18.11.2013 Aufrufe

PDF ausgabe 2013-09 - DEUTSCHE GESUNDHEITS NACHRICHTEN

PDF ausgabe 2013-09 - DEUTSCHE GESUNDHEITS NACHRICHTEN

PDF ausgabe 2013-09 - DEUTSCHE GESUNDHEITS NACHRICHTEN

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ausgabe | <strong>09</strong> 08. März <strong>2013</strong><br />

powered by<br />

Deutschland<br />

Lieferengpässe bei lebenswichtigen Arzneien<br />

Vor allem Generika könnten an deutschen Kliniken knapp werden. Die Krebstherapie steht vor einem ernsten Problem<br />

Die Kliniken in Deutschland klagen<br />

über massive Lieferengpässe bei lebenswichtigen<br />

Arzneien. „Diese Engpässe<br />

haben wirklich erschreckende Ausmaße<br />

angenommen“, zitiert die Ärztezeitung<br />

den Onkologen Gerhard Ehninger. In den<br />

vergangenen zwölf Monaten sei bei sechs<br />

verschiedenen Medikamenten die Lieferung<br />

ausgefallen. Betroffen sei vor allem<br />

die Krebstherapie. „Viele Krebserkrankungen<br />

sind wirklich Notfälle, die intensiv und<br />

sofort behandelt werden müssen“, sagt Ehninger.<br />

Wolf-Dieter Ludwig, Onkologe am<br />

Helios-Klinikum in Berlin, verdeutlicht<br />

das Problem mit den Lieferengpässen am<br />

Beispiel von Mechlorethamin, das in der<br />

Krebstherapie bei Kindern zum Einsatz<br />

kommt. Wenn dieses Medikament fehle,<br />

könnten Ärzte zwar alternativ Cyclophosphamid<br />

einsetzen. Doch hier liege die<br />

Zwei-Jahres-Überlebensrate mit 60 Pro-<br />

Krebserkrankungen sind oft Notfälle. Engpässe bei den nötigen Medikamenten verunsichern die<br />

