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<strong>Marktplatz</strong><br />
hofsteig<br />
Ausgabe November 2011<br />
4 Morgen kinder, wird‘s was geben<br />
Vanillekipferl, Birnenbrot und Backstuben aus Wolfurter Bäckereien<br />
10 Junge Menschen sehr erwünscht<br />
Lehrlingsoffensive der Firma Meusburger<br />
14 die einen feiern nie, die anderen sogar zwei Mal<br />
„Weihnachten anders“ in zwei Wolfurter Familien<br />
18 Von 14-stundentagen, rübezahlen und stinkstiefeln<br />
LKW-Fahrer Christian Brunold im Interview<br />
22 auf eineM kiloMeter die ganze welt.<br />
Wolfurter Pfadfinder trafen Gott und die Welt beim Jamboree in Schweden<br />
26 <strong>Marktplatz</strong>randnotizen<br />
Sturm im Alltag: Die Frisur hält.<br />
Kontakt: wirtschaft@wolfurt.at
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MArKtPLAtzhofsteig 2 | 3
„MorGeN KINDer, WIrD’S WAS<br />
VANILLeKIPFerL, BIrNeNBrot u<br />
Wolfurts Bäcker stehen in den Startlöchern. Bald beginnt für sie eine intensive<br />
zeit. Mit den Weihnachtsbäckereien warten auf sie nicht nur zimt- und Vanilleduft,<br />
sondern auch viel Arbeit. <strong>Marktplatz</strong> hofsteig besuchte die Schwanenbäckerei,<br />
die Bäckerei Mangold und das Cafe reichl und fragte nach den Vorbereitungen,<br />
Familienrezepten und Weihnachtsstimmung.<br />
t + F: BB<br />
bei wolfgang fitz in der backstube<br />
Der Chef der Schwanenbäckerei – Wolfgang Fitz – ist<br />
auch noch abends in der Bäckerei anzutreffen. er und<br />
seine Frau Doris sind in den letzten Vorbereitungen<br />
für den nächsten tag. Wobei der „tag“ beginnt, wenn<br />
es noch dunkel ist. Wolfgang Fitz steht bereits um<br />
2.30 uhr in der Backstube.<br />
Seit Mitte oktober wird traditionell Birnenbrot gebacken.<br />
Auch Lebkuchen und Biberle. „Den Nikolaus gibt<br />
es freilich erst Anfang Dezember. Aber auf Lebkuchen<br />
haben die Kunden jetzt schon Appetit. Das Wetter hat<br />
einen großen einfluss auf das Kaufverhalten“, weiß<br />
Wolfgang Fitz aus langjähriger erfahrung. Solange es<br />
nicht kalt ist, haben die Kunden keine Lust auf Krapfen<br />
oder Weihnachtsbäckereien.<br />
er füllt ein heft mit solchen Notizen. Wann es zu welchen<br />
Anlässen kalt oder warm war, was die Leute dann<br />
gekauft haben. Speziell für Vereinsfeste ist dieser Service<br />
von Vorteil. „Musikfest – sonnig und heiß – musste<br />
Brot nachliefern. Nächstes Jahr evtl. mehr; ostern<br />
mit Schnee – Krapfen.“ Die Stammkunden wissen das<br />
zu schätzen. So können Wünsche wie: „Ich möchte so<br />
ein Partybrot wie im letzten Jahr“ leicht erfüllt werden.<br />
ein Blick in die Aufzeichnungen – und Wolfgang<br />
Fitz weiß, was zu tun ist.<br />
nicht auf die größe kommt es an<br />
Auch die Schwanenbäckerei bekommt zu spüren, dass<br />
viele Kunden im Supermarkt ihr Brot kaufen. Mit diesen<br />
Preisen will und kann sie nicht konkurrieren. Also<br />
sucht sie die Nische: Kundenorientierung, Service,<br />
Qualität. „Krapfen sind das einzige Gebäck, das in der<br />
ruhephase Kälte braucht. richtige zugluft. Dann bildet<br />
sich eine haut, die den Krapfen kompakt in der<br />
Form hält und ihm beim Ausbacken den schönen weißen<br />
ring beschert.“ er hält nicht viel von „groß“. „Nur<br />
weil ein Gebäck größer ist, ist es nicht besser, eher<br />
im Gegenteil. ein kompakteres Brot mit guter Kruste<br />
hat einen intensiveren Geschmack und bleibt länger<br />
