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Gedanken für die Erwachsenen<br />
Marion Küstenmacher,<br />
Religionspädagogin, Buchautorin,<br />
Gröbenzell<br />
Autorin<br />
Albert Biesinger, Professor für Religionspädagogik,<br />
Universität<br />
Tübingen, renommierter<br />
Autor zahlreicher religionspädagogischer<br />
Werke<br />
Autor<br />
Die Liebe ist unser Element<br />
Die Liebe Gottes ist unserer eigentliches Element, genauso wie es für den Fisch das Wasser ist. Meister<br />
Eckart, der größte deutsche Mystiker, fand dafür einen Vergleich, der auch mit Fischfang zu tun hat. Bei<br />
ihm werden die Fische aber nicht mit dem Fischernetz gefangen, sondern mit einer Angel. Wenn Angler<br />
sich einen guten Fang wünschen, dann rufen sie nach altem Brauch einander „Petri Heil!“ zu. Sie hoffen<br />
damit auf einen ebenso reichen Fang wie einst Petrus, als er sein Netz voller Fische hatte. Genauso hofft<br />
Gott auf einen reichen Fang unter den Menschen. Allerdings angelt Gott nach uns mit einer ganz besonderen<br />
Angelrute, der Liebe. Gott wirft seine verlockende Liebe in den Fluss unseres Lebens, genau wie<br />
ein Angler das mit seiner Angelrute macht. Und dann wartet Gott geduldig darauf, dass wir bei seiner<br />
Liebe „anbeißen“. Wer das erlebt, dem geht es ähnlich wie einem Fisch an der Angel: „Mag er sich noch<br />
so hin und her wenden“ – er kommt einfach nicht mehr los. Gott hat sich uns geangelt! Wer sich in Gott<br />
verliebt hat, der hängt ganz fest an der Angelschnur der Liebe. Meister Eckart sagt: „Nichts macht dich<br />
Gott so zu eigen, noch dir Gott so zu eigen wie dieses süße Band. Wer diesen Weg gefunden hat, der<br />
suche keinen anderen.“<br />
Bitter für einen Fischer …<br />
Albert Biesinger<br />
Bitter ist es für einen Fischer, wenn er<br />
eine ganze Nacht auf dem Wasser ist<br />
und keine Fische im Netz mit nach Hause<br />
nehmen kann.<br />
Wenn Jesus das Bild vom reichen Fischfang<br />
wählt, dann meint er: Ihr seid<br />
eingeladen zum Leben, ihr müsst nicht<br />
hungern. Es geht um das Leben im Be-<br />
Reich Gottes.<br />
Das wahre Leben ist aber nicht nur<br />
Essen und Trinken. Das Leben in seinem<br />
tieferen Sinne ist Gemeinschaft<br />
der Menschen untereinander. Nicht<br />
isoliert, einsam vor sich hinvegetieren<br />
müssen, sondern gemeinsam auf dem<br />
Weg zu sein zum großen Ziel unseres<br />
Lebens.<br />
Dieses Bild vom reichen Fischfang birgt<br />
die große Vision in sich: Ihr gehört zu<br />
Gott, zum Be-Reich Gottes und nicht<br />
zum Be-Reich der Zerstörung, und ihr<br />
gehört auch nicht zum Be-Reich des<br />
ewigen Todes.<br />
Will man dieses Bild in seiner Geheimnishaftigkeit<br />
verstehen, dann geht es<br />
um Leben über den Tod hinaus – in der<br />
Gemeinschaft mit Gott.<br />
Beruf: Menschenfischer<br />
Genau das ist ein paar Fischern vor zweitausend Jahren passiert, als sie Jesus aus Nazareth trafen. Er verkörperte<br />
Gottes Liebe so sehr, dass sie alle an ihr hängen blieben. Aus<br />
Fischern wurden Jünger, aus dem Fischer Simon der Menschenfischer<br />
Petrus. Auf diesen seltsamen Beruf „Menschenfischer“ hat Jesus das Copyright,<br />
er hat ihn erfunden. Ein Menschenfischer muss selbst Gott ins<br />
Netz der Liebe gegangen sein und wissen, wie man zu seiner eigenen<br />
seelischen Tiefe und Fülle kommen kann. Ein Menschenfischer kennt die<br />
guten „Fanggründe“ in der Seele. Er kann ihre Schätze an Land ziehen<br />
und auch anderen Menschen helfen, in ihrem Inneren den sensationellen<br />
Fang der Gottesliebe zu machen.<br />
Die Botschaft des Fischerrings<br />
Wer das kann, ist in Jesu Augen ein Menschenfischer, eine geistliche<br />
Führungspersönlichkeit, zu der auch Simon Petrus heranreifte. Jeder<br />
neue Papst steht vor der gleichen Aufgabe wie der Apostel Petrus, der<br />
Patron aller Fischer und Angler. Als Nachfolger Petri bekommt der Papst<br />
darum seit Jahrhunderten einen goldenen Fischerring (lateinisch: anulus<br />
piscatoris), auf dem Petrus zu sehen ist, wie er das volle Fischernetz<br />
in sein Boot zieht. Diesen Ring trägt der Papst vom ersten Augenblick<br />
seines Pontifikats bis zu seinem letzten Atemzug. Da ist sie wieder, im<br />
Fischerring, die Urerinnerung an die Tiefe in der Seele des Menschen<br />
und die Chance, aus dieser Tiefe Leben in Fülle zu gewinnen. Das ist das<br />
Vermächtnis des Petrus, der diese Erfahrung mit Hilfe von Jesus machen<br />
durfte. Und das ist auch der Auftrag des Papstes. Denn ein guter Papst<br />
wird immer in erster Linie ein Menschenfischer sein, der mit seiner Liebe<br />
zu Gott dafür sorgt, dass sich auf der ganzen Welt Menschen ins Netz der<br />
Gottesliebe ziehen lassen.<br />
<br />
Bei manchen Mystikern findet sich diese frühe Vorstellung<br />
wieder, so zum Beispiel bei Mechthild von Magdeburg (um<br />
1207-1282):<br />
Der Fisch kann im Wasser nicht ertrinken …<br />
Gott hat allen Geschöpfen und Dingen das gegeben,<br />
dass sie ihrer eigenen Natur entsprechend leben können.<br />
Und meine Natur ist es, dass ich mich auf Gott zubewege.