

weitere Wachstumsimpulse geben.<br />

Investitionen der Wirtschaft sollen<br />

durch Zulagen gefördert werden.<br />

2. In der Tarifpolitik unterstützt der<br />

DGB ein höheres Maß an Flexibili-<br />

tät, wie es die meisten Gewerkschaften<br />

schon praktizieren. So wird als<br />

sinnvoll erachtet, Unternehmen in<br />

Krisenzeiten im Rahmen von Tarifverträgen<br />

abweichende Vereinbarungen<br />

zu Entgelt oder Arbeitszeit zu<br />

ermöglichen. Stärker als bisher könnten<br />

auch Arbeitszeit, Aus- und Weiterbildung<br />

in Tarifverträgen eine<br />

Rolle spielen. Entgeltteile könnten,<br />

wie von der IG Metall 2002 in die<br />

Diskussion gebracht, in Weiterbildungsansprüche,<br />

zusätzliche Freizeit<br />

und Unternehmensbeteiligungen<br />

umgewandelt werden.<br />

3. In der Sozialversicherung soll eine<br />

sachgerechte Finanzierung für sinkende<br />

Sozialabgaben sorgen. Die<br />

Steuerfinanzierung „versicherungsfremder<br />

Leistungen“ würde eine<br />

Entlastung von rund 4,5 Milliarden<br />

Euro und eine mögliche Senkung des<br />

Beitragssatzes um 1,09 Prozent bringen.<br />

4. Die Gesetzliche Krankenversicherung<br />

soll durch die Einbeziehung<br />

aller Erwerbstätigen zu einer „allgemeinen<br />

Solidarversicherung“ ausgebaut<br />

werden. Die Anpassung der<br />

Beitragsbemessungsgrenze sowie die<br />

insgesamt von der Bundesregierung<br />

geplante Gesundheitsstrukturreform<br />

wird zu einer Effektivierung führen,<br />

die eine Senkung der Beitragssätze<br />

zur GKV in einem ersten Schritt um<br />

2,59 Prozentpunkte ermöglicht.<br />

Die übrigen Reformvorschläge sind<br />

mittelfristig angelegt:<br />

• eine antizyklische Finanzpolitik<br />

ohne höhere Neuverschuldung<br />

durch die Wiederbelebung der Konjunkturausgleichsrücklage,<br />

• die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages<br />

durch die Steuerfinanzierung<br />

des West-Ost-Transfers<br />

in der Arbeitslosenversicherung,<br />

• die Senkung der Sozialabgaben<br />

durch Einführung eines Freibetrages<br />

von 250 Euro zur Sozialversicherung<br />

sowie<br />

• die Einbeziehung aller Einkommensarten<br />

in die allgemeine Solidarversicherung.<br />

Insgesamt könnten so die Sozialabgaben<br />

um durchschnittlich 8,5 Prozentpunkte<br />

gesenkt werden.<br />

eb<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

3


Schulen<br />

<strong>GEW</strong> verhandelt erfolgreich mit dem Ministerium<br />

Neuorganisation der Schulpsychologischen Beratungsstellen abgemildert<br />

Auf der Grundlage einer Forderung des Landesrechnungshofes Rheinland-<br />

Pfalz aus dem Jahr 1998, die Schulpsychologischen Beratungsstellen durch<br />

Bildung von „Service-Zentren“ neu zu organisieren., legte der zuständige<br />

Staatssekretär im Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend im Februar<br />

dieses Jahres ein Organisationsmodell mit gravierenden Veränderungen<br />

insbesondere im Hinblick auf die derzeit bestehenden Standorte vor.<br />

Der Plan sah vor, anstelle der bisherigen<br />

31 Beratungsstellen, hierunter<br />

16 „Ein-Personen-Dienststellen“, 11<br />

„Service-Zentren“ einzurichten, in<br />

denen statt der Vielzahl von „EinzelkämpferInnen“<br />

nun SchulpsychologInnen-Teams<br />

arbeiten können. In<br />

der Begründung hieß es, kleine<br />

Dienststellen seien unwirtschaftlich<br />

und die ständige Erreichbarkeit einer<br />

schulpsychologischen Fachkraft<br />

sei nicht gewährleistet.<br />

Dieser Plan, zwei Drittel der Dienststellen<br />

aufzulösen, stieß bei den Beschäftigten<br />

und dem Landeselternbeirat<br />

auf wenig Gegenliebe. Auch<br />

die <strong>GEW</strong> stand dem Modell von<br />

Anfang an kritisch gegenüber, da zu<br />

befürchten war, dass schulpsychologische<br />

Beratung und Unterstützung<br />

in bestimmten Bereichen wie der<br />

nördlichen Eifel, der Westpfalz oder<br />

dem Rhein-Hunsrück-Nahe-Bereich<br />

nur unter erschwerten Bedingungen<br />

für alle Beteiligten möglich und der<br />

erhoffte Synergieeffekt durch lange<br />

Fahrtwege der SchulpsychologInnen<br />

oder der Eltern wieder aufgehoben<br />

würde.<br />

Nach Gesprächen mit dem Arbeitskreis<br />

Bildung der SPD und dem Landeselternbeirat<br />

verhandelte die <strong>GEW</strong><br />

im Mai unmittelbar mit Staatssekretär<br />

Prof. Dr. Hofmann-Göttig vom<br />

Bildungsministerium. In Absprache<br />

mit den in der <strong>GEW</strong> organisierten<br />

SchulpsychologInnen schlug die<br />

<strong>GEW</strong> ein Modell von 14 „Service-<br />

Zentren“ vor, um vor allem die Kreise<br />

Daun/Bitburg/Prüm, Birkenfeld/<br />

Kusel und Zweibrücken/Pirmasens<br />

als Zentren mit einzubeziehen. Auch<br />

der Standort Bad Kreuznach, wegen<br />

seiner Randlage im Großraum<br />

Rhein-Hunsrück, wurde problematisiert<br />

sowie die Randlage von Spey-<br />

er für den Bereich Südliche Weinstraße<br />

und Vorderpfalz und die Abkopplung<br />

des Bereichs Bad Neuenahr-Ahrweiler.<br />

Staatssekretär Hofmann-Göttig<br />

nannte die Vorschläge der <strong>GEW</strong><br />

ebenso konstruktiv wie die Bereitschaft<br />

der Gewerkschaft, die Kontroverse<br />

sachbezogen und zielgerichtet<br />

zu lösen. Nach intensivem Austausch<br />

der gegenseitigen Argumente akzeptierte<br />

er den Vorschlag der <strong>GEW</strong>,<br />

statt der vorgesehenen 11 insgesamt<br />

14 Schulpsychologische „Service-<br />

Zentren“ einzurichten und die Bereiche<br />

Bitburg, Kusel/Birkenfeld und<br />

Westpfalz unmittelbar in die Service-<br />

Bereiche mit einzubeziehen. Darüber<br />

hinaus habe er sich überzeugen lassen,<br />

so der Staatssekretär, dass für den<br />

Bereich Rhein-Hunsrück wohl eher<br />

der Standort Simmern gegenüber<br />

Bad Kreuznach zu bevorzugen sei.<br />

Staatssekretär Hofmann-Göttig sagte<br />

zu, den mit der <strong>GEW</strong> abgesprochenen<br />

neuen Vorschlag der Ministerin<br />

und dem Ministerrat zu unterbreiten.<br />

Auch für das weitere von der <strong>GEW</strong><br />

thematisierte Problem zeigte der<br />

Staatssekretär Verständnis und Entgegenkommen:<br />

Die durch Altersteilzeit<br />

in den nächsten Jahren ausscheidenden<br />

zehn SchulpsychologInnen-<br />

Stellen müssten dringend wiederbesetzt<br />

werden, um die Qualität der<br />

Schulpsychologischen Beratung aufrecht<br />

zu erhalten. Es wäre „eine<br />

schlichte Katastrophe“, wenn ein<br />

Viertel der vorhandenen Stellen in<br />

der Freistellungsphase der Altersteilzeit<br />

nicht besetzt würde, meinte der<br />

Hofmann-Göttig. Er werde versuchen,<br />

dies auch dem Finanzminister<br />

deutlich zu machen.<br />

U.Kü.<br />

Bücherspalte<br />

Methoden des<br />

lebendigen Lernens<br />

Die von Prof. Dr. Arnold und<br />

Dipl.Päd. Ingeborg Schüßler als<br />

Heft Nr. 1 der Reihe „Pädagogische<br />

Materialien der Universität<br />

Kaiserslautern“ herausgegebene<br />

Broschüre beinhaltet alle im Verlauf<br />

eines handlungsorientierten<br />

Methodenseminars erprobten<br />

Methoden inklusive anschaulicher<br />

Beispiele, Anwendungsfelder und<br />

Einsatzbewertungen. Auch die 3.<br />

Auflage 2002 ist wieder durch die<br />

<strong>GEW</strong> veröffentlicht.<br />

Euro 3,60 zzgl. Porto<br />

Beamtenversorgungsrecht<br />

In dieser <strong>GEW</strong>-Broschüre wird die<br />

Berechnung des Ruhegehalts dargestellt.<br />

Grundlage ist das ab 1.<br />

Jan. 1992 geltende Beamtenversorgungsrecht<br />

i.d.F. der Änderungsgesetze<br />

1997, 1998 und<br />

2000.<br />

6. Aufl. 2001, 230 Seiten<br />

Euro 4,00 zzgl. Porto<br />

Beihilfenverordnung<br />

in der Fassung vom 10. Dezember<br />

2002 mit der Einführung einer<br />

Kostendämpfungspauschale und<br />

den Änderungen zu Wahlleistungen<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder kostenlos -<br />

Nichtmitglieder 1,30 Euro,<br />

jeweils zzgl. Porto<br />

111 Tipps zu Sozialleistungen<br />

DGB-Broschüre mit Tipps für Erwerbstätige,<br />

Arbeitslose oder allein<br />

Erziehende zu Leistungen wie Arbeitslosengeld,<br />

Wohngeld, Sozialhilfe<br />

u.v.m.<br />

185 Seiten, 2. Aufl. 2002<br />

Euro 4,90 zzgl. Porto<br />

Bestellungen an:<br />

<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />

Neubrunnenstr. 8 · 55116 Mainz<br />

4 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


<strong>GEW</strong> fordert mehr Unterstützung<br />

für Ganztagsschulen in neuer Form<br />

Der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Tilman Boehlkau:<br />

„Die Ganztagsschule<br />

in<br />

neuer Form<br />

benötigt noch<br />

Nachbesserungen<br />

von Seiten der<br />

Politik.“<br />

„Wenn zu Beginn des<br />

Schuljahres 2003/<br />

2004 weitere 82 Ganztagsschulen<br />

in neuer<br />

Form eingerichtet<br />

werden, dann bedarf<br />

dies einer größeren<br />

Unterstützung von<br />

Seiten des zuständigen<br />

Ministeriums sowie<br />

der Schulträger, die<br />

von der Politik stärker<br />

in die Verantwortung<br />

genommen werden<br />

müssen als vor einem Jahr," sagte<br />

der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Tilman<br />

Boehlkau vor der Presse.<br />

Schulen<br />

Die Ergebnisse der <strong>GEW</strong>-Umfrage zur<br />

Situation an den neuen Ganztagsschulen<br />

vom vergangenen Jahr wurde im<br />

Februar und März auf vier Schulungen<br />

der <strong>GEW</strong> von 120 teilnehmenden<br />

Personalräten erneut bestätigt. Schlecht<br />

bis unzulänglich stellt sich an den meisten<br />

neuen Ganztagsschulen die Raumsituation<br />

dar. Insbesondere wurden angemessene<br />

Aufenthalts-, Ruhe- und Arbeitsräume<br />

für die SchülerInnen sowie<br />

zum großen Teil nur provisorisch eingerichtete<br />

Essensräume angeprangert.<br />

Auch für die LehrerInnen an den<br />

Ganztagsschulen fehlen Arbeitsräume.<br />

"Hier muss das Ministerium die Schulträger<br />

in die Pflicht nehmen und darf<br />

Ganztagsschulen nur zulassen, wenn<br />

das Raumprogramm den Anforderungen<br />

auch wirklich gewachsen ist" stellte<br />

Tilman Boehlkau fest. Er forderte das<br />

Ministerium auf, möglichst rasch die<br />

aus dem Investitionsprogramm des<br />

Bundes zur Verfügung gestellten Mittel<br />

den Schulträgern für bauliche Maßnahmen<br />

an den Ganztagsschulen<br />

zweckgebunden weiterzuleiten und mit<br />

den Kommunen über zusätzliche Verwaltungskräfte<br />

zu verhandeln.<br />

Die Eltern, so laut <strong>GEW</strong> viele Personalräte,<br />

seien oft mit "unzureichenden<br />

Informationen" über die neuen Ganztagsschulen<br />

"angelockt" worden, z.B.<br />

im Hinblick auf die Hausaufgabenbetreuung.<br />

Zurzeit würde häufig nicht<br />

pädagogisch ausgebildetes Personal eingesetzt.<br />

Die folge seien oft nicht vollständig<br />

erledigte Hausaufgaben bzw.<br />

Unruhe in der Hausaufgabenzeit. Einige<br />

Schulen klagten deswegen bereits<br />

für den zweiten Jahrgang über rückläufige<br />

Anmeldezahlen und sähen die<br />

Fortsetzung des pädagogisch wichtigen<br />

Ganztagsangebotes in Frage gestellt. "Es<br />

kann und darf nicht sein, dass die<br />

Hausaufgabenzeit in der neuen Ganztagsschule<br />

durch nicht hinreichend qualifizierte<br />

Kräfte betreut wird. Gerade<br />

schwache SchülerInnen brauchen die<br />

pädagogische Hilfestellung - aber auch<br />

gute SchülerInnen können nur durch<br />

den Einsatz von Lehrkräften besonders<br />

gefördert werden!" sagte Boehlkau.<br />

"Die Ganztagsschule in neuer Form<br />

benötigt noch Nachbesserungen von<br />

Seiten der Politik - z.B. mehr pädagogisches<br />

Personal -, damit sie sich zu einer<br />

qualitativ guten Ganztagsschule<br />

entwickelt und nicht eine Aufbewahrungseinrichtung<br />

wird," betonte der<br />

<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />

<strong>GEW</strong> lehnt Vergleichsarbeiten am Ende der Grundschule ab<br />

Die <strong>GEW</strong> hält die Entscheidung von<br />

Bildungsministerin Doris Ahnen, flächendeckende<br />

Vergleichsarbeiten in<br />

Mathematik und Deutsch im vierten<br />

Grundschuljahr durchzuführen, aus<br />

pädagogischen wie aus bildungspolitischen<br />

Gründen für einen falschen<br />

Schritt.<br />

„Aus pädagogischer Sicht sehen wir Vergleichsarbeiten<br />

mit großer Skepsis, weil<br />

sie die Leistung der Kinder auf abfragbares<br />

Wissen reduzieren, anstatt jedes<br />

Kind ganzheitlich mit all seinen Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten anzuerkennen.<br />

Das geplante Vorhaben ist insofern<br />

mit den pädagogischen Zielen und<br />

Arbeitsweisen einer modernen Grundschule<br />

nur wenig zu vereinbaren.“, sagte<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Tilman<br />