frisch.“ Diese Philosophie geht für die Schwanenbäckerei<br />
auf: Der umsatz ist in den letzten Jahren stabil<br />
geblieben.<br />
hand in hand mit dem schwanenbäcker<br />
es gibt Wolfurter, die immer noch auf ihr eigenes Birnenbrot-rezept<br />
schwören und trotzdem den Komfort<br />
eines großen Backofens zu schätzen wissen. Auch das<br />
macht Bäcker Fitz. er nimmt die Fülle entgegen, mischt<br />
sie mit Schwarzbrotteig, formt sie in der gewünschten<br />
Größe, schlägt sie in hefeteig ein und bäckt die Lebzelten,<br />
die vorher mit den Initialen der Besteller versehen<br />
wurden. es soll ja keine Verwechslungen geben.<br />
Andersrum geht es auch: Wer lieber selber backt, aber<br />
den teig nicht mischen möchte, kann auf Keksteig<br />
der Schwanenbäckerei zurückgreifen. Den gibt es im<br />
Schwanenmarkt zu kaufen.<br />
der advent kann kommen<br />
Die zutaten wie honig und Kokosflocken sind bestellt,<br />
die Nüsse bereits gemahlen. Mitte November beginnt<br />
die Weihnachtsbäckerei. Der torten- und Kuchenverkauf<br />
geht in dieser zeit zurück, deshalb gleicht sich<br />
der Arbeitsaufwand etwas aus. Dennoch: Bis von allen<br />
Kekssorten ein Grundstock gebacken ist, heißt es für
GeBeN“ –<br />
ND WeIhNAChtSStoLLeN<br />
Doris Fitz anpacken. und anschließend abpacken. Sie<br />
hilft ihrem Mann, wo sie kann.<br />
Für die beiden ist der Advent alles andere als besinnlich.<br />
Der Duft frischer Kekse hat für sie nichts heimeliges.<br />
Sie wurden auch immer in der Großbackstube<br />
gemacht, nicht in der Küche. Die Kinder durften sich<br />
mit einem teller holen, auf was sie Lust hatten. Doris<br />
Fitz hat rumkugeln und Konfekt beigesteuert. „Aber<br />
eigentlich ist mein Mann der Bäcker. Ich backe nicht<br />
gern und habe das nur gemacht, so lange die Kinder<br />
klein waren.“ ein Sohn ist bereits mit der handelsschule<br />
fertig und macht im elterlichen Betrieb die Lehre. So<br />
wie es aussieht, darf man also auf eine 4. Generation<br />
in der Schwanenbäckerei hoffen.<br />
auf ins neue Jahr<br />
Frei hat Wolfgang Fitz eigentlich nie. er arbeitet sieben<br />
tage die Woche, bis zu 13 Stunden am tag. zu Weihnachten<br />
bleibt die Bäckerei für zwei tage geschlossen.<br />
„Gerade genug zeit, um viel zu viel zu essen und<br />
die omas zu besuchen. Dann beginnt das Silvester-<br />
Geschäft mit Marzipanfiguren, Baguette und Partybrot.“<br />
Diesen Winter geht sich auch eine Woche Schiurlaub<br />
aus. „Aber wenn wir einen Abend für uns haben<br />
möchten, übernimmt ein anderer Bäcker meine Arbeit.<br />
Das lassen wir uns nicht nehmen.“ Doch er wirkt nicht<br />
so, als würde er viel ruhe brauchen. Wolfgang Fitz<br />
liebt seine Arbeit. und die herausforderung. Am liebsten<br />
backt er zimtsterne. es braucht viel Fingerspitzengefühl,<br />
damit die Masse nach dem ersten Ausstechen<br />
samt Glasur wieder die richtige Konsistenz bekommt.<br />
Fingerspitzengefühl, das er hat.<br />
Welche drei Begriffe fallen Ihnen<br />
spontan zu Weihnachten ein?<br />
Familie, Christkind, Geschenke<br />
Welches war Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk?<br />
Mit ungefähr 10 Jahren bekam ich eine Modelleisenbahn.<br />
Die gibt es heute noch.<br />
Welches ist Ihre liebste Kekssorte?<br />
Nussmakronen<br />
MArKtPLAtzhofsteig 4 | 5
cafe reichl – ein bisschen wien in wolfurt<br />
Für thomas reichl ist der November noch zu warm.<br />
