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TEODORA DIMOVA Bulgarien Geboren 1960 in Sofia ... - Traduki

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machen Sie sich ke<strong>in</strong>e Umstände, ich bitte Sie! Ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>! habe er gesagt, auf ke<strong>in</strong>en<br />

Fall! e<strong>in</strong> Glas Wasser! mit Eis oder ohne Eis, M<strong>in</strong>eralwasser? mit Zitrone? was für<br />

e<strong>in</strong>e Marke Wasser tr<strong>in</strong>ken Sie? Jura sei noch nervöser geworden, sie habe nicht gewusst,<br />

was sie antworten sollte, sie habe sich an ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Marke von M<strong>in</strong>eralwasser<br />

er<strong>in</strong>nern können, es sei ihr auch nicht e<strong>in</strong>gefallen, wie sie es bevorzugen sollte, ob mit<br />

Eis, ob ohne Eis oder mit Zitrone, sie sei nicht sicher gewesen, was weniger Nervosität<br />

und weniger Aufregung bei ihrem Gastgeber hervorrufen würde, ob es ihn nicht noch<br />

mehr <strong>in</strong> Schwierigkeiten br<strong>in</strong>gen würde, wenn sie es ohne Eis verlangte? Ohne Eis? er<br />

habe sich ihr mit starrem Blick genähert, ohne Eis? habe er wiederholt, als könne er die<br />

Bedeutung dieser Wörter nicht fassen, ohne Eis? habe er erneut gesagt, se<strong>in</strong>e Augen seien<br />

starr auf sie gerichtet gewesen, sie habe wahrsche<strong>in</strong>lich <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktiv zur Tür gesehen,<br />

nach Hilfe suchend, sie habe e<strong>in</strong>en Menschen vor sich gehabt, mit dem etwas zu passieren<br />

schien, noch habe sie nicht begriffen, was es war, dann sei er auf e<strong>in</strong>mal schrecklich<br />

verlegen geworden, vielleicht habe er sich plötzlich selbst gesehen, so als stünde er neben<br />

sich, vielleicht sei ihm die Lage bewusst geworden, <strong>in</strong> der er sich befand, vielleicht<br />

sei er sich auf e<strong>in</strong>mal lächerlich vorgekommen und es sei ihm pe<strong>in</strong>lich gewesen. So als<br />

handelte es sich um e<strong>in</strong>en großen Willensakt, um e<strong>in</strong>e unerträglichen Pflicht oder e<strong>in</strong>e<br />

Bürde, die er auf sich nehmen musste, so habe ihn dieses Glas enorm <strong>in</strong> Schwierigkeiten<br />

gebracht, weil er aus dem e<strong>in</strong>en oder anderen Grund die Sekretär<strong>in</strong> nicht habe rufen wollen<br />

und gleichzeitig gewusst habe, dass es <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>ibar alles andere gab, nur ke<strong>in</strong> Wasser.<br />

M<strong>in</strong>eralwasser? habe er irgendwie ungläubig gefragt. Sie ziehen wahrsche<strong>in</strong>lich M<strong>in</strong>eralwasser<br />

vor? und er sei vor Jura stehengeblieben mit se<strong>in</strong>em verwirrten Gesichtsausdruck,<br />

mit se<strong>in</strong>er ganzen Hilflosigkeit, von der er schon vorausgeahnt hatte, dass sie e<strong>in</strong>treten<br />

würde, weil er immer noch gedacht hatte, dass es e<strong>in</strong>en Ausweg gab, dass er ihr<br />

auch Leitungswasser e<strong>in</strong>schenken könnte. Oh, habe Jura gesagt, als sie die Situation auf<br />

e<strong>in</strong>mal irgendwie erfasste, das hat überhaupt ke<strong>in</strong>e Bedeutung, eigentlich ziehe ich Leitungswasser<br />

sogar vor, falls Ihnen das ke<strong>in</strong>e Umstände macht, ja, ich ziehe Leitungswasser<br />

vor. Natürlich, habe Simeon erleichtert geantwortet, habe sich den Schweiß von der<br />

