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Auszug der Ausgabe Juli / August 2012 - Deutscher Marinebund

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Heft 7-8/<strong>2012</strong><br />

ISSN: 1432-9069<br />

Magazin des größten deutschen maritimen Interessenverbandes


MENSCH − SCHIFFFAHRT − MEER<br />

DEUTSCHER MARINEBUND<br />

24/7 auf Station<br />

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Der Deutsche <strong>Marinebund</strong> steht für alle,<br />

für die Seefahrt mehr als nur ein Job ist!<br />

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Deutschland för<strong>der</strong>n, Infos aus erster Hand<br />

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Als Mitglied im Deutschen <strong>Marinebund</strong> e.V. haben Sie nicht nur freien Eintritt<br />

in das Marine-Ehrenmal in Laboe und das Technische Museum U995.<br />

Sie leisten einen aktiven Beitrag zur Erhaltung des Marine-Ehrenmals!<br />

Der Deutsche <strong>Marinebund</strong> e.V. steht allen maritim interessierten Menschen<br />

offen. Bundesweite Glie<strong>der</strong>ungen und Jugendarbeit bilden unser Netzwerk.<br />

Aktuelles aus <strong>der</strong> maritimen Szene<br />

Erfahren Sie mehr über maritimes Geschehen in Deutschland und <strong>der</strong> Welt.<br />

Wir informieren über Seefahrt, Deutsche Marine und über unsere<br />

angehörigen Vereine.<br />

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vom Deutschen <strong>Marinebund</strong>.


Editorial/Inhalt<br />

Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

ein Schwerpunkt in diesem Heft ist <strong>der</strong> Abgeordneten-Tag<br />

<strong>2012</strong> in Lahnstein.<br />

Es war wie<strong>der</strong> einmal beeindruckend zu erleben,<br />

wie sehr die große Familie „<strong>Deutscher</strong><br />

<strong>Marinebund</strong>“ zusammensteht, wenn es um die<br />

Zukunftssicherung des Dachverbandes geht.<br />

Im Vorfeld wurde das Vorhaben <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

DMB 2020 bei zahlreichen Kameradinnen<br />

und Kameraden sehr kritisch gesehen.<br />

Gibt es überhaupt eine Chance zur Erneuerung des<br />

DMB, sind die Kosten für das Projekt nicht zu hoch, brauchen<br />

wir eine Firma wie das Institut für Systemische Organisationsentwicklung<br />

(ISO), die uns auf diesem Weg begleitet?<br />

Burkard Severin vom ISO hat in Lahnstein Klartext gesprochen.<br />

ISO kann nur helfen, die richtige Methode, den rechten<br />

Kurs zu finden. Es braucht eine Aufbruchstimmung im<br />

Deutschen <strong>Marinebund</strong>! Werben Sie zu Hause in Ihrem Verein,<br />

Ihrer Kameradschaft für die Neuausrichtung <strong>der</strong> größten<br />

maritimen Interessenvertretung Deutschlands. Wir wollen<br />

Sie alle gerne mitnehmen auf eine Reise zu neuen Ufern.<br />

Um es Ihnen leichter zu machen, wird die AG DMB 2020 in<br />

Inhalt<br />

den nächsten Monaten zahlreiche Aktivitäten<br />

starten. Beginnen soll es mit einem Fotowettbewerb,<br />

einer Mitglie<strong>der</strong>werbe-Aktion u.v.m. Gesucht<br />

wird ein Slogan, <strong>der</strong> deutlich macht, für<br />

was <strong>der</strong> DMB steht. Unter das Motto Mensch –<br />

Schifffahrt – Meer passt eine ganze Palette von<br />

Menschen und Maßnahmen, für die sich <strong>der</strong><br />

DMB künftig einbringen wird und die – hoffentlich<br />

– viele Menschen anregen wird, Mitglied<br />

im DMB zu werden.<br />

Wir erweitern also unser Spektrum, bleiben aber unseren<br />

älteren Kameraden und <strong>der</strong> Deutschen Marine treu. Dies belegt<br />

die Festrede von Konteradmiral Heinrich Lange in diesem<br />

Heft, die eine Standortbestimmung und einen Blick in<br />

die Zukunft <strong>der</strong> Marine liefert.<br />

Beim Lesen dieses Heftes wünsche ich Ihnen viel Vergnügen<br />

– und geben Sie es doch einfach in <strong>der</strong> Familie, an Ihre Enkel<br />

o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> weiter.<br />

Werner Schiebert, Chefredakteur<br />

DMB-Präsident Karl Heid bedankt<br />

sich beim Oberbürgermeister <strong>der</strong><br />

Stadt Lahnstein, Peter Labonte.<br />

4 -I- 9 22<br />

Konteradmiral Heinrich Lange, Stv.<br />

des Inspekteurs <strong>der</strong> Marine, spricht<br />

beim 102. AO-Tag in Lahnstein.<br />

Ein neues Tiefseeforschungsschiff wird<br />

gebaut. Es soll das 1969 gefertigte<br />

Forschungsschiff SONNE ersetzen.<br />

23<br />

Der Historiker des DMB, Dr. Jann M.<br />

Witt, und eine Ehrenformation auf dem<br />

Kieler Nordfriedhof gedenken <strong>der</strong> NIOBE.<br />

Deutsche Marine<br />

Kleiner – aber politisch relevant 9<br />

Konteradmiral Heinrich Lange über die Deutsche Marine<br />

Fregatte BAYERN: Flaggschiff SNMG 2 13<br />

EGV BERLIN zurück im Heimathafen 13<br />

Absolut vielseitig 14<br />

Fünf Monate EAV <strong>2012</strong><br />

Ein bunter Vogel 16<br />

Sea King Mk 41 mit Son<strong>der</strong>lackierung<br />

GEPARD und HERMELIN im Unifil-Einsatz 17<br />

Die GORCH FOCK wird flott gemacht 17<br />

Maritimes<br />

Hamburg–Hongkong mit <strong>der</strong> CMA CGM VELA 18<br />

Piraterie am Horn von Afrika 24<br />

Besserer Schutz gegen Piraten 25<br />

Abschied von Wind und Muskeln 30<br />

Navy News<br />

Landhelgisgæslan – Islands Küstenwache 26<br />

Geschichte<br />

Vor 80 Jahren – Der Untergang <strong>der</strong> NIOBE 32<br />

Geschichte <strong>der</strong> Seestreitkräfte <strong>der</strong> DDR – Teil 5 34<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong><br />

DMB-Flagge auf dem Hexenturm 4<br />

102. Abgeordneten-Tag in Lahnstein<br />

Rubriken<br />

Schiff des Monats – HARRO KÖBKE 19<br />

Nachrichten aus <strong>der</strong> Seefahrt 21<br />

Nachrichten <strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong> 38<br />

Bücherschapp 49<br />

Rätsel/Impressum 50<br />

Titelbild: Blick vom Turm des Marine-Ehrenmals in Laboe auf den Ort und die Kieler Förde; Foto: Matthias Faermann<br />