Patienten.<br />

Foto: Flickr/TipsTimes<br />

Analyse<br />

Rekordzahl von Fehltagen wegen Depressionen<br />

Zwischen 1997 und 2012 hat sich die Zahl<br />

der durch psychische Erkrankungen ausgelösten<br />

Fehltage bei erwerbstätigen<br />

DAK-Versicherten mehr als verdoppelt.<br />

Im Jahr 1997 meldete sich nur circa jeder<br />

50. Erwerbstätige wegen Depressionen,<br />

Anpassungsstörungen oder anderen psychischen<br />

Erkrankungen krank. Doch 2012<br />

war es bereits jeder 22. Erwerbstätige,<br />

zitiert das Ärzteblatt den Gesundheitsreport<br />

<strong>2013</strong> der Krankenkasse. Im Gesundheitswesen<br />

und in der öffentlichen<br />

Verwaltung gab es besonders viele Fehltage<br />

aufgrund psychischer Erkrankungen.<br />

Studien belegen, dass psychische<br />

Störungen in der Bevölkerung seit Jahrzehnten<br />

nahezu gleich verbreitet sind.<br />

Die DAK erklärt die massive Zunahme der<br />

Fehltage ihrer Versicherten durch einen<br />

Bewusstseinswandel. „Das Bewusstsein<br />

und die Sensibilität von Ärzten und Patienten<br />

psychischen Erkrankungen gegenüber<br />

haben sich deutlich verändert“,<br />

zitiert das Ärzteblatt Herbert Rebscher,<br />

den Vorsitzenden der DAK.<br />

Bei der DAK-Untersuchung, für die<br />

mehr als 3.<strong>09</strong>0 Erwerbstätige befragt<br />

wurden, stellte sich heraus, dass Depressionen<br />

mit 85 Fehltagen pro 100 Arbeitnehmer<br />

die größte Rolle spielen. Das sind<br />

mehr als achtmal so viele Fälle wie beim<br />

in den Medien viel beachteten Burnout<br />

mit nur 10 Fehltagen pro 100 Arbeitnehmer.<br />

Die in der Studie befragten Ärzte<br />

sehen den Begriff Burnout zudem eher<br />

skeptisch, bewerteten es aber als positiv,<br />

dass die öffentliche Diskussion vielen Patienten<br />

geholfen habe, psychische Probleme<br />

anzusprechen.<br />

Als Ursachen für die Zunahme der<br />

Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen<br />

nannten die Mediziner Arbeitsverdichtung,<br />

Konkurrenzdruck und<br />

lange Arbeitszeiten. Und prekäre und<br />

kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse<br />

verschärften die psychischen Belastungen<br />

noch, sagten die Ärzte. Zudem hätten<br />

die circa 8 Prozent der ständig erreichbaren<br />

Mitarbeiter ein deutlich höheres Gesundheitsrisiko.<br />

Jeder Vierte von ihnen<br />

leide unter einer Depression. „Für diese<br />

kleine Gruppe hat der Wegfall der Grenze<br />

zwischen Beruf und Privatleben einen<br />

hohen Preis“, sagt der DAK-Vorsitzende<br />

Rebscher.<br />

Gregor Schulmeister<br />

1


powered by<br />

Ausgabe | <strong>09</strong>/13 08. März <strong>2013</strong><br />

zent deutlich niedriger als bei Mechlorethamin<br />

mit 85 Prozent, zitiert die Ärztezeitung<br />

den Onkologen.<br />

Bislang habe noch kein Patient einen<br />

Nachteil erlitten, meint Torsten Hoppe-<br />

Tichy vom Bundesverband der Krankenhausapotheker.<br />

Das liege auch daran, dass<br />

die Dokumentation und Transparenz von<br />

Engpässen derzeit dürftig sei, sagte er der<br />

Ärztezeitung. Krankenhausapotheker, Ärzte<br />

und die Kliniken fordern ein Risikomanagement<br />

– vor allem ein transparentes<br />

Meldesystem, Frühwarnungen, ein Register<br />

für Engpässe bei den Arzneibehörden<br />

und die Erhöhung der Lagervorräte.<br />

Die pharmazeutische Industrie beurteilt<br />

diese Forderungen kritisch. Frühwarnungen<br />

über erwartete Lieferausfälle<br />

könnten zu Hamsterkäufen führen und<br />

somit die Knappheit noch verschärfen.<br />

Zudem würden die wahren Ursachen<br />

durch ein Risikomanagement nicht bekämpft.<br />

Die Ursachen der Engpässe bei Arzneien<br />

liegen zum einen in den komplexen<br />

und störanfälligen Herstellungsvorgängen.<br />

Verunreinigungen etwa können<br />

dazu führen, dass ganze Chargen verworfen<br />

werden müssen. Zum anderen<br />

gibt es ökonomische Ursachen für die<br />

Engpässe. Die steigende weltweite Arbeitsteilung<br />

und die Konzentration auf<br />

immer weniger Anbieter spielen eine wesentliche<br />

Rolle. Auffällig ist zudem, dass<br />

ausschließlich Generika betroffen sind.<br />

Sobald nämlich das Patent einer Arznei<br />

abgelaufen ist, beginnt ein harter Preiskampf,<br />

sodass die Gewinnmargen sehr<br />

gering sind.<br />

Innovation<br />

Herzgewebe wird aus unbefruchteten Eizellen gezüchtet<br />

Deutsche Forscher züchteten aus Stammzellen Herzgewebe. Das Verfahren wurde nun erstmals an Mäusen getestet<br />

Forscher hoffen, dass aus Stammzellen gezüchtetes Gewebe in Zukunft auch bei herzkranken Menschen eingesetzt werden kann.<br />

