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Sechs Thesen zum Thema "Leadership in der Veränderung".

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LEADERSHIP IN DER VERÄNDERUNG<br />

Die Relevanz von <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> <strong>in</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen ist ungebrochen<br />

und Kommunikation e<strong>in</strong> wesentlicher Erfolgsfaktor.<br />

<strong>Sechs</strong> <strong>Thesen</strong>, die die Herausfor<strong>der</strong>ungen an <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> konkretisieren und<br />

Impulse zur Beantwortung <strong>der</strong> zentralen Fragen jener <strong>Thema</strong>tik geben.<br />

<strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung<br />

TEXT SUSANNE ARNDT, EGBERT DEEKELING<br />

Die globalisierte Welt des 21.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts ist gekennzeichnet<br />

von e<strong>in</strong>er neuen Form dynamischer<br />

Komplexität. Deregulierung eröffnet<br />

immer mehr Teilnehmern den<br />

Zugang zu grenzenlos gewordenen<br />

Märkten. Digitale Vernetzung führt<br />

zu verstärkter Interaktion und Beschleunigung<br />

<strong>der</strong> Kommunikation<br />

auf allen Ebenen – und zu größeren<br />

Abhängigkeiten untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Damit verbunden s<strong>in</strong>d erhebliche<br />

Volatilitäten: Katastrophen, Krisen<br />

o<strong>der</strong> Spekulationsblasen haben<br />

kaum vorhersehbare Auswirkungen<br />

auf die Entwicklung von Volkswirtschaften<br />

<strong>in</strong>sgesamt wie auch auf<br />

e<strong>in</strong>zelne Branchen. Als Folge prägen<br />

Diskont<strong>in</strong>uitäten wirtschaftliche,<br />

politische und gesellschaftliche<br />

Zusammenhänge – und machen<br />

Planungssicherheit für Unternehmen<br />

so gut wie unmöglich.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser<br />

neuen dynamischen Komplexität<br />

werden Flexibilität und Verän<strong>der</strong>ungsfähigkeit<br />

mehr denn je <strong>zum</strong><br />

entscheidenden Wettbewerbsvorteil<br />

für Unternehmen. Vorbei s<strong>in</strong>d die<br />

Zeiten, <strong>in</strong> denen Verän<strong>der</strong>ungen als<br />

solitäre Ersche<strong>in</strong>ung im Unternehmen<br />

mit voller Managementattention<br />

und größtmöglicher Steuerung<br />

stattfanden. Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d<br />

heute Normalität, Verän<strong>der</strong>ungsprozesse<br />

f<strong>in</strong>den vielfach parallel<br />

statt: Während e<strong>in</strong> Geschäftsfeld<br />

restrukturiert wird, wird e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

ausgebaut und an <strong>der</strong> weiteren<br />

Optimierung wird bereits gearbeitet.<br />

Klare Anfangs- und Endpunkte<br />

für den Wandel existieren nicht<br />

mehr. Statt langfristiger Zukunftsgestaltung<br />

stehen das kurzfristige<br />

Manövrieren und das Ausrichten<br />

<strong>der</strong> Organisation auf kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Verän<strong>der</strong>ung im Fokus. Die<br />

Weltwirtschaftskrise hat dies noch<br />

evidenter werden lassen: Das Mantra<br />

<strong>der</strong> langfristigen Strategie hat<br />

sich überholt und e<strong>in</strong>e verlässliche<br />

Planung über fünf o<strong>der</strong> mehr Jahre<br />

hat angesichts <strong>der</strong> neuen Spielregeln<br />

im Markt nur bed<strong>in</strong>gt Gültigkeit.<br />

Darunter leiden auch die Glaubwürdigkeit<br />

und das Vertrauen <strong>in</strong>s<br />

Management.<br />

Die heutigen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

verän<strong>der</strong>n die Abläufe und die<br />

Kultur <strong>in</strong> Organisationen. Während<br />

für Organisationen früher je<strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozess zunächst e<strong>in</strong>en<br />

Schock auslöste, s<strong>in</strong>d manche<br />

Unternehmen heute froh, wenn<br />

die Ankündigung e<strong>in</strong>er Strategieverän<strong>der</strong>ung<br />

überhaupt zu e<strong>in</strong>em<br />

Schock führt. Verän<strong>der</strong>ungsmüdigkeit<br />

und Lähmung prägen so manchen<br />

Unternehmensalltag. Doch<br />

ohne Handlungsdruck kann ke<strong>in</strong><br />

Wandel stattf<strong>in</strong>den. In <strong>der</strong> Krise ist<br />

dieser Handlungsdruck sichtbar,<br />

weil es im schlimmsten Fall um das<br />

Überleben des Unternehmens und<br />

damit den Erhalt <strong>der</strong> Arbeitsplätze<br />

geht. In Wachstumsphasen muss<br />

die grundsätzliche Notwendigkeit<br />

erst erklärt und die Zustimmung<br />

<strong>in</strong>tensiver e<strong>in</strong>geworben werden.<br />

In den Führungsetagen s<strong>in</strong>d<br />

heute Verän<strong>der</strong>ungsmanager gefragt,<br />

die kont<strong>in</strong>uierlichen Wandel<br />

ermöglichen und steuern, die<br />

Komplexität zulassen und nicht die<br />

e<strong>in</strong>fachen Wahrheiten als feststehende<br />

Konstante behaupten. Die<br />

Erwartungen und Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an Führungskräfte haben sich erheblich<br />

verän<strong>der</strong>t. Die Relevanz<br />

von <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> <strong>in</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

ist dagegen ungebrochen<br />

und Kommunikation e<strong>in</strong> wesentlicher<br />

Erfolgsfaktor. Denn Kommunikation<br />

macht Führung erlebbar.<br />

Wird nicht kommuniziert, wird<br />

e<strong>in</strong> Unternehmen als nicht geführt<br />

wahrgenommen.<br />

Doch wie sehen die genauen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen aus? Worauf<br />

kommt es an, um als Führungskraft<br />

LEADERSHIP KOMPENDIUM<br />

13


SUSANNE ARNDT, EGBERT DEEKELING<br />

ABBILDUNG 1<br />

Transaktionale versus transformationale Führung – <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> situativ anpassen<br />

