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Wahrnehmen - Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg

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GEORG-SIMON-OHM<br />

HOCHSCHULE NÜRNBERG<br />

1<br />

Prof. Holger H. Ebert<br />

Einführung in die Psychologie<br />

der Wahrnehmung<br />

Wahlpflichtvorlesung Bachelor Design<br />

Fakultät Design


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

2<br />

PSYCHOLOGIE I Designrelevante Gebiete<br />

In der Wahrnehmungspsychologie wird erforscht, nach welchen<br />

Gesetzmäßigkeiten und wie Informationen aus der Umwelt aufgenommen<br />

und zu komplexen, vielschichtigen und bedeutsamen<br />

Sinneseindrücken verarbeitet werden.<br />

Bei elementaren Wahrnehmungsprozessen (engl. »perception«)<br />

spricht man von <strong>Wahrnehmen</strong>, bei höheren und weiterführenden<br />

Prozessen spricht man von Verstehen (engl. »cognition«)


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

3<br />

Aufmerksamkeit<br />

Zeichenerkennung<br />

Sensorische<br />

Register<br />

Visuell<br />

auditiv<br />

haptisch usw.<br />

Sinnesorgane<br />

Auge, Ohr, usw.<br />

Reize<br />

Langzeitgedächtnis (LZG)<br />

Deklaratives Wissen<br />

Prozeduales Wissen<br />

Kurzzeitgedächtnis (KZG)<br />

Arbeitsgedächtnis<br />

Kontrollierte kognitive<br />

Prozesse<br />

z.B. Entscheiden<br />

Elaborieren<br />

Gedächtnissuche<br />

Sprechen, Bewegungen des Arm-<br />

Hand-Finger-Systems usw.<br />

Augen- und Kopfbewegungen<br />

Wahrnehmung und Informationsverarbeitung (Wandmacher 1993)


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

4<br />

Psychologie der leeren Fläche


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

5<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

6<br />

Das Gesetz der Nähe<br />

besagt, daß sich bevorzugt<br />

diejenigen Elemente im<br />

Wahrnehmungsfeld zu einem<br />

Objekt zusammenschließen,<br />

deren Distanz voneinander<br />

am geringsten ist.<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

7<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

8<br />

Das Gesetz der Ähnlichkeit<br />

oder Gleichheit besagt, daß die<br />

Tendenz zum Zusammenschluß<br />

mit wachsender Ähnlichkeit bis hin<br />

zur Gleichheit von Elementen<br />

des Wahrnehmungsfeldes ansteigt.<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

9<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze: Nähe und Ähnlichkeit


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

10<br />

C<br />

A<br />

D<br />

B<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

11<br />

A<br />

C<br />

D<br />

Das Gesetz der guten<br />

Fortsetzung<br />

besagt, daß sich schneidende<br />

Konturen so interpretiert werden,<br />

daß die beteiligten Linien<br />

möglichst wenig geknickt oder<br />

gebogen erscheinen.<br />

B<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

12<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

13<br />

In der Mitte der Abbildung werden das<br />

kleine Quadrat und die beiden<br />

Rechtecke nach dem Gesetz der<br />

Schließung zur Figur. Das Gesetz der<br />

guten Fortsetzung führt dazu, daß das<br />

kleine Quadrat als Überschneidung<br />

zweier großer, vollständiger Rechtecke<br />

und nicht etwa als Hintergrund<br />

zwischen zwei Recht-ecken mit je einer<br />

rechtwinklig abgeschnittenen Ecke<br />

wahrgenommen wird.<br />

Das Gesetz der Schließung<br />

besagt, daß bei nahezu geschlossenen<br />

Konturen eine Tendenz besteht, die<br />

Kontur ganz geschlossen wahrzunehmen,<br />

wobei das Innere zur Figur,<br />

das Äußere zum Grund wird.<br />

Im unteren Teil der Abbildung<br />

konkurriert das Gesetz der Schließung<br />

(Wahrnehmung von drei trapezähnlichen<br />

geschlossenen Figuren mit je einer<br />

gekrümmten Kontur) eher erfolglos mit<br />

dem Gesetz der guten Fortsetzung<br />

(Überlagerung eines Bogens mit einer<br />

Orthogonalkontur).<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

14<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze - Gute Fortsetzung und Schließung