Foto: Wikimedia/National Cancer Institute<br />

Stammzellen, das medizinische Allheilmittel?<br />

Wissenschaft und Medizin erwarten<br />

sich jedenfalls viel von den angeblichen<br />

Alleskönnern. Einem Forscherteam<br />

aus Göttingen ist es nun gelungen, aus<br />

Stammzellen Herzgewebe zu züchten. Die<br />

Stammzellen wurden aus unbefruchteten<br />

Eizellen hergestellt. Diese parthenogenetischen<br />

Stammzellen (PS-Zellen) wurden<br />

im Experiment mit Mäusen gewonnen.<br />

Das daraus entstandene Herzgewebe lässt<br />

sich bei den Tieren therapeutisch zur<br />

Reparatur von Herzinfarkten einsetzen.<br />

Unbefruchtete Eizellen können „ein vielversprechendes<br />

Ausgangsmaterial für die<br />

gewebezüchtungsbasierte Behandlung<br />

von Herzmuskelschwäche nach Myokardinfarkt<br />

sein“, sagt Wolfram-Hubertus Zimmermann,<br />

Senior-Autor der Studie.<br />

Die PS-Zellen sind immunologisch<br />

„einfacher gestrickt“ als andere Stammzellen.<br />

Das sei ein großer Vorteil. „Mit<br />

künstlichem Herzgewebe aus parthenogenetischen<br />

Stammzellen kommt es zu<br />

keinen oder besser kontrollierbaren Abstoßungsreaktionen“,<br />

erklärt Michael Didié,<br />

Erst-Autor der Stammzellstudie. Das<br />

2


powered by<br />

Ausgabe | <strong>09</strong>/13 08. März <strong>2013</strong><br />

gelte sogar für Implantationen in nicht<br />

verwandte Empfänger.<br />

Ob sich das Verfahren von der Maus<br />

auf den Menschen übertragen lässt,<br />

müssten Folgeuntersuchungen klären.<br />

Zusätzliche Eizellenspenden sind für die<br />

Forscher jedenfalls nicht notwendig. Allein<br />

in Deutschland werden jährlich rund<br />

60.000 unbefruchtete Eizellen verworfen,<br />

weil sie für eine künstliche Befruchtung<br />

nicht geeignet sind. Darauf greift das<br />

Forscherteam aus Göttingen zurück.<br />

Der Weg zur klinischen Anwendung<br />

der Stammzellen beim Menschen sei<br />

noch weit. Doch Zimmermann ist zuversichtlich.<br />

„Die zellbasierte Gewebereparatur<br />

bietet eine spannende Perspektive.“<br />

Nicht nur für Patienten mit Herzmuskelschwäche,<br />

„sondern vermutlich auch für<br />

die Behandlung von Patienten mit anderen<br />

lebensbedrohlichen Erkrankungen“.<br />

Forschung<br />

Stimmerkennung beginnt im Mutterleib<br />

Kinder können möglicherweise bereits während der Schwangerschaft Stimmen erkennen und verschiedene Silben unterscheiden<br />

Viele Hirnforscher sind überzeugt,<br />

dass die Föten in den letzten Wochen<br />

vor der Geburt bereits mehr oder weniger<br />

verständig hören können. Schließlich ist<br />

die Entwicklung des Innenohrs bereits in<br />

der 23. Schwangerschaftswoche so weit<br />

abgeschlossen, dass akustische Signale in<br />

Nervenimpulse umgewandelt werden. In<br />

den letzten Schwangerschaftswochen ist<br />

auch das Gehirn so weit gereift, dass die<br />

Signale verarbeitet werden könnten. Einen<br />

Beweis für das verständige Hören liefert<br />

jetzt ein Team der Université de Picardie<br />

Jules Verne in Amiens in Frankreich.<br />

Die Forscher haben zwölf Kinder untersucht,<br />

die zu früh – zwischen der 28.<br />

und 32. Woche – geboren wurden und<br />

keine Hinweise auf Schäden des Nervensystems<br />

aufwiesen. Während die Frühgeborenen<br />

schliefen, wurden ihnen männliche<br />

und weibliche Stimmen vorgespielt.<br />

Gleichzeitig wurde ihre Hirnaktivität mittels<br />

Nahinfrarotspektroskopie gemessen.<br />

Dabei wird anhand der Absorption von<br />

Infrarotstrahlen auf die Sauerstoffsättigung<br />

im Hirngewebe geschlossen. Die Sättigung<br />

sinkt in stoffwechselaktiven Hirnregionen,<br />

da aktive Hirnzellen vermehrt<br />

Sauerstoff verbrauchen.<br />

Die Hirnaktivität der Kinder veränderte<br />

sich, wenn ihnen zunächst eine Zeit<br />

lang eine männliche Stimme vorgespielt<br />

Das Hören verschiedener Stimmen veränderte bei Frühgeborenen die Hirnaktivität.<br />