Motivationstreiber erkennen, Führung gestalten<br />

Quelle: Eigene Darstellung <strong>in</strong> Anlehnung an Stock-Homburg, 2008.<br />

Merkmal<br />

Führungsstil<br />

Transaktionale Führung<br />

Transformationale Führung<br />

Instrumente <strong>der</strong> Führung Verträge, Anreize, Bestrafung Begeisterung, Kreativität, Vertrauen, Verbundenheit<br />

Mitarbeitermotivation Extr<strong>in</strong>sisch, egoistisch Intr<strong>in</strong>sisch, altruistisch<br />

Planungshorizont Eher kurzfristig Mittel- bis langfristig<br />

Zielmotiv Materiell Ideell<br />

Rolle <strong>der</strong> Führungsperson Ausbil<strong>der</strong>, Instrukteur Mentor, Coach<br />

Anwendungsszenario Alltag, Rout<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung, Modifizierung<br />

<strong>in</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen erlebt zu<br />

werden? Wie muss Führung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung gestaltet se<strong>in</strong>? <strong>Sechs</strong><br />

<strong>Thesen</strong> sollen die Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

an <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> konkretisieren und<br />

e<strong>in</strong>en Impuls zur Beantwortung <strong>der</strong><br />

zentralen Fragen geben.<br />

These 1<br />

Personen, Prozesse und<br />

Organisation s<strong>in</strong>d vielfach<br />

entzaubert – es braucht<br />

e<strong>in</strong>en Neuanfang<br />

In <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz- und Wirtschaftskrise<br />

wurden weltweit Milliarden von<br />

Dollar und Euro vernichtet. Noch<br />

viel schwerer wiegt aber, dass <strong>in</strong><br />

gleichem Wertumfang Vertrauen<br />

verzockt wurde. Vertrauen <strong>in</strong> das<br />

System, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Strukturen und<br />

Regeln sowie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e führenden<br />

Akteure – die Unternehmensführer.<br />

Die unübersehbare Ratlosigkeit<br />

aller Akteure <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise, die<br />

Fassungslosigkeit auch <strong>in</strong> höheren<br />

Etagen und das vielfach medial e<strong>in</strong>gestandene<br />

Pr<strong>in</strong>zip des „Managements<br />

auf Sicht“ hat Spuren <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Glaubwürdigkeit des Topmanagements<br />

h<strong>in</strong>terlassen.<br />

Die Kommunikation <strong>in</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

ist für Führungskräfte<br />

heute deutlich schwieriger<br />

als früher. Langfristige Strategien<br />

s<strong>in</strong>d kaum noch glaubwürdig. Zahlen,<br />

Daten und Fakten s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />

starken Argumente mehr, weil<br />

sie schneller veraltet s<strong>in</strong>d als die<br />

Zeitung von gestern und niemand<br />

weiß, was langfristig Bestand hat. In<br />

e<strong>in</strong>er Welt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sachverhalte und<br />

Zusammenhänge immer komplexer<br />

werden, kann diesem <strong>in</strong>haltlichen<br />

und personellen Vertrauensverlust<br />

nicht mit e<strong>in</strong>fachen Lösungen<br />

begegnet werden. Etwaige neue<br />

langfristige Strategien s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />

Antwort und alten Zahlen können<br />

nicht neue Plangrößen entgegengestellt<br />

werden.<br />

Die Führung <strong>in</strong> Unternehmen<br />

sche<strong>in</strong>t vielfach diesem Vertrauensverlust<br />

zu wenig o<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

Rechnung zu tragen. Stattdessen<br />

bleiben die Argumentationsl<strong>in</strong>ien<br />

die gleichen und die Führungsstile<br />

unverän<strong>der</strong>t – mit <strong>der</strong> Folge, dass<br />

die Führung als zunehmend autistisch<br />

erlebt wird.<br />

Um Vertrauen zurückzugew<strong>in</strong>nen,<br />

braucht es zuerst die Erkenntnis<br />

des Topmanagements, dass alte Muster<br />

ausgedient haben und die Kommunikation<br />

grundlegend auf neue<br />

Füße gestellt werden muss. Führung<br />

durch Kommunikation heißt vor<br />

allem, durch Überzeugungskraft<br />

und Anschaulichkeit strategische<br />

und operative Entscheidungen zu<br />

vermitteln und dafür bei den Beschäftigten<br />

Akzeptanz zu schaffen.<br />

Gerade <strong>in</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

mit ihrem hohen Erklärungsbedarf<br />

müssen die Führungskräfte frühzeitig<br />

<strong>in</strong> Prozesse e<strong>in</strong>gebunden und<br />

umfassend <strong>in</strong>formiert werden.<br />

Dabei helfen nüchterne Zahlen<br />

nicht weiter. Entscheidend ist <strong>der</strong><br />

menschliche Faktor. Transparenz<br />

und schlüssige Argumentationen<br />

<strong>in</strong> Erzählform sorgen dafür, dass die<br />

Informationen auch beim Empfänger<br />

ankommen.<br />

These 2<br />

<strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> ist nicht<br />

selbstverständlich – für<br />

B<strong>in</strong>dung und Gefolgschaft<br />

muss täglich neu<br />

geworben werden<br />

Der Zwang zur kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Verän<strong>der</strong>ung verstärkt die oftmals<br />

mangelnde E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Notwendigkeit.<br />