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

15<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

16<br />

Gestaltgesetz der Symmetrie<br />

Dieses Gesetz besagt, daß<br />

Zwischenräume zwischen<br />

symmetrischen Konturen<br />

unter sonst vergleichbaren<br />

Umständen eher zur Figur<br />

werden als Zwischenräume<br />

zwischen asymmetrischen<br />

Konturen.<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

17<br />

Wahrnehmung: Figur und Grund


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

18<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

19<br />

So gibt es wahrgenommene<br />

Komponentenzerlegungen, die<br />

ebenfalls Gestaltgesetzen folgen.<br />

Das Muster oben wird als Überlagerung<br />

einer Welle mit einer Orthogonalkontur<br />

wahrgenommen, beide Komponenten<br />

gliedern sich also nach dem Gesetz der<br />

guten Fortsetzung aus.<br />

Da die Gestaltgesetze festzulegen<br />

suchen, was im Wahrnehmungsfeld zur<br />

Figur, was zum Grund wird, folgt aus<br />

ihnen auch, welche Reizgegebenheiten<br />

als Ganzheiten, welche als ihre Einzelelemente<br />

wahrgenommen werden.<br />

Die logisch ebenso mögliche Zerlegung<br />

unten wird nicht wahrgenommen.<br />

Es kann gefolgert werden, daß die<br />

Wahrnehmung nach Gestaltgesetzen<br />

viele Gegebenheiten so interpretiert,<br />

daß ihre analytisch-geometrische<br />

Beschreibung ein Minimum an<br />

Information benötigt.<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

20<br />

Wahrnehmung: Gestaltgesetze, Figur-Grund, Räumlichkeit, Teil-Ganzes


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

21<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

22<br />

Vier Formen. Bei zufälliger Anordnung<br />

bleibt es bei einer reinen<br />

Formkonstellation. Systematische<br />

Bezüge(rechtes Bild) lassen jedoch<br />

subjektive oder virtuelle Formen<br />

entstehen.<br />

Das Gehirn denkt mit. Man sieht<br />

Dinge, die nicht da sind oder man<br />

sieht sie anders.<br />

Das Gehirn versucht immer Sinn<br />

aus dem Wahrgenommenen zu<br />

konstruieren, bzw. zu produzieren.<br />

Alles, was uns aus dem Wahrgenommenen<br />

gewahr wird, ist<br />

immer auch aktiv von uns erzeugt.<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

23<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

24<br />

Kreise oder Quadrate an den Schnittstellen? Karomuster an den Unterbrechungen<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


25<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive (virtuelle) Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