und dann auf eine weibliche Stimme gewechselt<br />

wurde. Die Forscher schließen<br />

Wikimedia Commons/Jens Langner<br />

daraus, dass das Gehirn zwischen den beiden<br />

Stimmen unterscheiden kann. Selbst wachsenen zur Spracherkennung genutzt Mit der Stimme der Mutter verbinden<br />

der Wechsel zwischen verschiedenen werden.<br />

den Menschen von Anfang an Gefühle<br />

Silben wie „ga“ oder „ba“ löste im Gehirn Die Ergebnisse könnten aber erklären, und Erinnerungen. Daher ist die Muttersprache<br />

bei einer Sprachstörung nicht so<br />

der Frühgeborenen eine Reaktion aus. Der warum Kinder schon bald nach der Geburt<br />

Wechsel der Hirnaktivität fand dabei an zwischen der Stimme ihrer Mutter und anderen<br />

Stimmen unterscheiden können. Die Stiftung Deutsche<br />

schwer betroffen wie eine Fremdsprache.<br />

denselben Regionen statt, die auch von Er-<br />

Schlaganfall-Hilfe<br />

3


powered by<br />

Ausgabe | <strong>09</strong>/13 08. März <strong>2013</strong><br />

berichtet von einem spanischen Patienten,<br />

der als junger Mann nach Deutschland<br />

kam. Er lernte die deutsche Sprache<br />

schnell und sprach sie fortan fließend<br />

neben seiner Muttersprache. Im Juni<br />

2005 erlitt er im Alter von 53 Jahren einen<br />

schweren Schlaganfall. Die Folgen<br />

waren eine halbseitige Lähmung und<br />

eine Sprachstörung. Diese hat sich bald<br />

zurückgebildet, jedoch nur in seiner Muttersprache<br />

Spanisch. „In Deutsch spricht<br />

er bis heute kaum mehr als ja und nein“,<br />

berichtet seine Ehefrau.<br />

„Die Fremdsprache ist störanfälliger<br />

als die Muttersprache“, erläutert dazu<br />

Holger Grötzbach, Leiter der Sprachtherapie<br />

in der Asklepios-Klinik Schaufling.<br />

Er sieht die entscheidende Ursache dafür<br />

in der emotionalen Bindung zur „Muttersprache,<br />

weil sie mit der Biografie und<br />

vielen Erinnerungen verbunden ist“.<br />

Therapie<br />

Baby soll von AIDS geheilt worden sein<br />

US-Mediziner sollen das HI-Virus aus dem Körper eines infizierten Säuglings fast vollständig entfernt haben<br />

Vor allem in afrikanischen Ländern südlich der Sahara ist die HIV-Infektionsrate hoch.<br />