Die Häufigkeit von Change-<br />

Projekten kostet die Führungskräfte<br />

Energie und lässt zwangsläufig die<br />

Bereitschaft zu Verän<strong>der</strong>ungen<br />

zusammenschmelzen. In gleichem<br />

Maß nehmen die Angst vor<br />

schwierigen Entscheidungen und<br />

dem Verlust von E<strong>in</strong>fluss und Status<br />

zu. Studien zur Verän<strong>der</strong>ungsbereitschaft<br />

von Führungskräften<br />

zeigen e<strong>in</strong>en enormen Abfall <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>dividuellen Verän<strong>der</strong>ungsbereitschaft,<br />

aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungskompetenz<br />

– mit steigen<strong>der</strong><br />

Tendenz.<br />

E<strong>in</strong>e Ursache s<strong>in</strong>d sicherlich die<br />

häufigen Vorstandswechsel, die e<strong>in</strong>e<br />

langfristige Strategieplanung unterwan<strong>der</strong>n.<br />

Niemand weiß, ob <strong>der</strong><br />

grundsätzliche Kurs auch weiterh<strong>in</strong><br />

gehalten wird und ob <strong>der</strong> „Neue“<br />

nicht an völlig neue Managementkonzepte<br />

glaubt. Und die Erfahrung<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit ist, dass „Aussitzen“<br />

oftmals e<strong>in</strong> probates Mittel<br />

ist, um den Change ohne tiefgreifende<br />

Folgen an sich vorbeiziehen<br />

zu lassen.<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozesse erfolgreich<br />

und zielführend zu steuern,<br />

hängt <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maß von <strong>der</strong><br />

Unterstützung <strong>der</strong> Führungskräfte<br />

ab. Doch wie soll Verän<strong>der</strong>ung gel<strong>in</strong>gen,<br />

wenn eben diese Führungskräfte<br />

verän<strong>der</strong>ungsmüde s<strong>in</strong>d?<br />

Für <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> bedeutet dies:<br />

CEO o<strong>der</strong> Geschäftsführer können<br />

nicht mehr erwarten, dass Führungskräfte<br />

automatisch „dabei<br />

s<strong>in</strong>d“. Ke<strong>in</strong>e Unternehmensleitung<br />

kann heute davon ausgehen, dass<br />

Führungskräfte sich automatisch<br />

ihrer Rolle verpflichtet fühlen<br />

und die Verantwortung, die von<br />

ihnen erwartet wird, übernehmen.<br />

<strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> ist ke<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit.<br />

Unterstützung<br />

und Kooperation, B<strong>in</strong>dung und<br />

Gefolgschaft müssen vielmehr<br />

immer wie<strong>der</strong> neu e<strong>in</strong>geworben<br />

werden.<br />

14<br />

KOMMUNIKATIONSKONGRESS SPEZIAL


LEADERSHIP IN DER VERÄNDERUNG<br />

ABBILDUNG 2<br />

Neue Inhalte und neue Sprache – Führen beg<strong>in</strong>nt bei <strong>der</strong> Sprache<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche zulassen, Relevanz herstellen<br />

Quelle: Eigene Darstellung.<br />

„Glattgebügelte“ Proklamation<br />

Sprache, die Wi<strong>der</strong>sprüche aushält<br />

Auf Kurs Wachstum<br />

Wir starten stark <strong>in</strong>s neue Jahr<br />

Besser führen<br />

Standards setzen bei <strong>der</strong> Mitarbeiter-Motivation<br />

Effizienz gesteigert<br />

Kostenprojekt hebt gewünschte Potenziale<br />

Unter Beobachtung<br />

Wir s<strong>in</strong>d im Visier <strong>der</strong> Konkurrenz<br />

Wenn ke<strong>in</strong>er mehr zuhört<br />

Rezepte zur Führung <strong>in</strong> Grenzsituationen<br />

Wo ist die Schmerzgrenze?<br />

Best Practice: Der Pfad zwischen Sparzwang und<br />

Gestaltungsraum<br />

Führungskräfte s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e willenlosen<br />

Befehlsempfänger. Im Gegenteil:<br />

Im Vergleich zu früher s<strong>in</strong>d<br />

sie qualifizierter, kritischer und <strong>in</strong>dividueller.<br />

Ziel muss es se<strong>in</strong>, ihren<br />

Verän<strong>der</strong>ungswillen zu stärken und<br />

ihre Verän<strong>der</strong>ungsfähigkeiten auszubauen.<br />

Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e eigenständige<br />

Stakehol<strong>der</strong>gruppe – wenn nicht<br />

sogar die wichtigste. Ihre Aufmerksamkeit<br />

gilt es zu gew<strong>in</strong>nen, <strong>in</strong>dem<br />

sie e<strong>in</strong>gebunden und wertgeschätzt<br />

werden. Dabei spielt <strong>der</strong> Faktor Zeit<br />

e<strong>in</strong>e zentrale Rolle. Motivierend<br />

s<strong>in</strong>d das Gespräch und das persönliche<br />

Erleben. Es schärft auch das<br />

Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Führungskräfte für<br />

die eigenen Kommunikationsaufgaben.<br />

Das Signal, das die oberste<br />

Leitung sendet, ist e<strong>in</strong>leuchtend:<br />

„Ich nehme mir Zeit, mit Ihnen zu<br />

diskutieren. Also <strong>in</strong>vestieren Sie<br />

auch Zeit, um mit Ihren Mitarbeiter<br />

zu sprechen.“<br />

These 3<br />

Charismatiker und<br />

„Heroes“ bieten ke<strong>in</strong>e<br />

Orientierung mehr<br />

– <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> braucht e<strong>in</strong><br />

klares Verständnis von<br />

Transformation<br />

Der „Heroe“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Charismatiker,<br />

