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Luxemburg und der Darwinismus, ein historischer Rückblick - SNL

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sich diesem Ziele durch sinnliche Erfahrung<br />

<strong>und</strong> denkende Schlussfolgerung nähern. Sie<br />

betrachtet daher mit Gleichgültigkeit den<br />

Sturm des Unwillens, <strong>der</strong> sich gegen ihre Entdeckungen<br />

erhoben hat. Mächtig aufklärend,<br />

daher veredelnd wird sie überall <strong>ein</strong>wirken<br />

<strong>und</strong> so die Menschheit mehr <strong>und</strong> mehr ihrem<br />

ewigen Ziele zuführen: Durch das Licht <strong>der</strong><br />

Wahrheit zum Glück <strong>der</strong> Freiheit.“<br />

Dr. Aschman <strong>und</strong> Darwin<br />

Am 2. Januar 1875 war Darwins Buch „Insectivorous<br />

Plants“ herausgekommen. Zwei<br />

Jahre später lag die französische Übersetzung,<br />

„Les plantes insectivores“, vor (Darwin<br />

1877). Am 17. März 1877 hält <strong>der</strong> Arzt Dr.<br />

Édouard Aschmann (1820-1881) vor den<br />

versammelten Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> „Société<br />

botanique de Luxembourg“ <strong>ein</strong> kritisches<br />

Referat über dieses Werk, das bei s<strong>ein</strong>em<br />

Ersch<strong>ein</strong>en großes Aufsehen bei den Botanikern<br />

erregt habe (Aschman 1877).<br />

Entgegen den allgem<strong>ein</strong> verbreiteten Auffassungen<br />

über die Ernährung <strong>der</strong> Pflanzen<br />

<strong>und</strong> über die Rolle, welche die Blätter hierbei<br />

spielen, schreibe Darwin letzteren Funktionen<br />

zu, die bisher den Wurzeln vorbehalten<br />

schienen. Wenn auch Darwins Arbeit<br />

deutlich gezeigt habe, dass das insektenfressende<br />

Blatt das <strong>ein</strong>gefangene Tier festhält<br />

<strong>und</strong> es <strong>ein</strong>er Art Verdauung unterwirft, so<br />

müsse man sich doch fragen, ob es wirklich<br />

nachgewiesen sei, dass besagtes Blatt die<br />

Produkte dieser Verdauung absorbiere <strong>und</strong><br />

somit <strong>ein</strong>en Nahrungsbedarf <strong>der</strong> Pflanze<br />

abdecke. An Hand <strong>ein</strong>er Reihe von Beispielen<br />

von insektenfressenden Pflanzen geht<br />

Aschmann dieser Frage in s<strong>ein</strong>em Vortrag<br />

nach, wobei er k<strong>ein</strong>en Hehl daraus macht,<br />

dass es ihm schwerfalle, Darwins Ansichten<br />

über die Absorption <strong>der</strong> verdauten Stoffe<br />

durch die Blattoberfläche zu teilen.<br />

Hier die Schlussfolgerungen, die er s<strong>ein</strong>em<br />

aufmerksamen Publikum unterbreitet hat<br />

(Aschman 1877: 52f.):<br />

„La Dionée, le Rossolis, la Grassette sont des<br />

plantes organisées de manière à retenir par<br />

leurs feuilles diversement appropriées, les<br />

animalcules qui viennent à les toucher. Elles<br />

distillent à ce contact un fluide dans lequel il<br />

paraît se développer des traces de pepsine et<br />

il est probable qu‘elles doivent à la présence<br />

de ce corps la faculté d‘opérer la dissolution<br />

des substances animales azotées.“<br />

„Les ascidies de l‘Aldrovanda et de<br />

l‘Utriculaire sont des organes aquatiques<br />

dont le rôle physiologique est bien défini et<br />

nécessaire au développement de la plante. À<br />

un certain âge de leur vie, ces organes utriculaires<br />

contiennent souvent des insectes qui<br />

y sont retenus et y meurent; mais il n‘est pas<br />

démontré que ces insectes y soient digérés.“<br />

„Les ascidies des Sarracenia et des Nepenthes<br />

sont des organes aériens contenant un liquide<br />

qui doit à des traces de pepsine une certaine<br />

faculté digestive, réelle, mais très limitée et<br />

impuissante à empêcher la décomposition<br />

putride des substances animales quand elles<br />

excèdent des proportions minimes.“<br />

„Quelque remarquable que soit la digestion<br />

végétale dont nous devons la connaissance<br />

au génie de Darwin, son utilité alimentaire<br />

pour la plante est au moins encore problématique.“<br />

Im „<strong>Luxemburg</strong>er Wort“ vom 8. Oktober<br />

1877 (Kugener 1995: 20) wird Aschmanns<br />

Artikel kommentiert, wobei <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Initiale<br />

W. signierende Autor sich durch Aschmanns<br />

Ausführungen in s<strong>ein</strong>er Ablehnung<br />

des <strong>Darwinismus</strong> bestätigt sieht (W. 1877):<br />

„Es sind <strong>ein</strong>ige Jahre her, dass Darwin auf<br />

die Tatsache aufmerksam machte, dass es<br />

mehrere Pflanzen gibt, welche im Stande<br />

sind, Insekten zu fangen, zu töten <strong>und</strong> in<br />

<strong>ein</strong>em gewissen Sinne zu verdauen. Diese<br />

von Darwin beobachteten Pflanzen waren<br />

die Dionoea muscipula, die Drosera, die<br />

Aldrovanda vesiculosa, die Utricularia <strong>und</strong><br />

die Pinguicula. Seither hat <strong>der</strong> Direktor des<br />

botanischen Gartens von Kew, bei London,<br />

Hr. Dr. Hooker noch auf zwei an<strong>der</strong>e, die<br />

Sarracenia <strong>und</strong> den Nepenthes aufmerksam<br />

gemacht, welche die insektentötende Eigenschaft<br />

in noch höherm Grade besitzen; <strong>der</strong><br />

Nepenthes kann sogar kl<strong>ein</strong>e Vögel fangen<br />

<strong>und</strong> töten.“<br />

„Diese Miteilungen erregten beson<strong>der</strong>s bei<br />

den Anhängern Darwins <strong>ein</strong>e große Begeisterung.<br />

Schon längst hatten sie sich mit dem<br />

Wahne herumgetragen, dass es <strong>ein</strong>e Brücke<br />

geben müsse, welche von <strong>ein</strong>er Tierspecies<br />

zur an<strong>der</strong>n hinüberleitet, von <strong>der</strong> niedrigs-<br />

16 Bull. Soc. Nat. luxemb. 110 (2009)

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