Foto: Flickr/Jonrawlinson<br />

US-Medizinern ist es nach eigenen Angaben<br />

gelungen, ein Baby zu heilen,<br />

das mit dem HI-Virus infiziert war. Die<br />

Virologen präsentierten den Fall auf einem<br />

Fachkongress in Atlanta im US-Bundesstaat<br />

Georgia. Das HI-Virus sei nicht<br />

gänzlich aus dem Körper des Kindes verschwunden.<br />

Allerdings sei die Menge der<br />

Viren mittlerweile derart gering, dass das<br />

Immunsystem des Kindes sie selbstständig<br />

kontrollieren könne. Eine unterstützende<br />

Behandlung sei nicht mehr nötig.<br />

„Sie können diesen Fall, den wir gesehen<br />

haben, als nahe an einer Heilung, wenn<br />

nicht sogar als eine Heilung betrachten“,<br />

zitiert Die Welt Anthony Fauci, Immunologe<br />

des amerikanischen National Institute<br />

of Health (NIH).<br />

Das HI-Virus war bei der Mutter des<br />

Kindes erst festgestellt worden, als diese<br />

bereits in den Wehen lag. Bereits 30 Stunden<br />

nach der Geburt begannen die Ärzte<br />

an der Universität von Mississippi beim<br />

Säugling mit der antiretroviralen Therapie<br />

– obwohl eine Infektion mit HIV noch<br />

nicht bestätigt worden war. Die frühe Behandlung<br />

habe die Erkrankung gestoppt,<br />

bevor das Virus schlafende Zellen bilden<br />

konnte, zitiert Die Welt Deborah Persaud<br />

vom Johns Hopkins Children‘s Center. HI-<br />

Viren können sich in den Lymphknoten<br />

absetzten und dort als schlafende Zellen<br />

jahrelang inaktiv sein. Wird die Behandlung<br />

abgebrochen, weil im Blut keine aktiven<br />

Erreger mehr nachgewiesen werden,<br />

ist es möglich, dass die Viren wieder „auf-<br />

4


powered by<br />

Ausgabe | <strong>09</strong>/13 08. März <strong>2013</strong><br />

wachen“ und sich ausbreiten.<br />

Aus diesem Grund reagieren Experten<br />

skeptisch auf die Sensationsmeldung<br />

aus den USA. „Wir haben so viele Patienten<br />

beobachtet, die hochaktiv antiretroviral<br />

behandelt worden sind – auch Kinder –<br />

und eine Heilung haben wir nie gesehen“,<br />

sagt Bernhard Ruf, Aidsexperte vom Klinikum<br />

St. Georg in Leipzig in einem Interview<br />

mit der Süddeutschen Zeitung. Man<br />

dürfe nicht glauben, dass eine Therapie<br />

das Virus vollständig vernichten und ein<br />

Infizierter seine Medikamente irgendwann<br />

absetzten könnte. „Für mich ist immer<br />

noch Stand der Erkenntnis: Einmal<br />

HIV – immer HIV, einmal Behandlung –<br />

lebenslang Behandlung“, so Ruf.<br />

Auch Norbert Vetter, Experte für die<br />

Immunschwächekrankheit am Wiener<br />

Otto-Wagner-Spital, will noch nicht von<br />

einer Heilung sprechen. „Die Nachbeobachtungszeit<br />

ist viel zu kurz, es kann erst<br />

die Zukunft zeigen, ob es wirklich gelungen<br />

ist, die Viren so zu beeinträchtigen,<br />

dass sie nicht wieder auftreten“, sagte der<br />

Primararzt der österreichischen Zeitung<br />

Der Standard.<br />

Derzeit sterben weltweit jährlich rund<br />

1,7 Millionen Menschen an Aids und den<br />

Folgeerkrankungen. Neuinfektionen mit<br />

dem HI-Virus sind innerhalb eines Jahrzehnts<br />

um 19 Prozent zurückgegangen.<br />

Die Zahl der Aids-Toten ist seit dem Jahr<br />

2005 um 26 Prozent gesunken, auch wegen<br />

besserer Behandlungsmethoden.<br />

HIV-Infizierte müssen sich lebenslang der<br />

antiretroviralen Therapie (ART) unterziehen.<br />

Im Idealfall nimmt die Anzahl der<br />

Viren im Körper dermaßen ab, dass HIV<br />

praktisch nicht mehr nachweisbar ist. In<br />

Entwicklungsländern, vor allem in afrikanischen<br />

Regionen südlich der Sahara,<br />

ist die HIV-Infektionsrate jedoch immer<br />

noch hoch. Knapp 23 Millionen Menschen<br />

sind in diesem Gebiet mit HIV infiziert.<br />

Unternehmen<br />

Trotz Rekord-Umsatzes: Weniger Gewinn für Bayer<br />

Bayer arbeitet an einem neuen Medikament gegen Lungenhochdruck. Es soll Umsätze von bis zu einer halben<br />

Milliarde Euro bringen.<br />

Foto: Screenshot<br />

Rückstellungen in Milliardenhöhe für Rechtsstreitigkeiten haben den Gewinn des Pharma-Riesen Bayer reduziert<br />

Der Gewinn des Chemie- und Pharmakonzerns<br />

Bayer ist 2012 wegen ein Prozent weniger als 2011. Der Konzern-<br />

ein Plus von 2,4 Milliarden Euro. Das ist<br />

Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten umsatz kletterte im vergangenen Jahr um<br />