<strong>der</strong> die Wahrheiten zu kennen<br />

glaubt und von oben verkündet,<br />

hat sich überlebt. Se<strong>in</strong> Typ ist <strong>in</strong><br />

Führungsfunktionen nicht mehr<br />

gefragt, weil auch das Instrument<br />

<strong>der</strong> „alternativlosen Richtungsvorgabe“<br />

immer seltener wirkt. Wie<br />

denn auch, wenn es diese gar nicht<br />

mehr gibt.<br />

Was kennzeichnet dann e<strong>in</strong>en<br />

neuen Führungsstil? Bei <strong>der</strong> Führung<br />

von Menschen – gerade <strong>in</strong><br />

den herausfor<strong>der</strong>nden Zeiten <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung – spielen Glaubwürdigkeit<br />

und Authentizität e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Rolle. Dabei geht es um weit<br />

mehr als darum, dass Reden und<br />

Handeln übere<strong>in</strong>stimmen. Von<br />

Führungskräften wird erwartet,<br />

dass sie mit Wi<strong>der</strong>sprüchen und<br />

Ambivalenzen ehrlich umgehen<br />

und nicht unter den Teppich kriechen,<br />

wenn sie e<strong>in</strong>en Fehler e<strong>in</strong>gestehen.<br />

Sie lassen prozessuale<br />

und <strong>in</strong>haltliche Komplexität zu,<br />

def<strong>in</strong>ieren Handlungsspielräume<br />

und zeigen Grenzen auf. Gefragt<br />

ist e<strong>in</strong> Führungsstil, <strong>der</strong> Menschen<br />

überzeugt und nicht überredet<br />

o<strong>der</strong> anweist. E<strong>in</strong> Führungsstil, <strong>der</strong><br />

weniger auf e<strong>in</strong> Anreiz-Beitrags-<br />

Management aus ist wie <strong>in</strong> dem<br />

transaktionalen Führungsverständnis.<br />

B<strong>in</strong>dung und Gefolgschaft ergeben<br />

sich heute nicht mehr nur<br />

über Abhängigkeiten o<strong>der</strong> Anreize.<br />

Menschen lassen sich nicht mehr<br />

nur alle<strong>in</strong> über Geld, Weiterbildung<br />

und Beför<strong>der</strong>ung motivieren.<br />

Dies gilt für Führungskräfte<br />

genauso wie für Mitarbeiter. Der<br />

transaktionale Führungsstil funktioniert<br />

<strong>in</strong> Rout<strong>in</strong>esituationen, im<br />

Alltagsgeschäft ohne Komplexität<br />

und Gestaltungsfreiheit. In <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung reicht dieses Verständnis<br />

jedoch nicht aus.<br />

An diesem Punkt setzt das<br />

Modell des transformationalen<br />

Führungsstils des Organisationspsychologen<br />

Bernard M. Bass an.<br />

Die Grundidee ist, dass Führungskräfte<br />

ihre Mitarbeiter befähigen,<br />

sich den Herausfor<strong>der</strong>ungen von<br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozessen zu stellen<br />

und ihre Denkweisen, Fähigkeiten<br />

sowie ihr Verhalten entsprechend<br />

weiterzuentwickeln. Führungskräfte<br />

mobilisieren dabei die <strong>in</strong>tellektuellen<br />

Ressourcen und nutzen die<br />

verschiedenen Perspektiven. Hier<br />

ist <strong>der</strong> „Lea<strong>der</strong>“ gefragt, <strong>der</strong> aktiv<br />

gestaltet und Mitarbeiter befähigt.<br />

Er führt nicht alle<strong>in</strong> über Anreize,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem über Begeisterung,<br />

Kreativität und Gestaltungsfreiheit.<br />

Die Führungskraft agiert als<br />

Coach und Mentor, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Mitarbeiter<br />

auch über <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische Ziele<br />

führt. Dieses Führungsverständnis<br />

entwickelt die volle Wirkungskraft<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung, denn es setzt<br />

ke<strong>in</strong>e vordef<strong>in</strong>ierten Maßnahmen,<br />

managt nicht alle Entscheidungen<br />

durch, son<strong>der</strong>n b<strong>in</strong>det die Mitarbeiter<br />

e<strong>in</strong>, befähigt sie und gestaltet<br />

geme<strong>in</strong>sam (siehe Abbildung 1).<br />

Auch wenn das transformationale<br />

Führungsverständnis äußerst<br />

verlockend kl<strong>in</strong>gt, es darf nicht <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>druck entstehen, dass damit<br />

jede unternehmerische Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

gelöst wird. Das ideale<br />

Führungsverständnis gibt es nicht<br />

– ke<strong>in</strong> Ansatz passt auf jede unternehmerische<br />

Situation o<strong>der</strong> Kultur.<br />

Denn es kann auch Instrukteure,<br />

klare Entschei<strong>der</strong> brauchen, Führung<br />

über Anreize und manchmal<br />

auch Bestrafung. Klar ist aber, dass<br />

heutige Verän<strong>der</strong>ungen mit e<strong>in</strong>em<br />

Führungsstil, <strong>der</strong> stärker transformational<br />

orientiert ist, mehr Aussicht<br />

auf Erfolg haben.<br />

Wie muss diese Führung konkret<br />

aussehen? Bezieht man die<br />

vier zentralen Elemente <strong>der</strong> transformationalen<br />

Führung auf Verän<strong>der</strong>ungssituationen,<br />

ergeben sich<br />

folgende Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />

Führungskräfte:<br />

1.) Inspirational Motivation<br />

Führungskräfte müssen die Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e überzeugende Vision,<br />