Fotos oben: v.l. Dana Krämer, Michael Baumann, Meyer Werft, PIZ Marine<br />

Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong> 3


<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong><br />

DMB-Flagge auf dem Hexenturm<br />

102. Abgeordneten-Tag des DMB in Lahnstein<br />

Werner Schiebert<br />

Zum dritten Mal nach 1979 und 1987 war<br />

Lahnstein, gelegen am Zusammenfluss<br />

von Rhein und Lahn, an den Grenzen zu<br />

Westerwald und Taunus, zwischen Mittelrhein<br />

und Nassauer Land, das Ziel von Marinekameradinnen<br />

und -kameraden aus ganz<br />

Deutschland.<br />

Der Präsident des Deutschen <strong>Marinebund</strong>es<br />

Karl Heid hatte zum 102. Abgeordnetentag<br />

geladen, und mehr als 200<br />

Delegierte machten sich auf den Weg an<br />

die Lahn, um über den künftigen Kurs<br />

und die Ziele des größten deutschen maritimen<br />

Interessenverbandes zu diskutieren<br />

und gemeinsam Entscheidungen zu<br />

treffen.<br />

Das Team um den langjährigen Vorsitzenden<br />

<strong>der</strong> MK „Admiral Mischke“ Lahnstein,<br />

Horst Döring, hatte keine Mühen gescheut,<br />

den Teilnehmern, aber auch den sogenannten<br />

„Schlachtenbummlern“, ein perfektes<br />

und interessantes Programm zu bieten.<br />

In diesem Jahr hielt sich die Zahl <strong>der</strong> Anträge<br />

in Grenzen, sodass Zeit blieb für intensive<br />

Aussprachen und für grundsätzliche<br />

Überlegungen. Natürlich war <strong>der</strong> Schwerpunkt<br />

<strong>der</strong> Arbeit in Lahnstein die Präsentation<br />

und die Diskussion des Entwicklungskonzepts<br />

<strong>der</strong> Arbeitsgruppe DMB 2020 unter<br />

Anleitung des Instituts für Systemische<br />

Organisationsentwicklung (ISO). „Leinen<br />

los!“ hatte im Vorfeld <strong>der</strong> Tagung in drei<br />

<strong>Ausgabe</strong>n ausführlich über das Projekt berichtet.<br />

Aber <strong>der</strong> Reihe nach: Im Unterschied<br />

zu den Treffen in größeren Städten Süddeutschlands,<br />

wo Politik und Gesellschaft<br />

dem DMB und seinen Mitglie<strong>der</strong>n eher weniger<br />

Aufmerksamkeit schenken, merkten<br />

die Gäste in Lahnstein, dass die MK in diesem<br />

Ort ein unverzichtbarer Teil des Vereinslebens<br />

darstellt und stets präsent ist und<br />

war, wenn es darum geht, soziale Projekte<br />

zu för<strong>der</strong>n und mitzuhelfen, wenn Not am<br />

Mann ist.<br />

Schon am Freitag, beim Empfang durch<br />

den Lahnsteiner Oberbürgermeister Peter<br />

Labonte in <strong>der</strong> – ein bisschen verrückt anmutenden<br />

– Stadthalle merkten die Kameradinnen<br />

und Kameraden, dass sie herzlich<br />

willkommen sind. Auch bei <strong>der</strong> Begrüßung<br />

war deutlich zu hören, dass sich <strong>der</strong> Oberbürgermeister<br />

mit maritimen Fragen und<br />

dem DMB beschäftigt hat, ist er doch selbst<br />

schon zehn Jahre Mitglied in <strong>der</strong> MK und<br />

im DMB.<br />

Im Anschluss an die fulminante Rede Peter<br />

Labontes richtete <strong>der</strong> gebürtige Lahnsteiner,<br />

Staatsminister im Ministerium des Innern,<br />

für Sport und Infrastruktur Roger Lewentz,<br />

herzliche Worte an die versammelten<br />

DMB-Mitglie<strong>der</strong>. Karl Heid bedankte sich<br />

im Namen <strong>der</strong> Anwesenden für das freundliche<br />

Willkommen und nutzte die Zeit vor<br />

<strong>der</strong> Abfahrt zum Begrüßungsabend für einen<br />

Rees an Backbord mit den örtlichen Honoratioren.<br />

Im bis auf den letzten Platz gefüllten<br />

Pfarrzentrum wurden Speisen und Getränke<br />

zu kleinen Preisen angeboten. Als Überraschungsgast<br />

trat gleich zu Anfang <strong>der</strong> Fanfarenzug<br />

Lahnstein auf. Diese Musiker sind<br />

<strong>Deutscher</strong> Meister in den Disziplinen „Na-<br />

OB Peter Labonte begrüßt die Gäste<br />

Foto: Michael Baumann<br />

turton traditionell“ und „Naturton erweitert“.<br />

Sie zeigten für eine knappe halbe Stunde,<br />

dass sie mit das Beste sind, was zurzeit im<br />

Spielmannswesen auf die Bühne gebracht<br />

werden kann.<br />

Das Programm des ersten Abends, <strong>der</strong><br />

vordringlich dazu dient, Freundschaften<br />

zu vertiefen o<strong>der</strong> neue zu schließen, war<br />

überschaubar. Neben dem Fanfarenzug<br />

zeigte sich ganz kurz <strong>der</strong> Shanty-Chor <strong>der</strong><br />

MK und brachte die Gäste in gute maritime<br />

Stimmung.<br />

Am nächsten Morgen begrüßte <strong>der</strong> Präsident<br />

die Teilnehmer und die Ehrengäste,<br />

u.a. OB Peter Labonte, den Präsidenten des<br />

Landtags Rheinland-Pfalz Joachim Mertes,<br />

den Stv. Inspekteur <strong>der</strong> Marine, Konteradmiral<br />

Heinrich Lange, und Martin Michels,<br />

Vertreter des Deutschen Bundeswehrverbands<br />

im Hotel Grand City Best Western<br />

Lahnstein Koblenz.<br />

Von den Ehrenmitglie<strong>der</strong>n des DMB waren<br />

Hannes Buchmann und Rolf Behrens<br />

nach Lahnstein gereist. Auch ihnen galt ein<br />

ganz beson<strong>der</strong>er Willkommensgruß. Danach<br />

hatte Horst Döring das Wort, <strong>der</strong> sich<br />

– wie immer – kurz fasste und die Delegierten<br />

des „Blauen Parlaments“ ebenfalls sehr<br />

herzlich willkommen hieß. OB und Landtagspräsident<br />

richteten nun launige Worte<br />

an die Abgeordneten und wünschten <strong>der</strong> Tagung<br />

einen guten Verlauf.<br />

Den folgenden Festvortrag, gehalten von<br />

Admiral Lange, können Sie auf den nächsten<br />

Seiten lesen.<br />

Die Ehrengäste wurden verabschiedet,<br />

die eigentliche Arbeit <strong>der</strong> Kameradinnen<br />

und Kameraden konnte beginnen. Insgesamt<br />

waren 55,32 % <strong>der</strong> angeschlossenen<br />

Vereine und 61,11 % <strong>der</strong> Stimmen in Lahnstein<br />

vertreten. Präsident Karl Heid eröffnete<br />

den 102. Abgeordneten-Tag des DMB,<br />

als Versammlungsleiter wurde – wie<strong>der</strong> einmal<br />

– Vizepräsident Hans Ulrich Staiger gewählt,<br />

die Tagesordnung wurde genehmigt<br />

4 Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong>


Xxxxxx Xxxxx<br />

und Albert Rohde, Bundesgeschäftsführer<br />

des DMB, nahm die Totenehrung vor. Anschließend<br />

wurden verdiente Kameraden<br />

des DMB durch den Präsidenten mit <strong>der</strong><br />

Verdienstnadel in Gold ausgezeichnet.<br />

Die Berichte des Präsidenten und des<br />

Bundesschatzmeisters Bodo Menzner<br />

schlossen sich an.<br />

Karl Heid beschrieb die reichhaltige Palette<br />

<strong>der</strong> Projekte, an denen die Verantwortlichen<br />

des Dachverbandes zurzeit arbeiten.<br />

Auf dem Programm steht u.a. die Errichtung<br />

eines Jugenddorfes, ein Plan, <strong>der</strong> aber wohl<br />

nur mittelfristig durchsetzbar ist, da es sich<br />

laut Aussage <strong>der</strong> zuständigen Baubehörde<br />

beim Gelände hinter <strong>der</strong> Historischen Halle<br />

um „Geschützte Natur“ handle. Da die Gemeinde<br />

Laboe ihre Unterstützung signalisiert<br />

hat, wird das Vorhaben weiter verfolgt.<br />

Der Bau des Gästehauses, <strong>der</strong> in Freiburg<br />

beschlossen wurde, soll im September beginnen<br />

und Ende März 2013 abgeschlossen<br />

sein. Allerdings waren beim AO-Tag bzw. bei<br />

Redaktionsschluss noch nicht alle Grundschulden<br />

durch die Hausbank bewilligt. Es<br />

gab aber positive Signale. An<strong>der</strong>s als geplant,<br />

wird das Restaurant „Heimathafen“ – so die<br />

neue Bezeichnung – vorerst nicht erweitert.<br />

Zu hoch schienen den Verantwortlichen die<br />

Kosten, zu groß das damit verbundene Risiko.<br />

Aber, aufgeschoben ist nicht aufgehoben.<br />

Die Einrichtung, <strong>der</strong> Fußboden und die<br />

Decke des Restaurants werden auf jeden Fall<br />

mo<strong>der</strong>nisiert. Ein Aufzug, <strong>der</strong> vom Keller bis<br />

in den zweiten Stock führt, sowie die Vergrößerung<br />

<strong>der</strong> Toilettenanlage inkl. eines<br />

WCs für Behin<strong>der</strong>te ist ebenfalls beschlossene<br />

Sache.<br />

Des Weiteren wurden die Abgeordneten<br />

über den Fortgang <strong>der</strong> Arbeiten bei <strong>der</strong> Sanierung<br />

<strong>der</strong> Decke in <strong>der</strong> Gedenkhalle des<br />

MEM und die damit verbundenen Kosten<br />

unterrichtet.<br />

Kurz wurde auf die Gründung <strong>der</strong> „Deutschen<br />

Maritimen Akademie/DMA“ eingegangen,<br />

für die es durch die zuständigen Behörden<br />

nun endlich „grünes Licht“ gab. Der<br />

offizielle Startschuss für die DMA ist für Anfang<br />

September im Rahmen eines Festakts<br />

geplant.<br />

Ein Vorhaben, das dem Präsidenten beson<strong>der</strong>s<br />

am Herzen lag, ist die Gründung<br />

<strong>der</strong> „Deutschen Maritimen Vereinigung/<br />

DMV“, die die Zielgerade erreicht hat. Hier<br />

müssen aber zukünftige Partner noch das<br />

Plazet ihrer jeweiligen Delegierten bei den<br />

anstehenden Jahreshauptversammlungen<br />

einholen, damit dieser neue Spitzenverband<br />

im Vereinsregister eingetragen werden<br />

kann. Zunächst wird die DMV als Ar-<br />

Von links: Peter Labonte, Karl Heid, Horst Döring, Robert Mischke, Roger Lewentz<br />