um Verhütungsmittel und wegen anderer<br />

Sonderlasten gesunken. Allein für Klagen<br />

in den USA wegen der Nebenwirkungen der<br />

Verhütungsmittel Yaz und Yasmin hat Bay-<br />

8,8 Prozent auf 39,76 Milliarden Euro, den<br />

höchsten Wert der Firmengeschichte. Auch<br />

für das laufende Jahr sagt Vorstandschef<br />

Marijn Dekkers einen weiteren Anstieg des<br />

er im vergangenen Jahr 1,18 Milliarden Euro<br />

zurückstellen müssen, berichtet die Online-<br />

Ausgabe des Ärzteblatts. Hinzu kamen unter<br />

anderem 396 Millionen Euro für Umbauten<br />

im Unternehmen, so der Konzern.<br />

Der Gewinn vor Steuern und Zinsen<br />

ging laut Bayer 2012 im Vergleich zum<br />

Vorjahr um 4,6 Prozent auf 3,96 Milliarden<br />

Euro zurück. Unter dem Strich blieb<br />

Umsatzes voraus. „Wir erwarten für <strong>2013</strong><br />

und darüber hinaus eine Fortsetzung des<br />

Rekordkurses“, zitiert das Ärzteblatt den<br />

Bayer-Vorstandschef.<br />

Mit einem neuen Medikament will<br />

Bayer seinen Umsatz weiter steigern. Die<br />

Tablette Riociguat gegen Lungenhochdruck<br />

soll einen jährlichen Spitzenumsatz<br />

von 500 Millionen Euro bringen, berichtet<br />

die Nachrichtenagentur Reuters. Anfang<br />

März legte der Konzern Zwischenergebnisse<br />

einer Langzeitstudie vor, nach denen<br />

das Mittel Patienten mit chronischem<br />

thrombo-embolischen Lungenhochdruck<br />

(CTEPH) helfen kann. Bei dieser Erkrankung<br />

führen durch Blutgerinnsel verursachte<br />

Verstopfungen in den Lungengefäßen zu<br />

erhöhtem Druck in den Lungenarterien.<br />

Das Mittel habe die Leistungsfähigkeit der<br />

Patienten verbessert und sei insgesamt gut<br />

vertragen worden. Laut Bayer gibt es derzeit<br />

noch keine zugelassenen Medikamente<br />

zur Behandlung von CTEPH. Im Februar<br />

hat der Pharmakonzern in Europa und den<br />

USA die Zulassung des Medikaments beantragt.<br />

Zuletzt in die Kritik kam Bayer durch<br />

Todesfälle in Frankreich, die angeblich von<br />

der Anti-Babypille Diane-35 verursacht<br />

wurden. Innerhalb der letzten 25 Jahre sollen<br />

vier Frauen an durch die Pille hervorgerufenen<br />

Blutgerinnseln gestorben sein. In<br />

Frankreich wurden bereits vereinzelt Klagen<br />

gegen den Bayer-Konzern eingereicht.<br />

Das Präparat Diane-35 soll in den nächsten<br />

Monaten vom französischen Markt<br />

genommen werden. Für den riesigen<br />

Konzern ist die drohende Aufhebung der<br />

Marktzulassung aber keine finanzielle Bedrohung.<br />

Schließlich ist der Jahresumsatz<br />

von Diane-35 mit 180 Millionen nur ein<br />

Bruchteil des Rekordumsatzes von 2012.<br />

5


Lebensmittelskandal<br />

Giftiger Fisch in Thunfischdosen<br />

powered by<br />

Ausgabe | <strong>09</strong>/13 08. März <strong>2013</strong><br />

Ob im Restaurant oder im Geschäft: Mehr als die Hälfte des in den USA verkauften Fischs ist falsch gekennzeichnet<br />