Stirn gewischt, e<strong>in</strong>e Tür geöffnet und sei kurz darauf mit e<strong>in</strong>em Glas Wasser zurückgekehrt,<br />

welches er auf das Tischchen vor Jura gestellt habe. Ich danke Ihnen, habe sie<br />

gesagt, und er habe sich ihr gegenüber <strong>in</strong> den Sessel gesetzt. Er habe sie angesehen,<br />

während sie zwei, drei Schlucke Wasser trank, danach habe sie das Glas auf den Tisch<br />

zurückgestellt, dann habe er sich die Hand vor die Augen gehalten und begonnen, lange<br />

se<strong>in</strong>e Schläfen zu reiben. Ich muss e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stellungsgespräch mit Ihnen durchführen, habe<br />

er plötzlich gesagt. Ja, habe Jura umgänglich geantwortet, ja, deshalb b<strong>in</strong> ich doch hier.<br />

Ich muss Sie über Ihr Leben ausfragen, über Ihre Angewohnheiten, Ihre Vorlieben, über<br />

alles ... Ja, habe Jura erneut liebenswürdig entgegnet, ich b<strong>in</strong> bereit, auf Ihre Fragen zu<br />

antworten, und sie habe zu lachen begonnen. Dann habe Simeon sie erneut angesehen.<br />

Genauer gesagt habe er sich eher überwunden, sie erneut anzusehen. Er habe ihr zugesehen,<br />

wie sie lachte. Danach habe sie das Wort ergriffen. Er habe ihr zugesehen, wie sie<br />

sprach – dass sie zum ersten Mal bei e<strong>in</strong>em Vorstellungsgespräch sei, dass die Anzeige<br />

an der Anschlagtafel für Studentenjobs an der Universität ihr am Anfang sehr prätentiös<br />

vorgekommen sei, sie sogar zum Lachen gebracht habe, aber dann habe sie ihr Interesse<br />

geweckt, sie habe ihm auch noch erklärt, dass sie gezwungen sei zu arbeiten, weil sie mit<br />

ihrer Großmutter zusammenlebe, dass ihre Mutter gestorben sei und dass ihr Vater wieder<br />

geheiratet habe und se<strong>in</strong>e zweite Frau aus Nordwestbulgarien stamme, dass sie Anglistik<br />

an der Universität studiere, sie habe das englische Gymnasium absolviert, aber sie<br />

spreche auch Französisch, dass sie die Philologie bisher überhaupt nicht <strong>in</strong>teressant f<strong>in</strong>de,<br />

dass sie sich e<strong>in</strong> wenig zw<strong>in</strong>gen müsse zu lernen, aber sie wisse nicht, was sie anderes<br />

machen wolle, sie wisse nicht, was sie werden wolle, sie wisse nicht, was sie arbeiten<br />

wolle, aber wie dem auch sei, sie freue sich darüber, dass sie Student<strong>in</strong> sei, darüber,<br />

dass sie <strong>in</strong>teressante Kommilitonen habe, dass sie Freunde habe, dass sie geme<strong>in</strong>sam<br />

ausgehen würden, sie freue sich auch über ihre Großmutter, die sehr lieb sei und e<strong>in</strong>e<br />

Frau mit Ausstrahlung, und die beiden verstünden sich sehr gut, sie sei nicht sicher, ob<br />

sie e<strong>in</strong>e umfassende Allgeme<strong>in</strong>bildung besitze, aber immerh<strong>in</strong> gehe sie gern <strong>in</strong>s Theater,<br />

sie gehe auch oft zu Konzerten, sie blättere die Bildbände ihrer Großmutter durch, haupt-<br />

Teodora Dimova<br />

Seite<br />

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