Volles Haus beim Begrüßungsabend im Pfarrzentrum<br />

Gute Laune an <strong>der</strong> Präsidentenback<br />

Der Fanfarenzug Lahnstein in Aktion<br />

Fotos: Michael Baumann<br />

Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong> 5


<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong><br />

Fotos: Michael Baumann<br />

Der Shanty-Chor, die Rhein-Lahn-Nixe Sabrina II und <strong>der</strong> Musikverein Holler beim Jubiläumskonzert<br />

Foto: Dana Krämer<br />

Fotos: Michael Baumann<br />

Horst Döring mit den Ehrengästen, darunter Frau Labonte<br />

Der Präsident begrüßt die Ehrengäste und die Delegierten<br />

Blick auf die Ehrengäste<br />

beitskreis eingerichtet. Die Mitwirkenden<br />

sollen in den nächsten Wochen und Monaten<br />

alle Hürden aus dem Weg räumen und<br />

letztendlich dafür sorgen, dass zukünftig die<br />

maritimen Verbände mit einer Stimme sprechen<br />

und ein stärkeres Gewicht in <strong>der</strong> politischen<br />

Landschaft Deutschlands bekommen.<br />

Große Sorgen machen dem Präsidenten<br />

nach wie vor die Mitglie<strong>der</strong>entwicklung<br />

und <strong>der</strong> Altersdurchschnitt <strong>der</strong> DMB-Mitglie<strong>der</strong>.<br />

„Hier setze ich große Hoffnung auf<br />

die Arbeit <strong>der</strong> Gruppe DMB 2020“, so Heid<br />

am Schluss seiner Ausführungen.<br />

Bodo Menzner konnte den Delegierten<br />

berichten, dass das Ergebnis des Geschäftsjahres<br />

2011 besser als erwartet abgeschlossen<br />

wurde. Er beschrieb die Tendenzen und<br />

Strömungen bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Erträge<br />

und Aufwendungen sowie bei <strong>der</strong> Vermögens-<br />

und Finanzlage. Anschließend erläuterte<br />

er den Haushaltsplan für das Jahr <strong>2012</strong><br />

und den Kosten- und Finanzierungsplan für<br />

die vom Präsidenten angesprochenen Baumaßnahmen.<br />

Details können im aktuellen<br />

Geschäftsbericht des DMB nachgelesen<br />

werden.<br />

Menzner sprach auch die nicht befriedigende<br />

Entwicklung im Hotel- und Gastronomiebereich<br />

in Laboe an. 2011 endete<br />

für die Maritime Servicegesellschaft mbH<br />

mit einem „blauen Auge“. Grund dafür war<br />

wohl im gesamten Küstenbereich die verregnete<br />

Hauptsaison, in <strong>der</strong> viele Gäste an<br />

Nord- und Ostsee vorzeitig vor <strong>der</strong> Kälte und<br />

dem Regen nach Hause flohen. Aber auch<br />

Image und Ambiente des Hauses müssten,<br />

so Menzner, dringend verbessert werden.<br />

Vizepräsident Staiger erläuterte als nächster<br />

Vortragen<strong>der</strong> einige notwendige Satzungsän<strong>der</strong>ungen<br />

und schil<strong>der</strong>te kurz das<br />

weitere Vorgehen bei <strong>der</strong> Gründung von<br />

DMA und DMV.<br />

Der Chefredakteur von „Leinen los!“<br />

trug zu aktuellen Entwicklungen <strong>der</strong> Verbandszeitschrift<br />

vor und mo<strong>der</strong>ierte dann<br />

die von <strong>der</strong> Arbeitsgruppe DMB 2020 er-<br />

6 Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong><br />

Mit <strong>der</strong> Verdienstnadel in Gold wurden in Lahnstein unten<br />

genannte Kameraden ausgezeichnet<br />

Foto: Michael Baumann<br />

Konteradmiral Lange berichtet über<br />

Neues aus <strong>der</strong> Marine<br />

Booge Hans-Peter MK Elmshorn Nord<br />

Gehrke Werner MK Koblenz Südwest<br />

Glogau Siegfried MK Koblenz Südwest<br />

Hümmer Uwe MK Bamberg Bayern<br />

Koch Richard MK Borken Hessen<br />

Köhler Peter-Joachim MK Gotha Thüringen<br />

Horst Döring bei <strong>der</strong> Begrüßung<br />

Küchler Dieter MK Moers Nordrhein<br />

Leistenschnei<strong>der</strong> Dieter MK Obere Bist Überherrn Saar-Obermosel<br />

Peglau Wilfried MK Moers Nordrhein<br />

Scherer Karl-Heinz MK Dudweiler Saar-Obermosel<br />

Schläger Wilhelm MK Bünde Westfalen<br />

Schupbach Hans-Werner MK Lahnstein Südwest<br />

Walkenbach Horst MK Lahnstein Südwest<br />

DMB-Präsident überreicht dem Landtagspräsidenten<br />

ein Buch als Dank<br />

arbeitete Präsentation des „Entwicklungskonzepts<br />

für den Deutschen <strong>Marinebund</strong>“<br />

an. Burkard Severin, einer <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />

des „Instituts für Systemische Organisationsentwicklung/ISO“<br />

aus Königswinter-Eisbach,<br />

beeindruckte mit einem<br />

durchdachten Powerpoint-Vortrag die Delegierten.<br />

In <strong>der</strong> anschließenden – lebhaften<br />

aber sachlichen – Diskussion mit Fragen<br />

und Diskussionsbeiträgen u.a. von Gabriele<br />

Röhrscheid, Bezirksleiterin Mittlere<br />

Ruhr, Bodo Scheuch, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> MK<br />

Iserlohn und Shanty-Chor-Leiter, Reinhard<br />

Stenzel, Ehrenvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> MK Eisbrecher<br />

STETTIN Bonn-Duisdorf, Peter Seumel,<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> MK Hof, um nur einige<br />

zu nennen, standen häufig die Kosten des<br />

Vorhabens im Vor<strong>der</strong>grund. Hier konnte<br />

klargestellt werden, dass die Gesamtkosten<br />

bei diesem drei bis fünf Jahre laufenden<br />

Projekt in Höhe von ca. 100.000 Euro<br />

nicht als Ganzes in die Kasse von ISO<br />

fließen, son<strong>der</strong>n auch die Reisekosten und<br />

<strong>Ausgabe</strong>n für die Projektgruppe beinhalten.<br />

Die Delegierten haben ihre Sorge zum<br />

Ausdruck gebracht, dass alles schon mal<br />

dagewesen sei, ohne dass sich etwas zum<br />

Besseren entwickelt habe. Burkard Severin<br />

stellte sich mit Werner Schiebert dieser<br />

Diskussion und machte deutlich, dass es<br />

bei Vorhaben dieser Dimension eben keine<br />

Erfolgsgarantie gäbe. Aber, man dürfe einfach<br />

keine Chance auslassen, den DMB zu<br />

mo<strong>der</strong>nisieren, zu erneuern und auf Vor<strong>der</strong>mann<br />

zu bringen. Allein aufgrund des<br />

Durchschnittsalters <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> sei ein<br />

Ende des Verbandes – ohne Gegenmaßnahmen<br />

– unausweichlich.<br />

Nach diesem inhaltlichen und zeitlichen<br />

Schwerpunkt des AO-Tages stellten die Kassenprüfer<br />

Gerd Ahrens und Hans Musehold<br />

fest, dass es an <strong>der</strong> Kassenführung nichts<br />

auszusetzen gäbe und baten um die Entlastung<br />

des Vorstandes. Diese erfolgte einstimmig<br />

und unter großem Beifall. Danach wurde<br />

die Versammlung kurz unterbrochen, um<br />

die Mitglie<strong>der</strong>versammlung des DMB-Sozialwerks<br />

durchzuführen. Auch hier gab es<br />

Berichte und Wahlen. Nach zwölf Jahren<br />

als Vorsitzen<strong>der</strong> stellte sich Adalbert Rohde<br />

nicht mehr zur Wahl. Sein Nachfolger wurde<br />

mit überwältigen<strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> MK Rendsburg, Hermann Peters.<br />

Leinen los! wird das Thema Sozialwerk<br />

in einer <strong>der</strong> nächsten <strong>Ausgabe</strong>n aufgreifen.<br />