Von 2010 bis 2012 nahm die gemeinnützige<br />

Organisation Oceana in 21<br />

US-Bundesstaaten über 1.200 Proben von<br />

Meeresfrüchten und Fisch. Mehr als ein<br />

Drittel der landesweit genommenen Proben<br />

wurde falsch gekennzeichnet, so das<br />

Ergebnis der Studie. Vor allem Proben, die<br />

als Thunfisch oder Red Snapper ausgegeben<br />

wurden, beinhalteten nach ausführlichen<br />

DNA-Tests gar nicht den angegebenen<br />

Fisch. 74 Prozent der aus Sushibars<br />

entnommenen Proben waren falsch gekennzeichnet,<br />

bei den Restaurants lag das<br />

Ergebnis bei 38 Prozent und in den Lebensmittelgeschäften<br />

bei 18 Prozent.<br />

So wurden beispielsweise billige<br />

Zuchtfische wie Tilapia als Red Snapper<br />

verkauft – ähnliches zeigte sich beim<br />

Thunfisch, wo die Fälle des aufgedeckten<br />

Betrugs auch sehr hoch waren. 59 Prozent<br />

der als Thunfisch ausgegebenen Fische<br />

waren falsch gekennzeichnet, warnt Oceana.<br />

Besonders beim weißen Thunfisch<br />

wurden massive Betrügereien offenbar:<br />

84 Prozent der als weißer Thunfisch gekennzeichneten<br />

Proben enthielten tatsächlich<br />

Escolar – auch unter den Namen<br />

Foto: Flickr/Universitetssykehuset Nord-Norge<br />

Drei Viertel der aus Sushi-Restaurants entnommenen Fischproben waren falsch gekennzeichnet.<br />

Butterfisch oder Schlangenmakrele bekanntbrechen<br />

führen kann. Sowohl in den USA sich als falsch gekennzeichnet heraus.<br />

Der Verkauf des Escolar als weißer als auch in der EU warnen die Gesundheitsbehörden<br />

deshalb vor dem Verzehr in New York war Etikettenschwindel.<br />

Mehr als drei Viertel des getesteten Sushis<br />

Thunfisch ist „nicht nur illegal, sondern<br />

kann auch zu schweren gesundheitlichen des Fisches. Italien und Japan haben ihn Da sich die Untersuchungen von Oceana<br />

nur auf Meeresfrüchte und Fische<br />

Problemen“ führen, so die Studie. Der sogar verboten.<br />

Escolar enthält ein natürlich vorkommendes<br />

Gift, Gempylotoxin, das beim Verzehr besonders großes Problem mit der Ver-<br />

nicht möglich festzustellen, an welchem<br />

New York hat der Studie zufolge ein beschränkte, die verkauft wurden, war es<br />

größerer Mengen zu schweren Magen- brauchertäuschung. 94 Prozent der aus Abschnitt der Lieferkette der Betrug stattfand.<br />

Darm-Problemen, Kopfschmerzen und Er-<br />

New York genommenen Proben stellten<br />

Skandal-Arzt<br />

Krimineller niederländischer Arzt arbeitete in Deutschland<br />

In Heilbronn wurde ein Neurologe enttarnt, der in den Niederlanden neun Patienten durch Behandlungsfehler tötete<br />

Ein Neurologe hat in den Niederlanden das Leben, nachdem ihm fälschlicherweise<br />

Alzheimer diagnostiziert wurde niedergelegt, wodurch sein Eintrag aus der<br />

ne Lizenz in den Niederlanden freiwillig<br />

zwischen 1998 und 2003 seinen Patienten<br />

fatale Fehldiagnosen gestellt. Ihm<br />

wird vorgeworfen, dass dadurch insgesamt<br />

neun seiner Patienten ums Leben<br />

kamen. Einer von ihnen nahm sich sogar<br />

– und der Mann der Diagnose Glauben<br />

schenkte.<br />

Auf Druck der Krankenhausleitung<br />

hat der Arzt schließlich im Jahr 2006 sei-<br />

Liste der registrierten Ärzte gelöscht wurde.<br />

Nun kam heraus, dass der Mediziner in<br />

einem SLK-Krankenhaus in Heilbronn bis<br />

jetzt aber weiterhin praktiziert hat. Ganz<br />

6


powered by<br />

Ausgabe | <strong>09</strong>/13 08. März <strong>2013</strong><br />

legal, mit gültiger deutscher Approbation.<br />

Die Neurologie am Klinikum in Heilbronn<br />

teilte jedoch mit, dass während dieser Zeit<br />

keine Patienten zu Schaden gekommen<br />

seien. Die zu diesem Ergebnis notwendigen<br />

Prüfgutachten will Thomas Jendges<br />

von der Heilbronner Krankenhaus-Gesellschaft<br />

allerdings rechtlich erstreiten.<br />

Hierbei handelt es sich einem Bericht der<br />

Heilbronner Stimme zufolge um einen<br />

Betrag von 100.000 Euro, der dem niederländischen<br />

Skandal-Arzt Dr. J. S. zu Lasten<br />

gelegt wird.<br />

Der Beschuldigte will seinerseits die<br />

ausgesprochene Kündigung durch die<br />

Heilbronner Klinik anfechten. Allerdings<br />

hatte er seine Tätigkeit in Heilbronn zunächst<br />

freiwillig niedergelegt, woraufhin<br />

ihm die Personalabteilung der Klinik die<br />

Kündigung aussprach. Die Fronten sind<br />

verhärtet. Zu einer außergerichtlichen<br />

Einigung werde es vermutlich nicht kommen,<br />

heißt es aus Kreisen der Klinikgesellschaft.<br />

Obwohl der Arzt in den Niederlanden für den Tod von neun Menschen verantwortlich war, konnte er<br />