Unternehmens- und Teamziele<br />

übersetzen können. Sie müssen <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n geben, damit<br />

die Motivation <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

erhalten bleibt.<br />

LEADERSHIP KOMPENDIUM<br />

15


SUSANNE ARNDT, EGBERT DEEKELING<br />

2.) Intellectual Stimulation<br />

Führungskräfte müssen die Mitarbeiter<br />

die Verän<strong>der</strong>ung <strong>in</strong>tellektuell<br />

nachvollziehen lassen und mit<br />

ihnen geme<strong>in</strong>sam die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

für den spezifischen Wirkungsbereich<br />

konkretisieren. Sie<br />

ordnen Inhalte e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>terpretieren<br />

den Kontext, lassen aber auch Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

zu und ermöglichen<br />

geme<strong>in</strong>same Diskussionen.<br />

3.) Individual Consi<strong>der</strong>ation<br />

Führungskräfte müssen den Verän<strong>der</strong>ungsbedarf<br />

für die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Teams bis h<strong>in</strong> <strong>zum</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Mitarbeiter konkretisieren und<br />

die Mitarbeiter <strong>in</strong>dividuell bei <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung unterstützen.<br />

4.) Idealized Influence<br />

Führungskräfte s<strong>in</strong>d gerade <strong>in</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungsprozessen Vorbil<strong>der</strong><br />

und müssen den verän<strong>der</strong>ten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> ihrem Denken<br />

und Handeln entsprechen.<br />

So leben sie Verän<strong>der</strong>ung exemplarisch<br />

vor nach dem Motto:<br />

Demonstriere an dir selber die<br />

Verän<strong>der</strong>ung, die du dir von de<strong>in</strong>en<br />

Mitarbeitern wünschst.<br />

These 4<br />

Die alten Geschichten<br />

haben ausgedient<br />

– <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> braucht e<strong>in</strong><br />

Fram<strong>in</strong>g <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten<br />

Unternehmenswelt<br />

Es geht also zunächst um e<strong>in</strong>e<br />

überzeugende Vision (Inspirational<br />

Motivation). Doch wie kann die<br />

aussehen, wenn das Szenario <strong>der</strong><br />

Alternativlosigkeit ausgedient hat?<br />

Was s<strong>in</strong>d richtige Inhalte und was<br />

die falschen?<br />

Klar ist: Es braucht e<strong>in</strong>e neue<br />

Geschichte. Die alten Überzeugungsmuster<br />

verbleiben wirkungslos.<br />

Nicht mehr die e<strong>in</strong>e Wahrheit<br />

steht im Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n die<br />

Spannungsfel<strong>der</strong> unterschiedlicher<br />

Wege, die möglichen Alternativen,<br />

die Gründe für e<strong>in</strong>e Entscheidung<br />

und die Erwartungen. Das bedeutet<br />

auch, Wi<strong>der</strong>sprüche und Zielkonflikte<br />

aufzudecken und diese zu thematisieren.<br />

Und damit e<strong>in</strong>her geht<br />

auch, die Grenzen <strong>der</strong> eigenen Entscheidung<br />

aufzuzeigen. Offen und<br />

verständlich muss kommuniziert<br />

werden, dass <strong>der</strong> gewählte Schritt<br />

richtig ist, obwohl ke<strong>in</strong>e genauen<br />

Zahlen für die Zukunft antizipiert<br />

werden können.<br />

Im Kern geht es immer um die<br />

e<strong>in</strong>e Frage, um die niemand herumkommt:<br />

Warum? Das betrifft <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Anfangsphase. Die<br />

Beschäftigten müssen nachvollziehen<br />

und verstehen können, warum<br />

Maßnahmen notwendig s<strong>in</strong>d. Dies<br />

gel<strong>in</strong>gt nur, wenn das, was ich sage,<br />

auch ankommt. Wer an<strong>der</strong>e für se<strong>in</strong>e<br />

Ideen und Maßnahmen begeistern<br />

will, tut heute gut daran, sich<br />

von re<strong>in</strong>en Kalkulationsgrundlagen<br />

zu trennen. Die Sprachwelt von<br />

Vorständen und Geschäftsleitung<br />

ist heute jedoch immer noch e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e (siehe Abbildung 2).<br />

Notwendig ist e<strong>in</strong> neues Fram<strong>in</strong>g<br />

<strong>der</strong> Unternehmenswelt, das<br />

dem Diskurs über Verän<strong>der</strong>ung und<br />

ihre H<strong>in</strong>tergründe wie<strong>der</strong> Raum<br />

gibt. Die Herausfor<strong>der</strong>ungen des<br />

Marktes, <strong>der</strong> Gesellschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Kunden als Ursachen <strong>der</strong> Transformation<br />

bieten ausreichend Diskussionsstoff,<br />

<strong>der</strong> es allemal wert ist, von<br />

Beschäftigten und Führungskräften<br />

angemessen besprochen zu werden.<br />

Mit neuen S<strong>in</strong>ngebungsangeboten<br />

werden Umbrüche erklärt, Erneuerung<br />

verdeutlicht und Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

aufgedeckt. Die wirklich wichtigen<br />

Zusammenhänge kommen an<br />

die Oberfläche und bleiben nicht<br />

länger auf <strong>der</strong> Strecke.<br />

Um e<strong>in</strong>en neuen Rahmen zu setzen,<br />

braucht es e<strong>in</strong>e Portion Mut,<br />

weil neue Denkanstöße, ungewohnte<br />

Perspektiven und manchmal auch<br />

die gezielte Provokation zugelassen<br />

s<strong>in</strong>d. Die alten Geschichten müssen<br />

nicht nur verän<strong>der</strong>t werden. Sie<br />

müssen aus <strong>der</strong> Unternehmenskultur<br />

verschw<strong>in</strong>den und genauso wie<br />

etablierte Denkmuster <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

angehören (Intellectual<br />

Stimulation). Manchmal beg<strong>in</strong>nt<br />

dies nur mit neuen Formaten: von<br />

<strong>der</strong> PowerPo<strong>in</strong>t-Präsentation mit<br />

150 langweilenden Charts h<strong>in</strong> zu<br />

plakativen ungewohnten Bil<strong>der</strong>n.<br />

E<strong>in</strong> Anfang, <strong>der</strong> sich fortsetzt <strong>in</strong><br />