Bei den folgenden Wahlen wurden Vizepräsident<br />

Staiger, Bundesschatzmeister<br />

Menzner und beide Kassenprüfer in ihren<br />

Ämtern einstimmig bestätigt.<br />

Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong> 7


<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong><br />

Hermann Peters löst Adalbert Rohde<br />

nach 12 Jahren ab<br />

Martin Michels vom Bundeswehrverband<br />

im Gespräch mit Karl Heid<br />

Fahnenabordnung beim Feldgottesdienst<br />

Stefan Jurkiewiecz und Horst Döring<br />

bereiten sich auf den Gottesdienst vor<br />

Fotos: Werner Schiebert<br />

Von den vor Beginn des AO-Tages vorliegenden<br />

Anträgen wurden zwei zurückgezogen<br />

und einer hatte sich bereits erledigt.<br />

So hatte <strong>der</strong> LV Westfalen, Bezirk Minden-<br />

Ravensberg, beantragt, dass das Protokoll<br />

des AO-Tages und <strong>der</strong> Geschäftsbericht am<br />

Anfang eines Jahres vorgelegt werden solle.<br />

Dies ist aus technischen Gründen (noch<br />

kein Jahresabschluss) nicht möglich. Wulf<br />

Breipohl meldete sich zu Wort und zog den<br />

Antrag zurück. Abgelehnt wurde <strong>der</strong> Antrag<br />

<strong>der</strong> MK MFG1 Kropp, in den Geschäftsberichten<br />

des DMB neben dem Jahresergebnis<br />

noch weitere Fakten, wie z.B. die Gesamtverbindlichkeiten,<br />

den Wert <strong>der</strong> Vorräte mit<br />

sonstigem Vermögen und die Verbindlichkeiten<br />

<strong>der</strong> MSG gegenüber dem DMB hinzuzufügen.<br />

Der Schatzmeister erklärte, dass<br />

ein <strong>der</strong>artiger Aufwand für einen Ehrenamtlichen<br />

nicht zumutbar sei. Man solle einfach<br />

den Geschäftsbericht des Vorjahres mit dem<br />

aktuellen vergleichen. Die Delegierten folgten<br />

diesem Argument und stimmten mehrheitlich<br />

gegen diesen Antrag. Auch <strong>der</strong> zweite<br />

Antrag <strong>der</strong> MK MFG1 Kropp, das Präsidium<br />

möge eine klare, allgemein und dauerhaft<br />

gültige Zusage machen, auf Anfrage<br />

Auszüge schriftlicher Art aus den Ton-Protokollen<br />

<strong>der</strong> AO-Tage bereitzustellen, wurde<br />

mehrheitlich abgelehnt.<br />

Der nächste Antrag kam von <strong>der</strong> MK<br />

Peenemünde. Sie regte an, eine Auszeichnung<br />

für ausländische För<strong>der</strong>er und Freunde<br />

des DMB zu kreieren, die sich um den<br />

Dachverband bzw. einen Verein im DMB<br />

beson<strong>der</strong>s verdient gemacht haben. Der Präsident<br />

konnte hierzu den Entwurf einer vor<br />

kurzem geschaffenen Medaille präsentieren,<br />

<strong>der</strong> auf allgemeine Zustimmung stieß. Über<br />

diesen Antrag wurde deshalb nicht mehr abgestimmt.<br />

Die MK Ilmenau-Arnstadt hatte<br />

beantragt, dass in die AO-Tag-Protokolle<br />

zum einen ein Bericht über den Zustand <strong>der</strong><br />

Immobilien in Laboe und eine Aufstellung<br />

über den Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf<br />

bis 2020 aufgenommen wird.<br />

Zum an<strong>der</strong>en beantragte diese MK, einen<br />

Bericht über den Zustand <strong>der</strong> im Besitz des<br />

DMB befindlichen Schiffe, Boote, etc. aufzunehmen.<br />

Teil eins wurde nach kurzer Diskussion<br />

zu den Akten gelegt. Ein Sachverständiger,<br />

<strong>der</strong> den Zustand <strong>der</strong> Immobilien<br />

laufend bewertet, übersteigt das Budget, seriöse<br />

Voraussagen über zu erwartende Reparaturkosten<br />

beim MEM sind kaum möglich.<br />

Der Bundesschatzmeister erklärte, dass er<br />

pro Jahr 100.000 Euro als Sicherheitspuffer<br />

für die Instandhaltung einplane. Der erste<br />

Teil des Antrags wurde daraufhin zurückgezogen.<br />

Was den Bericht zum Zustand <strong>der</strong><br />

Boote betrifft, erklärte <strong>der</strong> Präsident, dass<br />

sich eine Arbeitsgruppe unter <strong>der</strong> Leitung<br />

des LVL Heide „Charly“ Schlösser mit diesem<br />

Thema beschäftigt und beim 103. AO-<br />

Tag in Wilhelmshaven vortragen werde.<br />

Einem Antrag des Präsidiums, in <strong>der</strong> Satzung<br />

(2.2 und 3.1.1) den Begriff „Handelsschifffahrt“<br />

durch „See-/Binnenschifffahrt“<br />

zu ersetzen, wurde mit großer Mehrheit zugestimmt.<br />

Antrag 7, die Wahlperiode für die Mitglie<strong>der</strong><br />

des Vorstands von zwei auf vier Jahre zu<br />

verlängern, wurde zurückgezogen, weil keine<br />

Notwendigkeit für diese Maßnahme bestand.<br />

Letzter Punkt, <strong>der</strong> zur Abstimmung gebracht<br />

wurde, war die Bitte des Präsidiums,<br />

das vorgestellte „Entwicklungskonzept für<br />

den DMB“ zu beraten und ein Meinungsvotum<br />

abzugeben, ob <strong>der</strong> AO-Tag dieses Entwicklungskonzept<br />

mittragen kann, um bei<br />

einer grundsätzlichen Zustimmung den<br />

Zeitplan für die Umsetzung zu billigen<br />

und diese dann auch tatkräftig zu unterstützen.<br />

Das „Blaue Parlament“ zeigte sich<br />

reformfreudig und sprach sich mit einer Gegenstimme<br />

und sechs Enthaltungen für die<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Arbeit aus.<br />

Last, but not least, lud <strong>der</strong> Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> MK Wilhelmshaven von 1894, Horst J.<br />

Tschöpe, zum 103. AO-Tag am 1. Juni 2013<br />

nach Wilhelmshaven ein.<br />

Der AO-Tag des DMB in Lahnstein endete<br />

traditionell mit dem Singen <strong>der</strong> Nationalhymne.<br />

Eingebettet in den AO-Tag des Deutschen<br />

<strong>Marinebund</strong>es veranstaltete <strong>der</strong> Shanty-Chor<br />

gemeinsam mit dem Musikverein<br />

Holler am Abend des 9. Juni in <strong>der</strong> Stadthalle<br />

ein großes Benefizkonzert zugunsten<br />

von „Helft uns leben“ und des Marine-Ehrenmals<br />

in Laboe. Der Reinerlös des Konzerts<br />

war bei Redaktionsschluss noch nicht<br />

bekannt. Leinen los! wird zu gegebener Zeit<br />

darüber berichten.<br />

Krönen<strong>der</strong> Abschluss war für diejenigen,<br />

die noch etwas Zeit mitgebracht hatten,<br />

<strong>der</strong> Feldgottesdienst im Park hinter<br />

dem Best Western Hotel. Der Evangelische<br />

Standortpfarrer aus Koblenz, Militärdekan<br />

Stefan Jurkiewicz, zelebrierte den Gottesdienst<br />

mit großem Schwung und bezog die<br />

Besucher auf eine unnachahmliche Weise<br />

in den Ablauf ein. Unterstützt wurde er<br />

von Waldemar Kropp, dem Löwenapotheker<br />

aus Lahnstein und MK-Mitglied,<br />

am Pianoforte und dem Shanty-Chor <strong>der</strong><br />

MK „Admiral Mischke“ Lahnstein, <strong>der</strong> mit<br />

geistlichen Lie<strong>der</strong>n zeigte, dass sein Repertoire<br />

weit über Seemannslie<strong>der</strong> und Shantys<br />

hinausreicht.<br />

8 Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong>


Kleiner – aber politisch relevant<br />

Deutsche Marine<br />

Konteradmiral Heinrich Lange spricht beim 102. Abgeordnetentag<br />

des DMB in Lahnstein über die Deutsche Marine<br />

Grafiken: Stab InspM<br />

Im Zentrum des Vortrages bei Zusammenkünften<br />

steht immer die Frage: Wo<br />

steht die Marine? Nun, die Marine steht<br />

nicht, son<strong>der</strong>n sie bewegt sich. Einige von<br />

Ihnen werden nun denken: Ja, aber in die<br />

falsche Richtung: die fahrende und fliegende<br />

Flotte wird kleiner und kleiner,<br />

jagt in erster Linie Piraten – und <strong>der</strong><br />

InspM ist kein ministerieller Abteilungsleiter<br />

mehr, kein Flottenchef in Glücksburg<br />

und … und … und …<br />

Was ist aus „unserer“ Marine geworden,<br />

die nach Flottenliste 1990 noch<br />

6 Zerstörer, 8 Fregatten, 53 Minenabwehreinheiten,<br />

40 Schnellboote, 8 Flottendienstboote,<br />

24 U-Boote, Ten<strong>der</strong>,<br />

2 Versorgungsgeschwa<strong>der</strong>, eine amphibische<br />

Gruppe mit 19 LCU und eine Marinefliegerdivision<br />

mit 4 stattlichen Geschwa<strong>der</strong>n<br />

hatte?<br />

Ja, aber das war doch eine an<strong>der</strong>e Zeit<br />

– in <strong>der</strong> Endphase einer Weltepoche <strong>der</strong><br />

bi-polaren Mächte. Haben wir damals<br />

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Einsatzfähigkeit in erster Linie für den<br />