Boehlkau.<br />

Vergleichsarbeiten gegen Ende der<br />

Grundschulzeit machen aus Sicht der<br />

<strong>GEW</strong> zudem wenig Sinn, wenn mit<br />

ihnen ´Hinweise für die individuelle<br />

Förderung der Kinder‚, wie das Bildungsministerium<br />

betont, erreicht werden<br />

sollen. „Unterstützungsleistungen<br />

für SchülerInnen und Eltern, die erst<br />

in der vierten Grundschulklasse erfolgen,<br />

kommen zu spät und erreichen<br />

nicht mehr das erklärte Ziel.“, hob Boehlkau<br />

hervor. Die <strong>GEW</strong> habe deshalb<br />

in den Gesprächen mit den BildungspolitikerInnen<br />

der Regierungsparteien<br />

und dem Ministerium vorgeschlagen,<br />

die - von der Politik unbedingt gewollten<br />

- Vergleichsarbeiten bereits im dritten<br />

Grundschuljahr durchzuführen,<br />

um noch genügend Zeit zu haben, individuell<br />

Rückschlüsse zu ziehen und<br />

effektive Hilfe leisten zu können. „Das<br />

Vorziehen der Vergleichsarbeiten auf<br />

den Beginn der vierten Klassenstufe war<br />

vor diesem Hintergrund offenbar ein<br />

Kompromiss.“, so der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />

„Der Verdacht, dass die Vergleichsarbeiten<br />

ebenfalls als ein weiteres Selektionsinstrument<br />

für die Schullaufbahnempfehlung<br />

am Ende der Grundschulzeit<br />

dienen sollen, ist leider nicht von der<br />

Hand zu weisen.“, meinte Tilman Boehlkau.<br />

Die Aussage der Ministerin, die<br />

´Testergebnisse seien aber auch eine zusätzliche<br />

Information für Eltern und<br />

Kinder, wenn es um die Wahl der weiteren<br />

Schullaufbahn gehe´, können<br />

nach Auffassung der Gewerkschaft<br />

kaum anders gedeutet werden.<br />

Wenn in diesem Zusammenhang die<br />

IGLU-Studie zitiert werde, müssten die<br />

politisch Verantwortlichen schon deutlicher<br />

machen, inwiefern mit dieser<br />

Studie vor allem das „Vermessen“ von<br />

SchülerInnen-Leistungen gegen Ende<br />

der Grundschulzeit als eine sinnvolle<br />

bildungspolitische Strategie angesehen<br />

werden könne, hinterfragte der <strong>GEW</strong>-<br />

Landesvorsitzende. Richtig sei, dass<br />

IGLU den Grundschullehrkräften bescheinige,<br />

´Strategien zu beherrschen,<br />

um mit heterogenen Schülerschaften<br />

umzugehen sowie individuell zu fördern´,<br />

wie auch das Bildungsministerium<br />

betone. Durch Vergleichsarbeiten<br />

würden aber weder diese Fähigkeiten<br />

der GrundschullehrerInnen gestärkt<br />

noch die Grundschule entscheidend<br />

weiterentwickelt, glaubt Tilman Boehlkau.<br />

pm-gew<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

5


Schulen<br />

Warum die Grundschule besser ist<br />

„Als Schule für alle Kinder dem Auslesesystem überlegen“<br />

Nach Bekanntgabe<br />

der Ergebnisse<br />

der internationalen<br />

Vergleichsstudie<br />

IGLU, bei der<br />

die deutschen<br />

Grundschulen<br />

weitaus besser<br />

abschnitten als<br />

die Schulen der<br />

Sekundarstufe<br />

I bei PISA, befragte<br />

unser<br />

Mitarbeiter Dr.<br />

Paul Schwarz<br />

im pfälzischen Landau PädagogInnen,<br />

wie sie sich dieses Ergebnis erklären.<br />

„Die Grundschule als Schule für alle<br />

Kinder ist offenbar dem Auslesesystem<br />

nach Klasse vier überlegen“,<br />

meint Bernhard Letzel, Schulleiter an<br />

der Grundschule Wollmesheimer<br />

Höhe. Die frühe Auslese in Deutschland<br />

führe dazu, dass die schwachen<br />

Kinder keine Chance bekämen, besser<br />

zu werden. Er plädiert deshalb für<br />

eine Schule für alle - in den ersten<br />

acht, neun Jahren. Bekanntlich landeten<br />

beim 35-Nationen-Schulvergleich<br />

IGLU (Internationale Grundschul-Leseuntersuchung)<br />

die deutschen<br />

GrundschülerInnen bei der<br />

Lesekompetenz im oberen Mittelfeld.<br />

Auch in Mathematik und in den<br />

Naturwissenschaften sind deutsche<br />

Grundschülerinnen überdurchschnittlich<br />

gut. Sie schnitten danach<br />

bedeutend besser ab als die Fünfzehnjährigen<br />

in der PISA- Studie.<br />

Dort belegte Deutschland einen hinteren<br />

Rankingplatz.<br />

Gefragt nach den Gründen für das<br />

gute Abschneiden der Erst- bis Viertklässler,<br />

sehen sich Schulleiterin Hedi<br />

Heintze und ihr Kollegium aus der<br />

Pestalozzischule in ihrer gründlichen<br />

Lesearbeit bestätigt. Lesen sei jedoch<br />

ein Prozess, der auch in der weiterführenden<br />

Schule nicht abgeschlossen<br />

sei. Auch dort müsse man die<br />

„Megakompetenz“ Lesen ernst nehmen<br />

und sollte wie in der Grund-<br />

schule den Mädchen und Jungen mit<br />

kleinen Klassebibliotheken Gelegenheit<br />

geben, sich zum Lesen zurückziehen<br />

zu können. Die von zahlreichen<br />

Eltern nicht beachtete Laufbahnempfehlung<br />

der Lehrkräfte am<br />

Ende der 4. Klasse ist für Heintze<br />

eine wichtige Ursache für die<br />

schlechten PISA-Ergebnisse der<br />

Achtklässler. „Wenn Eltern mit<br />

Hauptschulempfehlungen ihre Kinder<br />

ins Gymnasium schicken, brauchen<br />

wir uns über schlechte Leistungen<br />

und manche schulische Tragödie<br />

nicht zu wundern“.<br />

Theo Bauer, Rektor der Nußdorfer<br />

Grundschule, weist auf das individuelle<br />

Lernen und auf die methodische<br />

Vielfalt im Unterricht der ersten<br />

Klassen hin. Für ihn ist die Grundschule<br />

die eigentliche „Reformschule“<br />

in unserem Land. Bauer regt deshalb<br />

für die LehrerInnen weiterführender<br />

Schulen an, ab und zu in den<br />

Grundschulen zu hospitieren, um<br />

den Kindern den Übergang von der<br />

Grund- zur weiterführenden Schule<br />

zu erleichtern.<br />

„Wir in der Grundschule fordern<br />

und fördern“, betont Christiane<br />

Jacub_czyk. Sie leitet die Queichheimer<br />

Grundschule. Die familiäre Atmosphäre<br />

und die Bindung an den<br />

Klassenlehrer motiviere überdies das<br />

Lernen.<br />

Kritisch geht Norbert Rothhaas, Leiter<br />

der Horstringschule, zahlreiche<br />

Lehrerinnen und Lehrer der weiterführenden<br />

Schulen an. Dort herrsche<br />

im Unterricht häufig das Prinzip<br />

„Vogel friss oder stirb“. Es werde zu<br />

wenig erklärt und zu wenig auf die<br />

Schüler eingegangen, beklagt er sich.<br />

Fachlich gute Leistungen reichten<br />

heute für einen Lehrer am Gymnasium<br />

nicht mehr aus. „Wir brauchen<br />

in der weiterführenden Schule bessere<br />

Pädagogen und eine bessere Vermittlungskompetenz,<br />

mehr Freude<br />

an der Lehrarbeit, die sich dann auch<br />

auf die Kinder und deren Lernmotivation<br />

überträgt“.<br />

Elke Wadlinger und Dieter Scholl<br />

von der Thomas- Nast- Grundschule<br />

heben hervor, wie wichtig in der<br />

Erziehungs- und Bildungsarbeit die<br />

Nähe und der Bezug zum Kind seien.<br />

Der anschauliche Grundschulunterricht,<br />

so Wadlinger, erleichtere das<br />

Stoffverständnis. Seit Jahren, fügt<br />

Rektor Scholl hinzu, arbeite man im<br />

Mathematikunterricht der Thomas-<br />

Nast-Schule schwerpunktmäßig mit<br />

Textaufgaben, um das Leseverständnis<br />

zu steigern. „Das problemlösende,<br />

mehrstufige Vorgehen in Einzel,<br />

Partner- und Gruppenarbeit führt<br />

bei uns zu einem nachweisbar nachhaltigeren<br />

Lernen als früher.“<br />

Der Privatdozent für Grundschulpädagogik<br />

an der Universität Landau,<br />

Dr. Herbert Laux, stellt mit wachsendem<br />

Schulalter eine sinkende<br />

Lernfreude fest, weil die Interessen<br />

der Kinder und Jugendlichen immer<br />

weniger in der Schule berücksichtigt<br />

würden. „In der Grundschule dagegen“,<br />

sagt er, „wird das Anspruchsniveau<br />

im Unterricht auf die Kinder<br />

zugeschnitten.“ Den weiterführenden<br />

Schulen gibt er den Rat, weniger<br />

stofforientiert und mehr kindorientiert<br />

zu unterrichten. Die Pubertät<br />

als Lernhemmnis lässt Laux nicht<br />

gelten. Vielmehr müssten sich Pädagogen<br />

fragen, was brauchen Kinder<br />

in der Pubertät und wie gehe ich<br />

pädagogisch damit um.<br />

Schulreformer Dr. Heinz Klippert<br />

lobt das kleinschrittige und konsequente<br />

Lernen und Üben in der<br />

Grundschule. Helfersysteme, der<br />

stärkere hilft dem schwächeren Schüler,<br />

förderten die einzelnen Begabungen,<br />

Kinder lernten von Kindern.<br />

Die dichtere Betreuung und das<br />

Klassenlehrerprinzip seien für den<br />

jetzigen internationalen Erfolg<br />

ebenfalls mitentscheidend. Für Lehrerbildner<br />

Frank Müller vom EFWI<br />

in Landau ergeben sich Chancen,<br />

wenn Kinder nicht abgeschoben<br />

werden können, also nicht sitzen<br />

bleiben. So ist die Grundschule gezwungen<br />

zu differenzieren, um jedem<br />

Schüler gerecht zu werden. Die<br />

<strong>GEW</strong>-Kreisvorsitzende Dr. Gerlinde<br />

Schwarz hofft, dass mit dem guten<br />

Abschneiden deutscher Grundschüler<br />

das „abwertende Gerede von der<br />

Kuschelpädagogik in der Grundschule<br />

endlich verstummt“.<br />

Paul Schwarz<br />

6 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


„Man merkt schon am Bonjour, ob sie schlecht gelaunt ist“<br />

Lehrkräfte und Unterricht im Spiegel von Abiturzeitungen<br />

Schulen<br />

„In der letzten Stunde waren wir bei<br />

Faust im Studierzimmer, der nichts<br />

Besseres zu tun hat, als nach dem<br />

Sinn des Lebens zu suchen. Da ihm<br />

seine ganzen Wissenschaften keine<br />

Erkenntnis bringen, kommt der Kerl<br />

auf die Idee, sich umzubringen. Hätte<br />

er’s doch nur gemacht, dann wären<br />

wir heute schon fertig. Und so<br />

nimmt die Stunde ihren Lauf. Frau<br />

A. monologisiert zwei Drittel der<br />

Zeit ohne Punkt und Komma über<br />

Faust, die Dummheit der Männer<br />

und die Herrlichkeit der Frau.“<br />

Deutschunterricht im Leistungskurs<br />

einer 13. Klasse, gespiegelt in einer<br />

pfälzischen Abiturzeitung.<br />

Dreizehn Jahre lang haben viele der<br />

diesjährigen Abiturienten ihre Zeit,<br />

manchmal auch ihre ganze Kraft in<br />

die Schule gesteckt. Dass sie einmal<br />

öffentlich und unüberhörbar sagen<br />

können, was sie über ihre Schulzeit<br />

und Lehrkräfte wirklich denken,<br />

dafür gibt es im deutschen Schülerleben<br />

scheinbar nur eine einzige Gelegenheit:<br />

in den landauf, landab erscheinenden<br />

Abiturzeitungen. Blättert<br />

man die z.T. umfangreichen Publikationen<br />

(200 und mehr Seiten)<br />

aus pfälzischen Gymnasien durch,<br />

versteht man die PISA-Studie besser<br />

und warum im internationalen Vergleich<br />

deutsche Schülerinnen und<br />

Schüler so schlecht abgeschnitten<br />

haben:<br />

„Die Unterrichtsstunden waren nur<br />

Zeitabsitzerei. Wir sind eigentlich<br />

nur älter geworden in dieser Zeit“ -<br />

„mittelalterliche Lernmethoden“ -<br />

„ultralangweiliger Unterricht“ - „die<br />

Schule eine Leidenszeit“ - „der Unterricht<br />

eine Quälerei“ - „wie konnten<br />

wir das alles überleben?“ - „sie<br />

kitzelte unsere Antworten auf ihre<br />

Fragen heraus, bis wir nur noch mit<br />

Ja oder Nein antworten mussten“ -<br />

„ob Kafka, Goethe oder Brecht, es<br />

war leider alles schlecht, welche Qual,<br />

uns war alles scheißegal“.<br />

In einem Gymnasium bekommen<br />

von 48 Lehrkräften nur etwa 20 Prozent<br />

einigermaßen gute Noten („ein<br />

toller Lehrer“, „Super-Geschichtslehrer“,<br />

„bei ihr lernt man was“). Einige<br />

werden gelobt, weil sie lustig und<br />

locker drauf sind („super cool und<br />

nett“), wie überhaupt Spaß und Fun<br />

als entscheidende Kriterien für die<br />

Qualität des Unterrichts angesehen<br />

werden. „Der Englisch-Leistungskurs<br />

is always verrie luschdich, we häf<br />

gelooked very good film. Your Tafelbilder<br />

were very selten, awwer wenn<br />

dann rightly.“ - „auch wenn wir nicht<br />

viel gelernt haben, hatten wir doch<br />

viel Spaß“ - „echt lustiger Chemieunterricht“<br />

- „unterhaltsame Stunden“.<br />

Dazu passen dumme Pädagogensprüche:<br />

„Wer glaubt, dass Bildungsreformer<br />

Bildung reformieren,<br />

der denkt wohl auch, dass Zitronenfalter<br />

Zitronen falten“.<br />

Schlimmer sind die immer wieder<br />

zitierten zotigen und frauenfeindlichen<br />

Äußerungen („wie verhüten<br />

Emanzen?“) mancher Lehrkräfte,<br />

begleitet von heftigen Schülerkommentaren:<br />

„In der 7ten (hohe Pubertätsphase)<br />

durfte man ihn nicht als<br />

Klassenlehrer einsetzen. Wir Mädels<br />

haben uns von ihm ferngehalten.“<br />

Die Schülerurteile sind z.T. vernichtend:<br />

„als Lehrer ungeeignet“, „keine<br />

Autorität“, „wie hat sie nur Abitur<br />

und Studium geschafft?“ - „Null<br />

Durchblick“ - „ein lieber Kerl so faul<br />

wie seine Schüler“ - „macht nichts<br />

und verdient“ - „hält es noch weniger<br />

in der Schule aus als ihre Schüler“<br />

- „das stets verwirrte Genie steht<br />

vorne am Pult und konsultiert sein<br />

schmales Buch, das bestimmt schon<br />

hundert Jahre alt ist“ - „menschlich<br />

super drauf, aber als Lehrer ´ne halbe<br />

Katastrophe“ - „hat den falschen<br />

Beruf gewählt“ - „hat keine Lust zum<br />

Erklären. Warum ist er dann Lehrer?“<br />

- „sie folgte ihren sadistischen<br />

Neigungen und wurde Lehrerin“ -<br />

„würde man Lehrer mit zwei ee<br />

schreiben, wäre sie auch nach ihrer<br />

Funktion benannt“ - „der langweiligste<br />

Unterricht, schaut nur auf die<br />

Brüste der Mädels“. Wen wundert´s,<br />

dass bei solchen Lehrkräften aus dem<br />

Blickwinkel der SchülerInnen die<br />

Leistungen auf der Strecke bleiben:<br />

„Verliert Tests und gibt auf falsche<br />

Lösungen volle Punktzahl“ - „gibt<br />

mir immer 10 Punkte (= gut), egal,<br />

wie Scheiße mein Bild ist“ - „bei ihm<br />

kann man einen DIN A 4-Spickzettel<br />

in der Reihe herumgeben, ohne<br />

dass er’s merkt“ - „ich schrieb Tests<br />

immer komplett aus dem Heft ab<br />

und hatte trotzdem nur 10 Punkte“<br />

- „schläft bei Tests“ - „habe bisher in<br />

der Oberstufe noch nie eine Lektüre<br />

gelesen „ - „bekommt man bei ihr<br />

die guten Noten nachgeschmissen“.<br />

Es gibt Unterschiede bei der Beurteilung<br />

der Lehrkräfte. Am härtesten<br />

gehen die Schülerinnen und Schüler<br />

staatlicher Gymnasien mit ihren<br />

Lehrern ins Gericht, am freundlichsten<br />

sind die Mädchen aus einer katholischen<br />

Privatschule. Sie spießen<br />

zwar auch die Macken ihrer Lehrer<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

7


Schulen<br />

auf, kritisieren die Langeweile als das<br />

Immergleiche des Unterrichtsalltags,<br />

aber sie loben mehr, und am Ende<br />

klingt es dann jedes Mal versöhnlich.<br />

„Sie ist ein wahrer Glücksgriff“ - „einer<br />

der engagiertesten Lehrer“ - „wir<br />

werden sie schmerzlich vermissen“ -<br />

„Sie als Lehrer zu haben, war wirklich<br />

ein Glück“. - „Dank für Ideenreichtum,<br />

gute Laune und Motivation“.<br />

Werden die LehrerInnen bewertet,<br />

zählen hauptsächlich Allgemeinwissen,<br />

Fachwissen, Humor und<br />

Menschlichkeit. Was fehlt, ist die<br />

Vermittlungskompetenz und das<br />

methodische Geschick eines Lehrers,<br />

die Hinführung zum eigenverantwortlichen<br />

Lernen, und so verläuft<br />

trotz PISA und Bildungsdebatten der<br />

Unterricht meistens noch immer so:<br />

Es wird serviert, geschluckt, verdaut<br />

und vergessen:<br />

„So jetzt schreiben wir eine Kursarbeit.<br />

Ich hoffe, ihr habt alles auswendig<br />

gelernt“ - „Sie ist nur zufrieden,<br />

wenn man eine Antwort wortwörtlich<br />

in ihrem Sinne vorträgt.“<br />

Das Ergebnis nach mindestens neun<br />

Jahren Gymnasialbesuch im Spiegel<br />

einer der Abiturzeitungen: Ein Abiturient,<br />

„der so motiviert ist, dass er<br />

vor lauter Motivation nichts anderes<br />

mehr machen kann - wenn man<br />

bei Frau B. Unterricht hatte“, „der<br />

bei H. S. und H. B. gelernt hat, dass<br />

Bio-Exkursionen Spaß machen können“,<br />

„der bei Herrn K. erkannt hat,<br />

warum Schüler Amok laufen“, „der<br />

nach drei Jahren Sozialkunde Leistungskurs<br />

bei Herrn M. über Afghanistan,<br />

Israel und den Irak eine Doktorarbeit<br />

schreiben könnte, aber<br />

sonst nicht weiß, was er gelernt hat“<br />

und „der erkannt hat, dass Englischlehrer<br />

nicht unbedingt Englisch<br />

können müssen, um zu unterrichten,<br />

wenn man Frau H. hatte“.<br />

Die Texte der AbiturientInnen stimmen<br />

nachdenklich, aber manche<br />

Schülerklage verlöre viel an Berechtigung<br />

und Schärfe, wenn SchülerInnen<br />

nicht nur beim Verlassen der<br />

Schule aufstünden und sagten, was<br />

falsch ist an der Schule, nicht gefällt<br />

am Lehrer und am Unterricht, wenn<br />

die Auseinandersetzung tolerant und<br />

standhaft bestritten und wenn sich<br />

an unseren Schulen so etwas wie eine<br />

Kultur der öffentlichen Schulgespräche<br />

entwickelte. Wo lassen sich die<br />

Schulmeister in Lehrerkonferenzen<br />

reflektierend und selbstkritisch auf<br />

das ein, was ihr Kerngeschäft ist, wo<br />

sind die Elternbeiräte, die nicht nur<br />

über den ausgefallenen, sondern<br />

auch den gehaltenen Unterricht reden?<br />

Paul Schwarz<br />

Reformkonzept mehr verwässert als präzisiert<br />

<strong>GEW</strong> und VBE zur Reform der LehrerInnenbildung<br />

Die Vorsitzenden der beiden größten Lehrergewerkschaften in Rheinland-<br />

Pfalz, Tilman Boehlkau von der <strong>GEW</strong> und Johannes Müller vom VBE, äußerten<br />

sich in einer gemeinsamen Stellungnahme anlässlich einer Pressekonferenz<br />

von Wissenschaftsminister Zöllner zur Reform der Lehrerbildung in<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

VBE<br />

„Im jetzt von Minister Zöllner vorgelegten<br />

Konzept gibt es weniger<br />

Licht und mehr Schatten.<br />

So begrüßen wir zwar die Einrichtung<br />

von Lehrerbildungszentren an<br />

den Universitäten und die Stärkung<br />

bildungswissenschaftlicher und fachdidaktischer<br />

Anteile in der Lehrerbildung.<br />

Wir unterstützen auch das<br />

Bestreben, durch die Reform mehr<br />

Einheitlichkeit in die Lehrerbildung<br />

insgesamt zu bringen. Wir sind<br />

allerdings enttäuscht, dass der<br />

Grundgedanke eines gemeinsamen<br />

Basis-Studiums für alle Lehrerinnen<br />

und Lehrer im heute vorgelegten<br />

Reformkonzept faktisch aufgegeben<br />

worden ist. Denn eine schulartspezifische<br />

Schwerpunktbildung vom<br />

ersten Semester an setzt letztlich die<br />

Tradition der bisherigen Lehrerbildungsstruktur<br />

fort, die gerade durch<br />

das Reformkonzept überwunden<br />

werden sollte.“<br />

Geradezu als Provokation empfinden<br />

beide Vorsitzenden den Plan, die<br />

Fachwissenschaften ab dem ersten<br />

Semester schulartspezifisch anzubieten.<br />

Diese Regelung durchbreche<br />

nicht nur endgültig den Gedanken<br />

einer gemeinsamen Basisausbildung<br />

für alle Lehrämter, sondern entspreche<br />

auch einem anderen Verständnis<br />

von den Aufgaben des Lehrberufs.<br />

Boehlkau und Müller: „Wir sehen<br />

deshalb in diesem substantiellen<br />

Schwenk nicht - wie der Minister<br />

sagt - aus dem Dialogprozess erwachsene<br />

Präzisierungen, sondern durch<br />

politischen Druck erzeugte Verwässerungen<br />

des ursprünglichen geplanten<br />

Lehrerbildungskonzepts.“<br />

Die beiden Vorsitzenden erinnerten<br />

daran, dass bereits der Reformentwurf<br />

vom März 2002 zahlreiche<br />

Kompromisse enthalten hätte. „Wir<br />

haben diese Kompromisse akzeptiert,<br />

um den Gesamtentwurf weiter tragen<br />

zu können. Jetzt sehen wir uns<br />

kaum noch in der Lage, dieses wichtige<br />

Reformvorhaben der Landesregierung<br />

zu unterstützen!“<br />

<strong>GEW</strong> und VBE haben vor der Reformdiskussion<br />

einen eigenen gemeinsamen<br />

Vorschlag zur Reform<br />

der Lehrerbildung formuliert, der<br />

ursprünglich in zentralen Punkten<br />

Berücksichtung fand. Boehlkau und<br />

Müller: „Wir müssen heute feststellen,<br />

dass sich Wissenschaftsminister<br />

Zöllner in den letzten Monaten nur<br />

noch mit den Gegnern und nicht<br />

mehr mit den Befürwortern der Reform<br />

der Lehrerbildung befasst hat.<br />

Dadurch, dass er die traditionelle<br />

Säulenstruktur der Lehrerbildung<br />

nicht aufgehoben hat, sondern durch<br />

das neue Modell letztlich nur in<br />

modifizierter Form fortsetzt, hat er<br />

eine echte bildungspolitische Chance<br />

vertan!“<br />

pm<br />

8 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


„Altes Schwein durch´s Dorf getrieben“<br />

Schulen<br />

„Die Forderung des Präsidenten des<br />

Deutsch Industrie- und Handelskammertages<br />

(DIHK) zur Fortbildungspflicht<br />

der LehrerInnen sind zwar gut<br />

für die Stimmungsmache, entsprechen<br />

aber in keiner Weise den Tatsachen!“,<br />

stellte der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Tilman<br />

Boehlkau gegenüber der Presse klar.<br />

LehrerInnen nähmen heute schon eine<br />

Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen<br />

an Nachmittagen, Wochenenden<br />

und in den Ferien wahr. „Der Slogan<br />

‚Lebenslanges Lernen‘ gilt gerade für<br />

Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten“,<br />

so Boehlkau und wies die Unterstellung<br />

des DIHK-Präsidenten nachdrücklich<br />

zurück, dass „die Lehrer mal<br />

(darüber) nachdenken“ sollten.<br />

Die <strong>GEW</strong> habe gemeinsam mit dem<br />

DGB lange für das Bildungsfreistellungsgesetz<br />

und den rechtlichen Anspruch<br />

aller ArbeitnehmerInnen zur<br />

Fort- und Weiterbildung während der<br />

Arbeitszeit ‚gestritten‘. Dass nun der<br />

DIHK-Präsident Braun die Ferien der<br />

LehrerInnen ins Gespräch bringe, sei<br />

so alt wie der berühmte Zopf.<br />

„Natürlich kann Fortbildung nicht in<br />

die Beliebigkeit des Einzelnen gestellt<br />

werden. Genauso natürlich ist aber<br />

auch, dass Fortbildung nicht nur in der<br />

unterrichtsfreien Zeit durchgeführt<br />

werden kann“, sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende.<br />

Wer sechs oder mehr Stunden<br />

unterrichtet habe, sei selten mittags<br />

in der Lage, effektive Fortbildung<br />

zu betreiben. Auch LehrerInnen an<br />

Ganztagsschulen nähmen Fortbildungen<br />

in der außerunterrichtlichen Zeit<br />

selbstverständlich wahr.<br />

„Wenn Braun argumentiert, ‚dass Lehrer<br />

Teile ihrer Ferien für Weiterbildung<br />

in ihren Unterrichtsfächern oder auch<br />

für Betriebspraktika nutzen‘ sollen,<br />

dann zeugt dies von völliger Unkenntnis<br />

der derzeitigen Praxis!“, betonte<br />

Boehlkau und forderte den DIHK-Präsidenten<br />

auf, sich bei den staatlichen<br />

oder kirchlichen und sonstigen Fortund<br />

Weiterbildungseinrichtungen über<br />

die Fortbildungsbereitschaft der LehrerInnen<br />

zu informieren.<br />

„Herr Braun sollte in seinem Bereich<br />

einmal eine Abfrage über Betriebspraktika<br />

der LehrerInnen durchführen, er<br />

würde sich über die große Resonanz<br />

dieser Angebote freuen“, so der <strong>GEW</strong>-<br />

Landeschef zum Abschluss und wies auf<br />

die erfolgreichen Seminare von „Schule<br />

und Wirtschaft“ in Rheinland-Pfalz<br />

hin. pm-gew<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

9


LehrerInnenbildung<br />

Mythos Praxisbezug -<br />

Anmerkungen zu einem begrifflichen Irrläufer der Bildungspolitik<br />

- Von Rolf Arnold -<br />

Ein Gespenst geht um in der Bildungspolitik: Es ist das Gespenst des „Praxisbezugs“.<br />

Und im Gefolge dieses Gespenstes finden sich allerhand Muster einer<br />

vereinfachenden und vielfach dichotomisierenden Sicht der Wirklichkeit,<br />

wie z.B. „hier die Wissenschaft als der Hort der Elfenbeintürme und der praxisfernen<br />

Wirklichkeitsschau“ und „dort die Praxis, in der man lernen kann,<br />

wie es geht!“<br />

Nimmt man die augenblickliche<br />

Debatte um die Reform der Lehrerbildung<br />

in den Blick, so finden sich<br />

zahlreiche Belege für diese gespensterhafte<br />

Prozession, die alle Aufmerksamkeit<br />

auf sich zieht, weshalb die<br />

Verantwortlichen verkennen, wie es<br />

wirklich ist und wo die eigentlichen<br />

Innovationen anzusetzen hätten.<br />

Zudem liefert diese Prozession dem<br />

erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch<br />

informierten Beobachter zahlreiche<br />

Belege für den Konstruktivismus,<br />

wie z.B. für den Effekt des<br />

„Man-sieht-nur-was-man-sieht“,<br />

aber auch für die Blindheit „für die<br />

eigene Blindheit“ (Pörsken 2001,<br />

S.38ff), der vieles entgeht, nicht<br />

zuletzt aber auch der Sachverhalt,<br />

dass ihr etwas entgeht.<br />

Im folgenden soll eine kritische Gegenposition<br />

skizziert werden, die in<br />

der These gipfelt:<br />

Bildungspolitische Konzepte und Maßnahmen<br />

(z.B. in der Lehrerbildung)<br />

können nur dann innovativ wirken,<br />

wenn sie sich nicht an der vorfindbaren<br />

Praxis, sondern an dem wissenschaftlich<br />

basierten Bild einer veränderten,<br />

vernünftig organisierten Praxis<br />

orientieren. Für die LehrerInnenbildung<br />

gilt: „Praxis“ ist nicht allein schon<br />

deshalb eine legitime Zielgröße, weil es<br />

sie gibt, es kommt vielmehr darauf an,<br />

in den zukünftigen Lehrerinnen und<br />

Lehrern einen Möglichkeitssinn, d.h.<br />

ein Verständnis von den ungenutzten<br />

Möglichkeiten, der Veränderbarkeit<br />

und der alternativen Gestaltbarkeit von<br />

Lehren und Lernen zu entwickeln. Die<br />

Praxis selbst kann diesen Möglichkeitssinn<br />

nicht vermitteln, notwendig ist<br />

hierfür vielmehr eine Integration verschiedener<br />

Wissensformen in Studium<br />

und Ausbildung. Deshalb ist es verkürzt,<br />

nur den Aspekt des Praxisbezugs<br />

zu betonen und nicht auch den des notwendigen<br />

Wissenschaftsbezugs.<br />

Was ist Praxis?<br />

Selten genug wird diese Frage wirklich<br />

gestellt, allzu bereitwillig unterstellt<br />

man, dass alle Beteiligten doch<br />

bereits wüssten, was gemeint ist: Praxis<br />

ist das, „was der Fall ist“, so wird<br />

gesagt, so als gäbe es in der Praxis<br />

selbst nicht ganz unterschiedliche<br />

Gegebenheiten, Motive, Interessen<br />

und Bedingungen. Weniger im Blick<br />

sind in der aktuellen Debatte die<br />

Nötigungen der Praxis. Diese begegnen<br />

bereits Lehramtsanwärtern häufig<br />

in Formeln, wie „Nun vergesst<br />

mal schön, was ihr auf der Universität<br />

gelernt habt“ - ein totalitärer<br />

Anspruch, der Unterwerfung und<br />

defensives Lernen der Betroffenen<br />

unter ein Wirklichkeitskonzept anzubahnen<br />

vermag, kaum aber ihren<br />

Mut stärkt, das Vorfindbare anders<br />

zu sehen, zu verändern, zu gestalten<br />

und „vernünftiger“ zu organisieren.<br />

Was dies bedeuten kann, hat in den<br />

letzten Jahren u.a. die Debatte um<br />

die Schlüsselqualifikationen und das<br />

handlungsorientierte Lernen in der<br />

beruflichen Bildung gezeigt. Hier<br />

stießen Uni-Absolventen, die solche<br />

Konzepte in ihrem Studium kennengelernt<br />

hatten und umsetzen wollten,<br />

nicht immer nur auf die Aufgeschlossenheit<br />

der Praxis, sondern vielmehr<br />

auf Zurückhaltung, Skepsis oder<br />

unverhohlene Ablehnung - etwa<br />

nach dem Motto. „Ich bin jetzt schon<br />

25 Jahre Lehrer und habe in dieser<br />

Zeit sieben didaktische Reformmodelle<br />

erlebt, aber kein einziges mitgemacht“.<br />

Wenn Praxisbezug solchermaßen als<br />

erdrückende „Macht des Faktischen“<br />

daherkommt, wird Gegebenes eher<br />

tradiert als verändert. Denn einer<br />

solchen Orientierung am Vorfindbaren<br />

wohnen die konservativen Selbstbeschränkungen<br />

eines Und-so-weiter<br />

inne, was im Hinblick auf die<br />

zunehmende Veränderungsgeschwindigkeit<br />

der gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse nicht unproblematisch<br />