Denkanstößen von Externen o<strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>blicken <strong>in</strong> wissenschaftliche<br />

Diskurse.<br />

Ohne diesen <strong>in</strong>haltlichen Aufbruch<br />

wird es kaum gehen. Zunächst<br />

muss er bei den Führungskräften<br />

<strong>in</strong>itiiert und angestoßen<br />

werden, damit diese die Impulse,<br />

die neuen Inhalte <strong>in</strong> ihr <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong><br />

<strong>in</strong>tegrieren können.<br />

These 5<br />

Auch Führungskräfte<br />

dürfen nicht alle<strong>in</strong><br />

gelassen werden<br />

– <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> braucht<br />

<strong>in</strong>tensiven Dialog<br />

Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d für niemanden<br />

im Unternehmen e<strong>in</strong>fach. Vom<br />

Facharbeiter bis <strong>zum</strong> Vorstand soll<br />

je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Beitrag für e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Umsetzung leisten. Für<br />

Führungskräfte – als Schnittstelle<br />

zwischen Unternehmensleitung<br />

und Mitarbeitern – ist dies e<strong>in</strong>e<br />

beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung. Auf<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite geht es ihnen nicht<br />

an<strong>der</strong>s als ihren Mitarbeitern. Sie<br />

müssen sich selbst verän<strong>der</strong>n und<br />

erfahren erst im Prozess, ob sie auf<br />

ihren Positionen bleiben, auf e<strong>in</strong>en<br />

an<strong>der</strong>en Stuhl im Unternehmen<br />

wechseln o<strong>der</strong> vielleicht sogar den<br />

Schreibtisch räumen müssen. Auf<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wird erwartet,<br />

dass Führungskräfte im eigenen<br />

täglichen Handeln gerade <strong>in</strong> Verän<strong>der</strong>ungsprozessen<br />

Vorbild s<strong>in</strong>d. Sie<br />

müssen die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> ihrem<br />

Bereich operationalisieren, ihre Mitarbeiter<br />

motivieren und <strong>in</strong>spirieren<br />

und mit den täglich neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

umgehen (Idealized<br />

Influence). Und das alles läuft neben<br />

dem ganz normalen Tagesgeschäft<br />

und den operativen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

aus dem Verän<strong>der</strong>ungsprozess, die<br />

meist auch auf den Schultern <strong>der</strong><br />

Führungskräfte lasten.<br />

Vielfach setzen Vorstand und<br />

Geschäftsleitung die notwendigen<br />

Kompetenzen voraus und vergessen<br />

darüber die persönliche Lage, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> sich Führungskräfte bef<strong>in</strong>den.<br />

Notwendig und zielführend ist<br />

es dagegen, immer wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den<br />

Dialog zu treten, Erwartungen zu<br />

adressieren, Führungskräfte zu<br />

verpflichten und sie zu befähigen.<br />

Die Führungskompetenz <strong>in</strong> ihrem<br />

ganzen Umfang kann man nicht<br />

e<strong>in</strong>malig tra<strong>in</strong>ieren. Es handelt sich<br />

vielmehr um e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Kommunikationsprozess zwischen<br />

Vorstand und Führungskraft.<br />

Dies gilt umso mehr, als <strong>in</strong> den<br />

meisten Organisationen e<strong>in</strong>es immer<br />

noch Bestand hat: Zur Führungskraft<br />

wird man, weil man<br />

e<strong>in</strong> guter Manager ist, se<strong>in</strong>e Ziele<br />

erreicht. E<strong>in</strong>e nur untergeordnete<br />

Rolle spielen kommunikative o<strong>der</strong><br />

gar soziale Skills. Dies ist gar ke<strong>in</strong><br />

Vorwurf an die Führungskräfte,<br />

denn noch e<strong>in</strong>e Praxiserfahrung<br />

gilt fast überall: Führungskräfte<br />

werden nicht <strong>in</strong> ihrer <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong>-<br />

Rolle unterstützt. Natürlich gibt es<br />

mittlerweile unendlich viele Sem<strong>in</strong>are<br />

über Führung, den Umgang<br />

mit Konflikten und Themen wie<br />

„Verän<strong>der</strong>ungen leicht gemacht“.<br />

Viel Theorie, aber wenig E<strong>in</strong>fluss<br />

auf die Praxis. Denn man muss<br />

sich vor Augen führen, was hier<br />

passiert: Die Führungskräfteveranstaltung<br />

f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>mal im Jahr<br />

als Ansage statt. Die Basispräsentation<br />

wird mit umfassen<strong>der</strong> Tonspur<br />

und Befehl zur Kommunikation<br />

verschickt. Und weil man den<br />

Führungskräften dann vielleicht<br />

doch nicht ganz vertraut, legt man<br />

weitere kommunikative Bypässe,<br />

um die Führungskaskade zu umgehen.<br />

Sem<strong>in</strong>arpflicht und wortreiche<br />

PowerPo<strong>in</strong>t-Präsentation s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong><br />