Artikel 5 des NATO-Vertrages erworben<br />

und vorgehalten, so werden wir nun<br />

seit Jahren für Einsätze <strong>der</strong> NATO, <strong>der</strong><br />

EU und <strong>der</strong> VN tatsächlich abgerufen,<br />

allerdings für die sogenannten wahr-<br />

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scheinlicheren Aufgaben <strong>der</strong> Krisenbewältigung<br />

und Konfliktverhütung; mit<br />

durchschnittlich ca. 800 Marinesoldaten,<br />

häufig auch deutlich mehr.<br />

Die Marine ist also kleiner geworden,<br />

aber weiterhin politisch sehr relevant, nur<br />

unter gänzlich an<strong>der</strong>en Rahmenbedingungen.<br />

Heutzutage steht auch nicht die Anzahl<br />

<strong>der</strong> Flaggenstöcke o<strong>der</strong> Cockpits im<br />

Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Personalumfang<br />

in den Einsätzen, einschließlich unserer<br />

„grünen Marine“. Zulässig ist hier natürlich<br />

die Frage, ob die Kopfzahl ein geeigneter<br />

Maßstab für den einsatzrelevanten<br />

Fähigkeitsbeitrag ist. Die Bundestagsmandate<br />

nennen aber Personalobergrenzen.<br />

Welche „Herausfor<strong>der</strong>ungen“ sind<br />

mit <strong>der</strong> Bundeswehr und ihrer Marine<br />

zu meistern?<br />

Heute sind die Risiken für unsere Sicherheit<br />

viel breiter gefasst – und die Verteidigungspolitischen<br />

Richtlinien (VPR)<br />

vom 18. Mai 2011 treffen in <strong>der</strong> Beschreibung<br />

des strategischen Sicherheitsumfeldes<br />

und in den Folgerungen klare<br />

Aussagen.<br />

Sie bestätigen auch den konzeptionellen<br />

Ansatz <strong>der</strong> Marine, wie er in den letzten<br />

Jahren mit den Ihnen bekannten Ziel-<br />

vorstellungen hin zu einer „more expeditionary<br />

navy“ im Sinne von „project“<br />

und „protect“ entwickelt wurde.<br />

Allerdings ist <strong>der</strong> Gestaltungsspielraum<br />

deutlich geringer geworden, da die<br />

beiden wichtigsten Ressourcen, nämlich<br />

Geld und Personal, erheblich knapper geworden<br />

sind – und die Lage wird eher<br />

schlechter werden. Die Faktenlage <strong>der</strong> Finanzen<br />

und <strong>der</strong> Demographie setzt den<br />

Rahmen, innerhalb dessen wir uns bewegen<br />

können und womit wir den Einsatzerfor<strong>der</strong>nissen<br />

gerecht werden sollen.<br />

Mit Blick auf die Einsatzerfor<strong>der</strong>nisse<br />

rechnen wir weiter mit <strong>der</strong> „Präferenz<br />

<strong>der</strong> maritimen Option“ als politische<br />

Handlungsoption im so häufig postulierten,<br />

„maritim geprägten 21. Jahrhun<strong>der</strong>t“<br />

dieser globalisierten Welt. Daher<br />

war es Ziel <strong>der</strong> Marineführung, aus<br />

dem verbleibenden Teil <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um<br />

verkleinerten Bundeswehr einen möglichst<br />

großen Marineanteil zu erringen.<br />

Dies ist recht gut gelungen. In <strong>der</strong> Marine<br />

selbst werden wir von ca. 15.000 militärischen<br />

Dienstposten (DP) auf etwa 13.500<br />

reduziert. Hinzu kommen gut 1.600 DP<br />

für zivile Mitarbeiter, Schülerstellen und<br />

Wehrübungsplätze. Die Marine ist also<br />

unterproportional gekürzt worden. Mit<br />

Blick auf die Marineuniformträger in <strong>der</strong><br />

Bundeswehr insgesamt wird die relative<br />

Bedeutung noch deutlicher: Einschließlich<br />

Sanität und Wehrüben<strong>der</strong> rutschen<br />

wir vom <strong>der</strong>zeitigen Personalstrukturmodell<br />

(PSM) mit einem Personal-Soll-<br />

Umfang von 25.200 auf etwa 24.000<br />

(plus), wenn das neue PSM so endgültig<br />

gebilligt wird. Damit wird <strong>der</strong> Marineanteil<br />

von knapp 8 % aus den Zeiten <strong>der</strong><br />

angesprochenen Flottenliste (PSM 370)<br />

auf gut 13 % ansteigen; also um 5 Prozentpunkte!<br />

Gleichzeitig bedeutet diese<br />

Quantität bei Aussetzung des Grundwehrdienstes<br />

einen Aufwuchs von über<br />

1.500 Berufs- und Zeitsoldaten, also bei<br />

den längerdienenden Marineuniformträgern.<br />

Deshalb sprechen wir aus Marineperspektive<br />

von einem Personalumbau<br />

statt einem Personalabbau. Schön und<br />

gut für die Soll-Seite, aber natürlich muss<br />

das Personal auch auf <strong>der</strong> Haben-Seite<br />

Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong> 9


Deutsche Marine<br />

stehen, gehalten bzw. gewonnen werden.<br />

Und die Flotte ächzt, auch sichtbar, unter<br />

den aktuellen, hohen Vakanzen, beson<strong>der</strong>s<br />

bei Mannschaften, Unteroffizieren<br />

und Spezialisten.<br />

Personalentwicklung und<br />

Nachwuchsgewinnung<br />

Personalentwicklung und Nachwuchsgewinnung<br />

stehen weiterhin im<br />

Vor<strong>der</strong>grund und sind die eigentliche<br />

strategische Herausfor<strong>der</strong>ung für die Marine.<br />

Wie kann aus dem Personalproblem<br />

eine Aufgabe gemacht werden? Mehrere<br />

Schritte sind dazu erfor<strong>der</strong>lich. Erstens<br />

werden wir – die in <strong>der</strong> Zuständigkeit<br />

<strong>der</strong> Personalabteilung liegende – Nachwuchsgewinnung<br />

durch eigene Truppenwerbung<br />

unterstützen, auch um die fehlende<br />

Präsenz <strong>der</strong> Marine in <strong>der</strong> Fläche<br />

abzumil<strong>der</strong>n.<br />

Zweitens werden wir – nach ausdauerndem<br />

und nachhaltigem Ringen – auf<br />

<strong>der</strong> monetären Seite deutliche Verbesserungen<br />

sehen. Neben <strong>der</strong> lange gefor<strong>der</strong>ten<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Minentaucherzulage<br />

werden auch die finanziellen Vergütungssätze<br />

für den Dienstzeitausgleich deutlich<br />

steigen. Das kommt beson<strong>der</strong>s den Seefahrern<br />

zu Gute.<br />

Drittens müssen wir den hohen und<br />

planungsunsicheren Abwesenheitsbelastungen<br />

in <strong>der</strong> fahrenden, fliegenden<br />

und landgebundenen Flotte spürbar begegnen.<br />

„Zur Marine gehen, heißt weg<br />

sein“, zündet als Slogan wohl bei Einigen,<br />

nicht aber in <strong>der</strong> Breite und nicht vor<br />

dem Hintergrund <strong>der</strong> wachsenden For<strong>der</strong>ung<br />

nach Vereinbarkeit von Dienst und<br />

Familie. Hier liegt <strong>der</strong> Schlüssel zu unserer<br />

Entscheidung <strong>der</strong> Trennung von Besatzung<br />

und Plattform auf Schiffen und<br />

Booten; also <strong>der</strong> Einführung von Mehrbesatzungsmodellen<br />

und <strong>der</strong> Intensivnutzung<br />

künftiger Plattformen.<br />

Im Kern geht es darum, dass wir eher<br />

unser Material als unser Personal (über-)<br />

strapazieren wollen. Mit den Mehrbesatzungsmodellen<br />

geht die flottenweite Einführung<br />

von Einsatzausbildungszentren,<br />

nach dem Muster des Ausbildungszentrum<br />

Uboote (AZU), einher, um die „freien“<br />

Besatzungen in den Stützpunkten<br />

aus- und weiterbilden zu können.<br />

Viertens sehen und verstehen wir unsere<br />

Marinesoldatinnen als gelebte Normalität<br />

in <strong>der</strong> Marine, an Bord wie an<br />

Land. Frauen in Marineuniform sind fester<br />

und bewährter Anteil unseres Teams.<br />

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Was kann die Marine unter den genannten<br />