ist. Da wir heute wissen, dass das<br />

Morgen nicht so sein wird, wie das<br />

Heute, kann mit Fug und Recht bezweifelt<br />

werden, ob es denn dann<br />

überhaupt sinnvoll ist, sich an dem<br />

zu orientieren, was heute „der Fall<br />

ist“. Diese radikale Skepsis - gipfelnd<br />

in dem Satz „Die Beste Form des<br />

Praxisbezugs ist es, sich nicht an der<br />

Praxis zu orientieren“ - wurde im<br />

Bereich der beruflichen Bildung<br />

verschiedentlich artikuliert 1 . Grund-<br />

10 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


LehrerInnenbildung<br />

lage dafür sind die sich rasant verkürzenden<br />

Halbwertzeiten des Wissens,<br />

die das Modell einer vorbereitenden<br />

Aus-Bildung schon längst<br />

haben obsolet werden lassen. Zu offensichtlich<br />

ist die Fragwürdigkeit<br />

einer Vermittlung von Kenntnissen,<br />

die häufig bereits nach drei Jahren<br />

in wesentlichen Teilen veraltet oder<br />

gar obsolet sind. Und auch die prognostischen<br />

Bildungsbedarfsstudien<br />

der letzten Jahre haben uns eigentlich<br />

immer wieder bloß gezeigt, wie<br />

wenig wir im Grunde genommen<br />

darüber wissen, wie die Arbeitsplätze<br />

und Lebenssituationen beschaffen<br />

sein werden, für die wir die nachwachsende<br />

Generation vorzubereiten<br />

versuchen. Aus diesem Prognosedefizit<br />

der Bedarfsforschung wurde<br />

in der beruflichen Bildung die<br />

Konsequenz gezogen, sich immer<br />

stärker auf die Förderung von Selbstlern-<br />

sowie Sozial- und Methodenkompetenzen<br />

zu beziehen und nicht<br />

alle Anstrengungen auf das<br />

Hinterhereilen hinter den sich wandelnden<br />

Bedarfslagen der betrieblichen<br />

Praxis zu konzentrieren.<br />

Sicherlich kann man vermuten, dass<br />

z.B. in der Lehrerausbildung die<br />

Halbwertzeiten des Wissens sich<br />

weniger dramatisch verkürzen als in<br />

den technologienahen Bereichen beruflicher<br />

Praxis. Gleichwohl zeigt ein<br />

Blick in die jüngeren lern- und<br />

schultheoretischen Debatten, dass<br />

auch hier vieles nicht mehr gilt. So<br />

hat die neuere lerntheoretische Forschung<br />

die Zweifel an der Effektivität<br />

und Nachhaltigkeit der vorherrschenden<br />

Methodenpraxis in unseren<br />

Schulen deutlich genährt und<br />

das Verständnis für den Sachverhalt<br />

geschärft, dass Kompetenzbildung<br />

bei Lernern nur gelingt, wenn die<br />

systematische Förderung ihrer<br />

Selbsterschließungsstrategien zur<br />

zentralen Intention schulischen Unterrichts<br />

wird, welcher zudem reichhaltig<br />

arrangierte Lernumgebungen<br />

zu präsentieren habe, in denen Wissen<br />

durch die Subjekte selbsttätig<br />

angeeignet und Problemlösungshandeln<br />

systematisch geübt werden können.<br />

Damit verbunden ist eine<br />

grundlegender Rollenwandel der<br />

Lehrenden, welche sich von linearen<br />

Vorstellungen einer Vermittelbarkeit<br />

von Inhalten lösen und zu Ermöglichern<br />

vernetzter Lernkontexte<br />

wandeln müssen, in denen auch die<br />

Nutzung multimedialer Möglichkeiten<br />

eine wichtige Lernressource<br />

darstellt (vgl. Arnold/Schüßler<br />

2003). Die Bildungspraxis der Zukunft<br />

wird - nach allem, was wir<br />

derzeit absehen können - kaum noch<br />

etwas mit der frontalunterrichtlichen<br />

Wissensmast, dem überflüssigen<br />

Lehren und den linearen Lehr-<br />

Lernkurzschlüssen früherer und<br />

heutiger Zeiten gemeinsam haben 2 ,<br />

weshalb man mit Recht die Frage<br />

stellen darf, ob ein dominanter Bezug<br />

auf die heutige Praxis wirklich<br />

geeignet ist, auf diese gewandelte<br />

Praxis der Zukunft vorzubereiten.<br />

„Theorie ohne Praxis ist<br />

leer - Praxis ohne Theorie<br />

ist blind!“<br />

Die augenblickliche Praxisbezugs-<br />

Euphorie geht mehr oder weniger<br />

unverhohlen mit einem antitheoretischen<br />

Affekt einher. Ausdruck findet<br />

dieser u.a. in einer Kritik der<br />

„praxisfernen Ausbildung“ an den<br />

Universitäten und wissenschaftlichen<br />

Hochschulen. Zwar lässt sich<br />

nicht leugnen, dass manche Borniertheit<br />

der Praxis ihr Pendant in<br />

einer praxisabstinenten oder gar arroganten<br />

Wissenschaft findet, doch<br />

ist vor simplifizierenden Schwarz-<br />

Weiß-Zeichnungen zu warnen.<br />

Denn so, wie es die wissenschaftlich<br />

informierten Bemühungen mancher<br />

Kollegien in den Schulen gibt, in<br />

Kooperation mit Universitätspädagogen<br />

die Lernkultur ihrer Schulen<br />

zu innovieren und sich dabei auch<br />

mutig von außen betrachten zu lassen,<br />

so gibt es auch die Universitätsvertreter,<br />

die sich in ihrem Bemühen,<br />

den wissenschaftlichen Blick<br />

auf die Praxis bei ihren Studierenden<br />

zu entwickeln, von konkreten<br />

Problem- und Fragestellungen der<br />

Bildungswirklichkeit leiten lassen<br />

(vgl. u.a. Müller 1997) und dieses<br />

ebenfalls evaluieren und dokumentieren<br />

- beide frei nach dem Motto<br />

„Aus Fehlern lernen!“.<br />

Solche Schnittmengen, die größer<br />

sind, als das bisweilen klingt, gilt es<br />

Prof. Dr. Rolf Arnold, Lehrstuhl für Pädagogik (insbesondere<br />

Berufs- und Erwachsenenpädagogik) und Leitung des Zentrums<br />

für Fernstudium und Universitäre Weiterbildung an<br />

der Universität Kaiserslautern. Neuere Veröffentlichungen:<br />

Schulpädagogik kompakt. Berlin 2002 (mit H. Pätzold);<br />

Humanistische Pädagogik. Emotionale Bildung nach Erich<br />

Fromm. Frankfurt 2003.<br />

noch deutlicher in den Blick zu rücken.<br />

So könnte die vereinseitigende<br />

Rhetorik, wie die des „Nun vergesst<br />

mal schön...!“ überwunden<br />

werden und sich ein Verständnis entwickeln,<br />

dass den unterschiedlichen<br />

Handlungslogiken von Praxis und<br />

Wissenschaft Rechnung zu tragen<br />

vermag. Beide dienen nämlich -<br />

strukturell notwendig! - unterschiedlichen<br />

Zwecken, wie u.a. die wissenssoziologische<br />

und erziehungswissenschaftlichen<br />

Professionalitätsdebatten<br />

deutlich herausgearbeitet haben<br />

(vgl. Bommes u.a. 1996; Dewe<br />

1991; Combe/ Helsper 1996). Während<br />

es der Wissenschaft darum zu<br />

tun ist, komplexitätsangemessene<br />

Sichtweisen zu entwickeln und die<br />

Bewusstheit der Systemik und Konstruiertheit<br />

sozialer Kontexte zu stärken,<br />

weshalb „die kritische Analyse<br />

bis ins Detail“ des Gegebenen und<br />

das „Probedenken in anderen Köpfen“<br />

ihre wesentlichen Verfahren<br />

sind, folgen Praxis und praktische<br />

Ausbildung (z.B. in der LehrerInnenausbildung)<br />

notwendig einer anderen<br />

Handlungslogik: Ihr Ziel kann<br />

und darf es nicht sein, komplexitätserweiternd<br />

zu wirken. Es geht vielmehr<br />

um Vereindeutigung, Komplexitätsreduktion<br />

sowie um die unmittelbare<br />

Anwendung und Erprobung<br />

in Gestaltungskontexten.<br />

Die Professionalitätsdebatte hat<br />

deutlich gezeigt, dass die Professio-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

11


LehrerInnenbildung<br />

nalisierung des LehrerInnenhandelns<br />

beides gleichzeitig benötigt: Wissenschaftlich<br />

geschulte Reflexionskompetenz<br />

sowie Möglichkeitssinn<br />

einerseits, sowie die Handlungserprobung<br />

in der Praxis andererseits.<br />

Nur, wer das eine hat, erstarrt nicht<br />

in Routine, kann sich selbst und sein<br />

Handeln kritisch von außen sehen<br />

und das Gegebene auch als veränderbar<br />

konzipieren, und nur wer die<br />

Möglichkeit der Praxiserprobung<br />

hat, kann sich wirklich verantwortlich<br />

gestaltend in die Entwicklung<br />

von Schule und Unterricht einbringen.<br />

Mit guten Gründen hat man<br />

deshalb die unterschiedlichen Handlungslogiken<br />

von Wissenschaft und<br />

Praxis in der Professionalisierung von<br />

PädagogInnen kombiniert. Dabei<br />

sollte es auch bleiben. Wer seine eigene<br />

Handlungslogik zum alleinigen<br />

Maßstab erhebt, nach dem o.g. Motto<br />

„Nun vergesst mal schön...“ dient<br />

allem Möglichen (z.B. inneren narzisstischen)<br />

Zwecken, nicht aber dem<br />

der Professionalisierung des Lehrerhandelns.<br />

Evaluierung und Qualitätssicherung<br />

der LehrerInnenbildung<br />

auf der Basis eines<br />

integrativen Konzeptes<br />

Notwendig ist aber nicht nur das<br />

Respektieren der notwendigerweise<br />

unterschiedlichen Handlungslogiken<br />

von Wissenschaft und Praxis für den<br />

Prozess der Professionalisierung von<br />

Lehrerinnen und Lehrern, es geht<br />

vielmehr m.E. auch darum, auf der<br />

Basis eines integrativen Konzeptes in<br />

eine deutlich engere Kooperation<br />

zwischen erster und zweiter Phase der<br />

Lehrerbildung einzutreten, wie es ja<br />

auch die Lehrerbildungszentren-<br />

Konzeption des Landes vorsieht.<br />

Diese könnte durch gemeinsame<br />

Tagungen und Workshops zur Ausgestaltung<br />

eines Leitbildes „Lehrerbildung<br />

2010“ vorbereitet werden<br />

und u.a. in Peer-Evaluierungen der<br />

eigenen Ausbildungspraxis seinen<br />

Ausdruck finden, wie sie von Wissenschaftsseite<br />

schon verschiedentlich<br />

vorgeschlagen wurden, ohne dass<br />

dieser Vorschlag bislang auf fruchtbaren<br />

Boden fiel. Die Bildungspolitik<br />

könnte einen solchen Integrationsprozess<br />

m.E. dadurch stärken,<br />

dass sie nicht länger nur vom Praxisbezug<br />

der Lehrerbildung redet, sondern<br />

auch den notwendigen Wissenschaftsbezug<br />

(nicht nur der fachlichen,<br />

sondern auch der erziehungswissenschaftlichen<br />

Ausbildungsteile)<br />

ebenfalls in den Vordergrund stellt.<br />

Weiterführende These: Systemische<br />

Haltung als Kern<br />

pädagogischer Professionalität<br />

Zwar ist es in den erziehungs- und<br />

sozialwissenschaftlichen Professionalitätsdebatten<br />

unbestritten, dass die<br />

Ausbildung pädagogischer Professionals<br />

für die Bildungsinstitutionen<br />

moderner Gesellschaften nicht allein<br />

praxisintegriert (wie noch in anderen<br />

historischen und regionalen Kontexten)<br />

gelingen kann, sondern<br />

gleichermaßen den wissenschaftlich<br />

geschulten Blick auf das Vertraute<br />

benötigt, doch wird auch - angeregt<br />

durch systemisch-konstruktivistische<br />

Ansätze (vgl. Voß 1998) - in letzter<br />

Zeit wieder die Frage verstärkt diskutiert,<br />

ob die professionelle Kompetenz<br />

zur Gestaltung lebendiger<br />

Systeme nicht auch eine Selbstreflexivität<br />

voraussetzt, die absichtsvoll<br />

angebahnt und entwickelt werden<br />

muss. Diese Selbstreflexivität trägt<br />

der konstruktivistischen These Rechnung,<br />

dass der Mensch die Welt auch<br />

so sieht, wie er sie fühlt und „aushalten“<br />

kann. Für die Gestaltung<br />

pädagogischer Handlungssituationen<br />

ergibt sich hieraus die Folgerung,<br />

dass es in der LehrerInnenbildung<br />

auch darum gehen muss, die selbst<br />

erlebte Pädagogik, d.h. den in der<br />

eigenen Bildungsbiographie erfahrenen<br />

und bisweilen erduldeten Umgang<br />

mit Autoritäts- und Leistungsansprüchen<br />

ins Bewusstsein zu heben,<br />

um die Muster zumindest zu<br />

erkennen, die in unterrichtlichen<br />

Drucksituationen die unmittelbaren<br />

Reaktionen leiten (vgl. Rotthaus<br />

2002). Die Fähigkeit zur produktiven<br />

Gestaltung äußerer Systemiken<br />

(z.B. Umgang mit Disziplinproblemen,<br />

Verhaltensauffälligkeiten, Störungen)<br />

ist auch abhängig von der<br />

Selbstreflexivität, die Professionals<br />

(insbesondere Lehr- und Führungskräfte)<br />

gegenüber ihrer „inneren Systemik“<br />

entwickeln können. Die systemisch-konstruktivistische<br />

Pädagogik<br />

rückt hier eine weiterführende<br />

Perspektive für die LehrerInnenbildung<br />

in den Blick, die bislang erst<br />

in Ansätzen aufgegriffen worden ist.<br />

Anmerkungen:<br />

1 So schreibt Michael Brater: „Alle Bildungsund<br />

Erziehungsbemühungen von Schule,<br />

all ihre Lerninhalte, alle Verhaltensnormen,<br />

die sie in der Vergangenheit auch<br />

gegen die Schüler durchsetzen konnte, lebten<br />

traditionell von dem Verweis auf die<br />

Notwendigkeiten und Anforderungen des<br />

>späteren Lebens


„Fällige“ Praxisrelevanz<br />

Möglichkeiten einer Fallorientierung in der Lehrerbildung<br />

- Von Hennig Pätzold -<br />

Pädagoginnen und Pädagogen, die tagtäglich in der Praxis des Lehrens und<br />

Erziehens stehen, haben es jedes Mal aufs Neue mit einzigartigen Situationen<br />

zu tun, die in dieser Form noch nie da gewesen sind. Gleichzeitig gleichen<br />

sich viele Situationen in gewissen Punkten, es gibt „typische“ Fälle, die<br />

man schon kennt oder zu kennen glaubt.<br />

Solche Situationen werden nicht<br />

nach ihrer Einzigartigkeit beurteilt<br />

und behandelt, sondern danach, was<br />

sie mit bekannten, zum Beispiel früher<br />

erlebten Situationen gemein haben.<br />

Hier greifen dann Routinen, es<br />

laufen sogenannte Skripts (Kaiser<br />

2001: 138ff) ab.<br />

Nun stellt sich natürlich die Frage,<br />

inwieweit man auf einzigartige Situationen<br />

mit standardisierten Antworten<br />

reagieren kann - wobei<br />

allerdings ein Skript auch nicht als<br />

ein völlig starr ablaufendes Ritual<br />

verstanden werden darf, vielmehr<br />

bestimmt es eine Art von „Korridor<br />

von Möglichkeiten“, innerhalb dessen<br />

eine Anpassung an die jeweilige<br />

Situation möglich ist. So mag man<br />

auf eine Verständnisfrage eines Schülers<br />

routiniert mit entsprechenden<br />

Antworten reagieren, dennoch kann<br />

die Antwort in der Ausführlichkeit,<br />

dem Ton und vielem anderen situationsspezifisch<br />

variieren. Noch wichtiger<br />

ist allerdings die Möglichkeit,<br />

aus dem Skript „aussteigen“ zu können,<br />

wenn es sich insgesamt als nicht<br />

angemessen erweist (weil beispielsweise<br />

die Frage auf etwas ganz anderes<br />

als inhaltliche Erklärungen abzielte).<br />

In gewisser Weise stehen die Routinen<br />

und der Umgang mit ihnen im<br />

Zentrum der Ausbildung von LehrerInnen<br />

und auf ihre Art markieren<br />

sie auch den (zum Teil rhetorisch<br />

überhöhten) Unterschied oder sogar<br />

Gegensatz zwischen einer wissenschaftlichen<br />

Ausbildung in der ersten<br />

Phase und einem praxisorientierten<br />

Referendariat (der oft aus einem<br />

vergangenheitsorientierten Praxisverständnis<br />

herrührt, vgl. den Artikel<br />

von Rolf Arnold in diesem Heft).<br />

In der ersten Phase wird immer<br />

wieder auf die Vielfalt der möglichen<br />

Einzelfälle hingewiesen. Jeglicher<br />

Eindruck der Routinisierung muss<br />

vermieden werden oder bedarf<br />

zumindest einer sorgfältigen Begründung<br />

(die selten so elegant gelingt<br />

wie bei Grell und Grell: „Unterricht<br />

ist ein komplexes Geschehen. Und<br />

deshalb brauchen wir Rezepte“,<br />

1996: 48). An Stelle der Bildung von<br />

Routinen wird abstrahiert. Es geht<br />

also weniger um die Fähigkeit, in einer<br />

Situation ein Rezept zur Hand<br />

zu haben, um unmittelbar reagieren<br />

zu können (auch wenn dies in der<br />

ersten Phase der Ausbildung von<br />

Lehrkräften auch eine Rolle spielt),<br />

LehrerInnenbildung<br />

sondern darum, Maßstäbe und Kategorien<br />

zu gewinnen, anhand derer<br />

eine Situation erfasst werden und<br />

angemessenen Handlungen gefunden<br />

oder Vorschläge hierzu beurteilt<br />

werden können. Die Gewichtung in<br />

der zweiten Phase ist eine andere.<br />

Hier wird Unterricht für die AnwärterInnen<br />

nach kurzer Zeit zur täglichen<br />

Aufgabe und die Vielfalt möglicher<br />

Situationen wird zum Problem,<br />

das sich scheinbar nur durch<br />

die Aneignung von Routinen beherrschen<br />

lässt, die unmittelbares Handeln<br />

ermöglichen. Zeit für die Reflexion<br />

oder die Beurteilung der Situation<br />

bleibt allenfalls dann, wenn<br />

eigentlich alles vorbei ist, und auch<br />

dann drängen sich bereits neue Erfordernisse<br />

dazwischen.<br />

Man sieht: Eigentlich passt beides<br />

gut zueinander - wenn in dieser (vereinfachten)<br />

Darstellung in der ersten<br />

Phase Kategorien und Maßstäbe<br />

entwickelt und angeeignet werden,<br />

so können sie in der zweiten Phase<br />

helfen, Routinen oder „Rezepte“ zu<br />

beurteilen und Erfahrungen mit deren<br />

Anwendung zu reflektieren. In<br />

der Praxis, sei sie durch das Referen-<br />

Staatlich anerkannte Ausbildung<br />

in<br />

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nach dem Psychotherapeutengesetz<br />

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Rhein-Eifel<br />

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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

13


LehrerInnenbildung<br />

dariat gegeben oder studienintegriert,<br />

können Routinen entwickelt<br />

und ausprobiert werden. Dies sollte<br />

umso leichter und gleichzeitig anspruchsvoller<br />

möglich sein, wenn die<br />

ReferendarInnen bereits Erfahrungen<br />

mit der Anwendung pädagogischer<br />

Kategorien auf konkrete Situationen<br />

und Handlungsweisen gemacht<br />

haben. Und es erfordert, dass<br />

weder in der wissenschaftlichen Ausbildung<br />

der Umgang mit der Praxis<br />

gescheut wird, noch dass diese auf<br />

die Ressource des in der wissenschaftlichen<br />

Ausbildung gelernten,<br />

eher abstrakteren Wissens verzichtet.<br />

Für die universitäre Phase der Lehramtsausbildung<br />

ergibt sich hier<br />

allerdings ein Problem. Auf der einen<br />

Seite bietet sie - außerhalb begleiteter<br />

schulpraktischer Studien<br />

(vgl. Müller 1997) - keinen geeigneten<br />

Raum, um strukturiert auf<br />

Einzelerfahrungen der Studierenden<br />

aus Praktika und ähnlichem einzugehen<br />

(auch wenn sie diese bereits<br />

in der ersten Phase ermutigen soll,<br />

in informellen Gesprächen untereinander<br />

solche Erfahrungen zu bearbeiten),<br />

auf der anderen Seite bedarf<br />

die Auseinandersetzung mit praxisrelevanten<br />

Themen, Situationen und<br />

Strategien jedoch eines Materials,<br />

dass gleichzeitig authentisch ist und<br />

doch „typische“ Situationen und Reaktionen<br />

schildert, die sich für die<br />

gründliche Bearbeitung, beispielsweise<br />

in einem Seminar, eignen. Einen<br />

prominenten Versuch hierzu<br />

stellte Jürgen Henningsens Aufsatz<br />

„Peter stört“ dar (Henningsen 1964).<br />

Hier geht es um einen einzelnen,<br />

hypothetischen Fall, der verschiedene<br />

Fortsetzungen erhält, die die<br />

Grundlage für eine Diskussion darstellen.<br />

Einiges lässt sich an dem Fall<br />

tatsächlich erarbeiten und es ist beabsichtigt,<br />

dass keine der Lösungen<br />

als „die richtige“ erscheint. Dennoch<br />

ist Henningsens Aufsatz -<br />

insbesondere heute, nach fast 40 Jahren<br />

- nur noch sehr begrenzt einsetzbar.<br />

Der Darstellung mangelt es<br />

(inzwischen) an Authentizität, zumal<br />

aus der Verschiedenheit der Fortsetzungen<br />

erkennbar ist, dass es sich<br />

nicht um einen realen Fall handelt.<br />

„Peter stört“ steht also eher für einen<br />

allgemeinen Einblick in den<br />

Umgang mit pädagogischen Fällen,<br />

als dass er als Übungsmaterial einsetzbar<br />

wäre.<br />

Wünschenswert erscheint hingegen<br />

eine Sammlung von zeitgemäßen<br />

und authentischen Fällen, in denen<br />

Situationen und Handlungen aus<br />

dem Schulalltag geschildert werden,<br />

die sich tatsächlich zugetragen haben<br />

und die exemplarisch für Unterrichtsgeschehen<br />

stehen. Auch hier<br />

geht es nicht darum, dass eine Verhaltensweise<br />

als die richtige für eine<br />

konkrete Situation herausgearbeitet<br />

wird, aber solche Fälle führen neben<br />

anderem vor, dass und wie sich Lehrkräfte<br />

in einer konkreten Situation<br />

entschieden haben zu handeln und<br />

dass sie und die Lerngruppe mit den<br />

Folgen des Handelns umgehen müssen<br />

und können. Derartige Fälle sollten<br />

dementsprechend von Lehrkräften<br />

sowie Tätigen in der außerschulischen<br />

Bildung geschildert werden<br />

(siehe Kasten). Durch die Bearbeitung<br />

authentischer und gleichzeitig<br />

exemplarischer Fälle aus einem größeren<br />

Pool von Beispielen könnte<br />

die universitäre Lehramtsausbildung<br />

in mehrfacher Hinsicht Gewinn ziehen:<br />

• Studierende erleben Praxisrelevanz,<br />

die darin besteht, dass sie sich schon<br />

Beispielfälle gesucht<br />

in der wissenschaftlichen Ausbildung<br />

mit „echten“ Fällen auseinander setzen.<br />

• Durch die Vielfalt der Fälle wird<br />

eine ebenso große Vielfalt an Handlungsmöglichkeiten<br />

entfaltet und es<br />

kann sich zeigen, dass keine Handlung<br />

isoliert vom Fall als die richtige<br />

verallgemeinert werden kann.<br />

• Die Auseinandersetzung mit den<br />

Fällen bietet Raum, erziehungswissenschaftliches<br />

Wissen anzuwenden<br />

und damit gleichzeitig zu üben und<br />

auf seine Tauglichkeit zu prüfen. So<br />

wird der Umgang mit den Inhalten<br />

der wissenschaftlich-pädagogischen<br />

Ausbildung, der im Referendariat<br />

eigentlich nebenbei stattfinden soll,<br />

gezielt vorbereitet und geübt.<br />

Die Bearbeitung authentischer Fälle<br />

soll also einen Beitrag dazu leisten,<br />

die Verbindung zwischen Theorie<br />

und Praxis zu fördern, ohne einerseits<br />

einem von beiden ein Vorrecht oder<br />

eine höhere Bedeutung zuzusprechen<br />

oder andererseits beides zu einer konturlosen<br />

„Theopraxis“ zu vermischen.<br />

Literatur:<br />

Grell, Jochen und Grell, Monika: Unterrichtsrezepte.<br />

Weinheim 1996.<br />

Henningsen, Jürgen: Peter stört. In: Die<br />

deutsche Schule 1964: 617-632.<br />

Kaiser, Arnim und Kaiser, Ruth: Studienbuch<br />

Pädagogik. 10. Aufl., Berlin 2001.<br />

Müller, Hans-Hoachim: Praxis-integrierende<br />

Ausbildung von Lehrerinnen und<br />

Lehrern. Ein didaktisches Konzept zur<br />

Anbahnung von pädagogischer Handlungskompetenz.<br />

Heft 2 der Pädagogischen<br />

Materialien der Universität Kaiserslautern.<br />

Kaiserslautern 1997.<br />

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Henning Pätzold, Universität Kaiserslautern, Fachgebiet Pädagogik<br />

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14 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

15


Rechtsschutz<br />

Unfallversicherung: SchülerInnen sind geschützt<br />

Bei einem Schulunfall zwischen<br />

SchülerInnen haftet der schuldige<br />

Mitschüler nur bei Vorsatz.<br />

Der Fall: Der damals 16 Jahre alte<br />

Kläger und ein 15 Jahre alter Mitschüler<br />

hielten sich im Unterrichtsraum<br />

auf. Als der Lehrer diesen kurzzeitig<br />

verließ, schlug der 15-Jährige<br />

Kugeln aus Aluminiumfolie durch<br />

den Raum. Dazu nahm er eine auf<br />

dem Lehrertisch liegende Eisensäge<br />

an sich und verwendete sie wie einen<br />

Tennisschläger. Dabei löste sich<br />

das Sägeblatt, schlug auf den Tisch<br />

Kein erhöhter Ortszuschlag<br />

Der Ortszuschlag für verheiratete<br />

Angestellte nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag<br />

(BAT) steht Angestellten,<br />

die in einer eingetragenen<br />

Lebenspartnerschaft leben, nicht zu.<br />

Der Fall: Der Kläger ist als Krankenpfleger<br />

beschäftigt. Nachdem er mit<br />

seinem Partner eine eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz<br />

