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KRIMINALSTATISTIK<br />
Polizei arbeitet am Limit<br />
LANDES<br />
J OURNAL<br />
Für die GdP-Pressemitteilung zur alljährlichen Kriminalstatistik (PKS) kann seit einigen<br />
Jahren ein großer Teil aus <strong>de</strong>r Vorjahresmeldung kopiert wer<strong>de</strong>n: Weiterer Anstieg<br />
<strong>de</strong>r registrierten Straftaten; die Gewalt nimmt zu; immer mehr Arbeit für weniger und<br />
ältere Polizistinnen und Polizisten. Das sind die Kernaussagen, die auch für die PKS <strong>de</strong>s<br />
Jahres 2004 wie<strong>de</strong>r zutreffend sind.<br />
Seit 1990 ist die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Straftaten von 202 766 auf nun<br />
über 300 000 gestiegen. Das sind<br />
satte 50%. Nach einem Anstieg<br />
bis 1996 steht <strong>de</strong>m mittlerweile<br />
mit rund 9000 annähernd die<br />
gleiche Zahl Polizistinnen und<br />
Polizisten zur Bearbeitung<br />
gegenüber wie vor 15 Jahren.<br />
Wen wun<strong>de</strong>rt es also, dass die<br />
Verfassung <strong>de</strong>rer, die die Arbeit<br />
zu leisten haben immer öfter mit<br />
Sätzen wie „Die drehen bald am<br />
Rad, wenn das so weiter geht“<br />
o<strong>de</strong>r „Wir können die Vorgänge<br />
nicht mehr so bearbeiten, wie<br />
wir das gerne wollen“, beschrieben<br />
wird.<br />
Einbruch steigend –<br />
Betrug explodiert<br />
„Als beson<strong>de</strong>rs gravierend<br />
erleben die Opfer <strong>de</strong>n Einbruch<br />
in ihre Wohnungen. Die Zahl<br />
hat sich um 800 auf 5400<br />
erhöht“, meint Ernst Scharbach.<br />
Da sei es nur ein kleiner Trost,<br />
dass in diesem Bereich rund 5%<br />
mehr Taten (jetzt 22%) geklärt<br />
wor<strong>de</strong>n seien. „Das geht vor Ort<br />
nur mit einer guten Mitwirkung<br />
<strong>de</strong>r Bürgerinnen und Bürger<br />
und ist mit einem erheblichen<br />
Aufwand verbun<strong>de</strong>n, insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei <strong>de</strong>r qualifizierten Spurensicherung“,<br />
weiß <strong>de</strong>r GdP-<br />
Chef.<br />
Richtig ist die Darstellung <strong>de</strong>s<br />
Innenministers, dass ein Großteil<br />
<strong>de</strong>s Anstiegs <strong>de</strong>r Straftaten auf<br />
<strong>de</strong>n Betrugsbereich zurückzuführen<br />
sei. Die wirtschaftliche<br />
Situation <strong>de</strong>r Menschen und eine<br />
Ausweitung <strong>de</strong>r Tatgelegenheitsstrukturen<br />
durch An- und Verkauf<br />
über das Internet seien, so<br />
auch Scharbachs Vertreter Bernd<br />
Becker, <strong>de</strong>r Nährbo<strong>de</strong>n für die<br />
explodieren<strong>de</strong> Zahl <strong>de</strong>r Vermögens<strong>de</strong>likte.<br />
Aufklärungsquote kein<br />
Ruhekissen<br />
Auf <strong>de</strong>n nach wie vor hohen<br />
Verfolgungsdruck bei Kontroll<strong>de</strong>likten<br />
(Rauschgift pp.) und <strong>de</strong>n<br />
Anstieg <strong>de</strong>r Vermögens<strong>de</strong>likte<br />
sei auch die wie<strong>de</strong>rum um 2%<br />
auf 59,8% gestiegene Aufklärungsquote<br />
zurück zu führen.<br />
Bernd Becker: „Das sind aber<br />
keine Lorbeeren, auf <strong>de</strong>nen sich<br />
gut ruhen lässt.“ Es bleibe dabei,<br />
so das GdP-Resümee:Rheinland-<br />
Pfalz braucht nicht 9000, son<strong>de</strong>rn<br />
10 000 Polizistinnen und Polizisten;<br />
500 mehr im Wechselschichtdienst<br />
und 500 mehr in<br />
an<strong>de</strong>ren operativen Bereichen.<br />
„Sonst wird uns die fremdbestimmte<br />
Auftragslage – trotz aller<br />
Schwerpunktsetzung und Prioritätenbildung<br />
– die Luft zum<br />
Atmen und die Kapazität für<br />
Aktion statt Reaktion nehmen“,<br />
ist sich <strong>de</strong>r GdP-Vorstand in <strong>de</strong>r<br />
Einschätzung einig.<br />
Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten<br />
Beispiele aus Rechtsschutzfällen <strong>de</strong>r GdP<br />