Rahmenbedingungen „stemmen“?<br />

Aus den konzeptionellen Vorgaben<br />

lässt sich ableiten, dass bis zu 1.000 Marinesoldaten<br />

dauerhaft für Einsätze bereitzustellen<br />

sind, also durchhaltefähig.<br />

Hinzu kommen Kräfte für zeitlich begrenzte<br />

Aufgaben, die aber dauerhaft<br />

bereit zu halten sind. Als Beispiel nenne<br />

ich SAR und militärische Evakuierungsoperationen.<br />

Die „Sicherheit im<br />

Seeraum“ ist <strong>der</strong> Marine als Daueraufgabe<br />

zugewiesen, ohne strukturbestimmend<br />

zu sein. Allerdings gewinnt das<br />

Thema „Maritime Sicherheit“ zunehmend<br />

an Bedeutung. In unserer Rolle<br />

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als Truppensteller sollen wir die „maritimen<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> Bundeswehr“ in<br />

allen drei Dimensionen <strong>der</strong> maritimen<br />

Domäne bereit stellen – auf, unter und<br />

über Wasser; weltweit.<br />

Die Großgeräte <strong>der</strong> Marine<br />

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Derzeit wird im BMVg ein „priorisiertes<br />

Fähigkeitsprofil“ für die gesamte Bundeswehr<br />

weiter verfeinert; die Großgeräte<br />

<strong>der</strong> Marine sind aber weitestgehend bestimmt<br />

und Ihnen aus laufenden Veröffentlichungen<br />

und Vorträgen sicherlich<br />

bekannt.<br />

Deshalb möchte ich nur einige Aspekte<br />

aufgreifen. Die Frage, wie ein künfti-<br />

10 Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong>


Am 24. Mai haben die Schnellboote<br />

S71 GEPARD und S73 HERMELIN in<br />

Warnemünde die Leinen los geworfen und<br />

sich in das östliche Mittelmeer in Marsch<br />

gesetzt, um Mitte Juni die Minenabwehrboote<br />

ENSDORF und AUERBACH/OBERPFALZ<br />

im maritimen Einsatzverband <strong>der</strong> „United<br />

Deutsche Marine<br />

GEPARD und HERMELIN im Unifil-Einsatz<br />

Fotos. PIZ Marine<br />

Schnellboot S73 HERMELIN auf dem Weg in den Einsatz<br />

AUERBACH/OBERPFALZ im Heimathafen<br />

Nations Interim Force in Lebanon“ (Unifil)<br />

abzulösen. Auf dem Transit wurden<br />

zur Nachversorgung Häfen in Großbritannien,<br />

Spanien, Malta sowie auf <strong>der</strong> griechischen<br />

Insel Kreta angelaufen.<br />

Abhängig von <strong>der</strong> weiteren Entwicklung<br />

des Bundestagsmandates werden die Kommandanten,<br />

KKpt Volker Kübsch und KKpt<br />

Göran Swistek, mit ihren jeweils 40-köpfigen<br />

Besatzungen rund vier Monate im Einsatzgebiet<br />

vor <strong>der</strong> Levante-Küste verbringen.<br />

Während die beiden Schnellboote im Anschluss<br />

vor Ort verbleiben, werden <strong>der</strong>en Besatzungen<br />

durch Schwesterbesatzungen an<strong>der</strong>er<br />

Boote abgelöst. Dieses bewährte Verfahren<br />

des Besatzungstausches verringert<br />

die Belastungen für Mensch und Material.<br />

Der UNIFIL-Auftrag besteht darin,<br />

die Seewege vor <strong>der</strong> libanesischen Küste<br />

in enger Abstimmung mit den libanesischen<br />

Streitkräften zu überwachen und<br />

damit den Waffenschmuggel auf dem<br />

Seeweg in den Libanon zu unterbinden.<br />

Der Verband setzt sich aus einer wechselnden<br />

Anzahl von Schiffen und Booten<br />

zusammen, die <strong>der</strong>zeit unter brasilianischer<br />

Führung aus Griechenland,<br />

<strong>der</strong> Türkei, Indonesien, Bangladesch und<br />

Deutschland gestellt werden. mfa<br />

Foto: Dietrich Peter Kleine<br />

Die GORCH FOCK wird flott gemacht<br />

Bei einem routinemäßigen Werftaufenthalt im November<br />

letzten Jahres bei <strong>der</strong> Kieler Lindenau GmbH wurden am<br />

Unterwasserschiff Korrosionsschäden im Bereich des Kiels entdeckt,<br />

die eine größere Instandsetzungsmaßnahme und damit<br />

ein Ausschreibungsverfahren erfor<strong>der</strong>lich machten. Die<br />

Elsflether Werft, die auch den großen Umbau 2001 ausführte,<br />

erhielt den Zuschlag für den Gesamtauftrag. Die Reparaturarbeiten<br />

am Schiffsrumpf mussten nach Bremerhaven an die<br />

Lloyd Werft vergeben werden, da in Elsfleth selbst kein passendes<br />

Dock zur Verfügung steht.<br />

Die Schäden am Rumpf des Schiffes sind nach einschlägigen<br />

Untersuchungen auf das Alter des Schiffes zurückzuführen.<br />

Dabei wurden Bereiche am Schiff geöffnet, die zuvor noch<br />

nie begutachtet wurden. Dafür wurde <strong>der</strong> Schiffsballast entfernt<br />

und Teile <strong>der</strong> Außenhaut geöffnet, um an die aktuellen<br />

Korrosionsschäden zu gelangen. Die Arbeiten sollen Anfang<br />

September abgeschlossen sein.<br />

Ein bitterer Beigeschmack wird bestehen bleiben; es<br />

muss die Frage erlaubt sein, warum niemand diese Bereiche<br />

in <strong>der</strong> Vergangenheit begutachtet hat, um hier Korrosion vorzubeugen.<br />

Mirko Voß<br />

Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong> 17


Foto: Jochen Curth<br />

Maritimes<br />

Hamburg–Hongkong mit <strong>der</strong><br />

CMA CGM VELA<br />

Ein Reisebericht von Jochen Curth, MK Erfurt<br />

Nach Passage des Panamakanals im<br />

Jahre 2009 wollte ich unbedingt eine<br />

weitere bedeutende Wasserstraße, den Suezkanal,<br />

kennenlernen, und dies an Bord<br />

eines Frachtschiffes. Am 9. <strong>August</strong> 2011<br />

ging ich in Hamburg an Bord des größten<br />

unter deutscher Flagge fahrenden Containerschiffes<br />

CMA CGM VELA, das von <strong>der</strong><br />

NSB Nie<strong>der</strong>elbe Schiffahrtsgesellschaft<br />

beree<strong>der</strong>t wird.<br />

Einfahrt in die Elbe<br />

Nach Löschen und Laden in Hamburg,<br />

Zeebrügge, Rotterdam und Le Havre nahm<br />

das Schiff über den Englischen Kanal Kurs<br />

auf den Golf von Biskaya, <strong>der</strong> sich, an<strong>der</strong>s<br />