über die Eingetragene Lebenspartnerschaft<br />

(LpartG) begründet<br />

hatte, verlangte er vom Arbeitgeber<br />

den höheren Ortszuschlag, den verheiratete<br />

Angestellte erhalten. Er vertrat<br />

die Ansicht, dass sich durch das<br />

LpartG die Rechtsstellung verheirateter<br />

und eingetragener Lebenspartner<br />

so weit angenähert habe, dass<br />

kein sachlicher Grund mehr für eine<br />

Ungleichbehandlung vorliege. Mit<br />

seiner Klage hatte er keinen Erfolg.<br />

Das Landesarbeitsgericht: Der BAT<br />

ist in diesem Punkt nicht auf den<br />

Kläger anwendbar, da er nicht verheiratet<br />

ist. Die Partner einer gleichgeschlechtlichen<br />

eingetragenen Lebenspartnerschaft<br />

sind nicht verheiratet,<br />

denn dieses setzt eine bürgerliche<br />

Ehe voraus.<br />

Das LpartG regelt keine grundsätzliche<br />

Anwendbarkeit aller für die Ehe<br />

geltenden Normen auf die eingetragene<br />

Lebenspartnerschaft, sondern<br />

zählt nur die Auswirkungen der Lebenspartnerschaft<br />

auf. Unter dieser<br />

Aufzählung befindet sich keine<br />

auf und traf den Kläger. Infolge des<br />

Unfalls verlor der Betroffene das<br />

Sehvermögen auf dem rechten Auge.<br />

Seine Erwerbsfähigkeit ist dauerhaft<br />

um 30 Prozent herabgesetzt. Da der<br />

Unfall als Schulunfall anerkannt<br />

wurde, bezieht der Kläger eine monatliche<br />

Unfallrente. Von seinem<br />

Mitschüler hat er die Zahlung von<br />

Schmerzensgeld verlangt. Mit seiner<br />

Klage hatte er keinen Erfolg.<br />

Der Bundesgerichtshof: Gegenseitige<br />

Verletzungshandlungen von<br />

Schülern bei Spielereien, Raufereien<br />

und übermütigem Handeln während<br />

der Abwesenheit von Aufsichtspersonen<br />

gehören nach wie vor zum<br />

Schulalltag. Durch die Einbeziehung<br />

der SchülerInnen in die gesetzliche<br />

Unfallversicherung wird zum einen<br />

der verletzte Schüler geschützt. Zum<br />

anderen soll aber auch der an der<br />

Verletzung schuldige Mitschüler -<br />

von Fällen vorsätzlichen Handelns<br />

abgesehen - von seiner zivilrechtlichen<br />

Haftung freigestellt werden, um<br />

ihn vor finanziellen Belastungen zu<br />

bewahren, die unter Umständen<br />

langzeitig sein können.<br />

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.<br />

Febr. 2003 - VI ZR 34/02<br />

Norm, die regelt, dass Vergütungsregelungen<br />

für Verheiratete auch für<br />

eingetragene LebenspartnerInnen<br />

gelten.<br />

Ein Verstoß gegen den allgemeinen<br />

Gleichheitssatz des Grundgesetzes<br />

liegt nicht vor. Nach dem Grundgesetz<br />

stehen Ehe und Familie unter<br />

dem besonderen Schutz der staatlichen<br />

Ordnung. Gleichgeschlechtliche<br />

Lebensgemeinschaften genießen<br />

diesen besonderen Schutz nicht<br />

.Auch nach europäischem Recht gibt<br />

es keine Verpflichtung, Ehen mit<br />

Lebenspartnerschaften gleichzustellen.<br />

Landesarbeitsgericht Düsseldorf<br />

Urteil vom 5. Dezember 2002 - 11<br />

Sa 933/02<br />

Kurz-<br />

Infos:<br />

Ross und Reiter<br />

nennen<br />

Wird ein Beamter bei seinem Dienstherrn<br />

wider besseren Wissen oder<br />

leichtfertig der Korruption bezichtigt,<br />

muss der Dienstherr ihm den<br />

Denunzianten nennen. Das gilt<br />

auch, wenn dem Informanten Vertraulichkeit<br />

zugesichert worden ist.<br />

Bundesverwaltungsgericht, Urteil<br />

vom 27. Febr. 2003 - 2 C 10.02<br />

Ärztliches Attest auch<br />

ab dem ersten Tag<br />

Ein Tarifvertrag kann vorsehen, dass<br />

eine Erkrankung dem Arbeitgeber<br />

unverzüglich anzuzeigen und eine<br />

ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />

ab dem ersten Krankheitstag<br />

vorzulegen ist. Liegt eine derartige<br />

tarifliche Regelung vor, darf diese<br />

Frage nicht mehr Gegenstand einer<br />

Betriebsvereinbarung sein.<br />

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.<br />

Febr. 2003 - 5 AZR 112/02<br />

Berufsschule ist<br />

keine Arbeit<br />

Ein Auszubildender wird für den<br />

Berufsschulunterricht von der Arbeit<br />

freigestellt. Dauert der Berufsschulunterricht<br />

länger als die Arbeitszeit,<br />

so gilt das nicht als Mehrarbeit. Der<br />

Auszubildende hat also keinen An-<br />

spruch auf Überstundenvergütung.<br />

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.<br />

Febr. 2003 - 6 AZR 537/01<br />

Mobbing-Folgen keine<br />

Berufskrankheit<br />

Psychische Krankheiten als Folge<br />

von Mobbing am Arbeitsplatz können<br />

nicht als Berufskrankheit entschädigt<br />

werden. Zum einen tauchen<br />

sie in der Verordnung über Berufskrankheiten<br />

nicht auf. Zum anderen<br />

gibt es bislang keine wissenschaftlich<br />

gesicherten Erkenntnisse dafür, dass<br />

Mobbing eine bestimmte Berufsgruppe<br />

krank machen kann.<br />

Sozialgericht Dortmund, Urteil vom<br />

19. Febr. 2003 - S 36 U 267/02<br />

16 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

Handlungsorientierung als Unterrichtsprinzip<br />

„Sehr geehrter Herr UN-Generalsekretär, liebe Kolleginnen und Kollegen<br />

Abgeordnete, sehr geehrte Vertreter der Weltbank und der Weltpresse,<br />

ich möchte als Regierungschef der Region Arabien folgende Erklärung<br />

zur Lage der Nation abgeben ...“. Diese Worte sprudeln nicht<br />

etwa aus dem Mund eines hochrangigen UN-Vertreters, sondern am<br />

Rednerpult steht ein 16 Jahre alter Schüler einer 10. Klasse. Mit Engagement<br />

und deutlich erkennbarer persönlicher Betroffenheit nimmt er<br />

Stellung, macht Lösungsvorschläge, vertritt Interessen. Doch der Reihe<br />

nach ...<br />

Kurze Bestandsaufnahme<br />

Der Umgang mit der Politik in der Schule ist eine schwierige Sache.<br />

Das Fach Sozialkunde wird in der Sekundarstufe I in Rheinland-Pfalz<br />

eine Stunde pro Woche unterrichtet, zu wenig, so klagen<br />

Fachkolleginnen und -kollegen und das zu Recht. Andererseits<br />

bemängelt die Politik, das fehlende Interesse der Jugendlichen am<br />

politischen Prozess, und die neuste Shell-Studie scheint empirisch<br />

abgesichert den fortschreitenden Rückzug der Jugend ins Private<br />

anzuzeigen. Die künftigen Wählerinnen und Wähler sowie die<br />

Jungwähler entfernen sich immer weiter von der Politik, der junge<br />

Souverän, so scheint es, investiert sein Engagement lieber in die<br />

Befriedigung privater Interessen. Und um das Wehklagen zu vervollständigen,<br />

kommt auch von Schülerseite Kritik an der Politik:<br />

Politiker, so erklären manche Jugendliche, verfolgten ihre eigenen<br />

Interessen eher als die jener, von denen und für die sie gewählt<br />

worden seien; außerdem, so eine Schülerin neulich in meinem Unterricht,<br />

ändere eine Wahl ja ohnehin nichts. Angesichts der von<br />

den Medien gerne schlagzeilenträchtig ausgeschlachteten Skandale<br />

um Spendengelder und Müllverbrennungsanlagen, Bonusmeilen-<br />

und sonstigen Flugaffären verlieren Politiker als Berufsstand<br />

in den Augen der Jugend an Vorbildfunktion: „Ich möchte mich<br />

an der Politik nicht beteiligen, denn so wie die Politiker sein will<br />

ich nicht“, erklärte mir eine Schülerin, die ich ansprach, ob sie<br />

nicht bei den Wahlen zum Jugendparlament als Kandidatin mitmachen<br />

wolle. Es zeichnet sich eine Entwicklung ab, die keineswegs<br />

im Sinne der Bildungsverantwortlichen sein kann und es stellt sich<br />

die Frage, welchen Beitrag der Sozialkundeunterricht leisten kann.<br />

Angesichts der oben geschilderten Situation finden sich die Fachkollegen<br />

in einer unangenehmen Situation wieder. Sie sollen den<br />

Ansprüchen des Staates genügen und dazu beitragen, dass aus den<br />

politikerverdrossenen Jugendlichen mündige Bürger werden, die<br />

in der Lage sind, politische und gesellschaftliche Probleme zu er-<br />

kennen, zu politischen Themen zu recherchieren, sie sachgerecht<br />

zu beurteilen und daraus entsprechende Handlungsalternativen<br />

abzuleiten. Das alles in einer Stunde pro Woche und in einem Fach,<br />

das in der Sekundarstufe I (nur) drei Jahre lang unterrichtet wird.<br />

Doch lamentieren hilft nicht, und es bleibt die bereits gestellte Frage<br />

danach, welche Rolle der Sozialkundeunterricht im Kanon der<br />

Bemühungen um mündige Bürger spielen kann.<br />

Politik spannend machen oder warum Handlungsorientierung<br />

wichtig ist<br />

Die Erfahrung an unserer Schule hat gezeigt, dass Sozialkunde für<br />

Schülerinnen und Schüler dann spannend wird, wenn die Kolleginnen<br />

und Kollegen es schaffen, die Jugendlichen aus der Reserve<br />

zu locken, ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, ihnen als<br />

„Entwicklungshelfer“ zur Seite anstatt als „Be-Lehrer“ gegenüber<br />

zu stehen. Es muss Aufgabe der Sozialkunde und damit der Lehrenden<br />

sein, die Jugendlichen entdecken zu lassen, dass Politik<br />

keineswegs ein Ereignis ist, das irgendwo nur nicht im eigenen<br />

Lebensumfeld stattfindet. Wenn Sozialkunde Schülerinnen und<br />

Schüler zum selbstständigen Beurteilen politischer Sachverhalte veranlassen<br />

soll, dann führt dieser Weg zweifellos über das Sammeln<br />

eigener Erfahrungen. Und dies geht eben nur, wenn die Schule<br />

ihnen im Rahmen des Unterrichts entsprechende handlungsorientierte<br />

Möglichkeiten bietet. Das allerdings ist schwierig angesichts<br />

des knappen unterrichtlichten Zeitansatzes. Unsere Schule hat aus<br />

diesem Grund die Teilnahme an einem „politischen“ Seminar für<br />

die Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 10 in das Schulprogramm<br />

aufgenommen. Und so macht sich seit fünf Jahren jedes<br />

Jahr eine Klasse auf, um bei der Bundeswehr POL&IS zu spielen*<br />

...<br />

Das Planspiel POL&IS<br />

Entstehung<br />

Das Planspiel POL&IS (POLitik und Internationale Sicherheit)<br />

wurde ursprünglich von der Forschungsgruppe Simulationen e.V.<br />

der Universität Erlangen entwickelt. Die Bundeswehr, die das Planspiel<br />

zunächst zur politischen Bildung der Soldaten einsetzen wollte,<br />

stellte jedoch rasch fest, dass es ebenfalls im Rahmen der Arbeit<br />

der Jugendoffiziere geeignet war, Jugendliche für die komplexen<br />

Probleme der internationalen Sicherheitspolitik zu interessieren.<br />

So wurde das Planspiel Ende der 80er Jahre von der Bundeswehr<br />

mitsamt der Rechte zur kontinuierlichen Weiterentwicklung für<br />

die hauptamtlichen Jugendoffiziere angeschafft. Neben der Bundeswehr<br />

kaufte auch das Land Nordrhein-Westfalen das Planspiel<br />

für den Unterricht an Schulen.<br />

Bei POL&IS handelt es sich genauer betrachtet um eine Mischung<br />

aus Rollenspiel einerseits und streng formal vorgegebener, regelgebundener<br />

und datengesteuerter Simulation politischer und ökonomischer<br />

Situationen auf globaler Ebene andererseits. Das Planspiel<br />

eignet sich aus meiner Sicht frühestens für Schülerinnen und<br />

Schüler von Abschlussklassen der Sekundarstufe I sowie natürlich<br />

für alle Kurse der Oberstufe des Gymnasiums und der Berufsbildenden<br />

Schulen.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

17


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

Ablauf<br />

Am ersten Tag erhalten die Jugendlichen ihre Rollen. Insgesamt<br />

wird in dreizehn Gruppen gespielt. Elf davon werden als so genannte<br />

Regionengruppen gebildet (Nordamerika, Südamerika, Japan,<br />

Ozeanien, China, Asien, die GUS, Osteuropa, Westeuropa,<br />

Afrika und Arabien), eine Gruppe stellt die Weltbank dar und<br />

eine Gruppe mimt die Weltpresse. Innerhalb der Regionen nehmen<br />

die einzelnen Jugendlichen Rollen als Regierungschefs, Wirtschaftsminister,<br />

Staatsminister und Oppositionsführer ein. Damit<br />

alle Funktionen ausgefüllt werden können, reicht in der Regel die<br />

Personenzahl einer Lerngruppe nicht aus. Aus diesem Grund nahm,<br />

zumindest im Rahmen der POL&IS-Simulationen, an denen ich<br />

beteiligt war, jeweils eine weitere Klasse einer anderen Schule teil.<br />

Anschließend werden die Jugendlichen mit den Regeln der Simulation<br />

vertraut gemacht und erhalten Gelegenheit, sich über die<br />

Situation in ihren Regionen sowie über ihre eigene Rolle zu informieren.<br />

Diese Einarbeitungsphase wird von den Schülerinnen und<br />

Schülern erfahrungsgemäß als sehr anstrengend empfunden und<br />

hat bislang sogar Teile des Abends in Anspruch genommen. Sind<br />

die Regeln geklärt, beginnt die Spielleitung, die meist aus zwei<br />

Jugendoffizieren besteht, mit dem Einstieg in das erste POL&IS-<br />

Jahr. Ein solches Jahr besteht aus mehreren Phasen, in denen nach<br />

strengen Kriterien von den<br />

Akteuren gehandelt wird. In<br />

der ersten Phase, der Beratung,<br />

erhalten die Jugendlichen<br />

Gelegenheit, sich über<br />

die Situation in ihrer Region<br />

klar zu werden und erste Initiativgedanken<br />

zu fassen.<br />

Danach folgt die Phase der<br />

Produktion beziehungsweise<br />

der Kartenarbeit. Hier wird<br />

beispielsweise, ebenfalls gemäß<br />

Regelwerk und auf der<br />

Grundlage des vom Wirtschaftsminister<br />

zu führenden<br />

Wirtschaftsformulars, ermittelt,<br />

wie die Ernten in der Region<br />

ausgefallen sind, über wie viele Industrie-, Rohstoff- und<br />

Agrarzentren ein Land verfügt. Diese Zahlen hängen unter anderem<br />

von den getätigten Investitionen ab und nehmen beispielsweise<br />

Einfluss auf den Lebensstandard der Bevölkerung. Nach einer<br />

weiteren kurzen Beratung (Phase 3) folgt nun die vierte Phase.<br />

Die Regionen teilen sich nun auf und während in einem separaten<br />

Raum die Wirtschaftsminister im internationalen Handel angeschlossene<br />

Wirtschaftsverträge erfüllen, haben die Regierungschefs<br />

und ihre Staatsminister die Gelegenheit, diplomatische Kontakte<br />

mit anderen Regionen aufzunehmen, Verträge auszuhandeln,<br />

Konferenzen durchzuführen. Kritisch beobachtet werden sie in<br />

ihrem Tun von den Oppositionsspielern, die natürlich versuchen<br />

werden (sofern es sich um demokratische Regionen handelt), sich<br />

bei den bald anstehenden Wahlkämpfen und Wahlen gegen die<br />

Regierung durchzusetzen. Nachdem diese Phase beendet ist, folgt<br />

eine erneute Beratung, in deren Verlauf sich die einzelnen Spieler<br />

innerhalb der jeweiligen Regionen über den Stand ihrer politischen<br />

Bemühungen gegenseitig informieren können. Anschließend<br />

geht das POL&IS-Jahr in die Phase der internationalen Information,<br />

in der die Regionen eine Vollversammlung der Vereinten<br />

Nationen simulieren. Es ist die Pflicht eines jeden Regierungschefs,<br />

pro POL&IS-Jahr eine Rede zu halten, in der sowohl der politische<br />

und ökonomische Status Quo der eigenen Region zu Sprache<br />

kommt, als auch Erklärungen zur internationalen Politik abgegeben<br />

werden können. Als letzte Phase schließt sich die Austragung<br />

anliegender Konflikte an. Dazu sei bemerkt, dass die Jugendlichen<br />

in den sechs Simulationen, die ich bislang erlebt habe, noch nie<br />

einen Krieg geführt haben. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass die<br />

Schülerinnen und Schüler das Planspiel schon nach kurzer Zeit<br />

nicht mehr nur als eine Art leistungsgesteigerte Variante des Eroberungsbrettspiels<br />

„Risiko“ ansehen, in dem man die virtuell vorhandenen<br />

Waffen einfach zum Spaß einsetzt. Ist ein POL&IS-Jahr<br />

- das etwa einen realen Zeitraum von vier Jahren abbildet - beendet,<br />

beginnt ein neuer Zyklus.<br />

Inhalt und didaktische Ziele<br />

Aus der Sicht des Sozialkundelehrers gesehen schafft es das Planspiel,<br />

die komplizierten Zusammenhänge der internationalen Politik<br />

in vielen Bereichen, wie etwa der Sicherheits-, der Umwelt-,<br />

der Wirtschafts- oder auch der Entwicklungshilfepolitik für Schülerinnen<br />

und Schüler didaktisch auf ein verstehbares Maß zu reduzieren<br />

und erfahrbar zu machen. Begrifflichkeiten wie Bevölkerungsexplosion,<br />

Wohlstandsgesellschaft, Nord-Süd-Gefälle, Ost-West-<br />

Annäherung, Unterstützung von Abrüstungsvorhaben, der Zusammenhang<br />

von Lebensstandard und politischer Stabilität einer Region,<br />

die Folgen der Globalisierung, die Notwendigkeit des schonenden<br />

Umgangs mit den natürlichen Ressourcen bei gleichzeitiger<br />

Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung, die Spannungen<br />

im magischen Sechseck oder die Rolle der UNO in der Welt (und<br />

auch manches Mal ihre Ohnmacht), treten bei POL&IS aus der<br />

Abstraktheit heraus. Genauer betrachtet können im Planspiel sehr<br />

viele jener Unterrichtsinhalte gefestigt und spielerisch praktisch angewendet<br />

werden, die der Lehrplan des Faches zu bieten hat.<br />

Abgesehen davon integriert das<br />

Planspiel weitere schulisch relevante<br />

Inhalte. Aus dem Bereich<br />

des Faches Deutsch gehört z. B.<br />

die Förderung der Kommunikationsfähigkeit<br />

durch permanente<br />

und inhaltsgebundene Interaktion<br />

dazu, was letztlich in<br />

immer routinierter dargebotenen<br />

Reden am Mikrophon gipfelt<br />

(bei manchen Jugendlichem<br />

am Ende sogar ohne Spickzettel<br />

oder Redemanuskript). Der<br />

politische Erfolg der eigenen Bemühungen<br />

hängt auch im Planspiel<br />

von erfolgreich praktizierter<br />

und effektiver Kommunikation<br />

in starkem Maße ab. Die Jugendlichen sind durch den Aufbau<br />

der Simulation auf die zweckorientierte Aufbereitung und genaue<br />

Weitergabe von Informationen angewiesen. Ein Missverständnis<br />

zwischen einem Regierungschef und seinem Wirtschaftsminister<br />

kann für die eigene Region, aber auch auf internationaler Ebene,<br />

fatale Folgen haben (Das weiß übrigens auch die Weltpresse, die<br />

recherchiert und permanent in Artikeln über die Weltlage Auskunft<br />

gibt.).<br />

Weitere Fächer, deren Inhalte im Planspiel in integrativer Weise<br />

18 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

umgesetzt werden, sind Erdkunde (internationale Orientierung,<br />

globaler Strukturwandel), das Fach Mathematik (wirtschaftliche<br />

Berechnungen in den Regionen und in der Weltbank), sowie Wirtschafts-<br />

und Sozialkunde als Wahlpflichtfach der Realschule und<br />

der Regionalen Schule. Neben den inhaltlichen Zugewinnen, die<br />

das Planspiel bietet, die aber in gewissem Umfang ein „normaler“,<br />

lehrgangsbezogener Unterricht auch vorzuweisen hat, ermöglicht<br />

das Planspiel eine mehrseitige Entgrenzung des schulischen Lernens,<br />

indem es den Lernort verlagert, die Fächergrenzen außer<br />

Acht lässt und den Zeitrahmen des 45-Minuten-Taktes der Schule<br />

sprengt. Dadurch trägt diese Form der politischen Bildung dazu<br />

bei, methodisch-kommunikative Kompetenzen aufzubauen und<br />

verstärkt zu fördern, affektiv-emotionale (Rollenidentifikation) Fähigkeiten<br />

auszubauen und zu erproben, soziale Fähigkeiten weiterzuentwickeln,<br />

Fähigkeiten zum Erkennen von Problemen und<br />

Strategien des Problemlösens zu erweitern, den Erwerb von Prozesskompetenz<br />

anzustoßen, und die Teamarbeit in vielen verschiedenen<br />

Ausprägungen zu trainieren.<br />

Das Planspiel aus Schülersicht -<br />

Ergebnisse einer kleinen Evaluation<br />

Im Rahmen der Nachbetrachtung des Planspieles habe ich die<br />

Schülerinnen und Schüler anonym einen Fragebogen ausfüllen<br />

lassen. Über 90 Prozent der befragten Jugendlichen fanden das<br />

Planspiel interessant und anregend, 61 Prozent gaben an, dass ihnen<br />

die Methode geholfen habe, die Inhalte besser zu verstehen.<br />

Rund 70 Prozent behaupteten, sie hätten sich auch nach dem Ende<br />

des Planspiels mit manchen Inhalten weiter beschäftigt, indem sie<br />

beispielsweise mit ihren Eltern darüber diskutiert hätten. Mehr als<br />

die Hälfte der Jugendlichen war der Meinung, die Zeit (immerhin<br />

eine Woche) habe nicht ausgereicht, und man hätte noch weiterspielen<br />

müssen. Ein Schüler schrieb auf den Rückmeldebogen: „Ich<br />

verstehe jetzt viel mehr, wenn ich die Nachrichten schaue. Politik<br />

ist schwieriger, als ich gedacht habe. Die Politiker haben keinen<br />

leichten Job.“<br />

Doch die aus meiner Sicht beste Bestätigung für die nachhaltige<br />

Wirkung lieferte die Aussage einer Schülerin, die Monate später<br />

bei einer Gesamtkonferenz über POL&IS berichten sollte. Sie stand<br />

auf und eröffnete ihren kurzen Vortrag mit den Worten: „Ich, als<br />

Regierungschefin Afrikas ...“<br />

Marc A. Gollon<br />

Marc A. Gollon, Realschullehrer an der Regionalen Schule Wörth,<br />

Ausbildung als Moderator für Studientage des EFWI Landau in den<br />

Bereichen Methoden- und Kommunikationstraining sowie Teamentwicklung<br />

* Informationen zum Planspiel POL&IS sind über die regional zuständigen Jugendoffiziere<br />

zu bekommen (auch unter www.jugendoffiziere.de)<br />

Demokratie lernen? -<br />

Lernortkooperation Schule - Unternehmen - Landtag<br />

Seit 1999 findet in Rheinland-Pfalz eine neue und bundesweit<br />

bisher einmalige Form der Lernortkooperation statt, an der neben<br />

der Berufsbildenden Schule Bingen mehrere Unternehmen (Fa.<br />

Boehringer Ingelheim Pharma KG, Sparkasse Rhein-Nahe, Volksbank<br />

Alzey, Kreissparkasse Alzey) und der rheinland-pfälzische<br />

Landtag beteiligt sind. Ziel war es, dieses handlungsorientierte und<br />

praxisnahe Projekt als festen Bestandteil in die duale Ausbildung<br />

der Unternehmen zu integrieren, um den Auszubildenden die<br />

Möglichkeit zu geben, Einblicke in die Arbeit des Landtages zu<br />

gewinnen, Verständnis für politische Ereignisse und Zusammenhänge<br />

zu entwickeln, politisches Interesse zu wecken und so vor<br />

allem Vorurteile gegenüber Politik und Politikern abzubauen.<br />

Inzwischen finden mit großem Erfolg jedes Jahr zwei bis drei Seminare<br />

statt, die sich jeweils über drei Tage erstrecken. Begleitet<br />

und organisiert werden die Veranstaltungen, die jeweils abwechselnd<br />

an einem Tag in der Berufsbildenden Schule, dem beteilig-<br />

ten Unternehmen und dem Landtag durchgeführt werden, von<br />

dem/der jeweiligen Fachlehrer/in der BBS Bingen, einem/einer<br />

Ausbilder/in des beteiligten Unternehmens und dem Leiter des<br />

Bereichs „Jugend und Schule“ der Landtagsverwaltung des rheinland-pfälzischen<br />

Landtages. Inhaltlich gestalten sich die Seminare<br />

wie folgt:<br />

1. Tag ( Landtag)<br />

• Einführung („Politik - Was geht mich das an?“)<br />

• Gespräch mit dem Bürgerbeauftragten des Landes Rheinland-<br />

Pfalz<br />

• Teilnahme an einer Ausschusssitzung des rheinland-pfälzischen<br />

Landtages<br />

• Gespräch mit Abgeordneten (i.d.R. Ausschussvorsitzende/r und<br />

Mitglieder der einzelnen Fraktionen)<br />

2. Tag (Berufsbildende Schule)<br />

• Historische Aspekte und Entwicklung des Landes Rheinland-<br />

Pfalz (Film)<br />

• Internet-Rallye zum Thema „Landtag und Politik“<br />

3. Tag (Unternehmen)<br />

• Rollenspiel „Ausschusssitzung“ (Thema variabel, z.B. Führerschein<br />

mit 16 Jahren? Tierversuche? etc.), in der die Auszubildenden<br />

das in den Tagen zuvor Erlebte und Erfahrene „nachspielen“<br />

müssen, indem sie die Rolle von Abgeordneten übernehmen.<br />

Ergänzt wird das Seminar durch einen Wettbewerb, in dem die<br />

Auszubildenden Fragen zu den angebotenen Programmpunkten<br />

beantworten. Die Punktbesten erhalten dann von den Kooperati-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