problemlos an einer deutschen Klinik Arbeit finden.<br />

Foto: Flickr/Scarygami<br />

Eine weitere Klage erhebt die Klinik<br />

gegen die Arbeitsagentur, die den beschuldigten<br />

Mediziner nach Heilbronn<br />

vermittelt hat. Durch weitreichende Haftungsausschlüsse<br />

in den AGBs der Agentur<br />

sei ein Rechtsanspruch nahezu ausgeschlossen.<br />

„Daher werden wir angesichts<br />

des Prozesskostenrisikos auf juristische<br />

Schritte verzichten“, heißt es in einer SLK-<br />

Erklärung.<br />

Die medizinischen Behörden sind<br />

derzeit noch nicht dazu verpflichtet, Informationen<br />

über das Personal EU-weit<br />

untereinander auszutauschen. Das hat<br />

zur Folge, dass Mediziner, genau wie alle<br />

anderen Arbeitskräfte auch, in allen Ländern<br />

der EU arbeiten dürfen. Voraussetzung<br />

ist die Erteilung einer gültigen Arbeitserlaubnis<br />

in dem jeweiligen Land.<br />

Die Personalabteilung der Heilbronner<br />

Klinik musste sich umständlich bei<br />

dem früheren niederländischen Arbeitgeber<br />

über die medizinischen Fähigkeiten<br />

des betreffenden Arztes informieren.<br />

Sprachbarrieren und unterschiedliche Organisationsstrukturen<br />

erschweren in solchen<br />

Fällen aber den Informationsfluss:<br />

Meist scheitert es daran, den oder die Zuständigen<br />

ans Telefon zu bekommen, berichtet<br />

der EUobserver.<br />

Die EU-Kommission will nun ein<br />

proaktives Warnsystem einführen. In Zukunft<br />

sollen die Kliniken dazu verpflichtet<br />

werden, Fehlbehandlungen und Fehldiagnosen<br />

an eine zentrale Stelle zu melden,<br />

wenn die Mediziner dadurch ihre Lizenz<br />

verloren haben. Innerhalb von 48 Stunden<br />

können die Personalabteilungen der EU-<br />

Kliniken dann diese Informationen durch<br />

das Interne Markt-Informations-System<br />

(IMI) abrufen.<br />

Der Vorschlag der EU soll von Kommission<br />

und Parlament im Juli bestätigt<br />

werden. Dann muss die Initiative jedoch<br />

noch in nationales Recht umgesetzt werden.<br />

Bis es soweit ist, müssen aber noch<br />

einige Fragen geklärt werden: Während<br />

Dänemark, Großbritannien und Irland<br />

auf mehr Transparenz pochen, verweisen<br />

Deutschland, Frankreich und Polen auf<br />

datenschutzrechtliche Probleme.<br />

Fehlbehandlungen, die nicht zum<br />

Verlust der Arbeitserlaubnis führen, sollen<br />

weiterhin von der Meldepflicht befreit<br />

bleiben. Im vergangenen Jahr zogen<br />

43.919 Ärzte innerhalb Europas in ein anderes<br />

Mitgliedsland, um dort zu praktizieren.<br />

Damit gehören die Mediziner zu der<br />

zweitgrößten migrierenden Berufsgruppe<br />

in Europa.<br />

Impressum Herausgeber: Dr. Michael Maier. Redaktion: Thomas Gollmann, Anika Schwalbe, Gregor Schulmeister. Layout: Britta Frenzel. Copyright:<br />

Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033.<br />

Email: info@blogformgroup.com. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: abo@blogformgroup.com. Mediadaten:<br />

media@blogformgroup.com. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!