als bei meiner Reise nach Neuseeland, ruhig<br />

präsentierte. Die Passage <strong>der</strong> Straße von<br />

Gibraltar konnte ich nur auf den Radarund<br />

GPS-Bildschirmen verfolgen, da dichter<br />

Nebel mit Sicht fast Null we<strong>der</strong> steuerbord<br />

die Ausläufer des Atlasgebirges noch<br />

backbord die Affenfelsen von Gibraltar erkennen<br />

ließ. In Marsaxlokk/Malta, einem<br />

Container-Verteil-Hafen für das östliche<br />

Mittelmeer, konnte ich zusammen mit einem<br />

an<strong>der</strong>en Passagier von Bord gehen und<br />

die Hauptstadt La Valetta mit ihren vielen<br />

Sehenswürdigkeiten erkunden.<br />

Nach zwei Tagen erreichten wir die<br />

Reede vor Port Said und ankerten dort,<br />

bis unser Konvoi, bestehend aus 22 Schiffen,<br />

am späten Abend in den Suezkanal<br />

einlaufen konnte. Die Kanalfahrt bis zum<br />

Großen Bittersee erfolgte lei<strong>der</strong> bei Nacht.<br />

Der herrliche Sonnenaufgang über diesem<br />

Meetingpoint für die aus Suez eintreffenden<br />

Schiffe war außergewöhnlich faszinierend.<br />

Nachdem <strong>der</strong> vom Roten Meer kom-<br />

Foto: NSB<br />

mende Konvoi aus 27 Schiffen den Großen<br />

Bittersee passiert hatte, konnten wir<br />

mittags zunächst in den Kleinen Bittersee<br />

einfahren und von dort beginnend den<br />

letzten südlichen Kanalabschnitt durchfahren.<br />

Am späten Nachmittag erreichten<br />

wir Suez und das Rote Meer. Hier zeigte<br />

das Meerwasser-Thermometer 35 °C! Die<br />

Kanalpassage von 193,2 km dauerte fast<br />

einen Tag und war für mich ein unvergessliches<br />

Erlebnis.<br />

Zwei Tage später erreichten wir die<br />

„risk area“ (Level 1) und damit die Gefahrenzone,<br />

in <strong>der</strong> Piraten ihr Unwesen<br />

treiben. Bei einer Geschwindigkeit von<br />

22 kn und einer über 14 m hohen Bordwand<br />

hatte ich keine Bedenken, dass uns<br />

Piraten angreifen werden. Wir sichteten<br />

allerdings Fregatten <strong>der</strong> Atalanta-Flotte,<br />

die kleinere Schiffe in Konvois sicher<br />

durch dieses Gefahrengebiet rund um das<br />

Horn von Afrika begleiteten. Im Golf von<br />

Aden (Level 2) wurde die Geschwindigkeit<br />

erneut geringfügig erhöht, bis die Küste<br />

von Oman in Sicht kam.<br />

Nachdem wir in Khor Fakkan (VAE)<br />

gelöscht und geladen hatten, durchfuhren<br />

wir die Arabische See, erlebten heftige<br />

Monsunregen, passierten die Amidivi<br />

Islands backbord, umfuhren Sri Lanka<br />

und hielten dann Kurs Ost, um die Straße<br />

von Malakka zu erreichen. Die nächtliche<br />

Passage war abenteuerlich: kleine Fischerboote,<br />

z.T. nur auf dem Radarschirm<br />

zu erkennen, kreuzten immer wie<strong>der</strong> unseren<br />

Kurs, sodass die Durchfahrt einem<br />

CMA CGM VELA im Hafen von Shanghai<br />

Riesenslalom glich. In den frühen Morgenstunden<br />

passierten wir Singapur im<br />

Dunst und erreichten das Südchinesische<br />

Meer. Nächstes Ziel war die östlich<br />

von Hongkong gelegene Hafenstadt Jantian,<br />

wo wir „Badgäste“ Gelegenheit hatten,<br />

von Bord zu gehen und uns in dieser mo<strong>der</strong>nen<br />

Stadt umzusehen. Durch die Straße<br />

von Formosa/Taiwan fuhren wir in das<br />

Ostchinesische Meer mit dem Ziel Dalian<br />

im Gelben Meer, dem östlichsten chinesischen<br />

Tiefwasserhafen. Dort traf ich einen<br />

befreundeten Chinesen, <strong>der</strong> uns zu einem<br />

hervorragenden Essen einlud. Von Dalian<br />

kommend durchfuhren wir die Bucht<br />

Bohai und erreichten Tianjin, wo wir erneut<br />

die Gelegenheit hatten, von Bord zu<br />

gehen und die Stadt zusammen mit einer<br />

chinesischen Führerin kennenzulernen.<br />

Für Shengshan, den Tiefwasser-Container-Terminal<br />

von Shanghai, hatten wir<br />

einen Slot und mussten daher zügig das<br />

Gelbe Meer verlassen. Pünktlich kam <strong>der</strong><br />

Lotse an Bord und brachte uns sicher an<br />

die Kaianlage dieses neuen Containerhafens.<br />

Da die Lösch- und Ladearbeiten sehr<br />

schnell durchgezogen werden sollten, kam<br />

ein Ausflug nach Shanghai nicht infrage.<br />

Wir warteten an Bord auf die Abfahrt zum<br />

vorletzten Hafen <strong>der</strong> Reise, Xiamen. Dies<br />

ist eine reizvolle alte Universitätsstadt, die<br />

wir besichtigen konnten.<br />

Einen Tag später erreichten wir Hongkong.<br />

Hier endete meine wun<strong>der</strong>bare 42–<br />

tägige Frachtschiffreise-Reise an Bord <strong>der</strong><br />

CMA CGM VELA.<br />

18 Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong>


Navy News<br />

Foto: ICG<br />

Die in Dänemark gebaute TYR<br />

THOR ein 920-ts-Inspektions- und Bergeschiff<br />

zu; 1960 wird die neue ODINN<br />

(1.000 ts) in Dienst gestellt; 1968 folgt die<br />

noch etwas größere (1.150 ts) AEGIR. Alle<br />

drei werden in Aalborg (Dänemark) speziell<br />

für Küstenwachaufgaben auf offener<br />

See und unter isländischen Wetterbedingungen<br />

entwickelt und gebaut. 1955 wird<br />

überdies eine Fliegerkomponente aufgestellt.<br />

Erstes und zunächst einziges Flugzeug<br />

ist ein nach einem Flugunfall von<br />

den USA überlassenes Wasserflugzeug<br />

Catalina, das nach Reparatur regelmäßig<br />

die isländischen Fischgründe patrouilliert.<br />

Anfang <strong>der</strong> 1970er-Jahre sind die<br />

Fischbestände vor Island erneut kritisch<br />

geschrumpft, und 1972 erweitert<br />

die Regierung die Fischereischutzzone<br />

auf nun 50 sm. In Europa bricht ein<br />

Sturm <strong>der</strong> Entrüstung los. Mit <strong>der</strong> neuen<br />

Zone beansprucht Island nun immerhin<br />

30 % <strong>der</strong> Grundfischerträge im<br />

Nordatlantik. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft<br />

erklärt ein Embargo<br />

für isländische Fischprodukte; britische<br />

und deutsche Fischer suchen in <strong>der</strong><br />

neuen Zone die offene Auseinan<strong>der</strong>setzung;<br />

<strong>der</strong> zweite „Cod War“ beginnt. Rigoros<br />

zerstört die isländische Küstenwache<br />

die Fanggeräte frem<strong>der</strong> Fischer. Erneut<br />

entsendet die Royal Navy Kriegsschiffe.<br />

Als Island mit dem Abbruch<br />

<strong>der</strong> diplomatischen Beziehungen droht,<br />

werden die USA aktiv. Sie befürchten im<br />

„Kalten Krieg“ ein strategisches Desaster,<br />

bis hin zum Verlust ihrer Basis Keflavik.<br />

Washingtons Vermittlung und den<br />

britischen Fischern gewährte „Son<strong>der</strong>fangrechte“<br />

legen den Streit bei. Die Ruhe<br />

bleibt allerdings nur von kurzer Dauer,<br />

denn die Erweiterung auf 50 sm löst die<br />

North East Atlantic Fisheries Commission,<br />

die dann alle Subventionen für die betreffende<br />

Gesellschaft streicht und <strong>der</strong>en Fang<br />

somit unprofitabel macht. Jetzt arbeitet die<br />

isländische Küstenwache auch mit den Fäwirtschaftlichen<br />

Probleme Islands noch<br />

nicht, und 1974 verkündet <strong>der</strong> Ministerpräsident<br />

eine weitere Ausdehnung auf<br />

nunmehr 200 sm. 1975 tritt diese in Kraft<br />

und löst den dritten „Cod War“ aus. Wie<strong>der</strong><br />

schickt Großbritannien Trawler unter<br />

dem Schutz von Kriegsschiffen in die isländische<br />

Küstenregion; wie<strong>der</strong> kappt die<br />

isländische Küstenwache die Netze frem<strong>der</strong><br />

Fischer, aber diesmal werden sogar<br />

britische Kriegsschiffe gerammt – und<br />

die diplomatischen Beziehungen zwischen<br />

Reykjavik und London vorübergehend<br />

unterbrochen. Die NATO-Partnerschaft<br />

bietet offenbar erneut Plattform<br />

für Gespräche, und im Juni 1976 endet<br />

Einer von drei Hubschraubern Typ Dauphin 2<br />

auch <strong>der</strong> dritte „Cod War“ am Verhandlungstisch.<br />

Großbritannien akzeptiert<br />

die 200-sm-Zone; Anfang 1977 erkennt<br />

auch die EWG diese an. Fünf Jahre später<br />

wird <strong>der</strong> ganze Streit ohnehin überflüs-<br />

sig, denn 1982 macht das Seerechtsübereinkommen<br />

(SRÜ) <strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />

die 200-sm-Zone zum internationalen<br />

Standard.<br />

Die Erweiterung stellt die Landhelgisgæslan<br />

vor völlig neue Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Sie hat nun riesige Seegebiete zu patrouillieren,<br />