19


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

onspartnern gestiftete Preise.<br />

Nach dreijähriger Erfahrung können wir feststellen, dass die Seminare<br />

von allen Beteiligten sehr positiv bewertet werden:<br />

• Die Auszubildenden erfahren Politik als konkreten Gegenstand<br />

ihres täglichen Lebens (dies auch, da berufliche Ausbildung, Schule<br />

und Politik direkt miteinander „verbunden“ werden).<br />

• Vorurteile werden abgebaut, da Auszubildende am „eigenen Leibe“<br />

erfahren, dass „Demokratie“ (z.B. Diskussionskultur, Abstimmungsprozedere<br />

etc.) gar nicht so einfach ist.<br />

• Hemmschwellen gegenüber der Politik werden abgebaut, da Auszubildende<br />

durch persönlichen Kontakt Politiker als „normale“<br />

Menschen erleben.<br />

Inzwischen bindet die BBS Bingen auch ihre Partnerschule in Sonneberg/Thüringen<br />

in dieses Projekt ein, indem Auszubildende aus<br />

Sonneberg und aus der Region Bingen gemeinsam an diesem Seminar<br />

teilnehmen.<br />

Außerdem wurde das Konzept weiterentwickelt und jetzt in einem<br />

Pilotseminar „Politiker vor Ort“ auf die kommunale Ebene übertragen.<br />

Hermann Groß<br />

Hermann Groß, der zusammen mit H. Berkessel 1999 das Konzept<br />

dieses Seminars entwickelt hat, ist Lehrer für Deutsch und Sozialkunde<br />

der BBS Bingen, Autor eines Sozialkundebuchs und weiterer Publikationen.<br />

Zeitung in der Schule - ein „Bon-Bon“ im Schulalltag<br />

Ein Leistungskurs Deutsch oder ein Grundkurs Sozialkunde, der<br />

im Unterricht mit der Süddeutschen Zeitung arbeitet, Artikel<br />

schreibt und auch noch Zeilenhonorar kassiert - ist dies noch<br />

Schule?<br />

Das Grundkonzept<br />

Die Idee ist recht einfach. Bundesweit werden etwa 40 Schulklassen<br />

vom „Institut zur Objektivierung von Lern- und Prüfungsverfahren“,<br />

kurz IZOP Aachen, aus zahlreichen Bewerbern ausgesucht,<br />

die ein Jahr lang umsonst die SZ erhalten. Samstags gibt es<br />

dann eine ganze Schülerseite, auf der die Beiträge der Klassen erscheinen<br />

und schließlich noch bezahlt werden. Weil dies alles sehr<br />

viel Geld kostet, werden Wirtschaftsunternehmen und andere Institutionen<br />

als Sponsoren geworben. Die Wirtschaftspartner werden<br />

den Klassen zugewiesen und laden meistens die Klasse anschließend<br />

zu sich zu interessanten Betriebsbesichtigungen ein,<br />

wo wiederum Schülerreportagen und Interviews entstehen.<br />

Andere Themen werden in Eigenregie ausgewählt, recherchiert und<br />

erarbeitet. Beispielsweise lud die letzte Klasse 11 des Wirtschaftsgymnasiums<br />

Idar-Oberstein im Rahmen des Projekts die Bildungsministerin<br />

Doris Ahnen in die Schule ein, um mit ihr ein Gespräch<br />

zu den Ergebnissen der PISA-Studie zu führen. Nach sorgfältigem<br />

Studium aller Informationen entstand ein Fragenkatalog,<br />

und das Ergebnis der Diskussion wurde für die SZ zur Veröffentlichung<br />

aufbereitet. Weitere Beispiele für außerschulische Lerntätigkeiten<br />

waren Besuche in regionalen Wirtschaftsbetrieben, beim<br />

Flughafen Hahn, bei einer Gemeinde, die vorbildliche Integrationsarbeit<br />

für Aussiedler geleistet hatte, ein Interview mit dem ehemaligen<br />

KZ-Häftling Alex Deutsch sowie Sport- und Kulturveranstaltungen.<br />

Die Lernplankonvergenz<br />

Die Texte der SZ, FAZ und mancher anderen Zeitung eignen sich<br />

nicht nur wegen der Aktualität für den Unterricht. Im Hinblick<br />

auf Textanalysen, Erörterungen und Textsortenunterscheidung stellen<br />

die Zeitungen oft schon das Material für manche Abituraufgabenstellung<br />

im Fach Deutsch. Die im Lehrplan der Fächer Deutsch<br />

und Sozialkunde verankerten Themen Massenmedien, Fachsprachen,<br />

rhetorische Texte, das politische System der BRD, Parteien<br />

und Wahlen u. v. a. werden für die Schüler zeitnah zugänglich<br />

gemacht. Englischkollegen haben eine Unterrichtsreihe zum Thema<br />

Gesellschaftsprobleme konzipiert und ins Englische übersetzt.<br />

IZOP bietet zusätzlich 14tägige Vergleichsabos von anderen Zeitungen<br />

an, so dass ein breites Spektrum der Medienlandschaft in<br />

ihren Grundtendenzen vermittelt werden kann. Da die Schüler<br />

selbstständig schreiben, wächst das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl<br />

derjenigen besonders, die es geschafft haben, einen Artikel<br />

in einer renommierten Zeitung unter ihrem Namen zu veröffentlichen.<br />

Eine zusätzliche Leistung besteht in der Erstellung der<br />

so genannten Langzeitarbeit, in der wissenschaftspropädeutisches<br />

Arbeiten eingeübt wird. Die Schüler wählen sich ein beliebiges<br />

aktuelles Thema, das sie mit der SZ und eigenen Materialien in<br />

Form einer Facharbeit, die wissenschaftliche Kriterien erfüllen soll,<br />

behandeln. Vor einem eventuellem Studium wird so eine weitere<br />

Hemmschwelle, abgebaut, manche Arbeit wurde auch schon vom<br />

IZOP-Institut in einem Reader veröffentlicht. Da in unserer Reiz<br />

überfluteten Medienlandschaft das Lesen und eigenständiges<br />

Schreiben nicht hoch genug eingestuft werden können, ist „Zeitung<br />

in der Schule“ ein sehr sinnvolles Projekt, das Abwechslung<br />

und Schüleraktivität in den Schulalltag einbringt. Eltern und Schüler<br />

haben es bisher sehr geschätzt.<br />

Michael Pelke<br />

Michael Pelke ist Lehrer für Deutsch und Sozialkunde an der Berufsbildenden<br />

Schule Wirtschaft Idar-Oberstein.<br />

20 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

(Keine) Lust auf politische Bildung? -<br />

Neue Impulse durch die Verbindung von Live-Event mit praktischer Radioarbeit<br />

„Macht, Korruption, alte ineffiziente Strukturen, das verbinde<br />

ich mit Politik. Daher interessiere ich mich nicht dafür. Die Arbeit<br />

von Greenpeace ist für mich nicht politisch; die handeln,<br />

und zwar schnell, klar und kompromisslos.“<br />

Dieses Zitat eines von uns befragten jungen Mannes (Thorsten<br />

H., 26, Verwaltungsangesteller) unterstreicht die Thesen der neuesten<br />

Shell-Studie: Das Interesse der Jugendlichen an traditioneller<br />

Politik sinkt weiter. Die erlebte persönliche Distanz zur Politik zieht<br />

sich durch alle Milieus. Allein die Erwähnung des Wortes „politisch“<br />

hat eine abstoßende, im besten Fall neutrale Wirkung auf<br />

Jugendliche.<br />

Harte Zeiten für Jugendbildungsreferentinnen und -referenten, die<br />

ihre Produkte - nämlich Seminare zur politischen Bildung - anbieten.<br />

Wie können sie in Anbetracht dieser Erkenntnisse Jugendliche<br />

für aktuelle Themen begeistern, wie sie für Seminare interessieren?<br />

Sollten sie den Begriff „politisch“ tunlichst vermeiden, diesen<br />

nur noch der Form halber gegen Ende ihrer Veranstaltungen<br />

vorsichtig einfließen lassen, in der Hoffnung, dass die TeilnehmerInnen<br />

nicht fluchtartig den Raum verlassen?<br />

Die Erfahrungen mit der Veranstaltung „Wir machen Festivalradio“<br />

haben gezeigt, dass ein Bildungsangebot, das damit wirbt,<br />

über praktische Radioarbeit zu jugendadäquaten Themen verschiedene<br />

Kompetenzen zu vermitteln, durchaus Jugendliche anspricht.*<br />

Hier können die Heranwachsenden etwas zusammen mit anderen<br />

erleben, dabei Spaß haben und etwas Sinnvolles tun, was sie für<br />

ihre berufliche Lebensplanung nutzen können.<br />

Wie sich insbesondere Event und praktische Radioarbeit zu einem<br />

für Jugendliche und BildungsreferentInnen gleichermaßen spannenden<br />

Veranstaltungskonzept der politischen Bildung verbinden<br />

lassen, wollen wir anhand des durchgeführten Festival-Radioseminars<br />

aufzeigen. Für Seminaridee und Umsetzung zeichneten die<br />

beiden Autorinnen von Arbeit und Leben Rheinland-Pfalz und<br />

Haus am Maiberg verantwortlich.<br />

Radio meets Festival - ein Seminarkonzept entsteht<br />

Die Idee war, praktische Radioarbeit mit einem jugendkulturellen<br />

Event (Festival Open Ohr) in einem zweiteiligen Seminar zu verbinden.<br />

Im Vorbereitungsworkshop sollten Grundkenntnisse des<br />

Radiomachens vermittelt und in die Festivalthematik eingeführt<br />

werden. Während des Seminars auf dem Festivalgelände ging es<br />

darum, dass die Jugendlichen das Gelernte ausprobierten und umsetzten.<br />

Für Open Ohr als Thema und Veranstaltungsort eines Seminars<br />

der politischen Bildung sprach zum Einen, dass es weit über die<br />

Grenzen des Rhein-Main-Gebiets bei den Jugendlichen bekannt<br />

±<br />

Die Veranstaltung fand im Rahmen des bundesweiten Projekts „Radio<br />

Aktiv - Jugend strahlt aus“ statt, das der Bundesarbeitskreis Arbeit und<br />

Leben mit Standort in München und das Haus am Maiberg in Heppenheim<br />

(AKSB - Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke) von<br />

November 1997 bis Juni 2000 durchführten. Gefördert wurde das Projekt<br />

von der Stiftung Deutsche Jugendmarke e.V., Bonn.<br />

und beliebt ist. Es findet seit 25 Jahren jährlich auf der Mainzer<br />

Zitadelle statt. Das Gelände dort bietet neben Wiesen für große<br />

Veranstaltungszelte, Marktstände und fünf Open-Air-Bühnen verschiedenster<br />

Größe idealen Raum für Zeltplätze der BesucherInnen.<br />

Rund 300 Künstler und Referenten tragen zu einem aufklärerischen<br />

und kulturell vielfältigen Programm bei.<br />

Als Festival für „Beine, Bauch und Birne“, wie es der Kabarettist<br />

Helmut Ruge bezeichnete, bringt Open Ohr jedes Jahr hochaktuelle<br />

Themen zur Sprache, die von Konzerten verschiedenster Musikrichtungen,<br />

Theaterdarbietungen und Workshops ergänzt werden.<br />

Das Motto des Programms 1999 lautete „Macht und Gegenmacht“.<br />

Mit ihm wollten die Veranstalter zur Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema Macht generell, mit den veränderten Machtstrukturen<br />

im Land durch den Regierungswechsel sowie mit dem Kosovo-Krieg<br />

anregen. Darüber hinaus wurden Vorträge und Diskussionsrunden<br />

zu einer Reihe von Einzelthemen wie Frauenbewegung,<br />

Bioethik, Macht der Wissenschaft und zur Globalisierung<br />

angeboten.<br />

Dieses vielfältige Programm spiegelt das Ausdrucks- und Selbstverständnis<br />

von Open Ohr als politischem Festival wider und versprach,<br />

„spannenden Stoff“ für Radiobeiträge im Rahmen eines<br />

Seminars der politischen Bildung zu liefern.<br />

Mit dem Workshoptitel „Wir machen Festivalradio“ wollten wir<br />

das Interesse der Jugendlichen am Radiomachen wecken. Als ReporterInnen<br />

konnten sich die TeilnehmerInnen engagiert und „lustvoll“<br />

- so das Ziel der Veranstaltung - mit Motto, Geschichte und<br />

Besonderheiten des Festivals auseinandersetzen und ihre eigenen<br />

Meinungen und Einstellungen zum Event und den hier diskutierten<br />

Themen einbringen. Als ein weiteres Highlight des Seminars<br />

ermöglichten wir es den TeilnehmerInnen, täglich zwei Stunden<br />

auf der Frequenz zweier lokaler Bürgerradios zu senden.<br />

Hierfür benötigten die Jugendlichen journalistische und technische<br />

Grundkenntnisse sowie inhaltliches Backgroundwissen zum<br />

Festival. All dies wurde im Vorbereitungsworkshop vermittelt. Die<br />

Teilnahme an dieser Veranstaltung, die zwei Referenten in einer<br />

Bildungsstätte durchführten, war Bedingung für das Radiomachen<br />

auf dem Open Ohr. Für das Seminar auf dem Festivalgelände planten<br />

wir vier ReferentInnen ein. Die TeilnehmerInnenzahl beschränkten<br />

wir auf dreizehn, um den Jugendlichen eine intensive<br />

Begleitung durch die Referenten und ein effizientes Arbeiten zu<br />

ermöglichen.<br />

Nach Ankündigung des Seminarprogramms in den regionalen Tageszeitungen,<br />

im Festivalprogramm und von den Bürgerradios gingen<br />

auch die ersten Anmeldungen ein. Innerhalb von wenigen<br />

Tagen mussten wir eine Warteliste für die zahlreichen interessierten<br />

TeilnehmerInnen eröffnen und fragten uns erfreut: Gibt es sie<br />

etwa doch - die bildungs- und (mit)gestaltungswilligen Jugendlichen?<br />

Vorbereitungsseminar am Wochenende<br />

Eineinhalb Wochen vor Festivalbeginn startete das Vorbereitungsseminar<br />

mit sieben jungen Männern und sechs jungen Frauen,<br />

fast alle im Alter von sechzehn bis neunzehn Jahren. Bis auf zwei<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

21


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

Teilnehmer, die schon einmal beim Uni- und Bürgerradio reingeschnuppert<br />

hatten, besaßen die Jugendlichen keine radiojournalistischen<br />

Erfahrungen. Nahezu alle interessierten sich allerdings<br />

für Medien generell und überlegten sich, ob und welcher Beruf in<br />

diesem Bereich für sie in Frage käme.<br />

Dass Open Ohr nicht einfach coole Bands und Radiomachen nicht<br />

nur Locker-am-Mikro-Moderieren bedeuten, ahnten die Jugendlichen.<br />

Alle kannten das Festival. Die meisten von ihnen waren<br />

schon öfter dort. In diesem Jahr wollten sie allerdings nicht als<br />

Besucher „abhängen“, sondern als Berichterstatter auf der Frequenz<br />

zweier Bürgerradios dabei sein und selbst „etwas Sinnvolles mit<br />

anderen Gleichaltrigen zusammen machen“, so Felix, der jüngste<br />

Teilnehmer. Dies hieß für die einen, eigene Beiträge texten und<br />

sprechen, Umfragen durchführen und am PC schneiden. Andere<br />

wollten gerne eine komplette Sendung moderieren und manche<br />

fieberten darauf, als „SelbstfahrerInnen“ am Mischpult „die Technik<br />

zu fahren“ und zu moderieren.<br />

Wieviel Arbeitsaufwand allein schon die Produktion eines dreiminütigen<br />

Beitrags erfordert, das hatte sich - so das Feedback bei<br />

Abschluss des ersten Workshopteils - niemand vorstellen können.<br />

Auch dass die Vorbereitungsveranstaltung sehr viel „harte“ Arbeit<br />

mit sich bringen würde, hatten die wenigsten erwartet. Aber<br />

schließlich wollten alle gut vorbereitet sein, wenn sie live vom Festival<br />

berichteten. Von daher waren sie mit Feuereifer dabei, als es<br />

darum ging, die Ziele für das Vorbereitungswochenende mit den<br />

Referenten festzulegen und in Teams gemeinsam umzusetzen.<br />

In einem theoretisch orientierten Seminarteil führten die Referenten<br />

in das Festivalthema ein und gaben Einblick in das Radiomachen.<br />

Sie vermittelten den Jugendlichen einen Überblick über<br />

die regionale Medienlandschaft, damit die nichtkommerziellen<br />

lokalen Radios - auf deren Frequenz und Sendeplatz das Projekt<br />

„on air“ gehen würde - in ihrer Aufgabe, Arbeitsweise und Organisationsstruktur<br />

bekannt waren. Am Beispiel eines Mustersendefahrplans<br />

regten die Referenten die Jugendlich dazu an, Beiträge<br />

vorzuschlagen, die sie vorproduzieren wollten.<br />

Eine Menge „Stoff“ - doch die Jugendlichen waren „voll dabei“.<br />

Schließlich bezogen sich die theoretischen Seminareinheiten und<br />

Diskussionen im Plenum auf zwei konkrete Dinge, für die sie sich<br />

interessierten: das Medium Radio, das sie kennen lernen und „selbst<br />

machen“ wollten, und das Festival, über das sie live berichten<br />

würden.<br />

Nach der Bildung von Redaktionsteams erhielten die einzelnen<br />

Gruppen die im Vorfeld des Festivals erschienenen Presseberichte<br />

und das Festivalprogramm, um sich einen Überblick vom Festivalgeschehen<br />

zu verschaffen und Einzel-Events und -Themen für<br />

ihre Beiträge zu diskutieren und vorab auszuswählen. Klar war für<br />

alle Teams, dass die bekannten Bands wie „Pothead“ und „Fruit“<br />

unbedingt vorgestellt werden mussten. Und wenn sie auch die<br />

Gruppe „Blumfeld“ - das musikalische Highlight auf dem Festival<br />

- interviewen könnten, wäre das einfach super! Klar war auch, dass<br />

das Motto „Macht und Gegenmacht“, das von Theatergruppen,<br />

Kabarettisten und in Diskussionsrunden aufgegriffen wurde,<br />

durchgängig in ihren Sendungen zur Sprache gebracht werden sollte.<br />

Jede Redaktionsgruppe erhielt eine Einweisung in die Aufnahmetechnik<br />

und den Computerschnitt, Tipps und Unterstützung für<br />

das Schreiben und Sprechen fürs Mikro sowie Unterstützung bei<br />

Ideensammlung und Exposé-Abfassung für die Beiträge. Die ersten<br />

Erfahrungen mit der praktischen Radioarbeit formulierten die<br />

TeilnehmerInnen in der Redaktionskonferenz wie folgt: „Es war<br />

ein komisches Gefühl, seine eigene Stimme erstmals aus der Lautsprecherbox<br />

zu hören“, „Was für ein Riesen-Zeitaufwand für minutenlange<br />

Aufnahmen!“, „Das ist echt ein Ding, wie sich Aussagen<br />

von Beiträgen durch Schnitt verändern oder durch Effekte<br />

karikieren lassen“. Bis in den späten Abend saßen die Teams zusammen<br />

und waren „radio aktiv“.<br />

Bei der abschließenden Redaktionskonferenz war die Gruppe zu<br />

einem großen Team zusammengewachsen. Alle waren mit dem<br />

Seminarprogramm und sich selbst voll und ganz zufrieden: Voller<br />

Stolz präsentierten und lauschten die Jugendlichen den fertiggestellten<br />

Beiträgen. Nach letzten Absprachen für den zweiten Seminarteil,<br />

fuhren sie mit Festivalprogramm, Team- und Themenplänen<br />

in den Taschen, Ringen unter Augen und - was das Wichtigste<br />

war - einer Verabredung mit ihren neuen Radio-Kolleginnen<br />

und Kollegen zum gemeinsamen Open Ohr-Liveradio nach<br />

Hause.<br />

Die Seminargruppe geht „on air“<br />

Pfingstfreitag war Treffpunkt auf dem Open Ohr. Nachdem die<br />

TeilnehmerInnen ihre Zelte errichtet hatten, halfen sie beim Technikaufbau<br />

ihres Studio- und Redaktionsraums, der für die kommenden<br />

vier Tage ihr Zuhause sein würde. Schon am nachmittag<br />

sollten sie auf Sendung gehen. Das war eine andere Situation als<br />

bei den Vorproduktionen auf dem Vorbereitungsseminar. Jetzt<br />

gaben die Live-Sendungen das Tagesziel vor, und die Jugendlichen<br />

traten mit ihren Beiträgen und Moderationen in die Öffentlichkeit.<br />

Für das Event-Radiomachen gaben wir den jungen ReporterInnen<br />

einen klar strukturierten Zeit- und Aufgabenplan als Seminarrahmen<br />

vor. Dieser Plan enthielt folgende Seminarbausteine<br />

bzw. Tagesabschnitte, die das Referententeam durchgängig anleitete:<br />

• 9.00 Uhr und 16.15 Uhr jeweils eine große Redaktionskonferenz<br />

• 10.00 Uhr: Arbeit in Redaktionsteams (u.a. Beitragsplanung,<br />

Recherche, O-Ton-Aufnahmen und -bearbeitung, Texten, Sprechproben,<br />

Schnitt, Musikauswahl, Sendefahrplan erstellen und Moderationen<br />

vorbereiten)<br />

• ab 10.30 Uhr: Außentermine auf dem Festivalgelände<br />

• 13.00 Uhr: Generalprobe für die Sendeteams (zwei Trockensendungen<br />

mit je einem Sendeteam)<br />

• 14.00 bis 16.00 Uhr: „on air“ - die beiden Teams (ModeratorInnen<br />

und TechnikerInnen) machen je eine Stunde ein eigenes Radioprogramm,<br />

die übrigen TeilnehmerInnen sind kritische ZuhörerInnen<br />

und werten die Sendungen anhand vorgegebener Kriterien<br />

aus<br />

Im Rahmen der Teamarbeit sowie in den Redaktionskonferenzen<br />

initiierte das Referententeam durchgängig Reflexionseinheiten, um<br />

das beim praktischen Radiomachen Erlebte, Geplante, Produzierte<br />

zusammenzufassen, kritisch zu hinterfragen und verallgemeinerbare<br />

Schlussfolgerungen und Erkenntnisse aus der gemeinsamen<br />

Radioarbeit für alle zu ziehen.<br />

Hierbei ging es beispielsweise um die Fragen, ob, warum und in<br />

welcher Form über die Abschluss-Pressekonferenz des Festivals<br />

berichtet werden sollte. In diesem Zusammenhang diskutierten<br />

Jugendliche und ReferentInnen über den Stellenwert der Berichte<br />

über das Festival in ihren Sendungen. Die Hindernisse für das<br />

Open Ohr 1999, die Befürworter und Kritiker in den Reihen der<br />

22 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Praxisbeispiele aus der politischen Bildung<br />

politischen Parteien sowie das Image des Festivals bei jungen und<br />

älteren Einwohnern der Region sollten - so das Resümee der Jugendlichen<br />

- zur Sprache gebracht werden. Schließlich hatten die<br />

ZuhörerInnen das Recht, hierüber mehr zu erfahren, und sie als<br />

ReporterInnen die Aufgabe, auf der Basis einer gründlichen Recherche<br />

über diese Fragen zu informieren.<br />

Jeder Seminarbaustein vermittelte für sich sowie als Teil des Gesamtkonzepts<br />

„Festivalradio“ (Vorbereitungsseminar und Live-<br />

Radio-Seminar) gleich mehrere Kompetenzen:<br />

• Sachliches Wissen zu Motto, Geschichte, Finanzierung, Organisation<br />

und regionaler Bedeutung des Festivals und aktuellen Einzelthemen<br />

(politische Sachkompetenz)<br />

• Journalistisches und technisches Know How, um ein eigenes Live-<br />

Radioprogramm zu gestalten und die eigenen Meinungen und<br />

Ansichten kompetent zu artikulieren (aktive Medienkompetenz)<br />

• Allgemeines Wissen über die Arbeitsweise öffentlich-rechtlicher,<br />

privater und Bürger-Sender sowie Einblicke in technische und journalistische<br />