Zeichen von Wertschätzung. Die<br />

Zeit, die sich die Unternehmensleitung<br />

eigentlich für ihre wichtigsten<br />

Mitarbeiter nehmen sollte,<br />

wird an an<strong>der</strong>e delegiert. Die Rolle<br />

<strong>der</strong> Führungskraft wird entwertet,<br />

es folgt die Sprachlosigkeit und im<br />

schlimmsten Fall die Solidarisierung<br />

<strong>der</strong> Führungskraft mit den<br />

Beschäftigten im Wi<strong>der</strong>stand gegen<br />

den Wandel und gegen „die da<br />

oben“. Dabei könnte es e<strong>in</strong>facher<br />

und effizienter gehen: Die Zeit,<br />

die sich das Topmanagement mit<br />

se<strong>in</strong>en Führungskräften nimmt,<br />

werden sich die Führungskräfte<br />

nehmen, um mit ihren Mitarbeitern<br />

zu sprechen.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund, dass<br />

Unternehmen sich heute <strong>in</strong> Krisen-<br />

wie <strong>in</strong> Wachstumsphasen stetig<br />

verän<strong>der</strong>n, reicht es nicht aus,<br />

Change als Prozess zu erlernen.<br />

In den Unternehmen geht es um<br />

viel mehr. <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> muss aktiv<br />

unterstützt werden. In e<strong>in</strong>em ersten<br />

Schritt bedeutet das: Führung<br />

muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unternehmenskultur<br />

16<br />

KOMMUNIKATIONSKONGRESS SPEZIAL


LEADERSHIP IN DER VERÄNDERUNG<br />

ZITAT<br />

„Die Allianz zwischen HR und Unternehmenskommunikation funktioniert nur selten.<br />

Friktionen s<strong>in</strong>d an <strong>der</strong> Tagesordnung. Statt e<strong>in</strong> konstruktives Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu organisieren,<br />

verschleißen beide Ressorts ihre Kräfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fruchtlosen und noch dazu von<br />

gegenseitiger Ger<strong>in</strong>gschätzung geprägten Wettbewerb um Zuständigkeiten.“<br />

e<strong>in</strong>e neue Wertschätzung erfahren.<br />

Die Herausfor<strong>der</strong>ungen und<br />

Schwierigkeiten <strong>der</strong> Führungsrollen<br />

müssen ernst genommen und<br />

unterstützt werden. Und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

zweiten Schritt ist die Offenheit <strong>der</strong><br />

Unternehmensleitung gefor<strong>der</strong>t:<br />

Es braucht neue Schulungs- und<br />

Entwicklungsformate: Die Treiber<br />

und Multiplikatoren des Change,<br />

wie Führungskräfte gern genannt<br />

werden, müssen den Change diskutieren,<br />

erleben und fühlen – durch<br />

professionelle Qualifizierung, <strong>in</strong>dividuelles<br />

Coach<strong>in</strong>g, situatives<br />

Sparr<strong>in</strong>g.<br />

Und es braucht e<strong>in</strong>e neue Form<br />

des Dialogs. Es bedarf neuer Formate,<br />

die es <strong>der</strong> Führungskraft<br />

ermöglichen, die Verän<strong>der</strong>ung im<br />

Dialog mit den Mitarbeitern zu<br />

erklären. Dabei ist jedoch we<strong>der</strong><br />

die frontale Folienschlacht geme<strong>in</strong>t<br />

noch <strong>der</strong> pseudo-partizipative<br />

Workshop, <strong>der</strong> Ergebnisoffenheit<br />

suggeriert. Es geht um Formate mit<br />

<strong>in</strong>telligenter Didaktik: Sie schaffen<br />

Nachvollziehbarkeit, wo es darum<br />

geht, getroffene Entscheidungen zu<br />

verstehen. Sie stoßen e<strong>in</strong>e offene<br />

Diskussion an, wo es wichtig ist, die<br />

Verän<strong>der</strong>ung für den geme<strong>in</strong>samen<br />

Wirkungsbereich zu konkretisieren.<br />

Diese Formate unterstützen und<br />

stärken die Führungskraft <strong>in</strong> ihrer<br />

Rolle als Erklärer und Mo<strong>der</strong>ator<br />

des Verän<strong>der</strong>ungsprozesses.<br />

These 6<br />

Die alten Fe<strong>in</strong>dschaften<br />

gehören beendet<br />

– <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> braucht das<br />

Zusammenspiel von HR<br />

und Kommunikation<br />

Im Grunde geht es also um nichts<br />

an<strong>der</strong>es als darum, e<strong>in</strong> transformationales<br />

Führungsverständnis <strong>zum</strong><br />

festen Bestandteil von Kommunikations-,<br />

Schulungs-, Entwicklungs-<br />

und Feedbackprozessen zu<br />

machen. Oftmals s<strong>in</strong>d Organisationen<br />

hierfür jedoch nicht aufgestellt,<br />

weil die Kompetenzen von HR und<br />

Kommunikation nicht koord<strong>in</strong>iert<br />

s<strong>in</strong>d. Der Erfolg o<strong>der</strong> Misserfolg<br />

von <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />

hängt ganz wesentlich von <strong>der</strong> „Koalitionsfähigkeit“<br />

gerade dieser beiden<br />

Zentralbereiche ab. Hier s<strong>in</strong>d<br />

die entscheidenden Kenntnisse,<br />

Erfahrungen und Fertigkeiten versammelt,<br />

die erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, um<br />

im Unternehmen Akzeptanz und<br />

nachhaltige Unterstützung für den<br />

Change zu sichern.<br />

Der Alltag im Unternehmen<br />

sieht aber häufig an<strong>der</strong>s aus. Die<br />

Allianz zwischen HR und Unternehmenskommunikation<br />

funktioniert<br />

nur selten. Friktionen s<strong>in</strong>d<br />

an <strong>der</strong> Tagesordnung. Statt e<strong>in</strong> konstruktives<br />

Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu organisieren,<br />

verschleißen beide Ressorts<br />

ihre Kräfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fruchtlosen<br />

und noch dazu von gegenseitiger<br />

Ger<strong>in</strong>gschätzung geprägten Wettbewerb<br />

um Zuständigkeiten. Damit<br />

aber verwirken sie die Chance auf<br />

e<strong>in</strong>e prozessgestaltende Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ungssituation. Stattdessen<br />

werden HR und Kommunikation<br />

von <strong>der</strong> (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel beim Topmanagement<br />

und <strong>der</strong> externen Unternehmensberatung<br />

angesiedelten)<br />

Projektleitung lediglich <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>strumentellen<br />

Funktion „h<strong>in</strong>zugerufen“,<br />

ohne dass man ihnen jedoch<br />

orig<strong>in</strong>äre Gestaltungskompetenz im<br />

Change-Prozess zuschreibt.<br />

HR und Kommunikation müssen<br />

ihre Rolle im Zusammenspiel<br />

neu def<strong>in</strong>ieren. Beide müssen stärker<br />

gestalten und dürfen sich nicht<br />

mehr h<strong>in</strong>ter ihren Methoden bzw.<br />

ihren Informationskanälen verstecken.<br />

HR muss ihr Wissen zu<br />

Denk- und Handlungsmustern<br />

im Unternehmen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und<br />

Kommunikation muss stärker<br />

<strong>in</strong>haltlich arbeiten und weniger<br />

journalistisch agieren. In diesem<br />

neuen pro-aktiven Rollenverständnis<br />

muss das Kommunikationsressort<br />

bestärkt und gefor<strong>der</strong>t<br />

werden, auch und gerade durch die<br />

Kollegen von HR. Gleichzeitig steht<br />

es <strong>der</strong> Unternehmenskommunikation<br />

gut an, die Ger<strong>in</strong>gschätzung<br />

abzulegen, mit <strong>der</strong> sie häufig den<br />

Change-Bemühungen <strong>der</strong> HR-Kollegen<br />

begegnet. Deren methodische<br />

Erfahrungen und erprobte Formate<br />

s<strong>in</strong>d nämlich unverzichtbar, wenn<br />

es darum geht, die Technokraten<br />

aus allen Führungsriegen für die<br />

Kommunikation im Verän<strong>der</strong>ungsprozess<br />

zu tra<strong>in</strong>ieren. Schließlich<br />

gehören diese Fertigkeiten nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt <strong>zum</strong> typischen Rollenverständnis<br />

deutscher Ingenieure.<br />

Im Gegenzug müssen sich die Personalverantwortlichen<br />

von ihrem<br />

Alle<strong>in</strong>vertretungsanspruch lösen.<br />

Ihre unbestrittene didaktische<br />

Kompetenz muss, um Verständnis<br />

und Akzeptanz sicherzustellen,<br />

durch <strong>in</strong>haltliche Substanz fundiert<br />

werden. <strong>Lea<strong>der</strong>ship</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung ist e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Aufgabe.<br />

Je komplexer die Unternehmenswelt<br />

wird, desto schwieriger<br />

ist es, Entscheidungen zu vermitteln<br />

und Verän<strong>der</strong>ungen erfolgreich<br />

umzusetzen. Führungsarbeit<br />

im Alltag ist jeden Tag e<strong>in</strong>e neue<br />

Aufgabe, die von den leitenden Mitarbeitern<br />

gemeistert werden muss.<br />

In <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung wird sie zur<br />

Mammutaufgabe. Die Kompetenzen,<br />

die dann gefragt s<strong>in</strong>d, liegen<br />

nicht <strong>in</strong> den Genen und können<br />

auch nicht auf Knopfdruck je<strong>der</strong>zeit<br />

aktiviert werden. Diese Kompetenzen<br />

müssen tief <strong>in</strong> <strong>der</strong> Führungskultur<br />

verwurzelt se<strong>in</strong>. Sie müssen<br />

von <strong>der</strong> Unternehmensführung<br />

geför<strong>der</strong>t und gefor<strong>der</strong>t werden.<br />

In <strong>der</strong> Kommunikation müssen sie<br />

gelebt werden – mit neuen Inhalten,<br />

starker Verpflichtung und echtem<br />

Dialog.<br />

SUSANNE ARNDT<br />

Susanne Arndt ist Manag<strong>in</strong>g Director<br />

bei Deekel<strong>in</strong>g Arndt Advisors <strong>in</strong><br />

Communications und leitet den<br />

Standort Frankfurt. Weitere Informationen<br />

unter www.deekel<strong>in</strong>g-arndt.de<br />

EGBERT DEEKELING<br />

Egbert Deekel<strong>in</strong>g ist Manag<strong>in</strong>g Partner<br />

bei Deekel<strong>in</strong>g Arndt Advisors. Der<br />

Unternehmensgrün<strong>der</strong> zählt zu den<br />

führenden Experten für Change Communications<br />

<strong>in</strong> Deutschland. Der<br />

Diplom-Soziologe war Geschäftsführer<br />

bei ABC/EUROCOM. 1995 gründete er<br />

Deekel<strong>in</strong>g & Fiebig und entwickelte<br />

die Agentur zur Kommunikationsberatung<br />

Deekel<strong>in</strong>g Arndt Advisors.<br />

LEADERSHIP KOMPENDIUM<br />

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