Stenografischer Bericht - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 15. Wahlperiode – 178. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005 16807<br />
Wolfgang Zöller<br />
(A)<br />
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU<br />
und der FDP)<br />
Klaus Kirschner (SPD):<br />
Herr Kollege Zöller, warum berücksichtigen Sie bei<br />
Ihrer Kritik – die rein statistisch sicherlich richtig ist –<br />
nicht, dass wir 1 Prozent Wachstum haben, und wieso<br />
wird in der öffentlichen Diskussion und bedauerlicherweise<br />
jetzt auch von Ihnen nicht berücksichtigt, dass wir<br />
4 Prozent des Bruttosozialprodukts ständig zum Aufbau<br />
der neuen Länder benötigen?<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ah, noch ein<br />
Entschuldigungsgrund! – Hildegard Müller<br />
[CDU/CSU]: Erst seit 1998 oder was?)<br />
– Ich weiß nicht, warum Sie dagegen sind. – Das ist ein<br />
West-Ost-Transfer, den man einmal viel deutlicher öffentlich<br />
machen müsste und an dem Sie selber – ich<br />
meine das im positiven Sinne – Ihren Anteil haben.<br />
Wieso wird das in der öffentlichen Diskussion nicht berücksichtigt?<br />
Warum stimmen Sie in diesen Chor mit<br />
ein?<br />
Beispiel zwei: Rentenpolitik. Noch im Jahre 1998<br />
hieß es im SPD-Wahlprogramm, dass die Kürzung des<br />
Rentenniveaus von 70 Prozent auf 64 Prozent viele<br />
Rentner zu Sozialhilfeempfängern machen würde. So<br />
dürfe man mit Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet<br />
hätten, nicht umgehen.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann kam das<br />
RV-Nachhaltigkeitsgesetz!)<br />
Dies kann ich voll unterstreichen. Nur, so wie die Regierung<br />
in den darauf folgenden Jahren mit den Rentnern<br />
umging, muss man ganz offen von Wahlbetrug sprechen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)<br />
Die Rentenversicherung hat durch diese Regierung einen<br />
massiven Vertrauensverlust erlitten. Nur durch manches<br />
Tricksen und Täuschen haben Sie es geschafft, den Beitragssatz<br />
stabil zu halten.<br />
(Peter Dreßen [SPD]: Herr Zöller, wir haben<br />
den Rentenbeitragsatz gesenkt! – Erika Lotz<br />
[SPD]: Von 20,3 Prozent auf 19,5 Prozent!)<br />
(C)<br />
(B)<br />
Wolfgang Zöller (CDU/CSU):<br />
Herr Kollege Kirschner, ich bin Ihnen sehr dankbar,<br />
dass sich jetzt auch die SPD endlich zur Wiedervereinigung<br />
bekennt<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und<br />
der FDP – Widerspruch bei der SPD)<br />
– ja, selbstverständlich –<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: War ja nicht immer<br />
so! – Gegenruf der Abg. Erika Lotz<br />
[SPD]: Das darf doch nicht wahr sein! Das haben<br />
wir immer getan!)<br />
und dazu, dass sie nicht ohne zusätzliche Kosten zu finanzieren<br />
war. Was Sie ausgeführt haben, kann ich voll<br />
und ganz unterstützen. Sie werden von mir aus gerne immer<br />
wieder in Anspruch nehmen können, dass dies auch<br />
ein Grund für diese Ausgabensteigerung ist; überhaupt<br />
kein Problem.<br />
(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)<br />
Ich will Rot-Grün aber an einigen Beispielen zeigen,<br />
warum sich die Armut entsprechend diesem <strong>Bericht</strong><br />
durch ihr ganz spezielles Handeln vergrößert hat. Der<br />
kleine Mann ist nämlich der Verlierer von Rot-Grün.<br />
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist<br />
es!)<br />
Beispiel eins: Ökosteuer. Die Ökosteuer ist so, wie<br />
Sie sie eingeführt haben, ungerecht. Denn Rentner, Studenten,<br />
Arbeitslose – die keine Sozialversicherungsbeiträge<br />
zahlen – dürfen die volle Ökosteuer tragen, profitieren<br />
aber nicht von der Senkung der Lohnnebenkosten.<br />
(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist<br />
es!)<br />
Daneben werden durch die Ökosteuer besonders Familien<br />
mit Kindern hoch belastet; denn sie verbrauchen<br />
zwangsläufig mehr Energie.<br />
Beispiel drei: Auch die Witwen werden durch Ihre<br />
Regelung gleich mehrfach geschröpft.<br />
Beispiel vier: Private Altersvorsorge. So wie sie ist,<br />
ist die private Altersvorsorge unsozial, da Gering- und<br />
Normalverdiener nur unzureichend unterstützt werden,<br />
während die Bezieher höherer Einkommen erhebliche<br />
Steuervorteile haben.<br />
Beispiel fünf: Wohneigentum. Wohneigentum ist<br />
nach wie vor die beliebteste und wirkungsvollste Form<br />
der Vermögensbildung für das Alter, gerade für kleine<br />
Leute. Ausgerechnet diese Form der Altersvorsorge ist<br />
von der Förderung praktisch ausgeschlossen.<br />
(D)<br />
(Peter Dreßen [SPD]: Sie wissen doch,<br />
warum!)<br />
Beispiel 6: Familienpolitik. Die Bundesregierung hat<br />
bei der Erhöhung des Kindergeldes Familien mit drei<br />
und mehr Kindern ausgeschlossen. Im von der Regierung<br />
vorgelegten Armutsbericht heißt es aber, dass gerade<br />
Familien mit zwei und mehr Kindern massiv von<br />
wirtschaftlicher Armut und verstärkter sozialer Ausgrenzung<br />
betroffen sind.<br />
Das siebte Beispiel betrifft die Alleinerziehenden.<br />
Die rot-grüne Bundesregierung strich den Haushaltsfreibetrag<br />
für Alleinerziehende.<br />
Warum habe ich diese Beispiele genannt? Ich habe es<br />
getan, weil dies typische Beispiele dafür sind, wie durch<br />
Ihr Handeln gerade der Personenkreis betroffen wurde,<br />
der jetzt im Armutsbericht als besonders arm dargestellt<br />
wird.<br />
(Erika Lotz [SPD]: Bundesverfassungsgerichtsurteil!)<br />
Sie können also nicht sagen, dass es Wirkungen von außen<br />
waren.<br />
(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)