Möglichkeiten der Beitrags- und Sende-Gestaltung für<br />

ein kritisches Radio-“Hören“ (rezeptive Medienkompetenz)<br />

• Entwickeln von Teamgeist, Gemeinschaftssinn und Engagement<br />

für die Seminargruppe (soziale Kompetenzen)<br />

Darüber hinaus wollten wir das Interesse der Jugendlichen wecken,<br />

bei Bürgerradios längerfristig mitzuarbeiten und als JournalistInnen<br />

regionale und kommunale Themen und Ereignisse mit<br />

zu diskutieren. Der Austausch mit den RedakteurInnen der Rheinwelle<br />

Wiesbaden, die im Anschluss an die Seminargruppe auf Sendung<br />

gingen sowie das „Reinhören“ in deren Programm, lieferten<br />

erste Gespräche über Jobs und Mitwirkungsmöglichkeiten beim<br />

Bürgerradio.<br />

Eingebunden in einen aufregenden Arbeitstag mitten auf dem Festivalgelände,<br />

identifizierten sich die Jugendlichen sehr schnell mit<br />

ihrer Rolle als Radio-JournalistInnen und wurden sich der großen<br />

Verantwortung „ihres“ Berufes bei Recherchen, Live-Interviews und<br />

-moderationen sowie in der Technik bewusst. Selbstbewusst traten<br />

sie ihren Interviewpartnern und ihrer Zuhörerschaft gegenüber<br />

als themenkompetente und journalistisch kompetente BerichterstatterInnen<br />

auf.<br />

Die einzelnen TeilnehmerInnen und Teams unterstützten sich gegenseitig<br />

und waren untereinander sehr kooperativ. Das Zusammenarbeiten<br />

und -leben auf dem Festivalgelände sowie die hohen<br />

Anforderungen in Gestalt von täglichen Live-Sendungen förderten<br />

einen starken Zusammenhalt der jungen Menschen. Die Teamarbeit<br />

machte den Gesamterfolg aus - das war allen klar. Das „Wir“-<br />

Gefühl der Gruppe kam „on air“ im gemeinsamen Motto „Projekt<br />

Ohr - das Festivalradio“, ihrem Beitrag „Wir über uns“ sowie in<br />

der hohen Identifikation mit ihren Beitrags- und Sende-Produkten<br />

zum Tragen.<br />

Vom ersten bis zum letzten Festivaltag erhöhten die Jugendlichen<br />

die Anzahl der Beiträge pro Sendestunde und wagten sich an aufwendigere<br />

Berichte wie zum Beispiel über das Diskussionsforum<br />

zur Bioethik heran. Nicht das Produzieren und technische Experimentieren<br />

standen beim Radiomachen für sie im Vordergrund,<br />

sondern die Tatsache, gemeinsam mit anderen zu lernen, die Ergebnisse<br />

anzuwenden und etwas zu bewegen.<br />

Diese Erwartung erfüllte sich für sie in mehrfacher Hinsicht: Neben<br />

journalistischem und produktionstechnischem Wissen hatten<br />

sie sich gemeinsam mit anderen Einblick in Motto und Bedeutung<br />

des Open-Ohr-Festivals verschafft, zu Einzelthemen recherchiert<br />

und darüber berichtet. Wann immer sie auf „Politisches“<br />

stießen, wie beispielsweise im Zusammenhang mit der Finanzierungsfrage<br />

des Festivals oder mit dem Thema Bioethik, strichen<br />

sie es nicht aus ihrer Sendeplanung, sondern brachten es mit Unterstützung<br />

der ReferentInnen so konkret und verständlich wie<br />

möglich in ihren Beiträgen zur Sprache. Wichtig hierbei war für<br />

sie, dass es um etwas Fassbares, für sie Nachvollziehbares ging, mit<br />

dem sie etwas verbinden konnten, und nicht um etwas Abstrakt-<br />

Theoretisches oder gar Ideologisches.<br />

Ihr Resümee zum Live-Radio auf dem Festival lautete vor diesem<br />

Hintergrund: „Es hat super viel Spaß gemacht, obwohl es sehr stressig<br />

war - schließlich haben wir tolle Sendungen gemacht und eine<br />

Menge gelernt.“ Auf jeden Fall wollten alle Teilnehmerinnen über<br />

weitere Seminarangebote im Rahmen des Radioprojekts informiert<br />

werden. Bei einem Redaktionssprecher der Rheinwelle Wiesbaden,<br />

der die Sendungen des Bürgerradios betreut hatte, trugen sie sich<br />

mit Anschrift und Telefon ein, um an einer Informationsveranstaltung<br />

zur Mitarbeit beim Bürgerradio eingeladen zu werden.<br />

Für ihre Teilnahme am Festival-Seminar wollten sie gerne eine Teilnahmebescheinigung,<br />

die auflistete, welche Inhalte ihnen vermittelt<br />

worden waren und welche „Jobs“ sie selbst durchgeführt hatten.<br />

Ganz besonders freuten sie sich über unsere Zusage, ihnen die<br />

Sendemitschnitte auf Kassette zu kopieren.<br />

Ausblick<br />

Es gibt also durchaus positive Perspektiven für politische Bildungsarbeit,<br />

wenn sie sich an der Lebenswelt und den Bedürfnissen der<br />

Jugendlichen orientiert. Praktische Radioarbeit in Verbindung mit<br />

dem Event Festival motiviert Jugendliche dazu, sich mit lokalen<br />

Ereignissen auseinanderzusetzen und ihre Sichtweisen kompetent<br />

zu artikulieren.<br />

Die TeilnehmerInnen-Werbung zum Festivalradio war im Vergleich<br />

zu anderen Veranstaltungen einfach, da das Event „Open Ohr-<br />

Festival“ für Jugendliche ein anziehender, interessanter Treffpunkt<br />

ist. Das Event gewinnt zusätzlich durch die intensive Berichterstattung<br />

der verschiedenen Medien (Print, TV, Hörfunk) an Attraktivität.<br />

Weitere Anreize für die Jugendlichen, am Seminar teilzunehmen,<br />

waren produktorientiertes Arbeiten (eigene Sendungen<br />

sowie Sendemitschnitte auf Kassette) und eine Teilnahmebescheinigung,<br />

die alle Seminareinheiten auflistet.<br />

Die scheinbare „Freizeit- und Fun-Veranstaltung“ ermöglicht den<br />

jungen ReporterInnen Zugang zu ernsteren politischen Themen<br />

(z.B. Festivalfinanzierung, Bioethik). Kooperationspartner wie die<br />

lokalen Bürgerradios und die Projektgruppe Open Ohr eröffneten<br />

den Jugendlichen neue Beteiligungsmöglichkeiten. Diese Angebote<br />

sind allerdings mit einem größeren Zeit- und Arbeitsaufwand<br />

in der Vorbereitung sowie Seminardurchführung verbunden und<br />

nur mit intensiver Betreuung umsetzbar.<br />

Die hier vorgestellte Seminarform vermittelt Medienkompetenz,<br />

politische Sachkompetenz und soziale Kompetenzen, die die Heranwachsenden<br />

für den eigenen beruflichen Werdegang oder Lebensplan<br />

nutzen können, und die sie gleichzeitig dabei unterstützen,<br />

eigene Meinungen zu bilden und zu äußern und so an lokalen<br />

gesellschaftspolitischen Prozessen zu partizipieren.<br />

Manuela Duft / Sonja Puchelski<br />

Manuela Duft ist Bildungsreferentin im Haus am Maiberg, Akademie<br />

für politische und soziale Bildung, Heppenheim;<br />

Sonja Puchelski ist Jugendbildungsreferentin der LAG Rheinland-Pfalz<br />

von Arbeit und Leben.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

23


LeserInnenbriefe<br />

Arschkriecher und Realpolitiker ?<br />

Betr.: <strong>GEW</strong>-Zeitung 4-5 / 03, S. 3,<br />

Kurzkommentar „Arschkrieg(ch)er“<br />

Die Differenz zwischen den USA und<br />

der BRD ist nicht primär eine zwischen<br />

Kriegstreiberei und Friedensliebe,<br />

wie dies sowohl<br />

Prof. Czempiel in der<br />

E&W als auch der Kurzkommentar<br />

in der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

4-5/2003 meinten. Und A.<br />

Merkel kommt Bushs Hinterteil<br />

zwar nahe. Hauptgrund dafür ist jedoch<br />

nicht blinde Unterwürfigkeit. Sie<br />

ist bloß aus ihrer Sicht die bessere Realpolitikerin.<br />

Der Autor des Kommentars in der<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung hat Recht, sich über<br />

CDU-Landesregierungen zu beschweren,<br />

die demonstrierenden SchülerInnen<br />

mit Strafe drohen. Nichtsdestotrotz<br />

ist es meiner Ansicht nach verharmlosend,<br />

die Position von A. Merkel zum<br />

Irakkrieg als „arschkriecherisch“ zu bezeichnen,<br />

und zwar verharmlosend gegenüber<br />

der rot-grünen Außenpolitik.<br />

Dass diese sich in der Irakfrage gegen<br />

die US-amerikanische Hegemonialmacht<br />

auflehnt, sollte nicht als ein Akt<br />

friedensfördernder Emanzipation verklärt<br />

werden. Die deutsche Außenpolitik<br />

hat andere Interessen im Nahen<br />

Osten als die US-amerikanische. Sie<br />

macht zum Beispiel bessere Geschäfte<br />

mit S. Hussein und versteht sich mit<br />

diversen Regimes - wie im Iran - besser<br />

als die USA. Solche Beziehungen könnte<br />

der US-Krieg gefährden. Dass die<br />

deutsche Außenpolitik das nicht möchte,<br />

führt zu einer selektiven Friedensfreundschaft,<br />

die nichts Grundsätzliches<br />

hat. Schließlich war Deutschland im<br />

Kosovo 1999 mit 14 Tornados dabei<br />

und hat mitgebombt, 78 Tage lang (...)<br />

- die UNO und damals gleichfalls gegebene<br />

Warnungen vor einem „Flächenbrand“<br />

und einem „Präzedenzfall“ bewusst<br />

übergehend.<br />

Rot-Grüne Außenpolitik meint, dass sie<br />

es sich jetzt erlauben kann, die Muskeln<br />

gegen die USA spielen zu lassen.<br />

Möglicherweise will man austesten, wie<br />

weit man gehen kann. Die Meinungsverschiedenheit<br />

in der Irakfrage ist eine<br />

Machtprobe zwischen Staaten, die im<br />

Kalten Krieg durch einen gemeinsamen<br />

Feind verbunden waren und deren Verhältnis<br />

jetzt in einen Konkurrenzkampf<br />

zurückfällt. Die interessante Frage ist,<br />

welche „neue Weltordnung“ dabei herauskommt<br />

und wer seine Interessen wie<br />

weit durchsetzen kann.<br />

A. Merkel (und andere, nicht nur in<br />

der CDU) ist zu einem anderen Schluss<br />

gekommen als Schröder und Genossen:<br />

Auch sie möchte die Geschäfte der deutschen<br />

Wirtschaft mit dem Irak erhalten.<br />

Aber im Gegensatz zu Schröder,<br />

Fischer, Struck hält sie es für realpolitisch<br />

geboten, zur Verfolgung dieses Ziels<br />

(noch) nicht auf die antiamerikanische<br />

Karte zu setzen. Denn die BRD kann<br />

die USA nicht als Weltordnungsmacht<br />

ersetzen, und die EU - selbst unter deutscher<br />

Führung - auch nicht. Nach dieser<br />

Interpretation lässt sich der weltpolitische<br />

Aufstieg und die außenpolitische<br />

Emanzipation der BRD, wie sie<br />

seit 1989 von Schwarz-Gelb über Rot-<br />

Grün betrieben wird, noch nicht in<br />

Frontstellung gegen die USA, sondern<br />

nur in Partnerschaft mit ihnen erreichen.<br />

Realpolitik kann manchmal sehr<br />

„arschkriecherisch“ sein. Sie kann sich<br />

genauso gut „friedensbewegt“ geben. Je<br />

nach Lageeinschätzung. Aus ihrer Sicht<br />

bleibt die Realpolitik Merkels und<br />

Schäubles den Lehren Bismarcks treuer,<br />

der die reale Kräftelage erkannte<br />

und mit ihr, nicht gegen sie, bis 1890<br />

den Aufstieg des deutschen Reiches zu<br />

betreiben suchte. Rot-Grün hingegen<br />

stürmt mit einem außenpolitischen<br />

Emanzipationsbedürfnis nach vorne,<br />

das einige Strategen in Deutschlands<br />

Chefpartei, der CDU, beunruhigt.<br />

Wenn nämlich der Krieg der USA und<br />

ihrer Verbündeten „besser“ ausgeht als<br />

erwartet, könnte die BRD, aber auch<br />

Frankreich, im Regen stehen. Da wartet<br />

der konservative deutsche Realpolitiker<br />

lieber noch etwas ab, bis sich bessere<br />

Gelegenheiten ergeben, die außenpolitischen<br />

Muskeln spielen zu lassen.<br />

Daniel Hard, Mainz<br />

Warum ein Apfel immer eine schlechte Birne ist<br />

Betr.: Diskussion um PISA-Ergebnisse<br />

Es ist keineswegs so, dass Schülerinnen<br />

und Schüler in den skandinavischen<br />

Musterländern Finnland und Schweden<br />

intelligenter sind und die Lehrerinnen<br />

und Lehrer besseren Unterricht<br />

erteilen. Die Bedingungen, unter denen<br />

Schülerinnen und Schüler lernen<br />

und Lehrerinnen und Lehrer unterrichten,<br />

sind schlichtweg nicht miteinander<br />

vergleichbar. Stellen wir dann trotzdem<br />

eine Studie an, in der wir Qualitätsmerkmale<br />

von Äpfeln und Birnen nebeneinander<br />

stellen und kommen wir<br />

dann zu dem Ergebnis, dass die deutschen<br />

Äpfel gemessen an den skandina-<br />

vischen Birnen auf Platz 21 liegen, so<br />

ist dies doch ein gutes Ergebnis, oder?<br />

Warum untersuchen wir nicht stattdessen,<br />

wie gut die Lernergebnisse in<br />

Deutschland gemessen an den gesellschaftlichen<br />

und sozialen Bedingungen<br />

sind?<br />

Wussten Sie, dass<br />

• die finnischen Schulen so klein sind,<br />

dass sie fast familiären Charakter haben?<br />

• zum Schulpersonal einer jeden Schule<br />

eine Schulschwester, eine Kuratorin,<br />

eine Psychologin, eine Speziallehrerin,<br />

eine unbestimmte Anzahl von Assistenten<br />

und Küchenpersonal gehört?<br />

• schwache SchülerInnen speziell gefördert<br />

werden?<br />

• jede Schule ihr eigenes Schulprofil<br />

entwirft und das Kollegium den Lehrplan<br />

selbst entwickelt? (Bei uns werden<br />

gegenwärtig Vergleichsarbeiten zwischen<br />

den Schulen eingeführt.)<br />

• die durchschnittliche Klassenfrequenz<br />

in Finnland 19,5 beträgt?<br />

• jeder Schulträger eine Vertretungsreserve<br />

hat?<br />

• Lehrkräfte ihre ganze Kraft in ihren<br />

Unterricht investieren können?<br />

Schließlich ist es ja nicht ihre Pflicht<br />

sich nebenbei ganz anderen Dingen zu<br />

widmen.<br />

• dass die Schule Assistentinnen auf<br />

Stundenbasis einstellt, wenn sie große<br />

24 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Alter + Ruhestand<br />

Klassen (d.h. solche mit mehr als 18/<br />

20 Schüler/innen) hat?<br />

• die Sommerferien in Finnland zweieinhalb<br />

Monate dauern?<br />

Auch die soziokulturellen Bedingungen<br />

in Finnland lassen sich schlecht mit den<br />

deutschen messen.<br />

• Finnland hat lange, kalte und dunkle<br />

Winter und von daher eine Lesetradition.<br />

(Mit 3,8% hatte Finnland<br />

bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

die niedrigste Analphabetenrate der<br />

Welt.)<br />

• Finnisch liest sich sehr viel leichter<br />

Die <strong>GEW</strong> gratuliert …<br />

… im Juli 2003<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Herrn Rainer Schmidt<br />

02.07.1933<br />

Finkenweg 40 · 55743 Idar-Oberstein<br />

Herrn Franz Schulz<br />

23.07.1933<br />

Kettelerstr. 46 · 55126 Mainz<br />

Herrn Hans Erich Henkes<br />

24.07.1933<br />

Ziegelhütte 25 · 66484 Schmitshausen<br />

als Deutsch. Die Orthographie ist völlig<br />

phonetisch. (Man spricht, wie man<br />

schreibt.)<br />

• Kinofilme und ausländische Fernsehbeiträge<br />

werden nicht synchronisiert,<br />

sondern untertitelt. Sinnerfassendes<br />

Lesen wird ständig, freiwillig außerhalb<br />

der Schule trainiert. Gibt es eine bessere<br />

Motivation als eine intrinsische?<br />

• In Finnland gibt es praktisch keine<br />

Kinder mit ausländischer Muttersprache.<br />

(Die Ausländerquote liegt bei<br />

knapp 2%.)<br />

~Die Bevölkerung Finnlands ist in<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Gerhard Luwig<br />

22.07.1928<br />

Horebstr. 25 · 66953 Pirmasens<br />

Herrn Hans Werner<br />

28.07.1928<br />

Terassenweg 3 · 66953 Pirmasens<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herrn Theodor Ziegler<br />

04.07.1923<br />

Aspenweg 29 · 67433 Neustadt<br />

LeserInnenbriefe<br />

hohem Maße homogen. Die Differenz<br />

zwischen dem höchsten und dem niedrigsten<br />

Einkommen ist die geringste aller<br />

entwickelten Länder.<br />

Warum erkennen wir nicht an, dass es<br />

Äpfel und Birnen gibt? Kein Apfel muss<br />

sich schämen eine schlechte Birne zu<br />

sein. Er ist ein Apfel. Das ist seine Natur.<br />

(Quelle: „Zur Binnenstruktur des finnischen<br />

Schulwesens“ von Thelma von<br />

Freymann in Zeitschrift „Freiheit der<br />

Wissenschaft“, 2/2002)<br />

Marliese Hirsch / Marc. A. Golon<br />

Regionale Schule Wörth<br />

zum 89. Geburtstag<br />

Frau Martha Gauch<br />

22.07.1914<br />

Haardter Str. 6 /Wohnstift, 67433 Neustadt<br />

Der Landesvorstand<br />

In memoriam - Georg Blees<br />

1910 - 2003<br />

Der Kreisverband Westerwald in der<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

