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Inhalt I. Einleitung ...........................................................

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GUSTAV MAHLER: REVELGE. GEDICHTINTERPRETATION UND MUSIKALISCHE ANALYSE.<br />

Mit der sechsten Strophe wird erneut die Perspektive gewechselt, diesmal zum<br />

auktorialen Erzähler. Die sechste bis letzte Strophe führen vor allem die Sinnlosigkeit<br />

und Unerbittlichkeit des Krieges vor Augen, in dem Soldaten tatsächlich bis in ihren<br />

Tod kämpfen müssen, selbst wenn die Situation völlig ausweglos ist. Dabei verkörpert<br />

der feindliche Soldat nicht etwa das „Böse“, vielmehr wird er als gleichwertiger Mensch<br />

dargestellt. Denn obwohl der Feind offensichtlich gerade den Sieg errungen hat,<br />

begegnen ihm trotzdem die Schrecken, die toten und verrenkten Körper, die auf dem<br />

Schlachtfeld kreuz und quer liegen. Kein Sieg ist ohne Verluste, sicherlich finden sich<br />

Tote und Verletzte beider Seiten auf dem Schlachtfeld.<br />

Und weiter schlägt der dem Tod geweihte Tambour „die Trommel auf und nieder“.<br />

Dieses Geräusch bietet ihm das letzte Festhalten am Leben. „Sie sind vorm<br />

Nachtquartier schon wieder“ – Wer sind „Sie“? Die zurückweichenden Brüder oder der<br />

vorbeiziehende Feind? Trotz des Trommelns verliert der Tambour allmählich den Halt,<br />

die Gedanken werden unklarer, durchsetzt von Alptraum-Bildern. Der nächste und<br />

letzte Vers lässt darauf schließen, dass mit „Sie“ wohl die Gebeine gemeint sind. Denn<br />

sie stehen „in Reih und Glied wie Leichensteine“ vor dem Haus des „Schätzels“ – nicht<br />

einmal ihr wird der Anblick erspart.<br />

Doch allen voran steht „Die Trommel“. Der Trommler wurde bis hierher immer noch<br />

„Er“ genannt und somit als ein menschliches und lebendes Wesen gekennzeichnet.<br />

Jetzt ersetzt hier „die Trommel“, das Instrument der Hauptfigur, auf einmal die Person.<br />

Alles Menschliche ist also gewichen, der Tambour ist zwischen vorletzter und letzter<br />

Strophe gestorben. 31<br />

Die beängstigende Wirkung, die dieses Gedicht allein durch das Lesen und Verstehen<br />

unweigerlich entfaltet, wird mit dem letzen Vers noch unterstützt. Wo vorher immer<br />

von „Schätzel“ die Rede war, wird das liebliche und umgangssprachliche Wort plötzlich<br />

ersetzt durch das einfache Pronomen „sie“. Rückwirkend betrachtet bemerkt man, dass<br />

es dem Tambour nicht anders erging: Von „Soldat“ und „Bruder“ bleiben ab Strophe<br />

drei nur Pronomen der ersten Person, ab der sechsten Strophe nur der dritten Person,<br />

die letzten Strophe kommt schließlich völlig ohne menschliche Benennung aus. Die<br />

31<br />

Im Gegensatz zu Wolf Rosenberg bin ich nicht der Meinung, dass das ganze Lied als ein Gesang eines<br />

toten Soldaten verstanden werden kann. Vielmehr erlebt der Leser bzw. Hörer das Sterben des<br />

Tambours gewissermaßen ‚live’ mit, und es tritt erst in der letzten Strophe der Tod desselben ein. Vgl.<br />

hierzu Rosenberg in Metzger 1989, S. 237.<br />

FY GADIOT 9

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