Roma, Sinti und Jenische in der Schweiz - La Prairie
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Viele dieser Anschuldigungen, etwa diejenige, „Spione“ o<strong>der</strong> „Verbündete“ <strong>der</strong> „An<strong>der</strong>en“,<br />
<strong>der</strong> „Fe<strong>in</strong>de“ zu se<strong>in</strong>, machen den <strong>Roma</strong> bis heute das Leben schwer, so auch <strong>in</strong> den Kriegen,<br />
Vertreibungen <strong>und</strong> Pogromen <strong>in</strong> Osteuropa nach dem Zusammenbruch <strong>der</strong> sozialistischen<br />
System, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch im nach dem Tod von Josip Broz Tito ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>dividierten Ex-<br />
Jugoslawien.<br />
Vorurteilslose Menschen sahen aber auch schon früher die <strong>Roma</strong> an<strong>der</strong>s, positiver, <strong>und</strong> dies<br />
aufgr<strong>und</strong> eigener, konkreter Erfahrungen mit Menschen aus diesen Gruppen.<br />
So reiste <strong>der</strong> grosse Kupferstecher Jacques Callot (1592 – 1635) , <strong>der</strong> <strong>in</strong> jungen Jahren auf<br />
eigene Faust aus se<strong>in</strong>er Heimat Lothr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>s damalige Mekka <strong>der</strong> Künstler, nach Rom,<br />
gelangen wollte, <strong>in</strong> Gesellschaft e<strong>in</strong>er Gruppe von <strong>Roma</strong> sicher durch die <strong>Schweiz</strong>, wo damals<br />
das Risiko, als Reisen<strong>der</strong> ausgeraubt o<strong>der</strong> gar erschlagen zu werden, vergleichsweise hoch<br />
war. Callot revanchierte sich später mit e<strong>in</strong>er Serie von Darstellungen <strong>der</strong> <strong>Roma</strong>, die e<strong>in</strong> recht<br />
genaues Bild von ihrer damaligen Art zu reisen gaben.<br />
Die Erfahrungen <strong>und</strong> die Darstellung Callots zeigen auch, dass es den Obrigkeiten trotz<br />
wil<strong>der</strong> Entschlossenheit <strong>und</strong> blutigem Durchgreifen nicht gelang, die <strong>Roma</strong> aus Zentral- <strong>und</strong><br />
Westeuropa zu vertreiben. Aber die Vertreibungspolitik hielt an. H<strong>in</strong>zu kam die Verwendung<br />
<strong>der</strong> Gefangenen als Galeerensklaven, was oft <strong>der</strong>en frühen Tod bedeutete, sowie die<br />
Deportation ganzer Familien nach Übersee, weshalb es auch <strong>in</strong> Nord- <strong>und</strong> Südamerika sowie<br />
<strong>in</strong> Australien zahlreiche <strong>Roma</strong> gibt. Die erstmals Gefassten wurden meist zunächst mit e<strong>in</strong>em<br />
Brandzeichen versehen o<strong>der</strong> am Ohr geschlitzt, bevor sie verprügelt <strong>und</strong> über die Grenze<br />
gejagt wurden; verhaftete man sie zum zweiten Mal, wurden die die angedrohten<br />
Kapitalstrafen vollzogen.<br />
Im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert führten die Kanzleien <strong>der</strong> deutschen Fürstentümer, aber auch <strong>der</strong><br />
eidgenössischen Orte, immer genauere Listen <strong>der</strong> kollektiv Verfolgten, welche auch die<br />
Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> umfassten. Die Verfasser dieser Listen unterschieden mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
genau zwischen „Heiden“ respektive „Zigeunern“ sowie jenischen <strong>und</strong> jüdischen Verfolgten,<br />
welche sie jedoch allesamt unter Oberbegriffe wie „Gauner“ o<strong>der</strong> „Ges<strong>in</strong>del“ subsumierten.<br />
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