ja muss im Rahmen internationaler<br />

Verpflichtungen sogar noch über<br />

die 200-sm-Grenze hinaus auch in internationalen<br />

Gewässern des Nordatlantiks den<br />

Fischfang beobachten. Werden dort Fischer<br />

bei illegalen Aktivitäten (nicht zugelassenes<br />

Fanggerät, Überschreiten genehmigter<br />

Fangmengen, Fangen geschützter Spezies<br />

etc.) angetroffen, so erfolgt Meldung an die<br />

Foto: ICG<br />

28 Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong>


Navy News<br />

Foto: ICG<br />

röern und Grönland zusammen, operiert<br />

teilweise sogar in <strong>der</strong>en Gewässern. Neben<br />

„Verteidigung <strong>der</strong> Souveränität und Integrität<br />

<strong>der</strong> Hoheitsgewässer“, Fischereischutz<br />

und Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben<br />

(Zoll etc.) ist sie auch für den SAR-Dienst,<br />

Seesicherheit und Umweltschutz in <strong>der</strong> gesamten<br />

Wirtschaftszone und darüber hinaus<br />

großen Teilen des Nordatlantiks zuständig.<br />

Der Betrieb von vier Luftraumüberwachungs-Radarstationen<br />

des „Iceland<br />

Air Defence Systems“, Wartung von<br />

Leuchtfeuern und Tonnen sowie hydrographische<br />

Vermessung und Forschung zählen<br />

ebenfalls zu den Aufgaben <strong>der</strong> Landhelgisgæslan,<br />

und auch eine weitere kleine Nebenaufgabe<br />

soll hier nicht unerwähnt bleiben:<br />

im Zweiten Weltkrieg werden vor Islands<br />

Küsten zahlreiche Minen gelegt, und <strong>der</strong>en<br />

Beseitigung fällt ebenfalls in die Zuständigkeit<br />

<strong>der</strong> Küstenwache.<br />

BALDUR und AEGIR im Heimathafen<br />

Eine solch umfassende Aufgabenerweiterung<br />

muss sich zwangsläufig auf<br />

die Einsatzmittel auswirken. Vor allem<br />

gilt es, den Ortungshorizont und Operationsradius<br />

zu erweitern. Eine Lösung<br />

bietet <strong>der</strong> Einsatz von Hubschraubern.<br />

Als die THOR 1972 in Dänemark in die<br />

Werft geht, gehört zu den Arbeiten auch<br />

die Installation eines Hubschrauberlandedecks<br />

samt Hangar. 1975 wird auch die<br />

ODINN in Aalborg entsprechend umgebaut.<br />

Mitte <strong>der</strong> 1970er-Jahre laufen mit<br />

AEGIR und TYR dann noch zwei in Dänemark<br />

gebaute neue Schiffe zu – auch sie<br />

mit Hubschrauberlandedeck und Hangar.<br />

Drei Hubschrauber (u.a. Dauphin 2)<br />

werden beschafft und auch bordgestützt<br />

eingesetzt – selbst als sich erweist, dass<br />

die an Bord <strong>der</strong> Schiffe installierten Hangars<br />

für sie zu klein sind, und sie daher<br />

nicht dauerhaft eingeschifft werden können.<br />

Ein mo<strong>der</strong>nes Seefernaufklärungsflugzeug<br />

Fokker Friendship trägt ebenfalls<br />

zu einer effektiven Überwachung<br />

<strong>der</strong> nordatlantischen Seegebiete bei. Daneben<br />

wird 1981 noch ein kleines neues<br />

Boot in Dienst gestellt. Die BALDUR wird<br />

vor allem für küstennahe Vermessungen<br />

genutzt. Die kleine Flotte hat in dieser<br />

Form allerdings nur knapp zehn Jahre<br />

Bestand. 1984 wird die THOR ausgemustert,<br />

1989 dann auch die ODINN aus dem<br />

Fischereischutzdienst herausgenommen.<br />

Nach Demontage ihres Geschützes und<br />

Einbau von Kränen dient sie als Bojenten<strong>der</strong>/Tonnenleger<br />

weiter.<br />

Nur noch TYR und AEGIR stellen nun<br />

den Fischereischutz sicher; BALDUR hilft<br />

gelegentlich in Küstennähe aus. 1990 erhalten<br />

die bisher in reinem Grau gestrichenen<br />

Schiffe rot-weiß-blaue Diagonalstreifen<br />

an <strong>der</strong> Rumpfseite, die sie weithin<br />

sichtbar als Küstenwacheinheiten<br />

kennzeichnen. 1997 werden TYR und AE-<br />

GIR noch einmal mo<strong>der</strong>nisiert, erhalten<br />

in einem Radom an <strong>der</strong> Mastspitze neue<br />

Ortungsgeräte – und ihr Hubschrauberhangar<br />

wird verlängert. Lei<strong>der</strong> werden<br />

2006 aus wirtschaftlichen Gründen ausgerechnet<br />

die kleineren Hubschrauber<br />

Dauphin-2 ausgemustert, und zwei kurz<br />

zuvor beschaffte/gemietete SAR-Hubschrauber<br />

Super Puma sind wie<strong>der</strong> einmal<br />

zu groß für eine Einschiffung. Das<br />

alte Fokker Aufklärungsflugzeug wird<br />

2009 durch ein mo<strong>der</strong>nst ausgestattetes<br />

Maritime Patrol Aircraft Bombardier<br />

Dash-8 ersetzt. Jüngster Neuzugang<br />

ist 2011 die neue THOR – ein bei<br />

Asmar in Chile gebautes Offshore Patrol<br />

Vessel, das die schließlich endgültig<br />

ausgemusterte alte ODINN ersetzt. Mit<br />

4.250 ts (94 m) wird sie bislang größtes<br />

Schiff <strong>der</strong> Landhelgisgæslan. Mo<strong>der</strong>nste<br />

Antriebsanlagen (u.a. sogenannte „Tunnel<br />

Thruster“) bieten höchste Manövrierfähigkeit<br />

und sind überdies so dimensioniert,<br />

dass die THOR im Notfall<br />

sogar einen 200.000-ts-Großtanker (auf<br />

<strong>der</strong> zunehmend befahrenen Route zwischen<br />

Nordwest-Russland und den USA)<br />

in Schlepp nehmen kann. Weitere neue<br />

Schiffe sind <strong>der</strong>zeit nicht geplant; einzig<br />

die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> (SAR-)Hubschrauberkomponente<br />

steht noch auf<br />

<strong>der</strong> Agenda. Bis 2015 sollen (wenn bezahlbar)<br />

bis zu drei Hubschrauber NH-<br />

90 beschafft werden.<br />

Nach dem Kalten Krieg<br />

Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes<br />

– und mit dem Wegfall <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Bedrohung – verringern die USA<br />

ihre Truppen auf Island schrittweise, ziehen<br />

sie schließlich ganz ab. Die Bündnisbeziehungen<br />

zu USA und NATO bleiben<br />

aber unberührt. Im Kriegsfall garantieren<br />

USA und Nordatlantische Allianz weiterhin<br />

die Sicherheit und Verteidigung Islands. Allerdings<br />

ist <strong>der</strong> isländische See- und Luftraum<br />

auch in Friedenszeiten militärisch zu<br />

sichern, und dies kann Island – ohne eigene<br />

Streitkräfte – nicht leisten. Im Oktober 2006<br />

wird eine verstärkte Zusammenarbeit mit<br />

<strong>der</strong> US Coast Guard vereinbart. Die Luftraumüberwachung<br />

übernehmen an<strong>der</strong>e<br />

NATO-Partner; vier Mal im Jahr werden<br />

dazu für zwei bis drei Wochen Kampfflugzeuge<br />

auf Island stationiert. 2007 sagen<br />

Norwegen und Dänemark ihre Unterstützung<br />

bei <strong>der</strong> Überwachung und Sicherung<br />

des isländischen Luftraumes durch Jagdflieger<br />

und Seefernaufklärer zu. So scheint<br />

zunächst einmal alles in geordneten Bahnen.<br />

Man darf allerdings nicht übersehen,<br />

dass die politisch-strategische Bedeutung<br />

Islands wegen seiner geografischen Lage an<br />

<strong>der</strong> nördlichen Flanke <strong>der</strong> NATO auch nach<br />

dem Ende des Ost-West-Konfliktes nicht geschwunden<br />

ist.<br />

Im Gegenteil: Klimawandel und in <strong>der</strong><br />

Folge aufkommende Diskussionen um Hoheitsrechte<br />

in <strong>der</strong> Arktis könnten schon bald<br />

für neue Herausfor<strong>der</strong>ungen sorgen.<br />

Leinen los! 7-8/<strong>2012</strong> 29

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