nimmt Abschied von Georg<br />

Blees. Am 4. Mai 1910 geboren,<br />

wurde er schon 1929 als Student<br />

Mitglied im AdLLV, um dann nach<br />

dem Krieg mit vollem Einsatz den<br />

Aufbau der <strong>GEW</strong> im DGB voranzutreiben.<br />

Georg Blees war immer in vorderster<br />

Reihe zu finden, wenn es galt, die<br />

Belange der Kolleginnen und Kollegen<br />

zu vertreten. Ich durfte an seiner<br />

Seite mit ihm als Vorsitzenden<br />

15 Jahre im Kreispersonalrat erfahren,<br />

wie man wirksam die Anliegen<br />

der Kolleginnen und Kollegen gegenüber<br />

der Schulaufsicht als Partner,<br />

aber auch - wenn nötig - als<br />

Gegner in der Sache vertritt. Er war<br />

in drei Wahlperioden auch Mitglied<br />

des Hauptpersonalrats für Grundund<br />

Hauptschulen beim Kultusministerium<br />

in Mainz.<br />

Als Delegierter und Vorsitzender seines<br />

Kreisverbands vertrat er die Interessen<br />

seiner Mitglieder bei Bezirks-<br />

und Landesvertreterversammlungen<br />

und gehörte mehrmals als<br />

Vertreter von Rheinland-Pfalz dem<br />

Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> an.<br />

Vor allem in den Zeiten des Um-<br />

bruchs, als die Simultanschule an<br />

die Stelle der Konfessionsschule<br />

trat, die einklassige Volksschule<br />

von der voll gegliederten Grundund<br />

Hauptschule abgelöst wurde,<br />

der teilweise „Durchbruch“ bei der<br />

Lehrerbesoldung erfolgte, die Personalvertretung<br />

eine neue Qualität<br />

bekam - immer war die Stimme<br />

von Georg Blees zu hören.<br />

Auch in der Funktion als Rektor<br />

seiner Schule galt sein besonderes<br />

Anliegen dem Ausbau einer „kollegialen<br />

Schulleitung“ und der<br />

Stärkung der Rechte seiner Kolleginnen<br />

und Kollegen. Die <strong>GEW</strong><br />

im Westerwald und in Rheinland-<br />

Pfalz hat Georg Blees viel zu danken<br />

und wird ihm ein ehrendes<br />

Andenken bewahren.<br />

Edmund Theiß<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

25


Tipps + Termine<br />

Berufsbegleitender Fernstudiengang<br />

„Schulmanagement“<br />

Die Universität Kaiserslautern bietet<br />

zum Wintersemester 2003/2004 einen<br />

Fernstudiengang „Schulmanagement“<br />

an, der sich aufgrund seiner<br />

großen Nachfrage inzwischen als<br />

Regelstudienangebot der Universität<br />

etablieren konnte. Das Studienangebot<br />

wendet sich insbesondere an<br />

SchulleierInnen, LehrerInnen an allgemein-<br />

und berufsbildenden Schulen,<br />

aber auch an Schulaufsichtspersonal,<br />

Lehrerfortbildungspersonal<br />

sowie SchulpsychologInnen, die ihr<br />

Wissen und ihre berufliche Kompetenz<br />

erweitern möchten.<br />

Einschreibungen für das Wintersemester<br />

2003/2004 sind seit Mai<br />

2003 möglich.<br />

Information:<br />

Universität Kaiserslautern, Zentrum<br />

für Fernstudien und Universitäre<br />

Weiterbildung (ZFUW), Pfaffenbergstr.<br />

/Geb. 3) - Schulmanagement,<br />

D-67663 Kaiserslautern, Dr. Christiane<br />

Griese, Monika Klein<br />

Tel: +49 (0)631 / 205-4674 oder -<br />

4681, Fax: +49 (0) 631 / 205 -<br />

4681, E-Mail: griese@rhrk.unikl.de,<br />

Internet: http://www.zfuw.<br />

uni-kl.de/sm<br />

Fördermittel für Sicher-Stark-Kurse<br />

Dank Sozial-Sponsoring<br />

stehen für das Jahr 2003/<br />

2004 Fördermittel für Sicher-Stark-Kurse<br />

an Schulen<br />

zur Prävention von<br />

Gewalt gegenüber Kindern<br />

zur Verfügung. Das<br />

Programm sieht vor, Kinder<br />

in einem eigens dafür<br />

erarbeiteten Konzept<br />

durch Selbstbehauptung, Selbstverteidigung<br />

und realitätsnahe Rollenspiele<br />

dafür fit zu machen, nicht<br />

mehr hilflos einem Verbrechen ausgeliefert<br />

zu sein, sondern sich selbst<br />

vor Gewalttaten besser schützen zu<br />

können. Neben wichtigen Verhal-<br />

Kinder- und Jugendliteratur: Rezensionen im Internet<br />

tensregeln und Stärkung ihres Selbstbewusstseins<br />

lernen Kinder darüber<br />

hinaus leicht anwendbare Tricks, die<br />

auch gegenüber Erwachsenen wirkungsvoll<br />

sind.<br />

Gewalt an Kindern ist eine alle Menschen<br />

immer wieder erschütternde<br />

Wirklichkeit, über die in den vergangenen<br />

Monaten vielfach in den Medien<br />

berichtet wurde. Die letzen Fälle<br />

liegen erst einige Wochen zurück.<br />

Erwiesenermaßen sind unsicher und<br />

schüchtern wirkende Kinder, die<br />

nicht gelernt haben, Gefahren zu erkennen<br />

und mit einem entschiedenen<br />

NEIN den oft einschmeichlerischen<br />

Überredungskünsten von Tätern<br />

zu begegnen, eher gefährdet, einem<br />

Verbrechen zum Opfer zu fallen.<br />

Selbstbewusstes Auftreten jedoch<br />

wirkt als Schutzschild vor kriminellen<br />

Übergriffen.<br />

Daher schult das Sicher-Stark-Team<br />

in ganz Deutschland Kinder seit<br />

nunmehr über 10 Jahren in den Bereichen<br />

Selbstbehauptung und<br />

Selbstverteidigung nach einem außergewöhnlichen<br />

und einmaligem<br />

Konzept. Dabei lernen Jungen und<br />

Mädchen bereits ab sechs Jahren, wie<br />

sie sich in kritischen Situationen<br />

richtig verhalten sollen.<br />

Informationen über die Antragstellung<br />

für Fördermittel sind im Internet<br />

unter http://www.sicher-stark.de<br />

zu erhalten.<br />

pm<br />

Seit Oktober 2002 ist die Datenbank<br />

der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur<br />

und Medien (AJuM) der <strong>GEW</strong><br />

im Internet vertreten. Inzwischen<br />

sind dort zurzeit knapp 1500 Rezensionen<br />

abrufbar. Man kann entweder<br />

eine „freie“ Suche nutzen (Faust<br />

oder Gold oder spannend oder Titelangabe<br />

oder ...) oder verschiedene<br />

„pulldowns“ mit diversen Kriterien<br />

wie Alter, Gattung, Schlagwörter<br />

usw.<br />

Dass die Webseite bereits jetzt sehr<br />

erfolgreich ist, erkennt man nicht<br />

zuletzt daran, welchen Stellenwert<br />

die Eingabe „Jugendliteratur“ in diversen<br />

Suchmaschinen hat. Die<br />

AJuM-Seite ist bei allen gängigen<br />

Suchmaschinen wie Google, Lycos,<br />

Altavista, Fireball, Yahoo usw. bereits<br />

jetzt unter den ersten zwanzig Ein-<br />

trägen zu finden. Zudem bitten vermehrt<br />

andere Seiten um die Genehmigung,<br />

einen Link auf die AJuM-<br />

Seite setzen zu dürfen.<br />

„www.ajum.de“ ist in der Tat eine<br />

Seite, die in jeder Schule (fast) jede<br />

Kollegin und / oder jeder Kollege<br />

kennen und nutzen sollte - und nicht<br />

nur die, die das Fach Deutsch unterrichten.<br />

Eine Reihe von Sachbüchern<br />

oder solche mit geschichtlichem<br />

oder sprachlichem Hintergrund<br />

(Die Such-Eingabe „Shakespeare“<br />

führt zu einem sehr lesenswerten<br />

Kinder-/Jugend-Taschenbuch)<br />

sprechen durchaus viele Schulfächer<br />

an. Interessant ist dabei, dass<br />

ein und dasselbe Buch innerhalb<br />

Deutschlands aus den verschiedenen<br />

Bundesländern evtl. (ganz) anders<br />

rezensiert worden ist. Das können<br />

unterschiedliche Schwerpunkte sein<br />

(siehe „Faust“), das können auch sehr<br />

konträre Meinungen sein (= bestimmt<br />

ein interessantes Buch).<br />

Die AJuM selbst ist in (fast) allen<br />

Bundesländern präsent. Sie ist immer<br />

auf der Suche nach neuen Mitgliedern,<br />

die versuchen möchten, sich<br />

und ihre Meinung selbst einbringen<br />

zu können. Der Arbeitseinsatz ist<br />

dabei individuell bestimmbar (ein<br />

Buch im Vierteljahr oder zehn in einem<br />

Monat) und somit mit der beruflichen<br />

Belastung abstimmbar.<br />

(Und: Es macht unglaublich viel<br />

Spaß, sich mit Kinder- und Jugendliteratur<br />

zu beschäftigen. Aber das<br />

nur nebenbei.)<br />

Ulrich H. Baselau<br />

für die AJuM der <strong>GEW</strong><br />

26 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Tipps + Termine<br />

Prävention gegen Rechtsextremismus und Gewalt<br />

„Wenn Jugendliche zu<br />

Brandstiftern und Mördern<br />

werden, dann liegt die<br />

Schuld nicht allein bei ihnen,<br />

sondern bei uns allen,<br />

die Einfluss auf die Erziehung<br />

haben - bei den Familien<br />

und Schulen, den<br />

Vereinen und Gemeinden,<br />

bei uns Politikern“. Die<br />

Worte des früheren Bundespräsidenten<br />

Richard<br />

von Weizsäcker haben<br />

nichts an Wahrhaftigkeit und Aktualität<br />

eingebüßt. Doch um der Gewalt<br />

vorzubeugen, ist blinder Aktionismus<br />

ebenso schädlich wie stumme<br />

Hilflosigkeit, Bagatellisierung<br />

oder der unreflektierte Ruf nach<br />

strengeren Gesetzen oder Ausgrenzung.<br />

Gewaltprävention tut Not!<br />

Der Landauer Politologe Dr. Fritz<br />

Marz, die Erziehungswissenschaftlerin<br />

Dr. Elke Moning - Konter von<br />

der Universität Koblenz-Landau und<br />

die frühere Hochschulassistentin an<br />

der Landauer Hochschule und heutige<br />

Leiterin des Fachbereichs Kinder,<br />

Jugend und Familie der Stadt<br />

Ludwigshafen, Dr. Katharina Klees,<br />

sind jetzt mit einem lesenswerten<br />

Sammelband auf den Markt gekommen:<br />

„Gewaltprävention Praxismodelle<br />

aus Jugendhilfe und Schule“.<br />

Statt langatmiger Theorien praxisnahe<br />

Tipps, statt seitenlanger Konfliktbegründungen<br />

handlungsorientierte<br />

Konzepte aus der pfälzischen Region,<br />

z.B. die stadtteilorientierte frühe<br />

Gewaltprävention mit Erzieherinnenteams<br />

aus Kindertagesstätten,<br />

soziale Trainingskurse mit deliquenten<br />

Jugendlichen, Projektarbeit mit<br />

rechtsextremen jungen Menschen<br />

oder auch „Streiten will gelernt sein.<br />

Reden statt rempeln“.<br />

Das Buch der Landauer Autoren<br />

wendet sich unmittelbar an Menschen,<br />

die mit Kindern und Jugendlichen<br />

direkt arbeiten, ein umfassender<br />

Band zur Gewaltprävention aus<br />

der Praxis für die Praxis. Es belegt<br />

zugleich die vielfachen schulischen<br />

und außerschulischen Maßnahmen<br />

gegen Gewalt wie beispielsweise<br />

Mediation und Streitschlichtung,<br />

Täter- und Opferausgleich, Deeskalationstraining<br />

oder auch Programme<br />

zur Stärkung der Zivilcourage<br />

und des Selbstbewusstseins. Doch<br />

solche Maßnahmen drohen immer<br />

wieder wirkungslos zu werden, wenn<br />

angesichts des Krieges im Irak ein<br />

Zehntklässler seinen Lehrer fragt:<br />

„Warum werden wir in der Hauptschule<br />

immer wieder angehalten, gewaltfrei<br />

miteinander umzugehen,<br />

während die Politiker ihre Konflikte<br />

mit Gewalt und Bomben lösen.“<br />

psw<br />

Klees, Marz, Moning-Konter (Hrsg.),<br />

Gewaltprävention. Praxismodelle aus<br />

Jugendhilfe und Schule. 264 S. Juventa-Verlag,<br />

Euro 21<br />

Die Waffen nieder - eine friedliche Welt ist möglich!<br />

Mut zur Öffnung<br />

LehrerInnen aller Schularten und<br />

-stufen, HochschullehrerInnen, SozialpädagogInnen,<br />

FriedensforscherInnen,<br />

KünstlerInnen, die mit Kindern<br />

und Jugendlichen arbeiten, JugendleiterInnen,<br />

StudentInnen, GewerkschafterInnen<br />

aus dem Bildungsbereich<br />

- sie alle sind eingela-<br />

Bernd Badegruber beginnt sein<br />

neues Buch mit Lehrerin Frischauf,<br />

die irgendwie seit Jahren das Gefühl<br />

hat, sie müsse „moderner“ unterrichten,<br />

aber eigentlich gar keine Lust zu<br />

Neumodischem hat. Im Lauf des<br />

Buches klärt der Autor für Frau<br />

Frischauf und uns alle noch einmal,<br />

was Frontalunterricht ist, welche<br />

Vor- und Nachteile er hat und was<br />

nun „Offener Unterricht“ sein kann.<br />

Dabei stellt die Pädagogin fest, dass<br />

sie gar nicht sooo überholte Dinge<br />

praktiziert und kann so manche<br />

Unsicherheiten per Seminar beim<br />

„Freiarbeitsguru“ klären. Schritt für<br />

Schritt wird sie weiter mit Offenem<br />

den, beim 4. Europäischen Kongress<br />

zur Friedenserziehung vom 30.6. -<br />

4.7.03 im Hamburger <strong>GEW</strong>-Haus<br />

Erfahrungen auszutauschen, zu diskutieren<br />

und das Erfordernis zu bekräftigen,<br />

dass Friedenserziehung<br />

intensiviert werden muss.<br />

Lernen vertrauter gemacht, und jede/r<br />

Leser/in erfährt eine Vielzahl an<br />

Tipps für Arbeitsatmosphäre, Arbeitsabläufe,<br />

Lernziellisten, Werkstattarbeit,<br />

Wochenpläne usw. Auch<br />

Arbeit mit jahrgangsgemischten<br />

Gruppen und behinderten Kindern<br />

wird berücksichtigt. Fazit: Ein zwar<br />

dünnes Buch, aber sehr vielseitig.<br />

Kurzweilige Lektüre, und sei’s auch<br />

nur zum Auffrischen, daneben viele<br />

witzige Zeichnungen zum Thema.<br />

(tje)<br />

Bernd Badegruber: Neue Ideen zum<br />

offenen Lernen. Linz: Veritas, 2002.<br />

15,90 Euro.<br />

Anmeldung:<br />

Kongressbüro: Peace Congress c/o<br />

<strong>GEW</strong>, Rothenbaum-chaussee 15,<br />

20148 Hamburg, Telefon: 040/ 44<br />

73 49, Fax: 040/4 50 46 58, e-mail:<br />

peacecongress@gew-hamburg.de,<br />

Web: http://www.ppf-germanycongress.org<br />

pm<br />

Klassenfahrten nach Berlin<br />

(incl. Transfer, Unterkunft,<br />

Programmgestaltung nach Absprache).<br />

Broschüre anfordern bei:<br />

Biss, Freiligrathstr. 3, 10967 Berlin,<br />

Tel. (030) 6 93 65 30<br />

Psychotherapeutische Praxis<br />

Dipl.-Psyc holo ge H. v on Vang erow<br />

• Beihilfeberechtigte<br />

c/o Euteneuer, Kurfürstemstr. 87a<br />

56068 Koblenz T: 0178 / 392 71 36<br />

www.selbstversorgerhaus-niederlistingen.de<br />

für Klassenfahrten, Freizeiten, Seminare<br />

zwischen Kassel und Warburg<br />

Tel: 0 56 31 / 91 54 55<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

27


Tipps + Termine<br />

Viel Praxis zur Arbeit mit der Anlauttabelle<br />

Hundert Seiten Materialteil bietet<br />

das neue Werk des Auer-Verlags.<br />

Statt langweiliger Theorie steht vor<br />

dem Material ein überschaubarer<br />

Praxisbericht, der sowohl LehrerInnen,<br />

die noch nie mit der Anlauttabelle<br />

gearbeitet haben, die ersten<br />

Schritte erleichtert, als auch skeptische<br />

Eltern überzeugend ins Thema<br />

Disziplinkonflikte im Unterricht<br />

Dass Unterricht immer komplizierter<br />

und störanfälliger wird und Kinder<br />

zunehmend »schwieriger« sind,<br />

ist eine Tatsache, mit der heute jede<br />

Lehrkraft klarkommen muss. Für<br />

Berufseinsteiger und Disziplinprobleme<br />

im Unterricht oft die größte<br />

Hürde beim Start in den Lehrerberuf,<br />

sind sie doch durch das Studium<br />

auf dieses Problem kaum vorbereitet.<br />

Mit Schülern klarkommen - ein<br />

neues, praxisorientiertes Handbuch<br />

aus dem Cornelsen Verlag Scriptor<br />

Aktion „Ferien vom Krieg“<br />

In diesem Sommer bittet das Komitee<br />

für Grundrechte und Demokratie<br />

im zehnten Jahr um Spenden zum<br />

Erholungsaufenthalt für Kinder und<br />

Jugendliche (Flüchtlinge und Waisen)<br />

aus den Kriegsgebieten des Balkans.<br />

Es sind wieder 14 Freizeiten für<br />

ca. 1.500 TeilnehmerInnen aus Bosnien,<br />

Kroatien, Kosovo, Mazedonien<br />

und Serbien geplant, bei denen<br />

aufkeimende Partnerschaften zwischen<br />

den ehemaligen Feinden unterstützt<br />

werden. Über die humanitäre<br />

Hilfe hinaus, ist die friedenspolitische<br />

Wirkung der „Ferien vom<br />

Wer war Ulrike M. ?<br />

Mit Anfang dreißig hatte sie erreicht,<br />

wovon andere träumen: Renommierte<br />

Journalistin, Mann und Kinder,<br />

Villa in Blankenese. Doch dann<br />

machte Ulrike Meinhof einen radikalen<br />

Schnitt, ließ ihre heile Welt<br />

hinter sich und gründete mit Andreas<br />

Baader und Gudrun Ensslin die<br />

Rote Armee Fraktion. „Der beste<br />

Krieg“ weiterhin von unschätzbarem<br />

Wert, denn die Kinder und Jugendlichen<br />

geben diese Erfahrungen weiter<br />

an ihre Eltern, in der Schule und<br />

in der Nachbarschaft.<br />

Im Sommer 2003 sollen wieder 50<br />

jungen Israeli und 50 jungen Palästinenser<br />

die Gelegenheit gegeben werden,<br />

sich in Deutschland zusammenund<br />

auseinandersetzen zu können,<br />

was im Nahen Osten zur Zeit nicht<br />

möglich ist.<br />

Eine Ferienpatenschaft beträgt 130<br />

Euro. Die meisten SpenderInnen<br />

sind Privatpersonen, aber es gibt auch<br />

Weg zu verstehen ist für mich, eine<br />

Lebensgeschichte zu erzählen“, sagt<br />

Autor Alois Prinz dazu, und so schildert<br />

er die Entwicklung der „Staatsfeindin<br />

Nr. 1“ von der Kindheit im<br />

Dritten Reich bis zum Tod in der<br />

Stammheimer Zelle, von der Christin<br />

zur Pazifistin zur Terroristin.<br />

Bisher unveröffentlichtes Material<br />

einführt. So hatte sich das die theoriegenervte<br />

Grundschulfrau gewünscht!<br />

Nach den Möglichkeiten des Beginns<br />

für LehrerInnen und Eltern<br />

wird für immer noch Zweifelnde das<br />

Kapitel Rechtschreibung angegangen,<br />

denn auch die kommt nicht zu<br />

kurz beim Unterricht mit der Anlauttabelle.<br />

Tipps zum zeitlichen Ablauf,<br />

dem Einsatz in Wochenplänen,<br />

Freiarbeitsphasen und am Computer<br />

sind kurz und prägnant, und dann<br />

kommt eben schön und viel und praxisnah<br />

jede Menge Kopiermaterial.<br />

(tje)<br />

Ulrike Bäuerlein/Gisela Hürrich: Lesen<br />

und Schreiben lernen mit der Anlauttabelle.<br />

Auer-Verlag, Donauwörth<br />

2003. 19,80 Euro.<br />

hilft Lehrerinnen und Lehrern dabei,<br />

einen professionellen Umgang mit<br />

Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten<br />

zu erlernen. Ausgehend<br />

von veränderten Unterrichtsbedingungen,<br />

wird die Rolle des Lehrers<br />

neu bestimmt. Der Autor, Dr. Gert<br />

Lohmann, greift hierbei u.a. Erkenntnisse<br />

der amerikanischen Fachdiskussion,<br />

in der das Thema »Classroom<br />

Management« schon lange behandelt<br />

wird, auf. Gestützt auf theoretische<br />

Erkenntnisse, vor allem aber<br />

praktische Erfahrungen aus langjähriger<br />

Unterrichtspraxis u.a. auch an<br />

einer Highschool in den USA, formuliert<br />

Lohmann Handlungsstrategien,<br />

die dazu beitragen, Disziplinprobleme<br />

im Unterricht zu bewältigen<br />

und ungestörtes Lernen und<br />

Lehren zu ermöglichen.<br />

Gert Lohmann: Mit Schülern klarkommen.<br />

Professioneller Umgang mit<br />

Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten<br />

Cornelsen Verlag Scriptor 2003, 208<br />

Seiten, mit Abbildungen, kartoniert,<br />

16,96 Euro<br />

viele Sammlungen von Personen, Initiativen,<br />

Gemeinden, Klassen usw.<br />

Über ihre Erfahrungen bei den „Ferien<br />

vom Krieg 2002“ wird in einer<br />

70seitigen Broschüre mit vielen Fotos<br />

ausführlich informiert (5 Euro).<br />

Auskunft erteilt:<br />

Helga Dieter, Tel. 069-7892525,<br />

Fax: 069-78803666<br />

Konto: Komitee für Grundrechte,<br />

Kto-Nr.: 8013055 bei Volksbank<br />

Odenwald (BLZ 508 635 13). (Wegen<br />

der Spendenquittung bitte unter<br />

Verwendungszweck die Adresse des<br />

Spenders bzw. der Spenderin eintragen,<br />

weil die Bank nur den Namen<br />

mitteilt) pm<br />

und zahlreiche Aussagen von Zeitzeugen<br />

ergänzen den Bericht, der aus<br />

Prinz’ aufmerksamer wie einfühlsamer<br />

Spurensuche entstanden ist.<br />

(tje)<br />

Alois Prinz: Lieber wütend als traurig.<br />

Die Lebensgeschichte der Ulrike<br />

Marie Meinhof. Beltz, Weinheim<br />

2003. 19 Euro.<br />

28 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Tipps + Termine<br />

Keine Scheu vor offener Arbeit<br />

Offenes Arbeiten ermöglicht, was im<br />

herkömmlichen Unterricht kaum<br />

machbar ist: SchülerInnen können<br />

ihre Lernmethoden selbst bestimmen<br />

und eigene Herangehensweisen an<br />

ein Thema erarbeiten. Individuelle<br />

Arbeitsaufträge fördern das eigenständige<br />

Denken und Handeln. Projekt-,<br />

Team- oder Stationenarbeit<br />

bringt Abwechslung in den Schulalltag<br />

und fördert die soziale Kompetenz<br />

der Schüler. Nicht nur auf<br />

Grund der großen Methodenvielfalt<br />

Besser lernen bei positivem Klassenklima<br />

Wenn das Klima, die Stimmung, der<br />

Zusammenhalt in einer Klasse gut<br />

sind, fällt auch das Lernen leichter:<br />

Die SchülerInnen sind motiviert und<br />

arbeiten konzentrierter - und auch<br />

LehrerInnen profitieren von einer<br />

ausgeglichenen Unterrichtsatmosphäre.<br />

Ein schlechtes Lernklima<br />

kann den Lernerfolg behindern.<br />

Das Methoden-Handbuch »Das<br />

sondern auch wegen des starken Praxisbezugs<br />

hat sich offenes Arbeiten<br />

deshalb als erfolgreicher Lernweg<br />

bewährt.<br />

Trotz aller erwiesenen Vorteile wird<br />

in der Praxis der Sekundarstufe I<br />

immer noch selten offen gearbeitet.<br />

Viel zu selten, meint Roland Bauer -<br />

Herausgeber des im Cornelsen Verlag<br />

Scriptor erschienenen Praxishandbuches<br />

Offenes Arbeiten in der<br />

Sekundarstufe I. Theoretisch fundiert,<br />

begründen Bauer und sein<br />

Autorenteam die Notwendigkeit offener<br />

Lernsituationen. Zahlreiche<br />

Anregungen für den Unterricht, ausführlich<br />

und mit Beispielen anschaulich<br />

dargestellt, können sowohl von<br />

Anfängern als auch von Profis des<br />

offenen Arbeitens direkt in die Praxis<br />

umgesetzt werden.<br />

pm<br />

Roland Bauer (Hrsg.): Offenes Arbeiten<br />

in der Sekundarstufe I. Ein Praxishandbuch.<br />

Cornelsen Verlag Scriptor, 2003, 239<br />

Seiten, mit Abbildungen, kartoniert,<br />

15,95 Euro<br />

Klassenklima fördern« aus dem Cornelsen<br />

Verlag Scriptor bietet zahlreiche<br />

Übungen, mit deren Hilfe das<br />

Lernklima in Schulklassen der Sekundarstufe<br />

I und II verbessert werden<br />

kann. Über 100 Handblätter,<br />

Fragebögen und Übungsmaterialien<br />

können sofort unkompliziert in der<br />

Praxis eingesetzt werden, gleichermaßen<br />

in unterschiedlichen Klassensituationen<br />

und Schulformen. Ein<br />

übersichtlicher Kompass, in dem alle<br />

Methoden gegliedert nach Unterrichtsphase<br />

und Schulform aufgeführt<br />

sind, ermöglicht einen schnellen<br />

Zugriff auf gewünschte Informationen.<br />

Hatto Christian: Das Klassenklima<br />

fördern. Ein Methoden-Handbuch<br />

Cornelsen Verlag Scriptor, 2003, 224<br />

Seiten, mit Abbildungen, kartoniert,<br />

ISBN:3-589-21658-1, 16,95 Euro<br />

<br />

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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

29


Tipps + Termine<br />

Neues Buch zur Schulqualität und Schülerleistung<br />

Mit der Veröffentlichung der Befunde<br />

aus der dritten Internationalen<br />

Mathematik und Naturwissenschaftsstudie<br />

TIMSS (der „Vorläuferstudie“<br />

von PISA) hat in der Bundesrepublik<br />

Deutschland eine bemerkenswerte<br />

„empirische Wende“<br />

der Schulentwicklungsforschung<br />

stattgefunden. Auf der Basis der<br />

mittlerweile vorliegenden Daten und<br />

vor allem Instrumente (Fragebögen<br />

und Leistungstests) sind Schulen in<br />

der Lage zu überprüfen, inwieweit<br />

selbst gesteckte Ziele der Schulentwicklung<br />

erreicht wurden. In der<br />

Diskussion über die verstärkte<br />

Selbstständigkeit der Einzelschule<br />

gewinnen solche Erhebungen die<br />

Bedeutung von Qualitätskontrollen.<br />

Das vorliegende Buch berichtet über<br />

fünf hessische Gesamtschulen mit<br />

besonderem pädagogischen Profil<br />

(Helene-Lange-Schule Wiesbaden,<br />

Integrierte Gesamtschule Kastellstraße<br />

Wiesbaden, Offene Schule Waldau,<br />

Reformschule Kassel, Steinwaldschule<br />

Neukirchen/Knüll), die<br />

in Form einer empirischen Untersuchung,<br />

in der Instrumente aus<br />

TIMSS verwendet wurden, Rechenschaft<br />

über die Erträge ihrer pädagogischen<br />

Programme ablegen.<br />

Im ersten Teil des Bands wird ein<br />

kurzer Überblick über die Entwicklung<br />

des Sekundarschulsystems der<br />

Bundesrepublik Deutschland nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg gegeben,<br />

zudem werden einige Schulleistungsstudien<br />

kurz vorgestellt. Der zweite<br />

Teil umfasst Fallberichte aus den<br />

Schulen. Hierbei wird zunächst<br />

jeweils das pädagogische Programm<br />

der Schulen erläutert, dann werden<br />

die Ergebnisse der empirischen Untersuchung<br />

dargestellt, bevor<br />

schließlich dokumentiert wird, welche<br />

organisatorischen und pädagogischen<br />

Konsequenzen die Schulen<br />

aus den empirischen Befunden zogen.<br />

Der dritte Teil des Bands zeigt<br />

auf, wie Schulentwicklung und Evaluationsmaßnahmen<br />

voneinander<br />

profitieren können.<br />

Der Band ist darauf angelegt, den<br />

Leserinnen und Leser anschaulich zu<br />

demonstrieren, wie empirische<br />

Schulvergleichsforschung angelegt ist<br />

(Instrumente, Vorgehen, Design),<br />

welcher Nutzen für die Einzelschule<br />

möglich ist und wie Empirie und<br />

innovative Schulentwicklung Hand<br />

in Hand gehen können.<br />

Olaf Köller, Ulrich Trautwein (Hrsg.)<br />

Schulqualität und Schülerleistung.<br />

Evaluationsstudie über innovative<br />

Schulentwicklung an fünf hessischen<br />

Gesamtschulen.<br />

Juventa Materialien, 2003, 240 S.,<br />

Euro 19,50; ISBN 3-7799-1658-4<br />

Medien- und Alltagsgewalt verarbeiten<br />

Für viele LehrerInnen und SchülerInnen<br />

gehören Mobbing, Pöbeleien<br />

und gewalttätige Übergriffe<br />

mittlerweile zum traurigen Schulalltag.<br />

Neben realen Aggressionen in<br />

und außerhalb der Schule macht vor<br />

allem auch die überwältigende Präsenz<br />

von Gewalt in den Medien<br />

deutlich, dass wirkungsvolle Konzepte<br />

zum schulischen Umgang mit real<br />

existierender sowie medialer Gewalt<br />

dringend erforderlich sind.<br />

Wie Lehrer die Gewaltspirale durchbrechen<br />

können, zeigt das neu im<br />

Cornelsen Verlag Scriptor erschienene<br />

Medienpaket, bestehend aus<br />

Handbuch und CD-ROM, Konflikte<br />

gewaltfrei lösen. Der Autor Hubert<br />

Kleber stellt darin ein neuartiges<br />

Trainingsprogramm vor, dessen<br />

Ziel eine Verbesserung der Sozialkompetenz<br />

von Schülern im Umgang<br />

mit Gewalt ist. Erstmal werden<br />

hierbei auch mediale Gewaltphänomene<br />

berücksichtigt, deren Verarbeitung<br />

einen Schwerpunkt des Trainingsprogramms<br />

bildet.<br />

pm<br />

Hubert Kleber: Konflikte gewaltfrei<br />

lösen. Medien- und Alltagsgewalt:<br />

Ein Trainingsprogramm für die Sekundarstufe<br />

I<br />

Cornelsen Verlag Scriptor 2003, 192<br />

Seiten, kartoniert, mit CD-ROM,<br />

24,90 Euro<br />

Schule kann Freude machen!<br />

In der aktuellen Medienberichterstattung<br />

kommt Schule fast nur im<br />

Zusammenhang mit Kritik und<br />

Missständen vor. Doch das trifft ihre<br />

Realität nur zum Teil und ignoriert<br />

ihre positiven Seiten. „Freude in und<br />

mit der Schule“ heißt darum der<br />

Themenschwerpunkt der neuen<br />

Ausgabe von „Humane Schule“, herausgegeben<br />

von der Aktion Humane<br />

Schule e.V.<br />

Um Freude beim Lernen und um<br />

Lernen als möglichen Auslöser für<br />

Glücksgefühle geht es im Leitartikel<br />

von Wulf Wallrabenstein. Über ein<br />

Projekt mit der „Wir-Werkstatt“ an<br />

einer Grundschule berichten Achim<br />

Kessemeier und Alexandra Seitz.<br />

Ludwig Richter beschreibt seine Praxis<br />

gerechter Bewertung mündlicher<br />

Schülerleistungen. Weitere Berichte<br />

von Lehrkräften und SchülerInnen<br />

zeigen beispielhaft auf, wie der Schulalltag<br />

als sinnhaft und freudvoll erlebt<br />

werden kann. Ein Kommentar<br />

des Publizisten und Filmemachers<br />

Reinhard Kahl, eine Satire von Detlef<br />

Träbert, Buchbesprechungen und<br />

anderes mehr komplettieren die<br />

Sammlung lebendiger, praxisnaher<br />

Beiträge.<br />

Das nicht-kommerzielle 28-seitige<br />

Heft kann zum Preis von EUR 2,-<br />

zzgl. Versandkosten (Rechnung) bezogen<br />

werden bei: Aktion Humane<br />

Schule e.V., Bundesgeschäftsstelle,<br />

Merheimer Str. 484, 50735 Köln,<br />

Tel.: 02 21 / 9 74 32 - 97, Fax: - 98,<br />

E-Mail: detlef.traebert@t-online.de<br />

30 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Kreis + Region<br />

Kreis Ludwigshafen / Speyer<br />

Ein Jahr Ganztagsschulen in neuer<br />

Form - Bilanz und Ausblick<br />

Nach ihrem Besuch der Regionalen Schule Wörth, über den die <strong>GEW</strong>-<br />

Zeitung ausführlich berichtet hat, weilt die <strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzende<br />

Dr. Eva-Maria Stange nun im Juni einen weiteren Tag in Rheinland-Pfalz,<br />

um sich vor Ort über den Stand der Entwicklung des<br />

bundesweit diskutierten Projektes „Ganztagsschulen in neuer Form“<br />

zu informieren. Am 12. Juni wird sie in Ludwigshafen zu Gast an<br />

einer Sonder- und an einer Hauptschule sein, um mit den Beteiligten<br />

die Situation an großstädtischen Ganztagsschulen zu erörtern. Danach<br />

findet um 18.30 Uhr in der Aula der Berufsbildenden Schule Technik<br />

II, Franz-Zang-Straße, eine Podiumsdiskussion mit dem Thema<br />

„Ein Jahr Ganztagsschulen in neuer Form - Bilanz und Ausblick“<br />

statt, an der neben der <strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzenden sowie Helmut Thyssen<br />

vom Kreisverband Ludwigshafen / Speyer Prof. Dr. Cornelia Reifenberg<br />

für den Schulträger (angefragt) und Willy Heinzmann (stellv.<br />

Landeselternsprecher) teilnehmen werden. Anwesend sein werden auch<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Tilman Boehlkau und der <strong>GEW</strong>-Ganztagsschulexperte<br />

Heinz Winter.<br />

Die <strong>GEW</strong> Ludwigshafen / Speyer lädt auch KollegInnen aus den benachbarten<br />