26<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

27<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

28<br />

Die Erkennung von Oberflächen<br />

und ihren Grenzen ist ein<br />

wichtiges Teilproblem, das die<br />

Wahrnehmung zu lösen hat.<br />

O!ensichtlich besitzt die<br />

visuelle Wahrnehmung deshalb<br />

in hohem Maße die Fähigkeit,<br />

feinste Hinweise auf objektive<br />

Konturen in der sichtbaren Welt<br />

auszuwerten.<br />

Auch zwischen Bereichen<br />

verschiedener Oberflächenbescha!enheiten<br />

(Textur)<br />

werden Grenzen wahrgenommen.<br />

Wahrnehmung: Oberflächen und subjektive/virtuelle Konturen


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

29<br />

Die Gestaltgesetze sind anschauliche, beschreibende<br />

Verallgemeinerungen von Eigenschaften unserer Wahrnehmung.<br />

Die Gestaltpsychologie konnte aber kaum umfassende, verallgemeinerund<br />

quantifizierbare Formulierungen ihrer „Gesetze“ vorlegen. Ihr Weg<br />

führte nicht zu einer streng wissenschaftlich gesicherten Theorie der<br />

Wahrnehmung.<br />

Ist man sich dieser Grenzen bewußt, sind die experimentellen<br />

Demonstrationen und die Formulierungen der Gestaltpsychologen<br />

ein großer Steinbruch von Ideen für die gute Gestaltung optischer<br />

Oberflächen.<br />

Es lassen sich daraus eine Reihe von Regeln ableiten.<br />

Die Erzeugung eines räumlichen Tiefeneindruckes ist dabei<br />

ein wesentliches Element einer guten Bildschirmgestaltung.<br />

Wahrnehmung: Folgerungen für die Bildschirmgestaltung


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

30<br />

Bei der Bildschirmgestaltung fällt er mit<br />

Ausnahme verhältnismäßig seltener<br />

Spezialfälle aus, da der Bildschirm selbst<br />

ja ein zweidimensionales Objekt darstellt.<br />

Vergenzwinkel<br />

Beim normalen Sehen in einer räumlichen<br />

Umgebung sind Vergenz und die<br />

Verrechnung der Querdisparation<br />

zusammen der wichtigste Mechanismus<br />

zur Konstruktion von Tiefe in der<br />

Wahrnehmung.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

31<br />

Vergenzwinkel<br />

Die Ausnahmen bestehen darin, daß man<br />

zwei Bildschirme vorsieht, mit der Hilfe<br />

eines Stereoskops jedem Auge nur einen<br />

davon darbietet. Und in die Darstellung<br />

selbst eine Querdisparation<br />

hineinrechnet, die dann zur gewünschten<br />

Tiefenwahrnehmung führt. So wird<br />

beispielsweise bei der virtuellen Realität<br />

(Cyberspace) verfahren.<br />

Die Bedeutung der Querdisparation ist für<br />

das Tiefensehen sehr groß, wird aber<br />

trotzdem oft überschätzt. Wie man aus<br />

den oft erstaunlichen Leistungen von<br />

Personen, die ein Auge verloren haben,<br />

erschließen kann, gibt es weitere sehr<br />

wirksame Mechanismen der<br />

Tiefenwahrnehmung.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

32<br />

Die statische Perspektive führt oft zu<br />

einem Tiefeneindruck, dem man sich kaum<br />

entziehen kann.<br />

Trapezförmig verlaufende Konturen im<br />

Netzhautbild gehen in unserer Zivilisation<br />

oft auf Parallelen in einer sich vom<br />

Betrachter entfernenden Ebene zurück.<br />

Dementsprechend werden sie unwillkürlich<br />

als Indikatoren räumlicher Tiefe<br />

ausgewertet.<br />

Dazu gehört auch die Tatsache, daß das<br />

Netzhautbild von Objekten bekannter und<br />

konstanter Größe umso kleiner ist, je<br />

weiter sie entfernt sind.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

33<br />

Nach dem Gesetz der Schließung<br />

und der guten Fortsetzung<br />

werden bei Netzhautbildern wie in<br />

nebenstehender Zeichnung zwei<br />

Objekte wahrgenommen, von<br />

denen das eine das andere<br />

räumlich verdeckt.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

34<br />

Während die beiden Netzhautbilder nur<br />

Verteilungen von Farb- und Helligkeitswerten<br />

in der Fläche darstellen, muß die<br />

Wahrnehmung die Werte dieser Variablen<br />

an jedem Netzhautpunkt in vier<br />

Komponenten zerlegen:<br />

a) den Ort und die räumliche Orientierung<br />

der zugehörigen Oberfläche<br />

b) ihre Reflexionseigenschaften (Farbe,<br />

Helligkeit, Grad der Zerstreuung des<br />

reflektierten Lichtes)<br />

c) Lichtquelle, Beleuchtung und<br />

d) räumliche Position des Beobachters.<br />

Dies führt zu einer präzisen Auswertung<br />

von Helligkeitsgradienten und Schatten.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

35<br />

Hat Quadrat A die<br />

gleiche Graustufe wie<br />

Quadrat B?<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe, Schatten & Farbe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

36<br />

Feine, mehr oder weniger regelmäßige<br />

Strukturen der Oberflächen werden<br />

Texturen genannt.<br />

Zeigt das Netzhautbild einer Textur<br />

eine Veränderung nach dem Ort in der<br />

Art der Abbildung links spricht man<br />

von Texturgradienten. Diese erzeugen<br />

so massive Eindrücke räumlicher Tiefe,<br />

daß /Gibson 1973/ einen<br />

Mechanismus der unmittelbaren<br />

Raumwahrnehmung (“Pick-up”) aus<br />

Texturgradienten postuliert hat.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


37<br />

Wahrnehmung : Räumliche Tiefe - Luftperspektive


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

38<br />

Reizmannigfaltigkeiten mit großer<br />

räumlicher Ausdehnung, vor allem<br />

Landschaften oder Städte, zeigen eine<br />

ausgeprägte Luftperspektive. Farb- und<br />

Helligkeitskontraste werden infolge von<br />

Lichtdispersion in der Luftsäule<br />

zwischen Objekt und Betrachter mit<br />

wachsendem Abstand geringer. Farben<br />

verlieren mit zunehmender Entfernung<br />

an Sättigung und werden in Richtung<br />

blaugrau verschoben.<br />

Für die Bildschirmgestaltung heißt das,<br />

daß man für Objekte, die eher in den<br />

Hintergrund treten sollen, verringerte<br />

Farb- und Helligkeitskontraste und<br />

ungesättigte Farben wählt.<br />

Alle genannten E!ekte lassen sich -<br />

auch in Kombination miteinander,<br />

massiv dazu ausnutzen, um auf<br />

Bildschirmanzeigen den Eindruck<br />

räumlicher Tiefe zu erzeugen.<br />

Das ist vor allem deshalb nützlich,<br />

weil räumliche Tiefe die Ausgliederung<br />

von Figur und Grund erleichtert.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

39<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe - Fließperspektive


Interaktionsdesign I Psychologie<br />

40<br />

Fließperspektive<br />

Bewegt sich ein Betrachter innerhalb einer<br />

räumlich ausgedehnten Szene, so<br />

bewegen sich die einzelnen Punkte des<br />

Netzhautbildes mit einer Geschwindigkeit<br />

und in einer Richtung, die nur von der<br />

Geschwindigkeit und Richtung dieser<br />

Eigenbewegung, der Blickrichtung und<br />

der Geometrie der Szene abhängt.<br />

Die menschliche Wahrnehmung ist<br />

außerordentlich gut zur Entdeckung<br />

bewegter Objekte in der Lage.<br />

Wahrnehmung: Räumliche Tiefe<br />

Im nicht fokussierten Teil des Gesichtsfeldes<br />

sind bewegte Objekte besonders<br />

dazu geeignet, die visuelle Aufmerksamkeit<br />

anzuziehen und damit einen Wechsel<br />

der Fokussierung auszulösen.

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