Trend zur Gewalt<br />
ungebrochen<br />
Tiefenau: „Leute wer<strong>de</strong>n immer verrückter!“<br />
Gegenüber 2003 registrieren<br />
wir mit 10 000 Taten ein Mehr<br />
von 700 Gewalt<strong>de</strong>likten. „Die<br />
Zunahme <strong>de</strong>r Körperverletzungen<br />
und an<strong>de</strong>rer Gewalt<strong>de</strong>likte<br />
<strong>de</strong>utet auf eine Gewaltbereitschaft<br />
in <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
hin, die nicht nur bei <strong>de</strong>r Polizei<br />
die Alarmglocken klingen<br />
lassen muss“, meint Ernst Scharbach.<br />
„Die Leute wer<strong>de</strong>n immer verrückter<br />
und schlagen sich aus<br />
immer geringfügigeren Anlässen“,stellt<br />
Kurt Tiefenau,Bezirksbeamter<br />
bei <strong>de</strong>r PI Neuwied fest.<br />
„Die Kolleginnen und Kollegen<br />
<strong>de</strong>r operativen Dienste sind<br />
zunehmend <strong>de</strong>r Verrohung <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft ausgesetzt“, meint<br />
auch <strong>de</strong>r GdP-Bun<strong>de</strong>svorsitzen<strong>de</strong><br />
Konrad Freiberg und sieht einen<br />
unmittelbaren Zusammenhang<br />
zur „eher abnehmen<strong>de</strong>n Integration“<br />
Jugendlicher mit Migrationshintergrund.<br />
Seine Feststellung<br />
aus Bun<strong>de</strong>ssicht: „Die Polizei<br />
stößt immer häufiger auf offenen<br />
Wi<strong>de</strong>rstand.“<br />
Ernst Scharbach<br />
mahnt für<br />
das Land eine<br />
Untersuchung<br />
<strong>de</strong>r Entwicklung<br />
von Gewalt gegen<br />
Polizistinnen und<br />
Polizisten an.<br />
Schon ein kleiner<br />
Blick in die<br />
Rechtsschutzakten<br />
<strong>de</strong>r GdP<br />
(siehe Kasten) reicht aus, um die<br />
Dimension <strong>de</strong>s „Alltäglichen<br />
Wahnsinns“ zu erahnen.<br />
BB<br />
Juni 2004: Zwei Kollegen <strong>de</strong>r PI Bad Dürkheim wer<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Festnahme eines Randalierers mit Schlägen und<br />
Tritten traktiert. Verletzung an <strong>de</strong>r Hand. Eine Woche dienstunfähig.<br />
August 2004: Ein Kollege <strong>de</strong>r PI Oppenheim wird mit einem Samurai-Schwert angegriffen und muss <strong>de</strong>n Angreifer<br />
mit einem Schuss in <strong>de</strong>n Oberschenkel stoppen.<br />
August 2004: Wie<strong>de</strong>r PI Oppenheim. Bei einer Personalienfeststellung nach einer Gewalttat unter Familienmitglie<strong>de</strong>rn<br />
wird ein Kollege durch einen Faustschlag ins Gesicht verletzt.<br />
Oktober 2004: Ein Kollege <strong>de</strong>r PI Linz wird zu einem „Familienstreit“ gerufen und bei <strong>de</strong>r Gewahrsamnahme<br />
<strong>de</strong>s Gewalttäters durch einen Faustschlag ins Gesicht verletzt.<br />
Dezember 2004: Bei einer Festnahme wehrt sich die festzunehmen<strong>de</strong> Person heftig und beißt einem Kollegen <strong>de</strong>r<br />
PI Birkenfeld in <strong>de</strong>n Arm. Später behauptete <strong>de</strong>r Täter, er habe Hepatitis.<br />
Februar 2005: Panische Schreie einer Frau aus einer Wohnung. Ein Mann ruft durch die verschlossene Tür, die<br />
Polizei solle „verschwin<strong>de</strong>n“. Dann wird die Tür plötzlich aufgerissen und ein Mann schlägt sofort mit <strong>de</strong>r Faust<br />
<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>r Tür stehen<strong>de</strong>n Polizistin <strong>de</strong>r PI Ludwigshafen ins Gesicht. Sie fällt eine Woche mit Gehirnerschütterung<br />
für <strong>de</strong>n Dienst aus.<br />
Da stellt sich schon die Frage,ob in an<strong>de</strong>ren Gewerkschaften <strong>de</strong>s öffentlichen Dienstes auch solche Rechtsschutzfälle<br />
auf <strong>de</strong>n Tisch kommen. Nach <strong>de</strong>r Begründung zur Verlängerung <strong>de</strong>r Lebensarbeitszeit <strong>de</strong>r Polizei arbeiten ja alle<br />
Vergleichbares, nur in an<strong>de</strong>ren Rechtsgebieten.<br />
5/2005 Deutsche Polizei-RP 5