Kreisen sowie die interessierte Öffentlichkeit zu dieser Veranstaltung<br />

ein und bittet um rege Beteiligung, damit Eva-Maria Stange<br />

ein authentisches Bild davon erhält, wie die Basis die neuen Ganztagsschulen<br />

nach dem ersten Jahr einschätzt. gh<br />

Bezirk Rheinhessen-Pfalz<br />

Eine Geschichte zum Erlebnis machen<br />

Unter diesem Stichwort trafen sich ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen<br />

im Februar im Hotel Seehof bei Kaiserslautern zur<br />

gleichnamigen Tagesfortbildung des <strong>GEW</strong>-Bezirks Rheinhessen-<br />

Pfalz.<br />

Anders als beim fertig präsentierten TV- oder Computerspiel-<br />

Menü, entsteigen einer Geschichte eigene Welten, Helden und<br />

Zauberwesen, die durch unsere Phantasie belebt und durch unsere<br />

Vorstellungskraft am Leben gehalten werden. Sich diese Welt im<br />

entdeckenden und experimentellen Spiel mit Elementen aus den<br />

nachfolgenden Bereichen zu erschließen, war Aufgabe und Inhalt<br />

dieser Veranstaltung.<br />

Musik, Lied, Tanz, Bewegung, Sinneserfahrung - all das sind natürliche<br />

Ausdrucksbedürfnisse des Kindes. Je jünger Kinder sind,<br />

je enger sind diese Wesensmerkmale im kindlichen Spiel<br />

Studienreisen / Klassenfahrten<br />

8-Tage-Busreise z.B. nach<br />

WIEN ÜF 192,-- €<br />

BUDAPEST ÜF 192,-- €<br />

LONDON ÜF 254,-- €<br />

PRAG ÜF 199,-- €<br />

PARIS ÜF 224,-- €<br />

ROM ÜF 238,-- €<br />

10-Tage-Busreise z.B. nach<br />

SÜDENGLAND Ü 213,-- €<br />

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miteinander verbunden und Teil seiner Art, die Welt und ihre<br />

Zusammenhänge zu (be-)greifen und zu (er-)lernen. Auf der Basis<br />

dieser Erkenntnis hatten die TeilnehmerInnen Gelegenheit, verschiedene<br />

Wege und Methoden im Umgang mit Geschichten zu<br />

erfahren und so die eigene Spielfreude und Phantasie (wiederzu-)<br />

finden.<br />

Ob als rappende und Hip Hop tanzende Maulwürfe, Gespenster<br />

oder im Streit um eine Mauer aus Kisten, die so manche Überraschung<br />

für die Sinne bot, die Teilnehmer waren engagiert dabei<br />

und konnten nach eigener Aussage einmal „Kopf“ und Alltag hinter<br />

sich lassen. Dennoch war am Ende des Tages das „Methodenköfferchen“<br />

voll von vielfältigen Ideen und Handwerkszeug für<br />

den kreativen Umgang mit Inhalt und Material, das in Projekten<br />

in Kindergarten und Schule zum Einsatz kommen kann.<br />

ha<br />

<strong>GEW</strong> - Informationen an der Uni<br />

Ein neues Info-Brett der <strong>GEW</strong> wurde jetzt an der Universität Koblenz-Landau<br />

in Koblenz installiert. Die Studierenden sollen regelmäßig<br />

aktuelle Informationen der <strong>GEW</strong> erhalten und auf die Möglichkeit<br />

einer Gewerkschaftsmitgliedschaft hingewiesen werden. „Wir wollen,<br />

dass die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer schon während ihres<br />

Studiums Einblicke in die Arbeit der <strong>GEW</strong> erhalten,“ sagte Dr. Franz-<br />

Josef Witsch-Rothmund (Foto). Witsch-Rothmund ist Dozent an der<br />

Universität und betreut gemeinsam mit Bernd Huster vom <strong>GEW</strong> Regionalbüro<br />

Nord das Informationsbrett.<br />

Text + Foto: Bernd Huster<br />

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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

31


<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz<br />

Beilage zur E&W<br />

<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />

Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-28988-0 • FAX 06131-28988- 80<br />

E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de<br />

Schulgeist<br />

Ein kostenloser Deutschunterricht<br />

Es schien erst ein ganz normaler Fall.<br />

Das etwa 17jährige Mädchen, das auf<br />

der Straße aufgegriffen und mit dem<br />

Krankenwagen eingeliefert wird,<br />

macht einen verstörten Eindruck.<br />

„Vielleicht Liebeskummer oder Drogen,<br />

typisch bei Spätpubertierenden“,<br />

meint der Oberarzt. Mit stark<br />

ausländischem Akzent stammelt sie<br />

„Dr. Stefan Frank“ ..., aber einen<br />

Arzt dieses Namens gibt es im Krankenhaus<br />

nicht. Dann radebricht sie:<br />

„Richterin Salesch“ und fügt derbe<br />

Schimpfworte hinzu, wobei sich der<br />

Oberarzt über die für eine Ausländerin<br />

sehr ungewöhnliche Wortwahl<br />

wundert. Ein Blick in die Patientenkartei<br />

zeigt: eine Patientin namens<br />

Salesch existiert nicht. Schließlich<br />

stammelt das Mädchen mit flackernden<br />

Augen etwas von einer Vera und<br />

einer Arabella, macht dann den Eindruck,<br />

von zwei Männern, einem<br />

Herrn Geissen und einem Richter<br />

Hold verfolgt zu werden und wiederholt<br />

ständig die Wörter „Gericht,<br />

Show, Jugendgericht“. Der Oberarzt<br />

überlegt kurz, die Polizei einzuschalten,<br />

doch an der Patientin lassen sich<br />

auch nicht die geringsten Spuren einer<br />

Verletzung feststellen. Schließlich<br />

verlangt das Mädchen nach einer Dr.<br />

Verena Breitenbach, die ebenfalls<br />

nicht im Krankenhaus gefunden<br />

werden kann. Vielleicht hat die junge<br />

Dame ihre Stadt verlassen und<br />

weiß nicht mehr, wo sie ist?<br />

Natürlich wird gleich die Psychiatrie<br />

eingeschaltet. Schließlich kann man<br />

eine junge Frau mit so schweren<br />

Symptomen nicht sich selbst überlassen.<br />

Oberarzt Dr. Kummer nimmt<br />

sich des Falles an.<br />

„Hat Ihnen dieser Dr. Frank etwas<br />

getan?“, fragt er einfühlsam, „ist es<br />

ein Verwandter oder ein Nachbar<br />

von Ihnen?“ Das Mädchen starrt ihn<br />

nur an.<br />

„Und diese Frau Salesch?“ Die Patientin<br />

reißt die Augen auf.<br />

„Und diese Vera und Arabella, was<br />

ist mit denen?“, fragt der Oberarzt<br />

fürsorglich. Die junge Frau zuckt bei<br />

der Namensnennung zusammen,<br />

springt auf und will fliehen. Doch<br />

Dr. Kummer flippt sofort sportlich<br />

über den Tisch und erreicht sie<br />

noch.<br />

„Um Himmels willen, wie kann ich<br />

Ihnen helfen?“ Er ist sich klar, dass<br />

hier eine psychische Störung vorliegt<br />

und versucht es von Neuem:<br />

„Sind Sie privat oder beruflich von<br />

jemandem bedrängt worden?“ Die<br />

junge Dame macht nur ein erschrecktes<br />

Gesicht.<br />

„Und die beiden anderen Männer,<br />

haben die Ihnen etwas getan, Herr<br />

Geissen und Herr Hold?“ Das Gesicht<br />

des Mädchens verzieht sich so<br />

entsetzlich, dass Dr. Kummer<br />

schließlich eine Pause einlegt. Sicher<br />

ist es besser, nun die Polizei einzuschalten,<br />

vielleicht hilft die Identitätsüberprüfung<br />

weiter.<br />

Dr. Kummer ruft selbst an.<br />

„Wie alt, sagten Sie?“, fragt der Polizist<br />

an der anderen Leitung.<br />

„So um die 17, schätze ich.“<br />

„Äußere Merkmale?“, sagt der Beamte<br />

lakonisch.<br />

„Mittelblond, etwa 1,65 groß, ziemlich<br />

schlank“, fügt der Oberarzt hinzu.<br />

„Das könnte passen“, ruft der Polizeibeamte<br />

erfreut in den Hörer.<br />

„Welche Sprache?“, fragt der Beamte<br />

kurz.<br />

„Ich denke aus Osteuropa“, sagt Dr.<br />

Kummer.<br />

„Passt ganz gut! Wir haben eine Vermisstenanzeige<br />

vorliegen. Ein Au-<br />

Pair-Mädchen aus Polen ist seit<br />

gestern Abend verschwunden. Das<br />

Ehepaar, das sie erst seit zwei Wochen<br />

beschäftigt, war heute Morgen hier.<br />

Sie können nicht verstehen, warum<br />

das Mädchen sein schönes Zimmer<br />

am Nachmittag heimlich verlassen<br />

hat. Dabei hat sie es so gut bei denen<br />

gehabt. Sie musste nur am Morgen<br />

das Frühstück machen und abspülen<br />

und beim Abendessen etwas mithelfen.“<br />

„Und dazwischen hat sie frei gehabt?,<br />

will Dr. Kummer wissen.<br />

„Ja, sie sollte doch Deutsch lernen!“,<br />

ruft der Polizist.<br />

„Und wo war sie da?“, fragt der Oberarzt.<br />

„Sie durfte mit der Ehefrau bis nachmittags<br />

fernsehen, stellen Sie sich das<br />

mal vor - ein kostenloser Deutschunterricht!“<br />

Klaus Britting<br />

Skandal:<br />

<strong>GEW</strong>-Quark im Angebot<br />

32 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Tag der Bildung - Mittwoch, 25. Juni 2003, Mainz<br />

Zur Lage des Bildungswesens -<br />

„Herausforderungen nach PISA“<br />

Mittwoch, 25. Juni 2003<br />

09.30 - 17.00 Uhr<br />

Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />

Programm<br />

Anmeldung/Stehkaffee<br />

Impulsreferat<br />

Pause<br />

Diskussion<br />

Mittagessen<br />

Arbeitsgruppen<br />

Pause<br />

Abschlussforum<br />

AG 1<br />

AG 2<br />

AG 3<br />

09.30 Uhr - 09.45 Uhr<br />

09.45 Uhr - 11.15 Uhr<br />

Prof. Dr. Roland Eckert,<br />

Universität Trier, Jugendsoziologe<br />

11.15 Uhr - 11.30 Uhr<br />

11.30 Uhr - 12.30 Uhr<br />

12.30 Uhr - 14.00 Uhr<br />

14.00 Uhr - 15.45 Uhr<br />

15.45. Uhr - 16.00 Uhr<br />

16.00 Uhr - 17.00 Uhr<br />

mit Staatsministerin<br />

Doris Ahnen, MBFJ<br />

Bildungsstandards<br />

Die Entwicklung von Bildungsstandards kann für die Qualitätsentwicklung<br />

der Schulen und für die Leistungssteigerung<br />

nützlich sein, birgt aber auch Gefahren in sich.<br />

• Leitung: Cilli Daumen, Ministerium für Bildung, Frauen<br />

und Jugend (MBFJ) Rheinland-Pfalz<br />

Leistungsbewertung und neue Lernkultur<br />

Dort, wo die SchülerInnen selbstständig arbeiten (und nicht<br />

nur dort), benötigen sie gutes Feedback und neue Formen<br />

der Leistungsbewertung.<br />

• Leitung: Felix Winter, Universität Bielefeld/Oberstufen-<br />

Kolleg<br />

Individualisierung von Lernprozessen im Unterricht<br />

- mögliche Arbeitsformen - notwendige didaktische<br />

Entscheidungen<br />

Mit heterogenen Gruppen zu arbeiten ist eine schwierige Herausforderung<br />

für LehrerInnen. Sie brauchen dazu geeignete<br />

Unterrichtskonzepte, aber auch mehr Unterstützung.<br />

• Leitung: Karin Volkwein, Universität Bielefeld/Oberstufen-Kolleg<br />

AG 4<br />

AG 5<br />

AG 6<br />

AG 7<br />

Schulentwicklung hin zu einer integrativen/<br />

inklusiven Schule<br />

Arbeit mit dem Index für Inklusion<br />

• Leitung: Rainer Mohr-Herlitz, IGS Ernst-Reuter-Schule<br />

II, Frankfurt/Main<br />

Wo brennt es an den Haupt- und Regionalen<br />

Schulen?<br />

Aspekte - Analysen - Perspektiven<br />

Die Hauptschule ist zurzeit in einer schwierigen Situation.<br />

Es werden viele Anforderungen gestellt, es gibt Probleme! Doch<br />

wie kommen wir damit zurecht? Was macht die Politik? Was<br />

tut die <strong>GEW</strong>? Die AG hat eine kritische Bestandsaufnahme<br />

über die Situation an den Haupt- und Regionalen Schulen<br />

zum Ziel, jenseits von ministeriellen Verlautbarungen.<br />

• Leitung: Hedi Plän, Schulpsychologische Beratungsstelle<br />

Mainz<br />

Ausbildungskatastrophe: Wirtschaft taucht ab!<br />

Rettungsinsel BBS?<br />

Die AG befasst sich mit langfristigen Perspektiven für die<br />

berufliche Bildung, d. h. wie durch strukturelle Maßnahmen<br />

(„Plurales Mischsystem“) sicher gestellt werden kann,<br />

dass nicht in jedem Jahr wieder junge Menschen Opfer des<br />

immer weniger funktionierenden Dualen Systems der Berufsbildung<br />

werden.<br />

• Leitung: Dr. Ursula Herdt, Leiterin des Arbeitsbereichs<br />

Berufliche Bildung und Weiterbildung beim <strong>GEW</strong> Hauptvorstand<br />

Das Konzept der Helene-Lange-Schule, Wiesbaden<br />

- Schule ohne äußere Leistungsdifferenzierung<br />

• Leitung: Klaus Hug, Helene-Lange-Schule<br />

Die Tagungsstätte liegt inmitten der Mainzer Altstadt in unmittelbarer<br />

Nähe des Mainzer Doms (Ostchor):<br />

Bildungszentrum Erbacher Hof<br />

Grebenstraße 24 - 26<br />

55116 Mainz<br />

Telefon: 06131/257-0 · Fax: 06131/257-514<br />

Anreise mit dem Pkw:<br />

Autobahnausfahrt Mainz-Laubenheim Richtung Innenstadt,<br />

Rheinstraße, links abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter<br />

in die Grebenstraße.<br />

Autobahnausfahrt Mainz-Mombach Richtung Innenstadt, Rheinstraße,<br />

rechts abbiegen in die Heugasse und geradeaus weiter in<br />

die Grebenstraße.<br />

Mit dem Zug oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln:<br />

20 min Fußweg vom Hauptbahnhof<br />

5 min. zum Stadtbus<br />

Die Teilnahme an der Veranstaltung einschließlich des Mittagessens<br />

ist kostenlos.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

I


Tag der Bildung - Freitag, 27. Juni 2003, Mainz<br />

Was nun, Herr Zöllner?<br />

Fragen zur Reform der Lehrer/innen-Bildung<br />

in Rheinland-Pfalz<br />

Freitag, 27. Juni 2003<br />

10.00 - 13.30 Uhr<br />

Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />

Programm<br />

09.30 - 10.00 Uhr Stehkaffee<br />

Begrüßung<br />

VBE<br />

Grundsätze zur Reform der<br />

Lehrer/innen-Bildung in<br />

Rheinland-Pfalz (Auszüge aus<br />

dem gemeinsamen Papier der<br />

<strong>GEW</strong> und des VBE vom Dezember<br />

2001)<br />

Für die künftige Lehrer/<br />

innen-Bildung in Rheinland-<br />

Pfalz gelten nach Auffassung<br />

von <strong>GEW</strong> und VBE folgende<br />

Eckpunkte:<br />

10.00 - 12.30 Uhr Talkrunde<br />

mit<br />

Staatsminister Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner,<br />

Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und<br />

Kultur<br />

weitere Teilnehmer:<br />

Gerd Köhler, Leiter des Arbeitsbereichs Hochschule und Forschung<br />

beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand<br />

Prof. Dr. Kurt Czerwenka, Leiter des Referates Hochschule und<br />

Lehrerbildung beim VBE-Bundesvorstand, Universität Lüneburg<br />

Prof. Dr. Hermann Saterdag, Regierungsbeauftragter zur Reform<br />

der Lehrerbildung in Rheinland-Pfalz<br />

Prof. Dr. Fritz-Ulrich Kolbe, Pädagogisches Institut der Universität<br />

Mainz<br />

Prof. Dr. Rudi Krawitz, Universität Koblenz-Landau<br />

12.30 - 13.30 Uhr Stehkaffee / Imbiss<br />

1. Die Lehrer/innen-Bildung<br />

muss sich in<br />

drei Phasen gliedern:<br />

die wissenschaftliche<br />

Ausbildung an der<br />

Universität, der Vorbereitungsdienst<br />

bzw. das Referendariat<br />

an Schule und<br />

Seminar sowie die<br />

berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung.<br />

2. Für die Lehrer/innen-Bildung der ersten beiden Phasen ist<br />

eine Ausbildungsdauer von insgesamt mindestens 6 Jahren<br />

vorzusehen.<br />

3. Die Lehrer/innen-Bildung muss bis zu einer Zwischenprüfung<br />

ein gemeinsames erziehungswissenschaftliches Grundstudium<br />

für alle Lehrkräfte umfassen.<br />

4. Die Zwischenprüfung ist nach einer Praxisphase abzulegen.<br />

An das Grundstudium schließt ein Hauptstudium an, das<br />

der Spezialisierung und Vertiefung dient. Erste und zweite<br />

Phase der Lehrer/innen-Bildung werden mit einer Staatsprüfung<br />

abgeschlossen.<br />

5. Die Lehrer/innen-Bildung vernetzt fachwissenschaftliche,<br />

fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Studienanteile<br />

bei gleichzeitiger Erhöhung der Praxisanteile. Berufsund<br />

schulpraktische Anteile sollen in das Studium integriert<br />

und von der Hochschule in Kooperation mit den Lehrerbildungszentren<br />

begleitet werden.<br />

6. Eine Anlehnung der Lehrer/innen-Bildung an Bachelor- und<br />

Master-Studiengänge bedarf einer kritischen Prüfung im Hinblick<br />

auf einen Professionalitätsverlust sowie auf die rechtlichen<br />

Konsequenzen bezüglich des Status der angehenden<br />

Lehrkräfte.<br />

7. Die Lehrer/innen-Bildung ist als modulares Ausbildungssystem<br />

zu organisieren.<br />

8. Zur Unterstützung der Lehrer/innen-Bildung sind institutionalisierte<br />

Zentren für Lehrer/innen-Bildung zu gründen, in<br />

die alle an der Lehrer/innen-Bildung Beteiligten einbezogen<br />

sind<br />

9. Teil der Lehrer/innen-Bildung muss die stetige Aus- und Fortbildung<br />

der in der Lehrer/innen-Bildung Tätigen sein.<br />

II <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003


Tag der Bildung - Freitag, 27. Juni 2003, Mainz<br />

Qualität entwickeln - Arbeitsbedingungen verbessern<br />

Pisa und die Konsequenzen für<br />

Kindertagesstätten<br />

Freitag, 27. Juni 2003<br />

14.00 - 17.00 Uhr<br />

Mainz, Bildungszentrum Erbacher Hof<br />

Die wichtigste Lektion<br />

aus Pisa wäre es,<br />

die Kultur der Aberkennung<br />

von einer der Anerkennung abzulösen.<br />

Reinhard Kahl<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

wenn über Pisa gesprochen wird, so rücken zusehends auch unsere<br />

Kindertageseinrichtungen in den Blickpunkt. Denn längst ist<br />

erwiesen: Die ersten Bildungsjahre sind die wichtigsten!<br />

Sind am Ende die unzureichenden Bedingungen vieler Kindertageseinrichtungen<br />

Schuld an der Misere?<br />

Was können/sollen/müssen Kitas leisten?<br />

Kommt die Reform der ErzieherInnenausbildung?<br />

Brauchen wir einen Bildungsplan für die frühkindliche Bildung?<br />

Die <strong>GEW</strong> gibt an diesem Nachmittag einen Überblick über den<br />

aktuellen Diskussionsstand und wird u.a. die Ergebnisse ihrer groß<br />

angelegten Kita-Umfrage vorstellen.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

die Bedeutung von Kindertageseinrichtungen wächst stetig. Die<br />

<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz hat auf diese Entwicklung reagiert und mit<br />

Bernd Huster (Regionalbüro Nord) und Peter Blase-Geiger (Regionalbüro<br />

Süd) zwei Fachleute für die sozialpädagogischen Berufe<br />

beschäftigt. Bernd Huster wird am 27. Juni über die bildungspolitischen<br />

Positionen der <strong>GEW</strong> informieren und für entsprechende<br />

Diskussionen zur Verfügung stehen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

ABLAUF<br />

13.00 - 14.00 Uhr Stehkaffee / Infostand<br />

14.00 - 16.00 Uhr Vortrag<br />

Bernd Huster (Dipl. Päd.)<br />

Schwerpunkte unter anderem:<br />

• Rahmenplan frühkindliche Bildung<br />

• ErzieherInnenausbildung<br />

• Zusammenarbeit Grundschule und Kindertageseinrichtung<br />

• Sprachförderung in der Kita<br />

• Ergebnisse <strong>GEW</strong>-Kita-Umfrage<br />

16.00 - 17.00 Uhr Gespräche / Stehkaffee / Kuchen<br />

Tilman Boehlkau<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003<br />

III


Tag der Bildung - Freitag, 27. Juni 2003, Kaiserslautern<br />

„LiA“ - Tag der Bildung*:<br />

Moderner Unterricht<br />

praktisch<br />

Freitag, 27. Juni 2003<br />

9.30 - 16.00 Uhr<br />

Pirmasenser Str. 65, Kaiserslautern<br />

in den Räumen der Studienseminare<br />

Workshops<br />

WS 1<br />

WS 2<br />

Fördern und Fordern in heterogenen Lerngruppen<br />

• Inge Hilbig, Institut zur Förderung von Teamarbeit, Köln<br />

Der Workshop greift die Aspekte des Referats vom Vormittag<br />

auf und gibt Gelegenheit zur Vertiefung und zum<br />

Austausch.<br />

Methodenkiste<br />

• Ina Schatzmann-Hinkel, Lehrerin<br />

Praktische Erarbeitung methodischer und handlungsorientierter<br />

Kompetenzen für den Unterricht; Bereitstellung<br />

ausgearbeiteter ansprechender Materialien für den fachgerechten<br />

praktischen Methodenunterricht.<br />

Ablauf:<br />

09.00 - 09.30 Anmeldung und Stehkaffee<br />

09.30 - 09.40 Begrüßung, Organisatorisches<br />

09.40 - 10.00 Referat<br />

„Fördern und Fordern in heterogenen Lerngruppen“<br />

Inge Hilbig, Institut zur<br />

Förderung von Teamarbeit, Köln<br />

10.00 - 11.30 Talk-Runde<br />

11.30 - 12.30 Gemeinsames Mittagessen<br />

in der Mensa (kostenfrei)<br />

12.30 - 16.00 Workshops<br />

Talk-Runde:<br />

Inge Hilbig, Institut zur Förderung von Teamarbeit, Köln<br />

Heinz Winter, Leiter des Studienseminars für Grund- und Hauptschulen<br />

Kaiserslautern<br />

Cilli Daumen, Ministerium für Bildung,<br />

Frauen und Jugend<br />

Moderation:<br />

Klaus-Peter Hammer, <strong>GEW</strong>-Landesvorstand, Bereich Schulen<br />

WS 3<br />

WS 4<br />

WS 5<br />

WS 6<br />

WS 7<br />

WS 8<br />

Frühkindliche Bildung<br />

• Minette Petri, Erzieherin, Fachwirtin für Sozialwesen<br />

Der Workshop gibt einen Überblick über die Arbeit in<br />

Kindertageseinrichtungen.<br />

Jungenpädagogik<br />

• Klaus-Peter Hammer , Fachleiter f. allg. Didaktik, Studienseminar<br />

GHS Kl<br />

Jungen fallen in der Schule immer mehr auf und gelten<br />

als schwierig und als Störenfriede. Welche Gründe und<br />

Ursachen hierbei eine Rolle spielen und was Mann/Frau<br />

evtl. dagegen tun kann, wollen wir in diesem Workshop<br />

ergründen.<br />

Soziales Lernen mit Interaktionsspielen<br />

• Schulsozialarbeiter des Palais e.V. Trier<br />

Interaktionsspiele haben sich als Methode im sozialen und<br />

emotionalen Lernen bewährt. In diesem Workshop lernen<br />

wir Spiele kennen und erproben sie praktisch.<br />

Unterstützung von außen<br />

• Schulsozialarbeiter des Palais e.V. Trier<br />

Der Workshop zeigt auf, welche Hilfe und Unterstützung<br />

LehrerInnen von außerschulischen Institutionen erfahren<br />

können. Am Beispiel der Kinder- und Jugendhilfe Palais<br />

e.V. Trier sieht man, wie Jugendhilfe, Schule und Jugendamt<br />

zusammenarbeiten können.<br />

Tanz und Bewegung in der Grundschule<br />

• Sabine Graf, Lehrerin<br />

Der Workshop beschäftigt sich mit der Ausarbeitung und<br />

Durchführung kindgerechter psychomotorischer Bewegungsabläufe<br />

mit der Zugabe von Materialien wie CD,<br />

Tanzbeschreibungen u.a. (Achtung: Sportkleidung mitbringen)<br />

Begegnung mit aggressiven SchülerInnen in der<br />

Hauptschule<br />

• Sascha Hinkel, Lehrer<br />

Angelehnt an das Antiaggressivitätstraining werden Reaktionsbeispiele<br />

erarbeitet (Rollenspiele, Interaktionsspiele<br />

...)<br />

* LiA = LehrerInnen in Ausbildung<br />

IV <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 6 /2003

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