Kälter sollte es sein und Schnee wäre ihm auch recht.<br />
„Dann verkaufe ich meine Kekse und head seine Schi“,<br />
sagt der gebürtige Steirer. Die Backtradition zog ihn<br />
nach Wien, die Liebe nach Wolfurt. Seit 16 Jahren betreibt<br />
er das „Café reichl“ in der Lauteracherstraße.<br />
es ist Cafe, restaurant und Konditorei in einem. „eine<br />
reine Konditorei würde sich nicht halten. heute geht<br />
es nur noch als Mischbetrieb, wie das Cafe reichl einer<br />
ist.“<br />
Anfang November beginnt thomas reichl mit dem Backen<br />
der Weihnachtskekse, um ein gut gemischtes Sortiment<br />
zu haben, wenn im Dezember der Geschmack<br />
der Kunden richtung zimt, orangen, Nelken und Nuss<br />
umschlägt. torten und Kuchen verkaufen sich weniger,<br />
dafür haben Lebkuchen und teebäckereien einen<br />
guten Absatz. einzelne Sorten werden dann bei Bedarf<br />
nachproduziert und vor allem die empfindlicheren<br />
Kekse werden in kleinen Mengen und erst in der<br />
Adventzeit hergestellt. Weihnachtsstollen hat thomas<br />
reichl schon länger aus dem Sortiment genommen.<br />
„uninteressant“, sagt er kurz und bündig. Gegen große<br />
Produzenten muss er den Preiskampf zwangsläufig<br />
verlieren. Die zutaten sind teuer, die Arbeit aufwändig.<br />
Deshalb spezialisiert er sich lieber auf die Kekse.<br />
Manche Kunden kaufen eine bestimmte Sorte, andere<br />
lieber eine Mischung.<br />
Aus den 100 rezepten, die thomas reichl im Laufe<br />
seiner Berufsjahre – vor allem in Wien – gesammelt<br />
hat, verwendet er jedes Jahr zwischen 20 und 30, dazwischen<br />
immer wieder andere, um abzuwechseln.<br />
Die Klassiker bleiben natürlich im Sortiment, wie beispielsweise<br />
Vanillekipferl. traditionell von hand gefertigt,<br />
klein und zierlich, denn Kekse sind nach thomas<br />
reichls Ansicht etwas zum Naschen und Gustieren.<br />
Der gute ruf scheint sich herumzusprechen. eben<br />
hat thomas reichl einen Spezialauftrag erhalten. Auf<br />
eine persönliche empfehlung hin, kontaktierte ihn ein<br />
Kunde aus Deutschland, der in Basel eine Schokoladen-,<br />
Kaffee- und teeverkostung durchführen wird.<br />
zu diesem Anlass wünscht er sich kleine Stücke traditioneller<br />
Wiener Patisserie: Strudel, esterhazy- und<br />
Dobosschnitten, Baisers und erdbeertorte, die dazu<br />
gereicht werden sollen. thomas reichl kommt dem<br />
Wunsch der Kunden gerne nach. Nur so kann er sich<br />
einen Kundenstock aufbauen.<br />
Der Duft frischer Kekse lässt bei thomas reichl erinnerungen<br />
an Weihnachten, Kindheit und Familie hochkommen.<br />
zuhause in der Steiermark war es tradition,<br />
im Advent zu backen und erst an heiligabend die<br />
ersten Kekse zu essen. Was ihn natürlich nicht davon<br />
abgehalten hat, heimlich zu stibitzen.<br />
Mit seinen Kinder, die mittlerweile schon groß sind,<br />
haben er und seine Frau ebenfalls schöne Weihnachtsfeste<br />
erlebt. „Den Weihnachtsbaum aufstellen, das gemeinsame<br />
Singen, und man hat richtig mitgefiebert<br />
mit den Kindern, wenn sie auf die Geschenke gewartet<br />
haben.“ Das Materielle war thomas reichl nie wichtig.<br />
Auch heute noch ist für ihn das schönste an Weihnachten,<br />
dass er sich ein paar tage frei nimmt und mit seiner<br />
Frau in die Steiermark fährt. Lange Spaziergänge,<br />
die Familie besuchen. „es ist erholsam, ein wenig vom<br />
Geschäft wegzukommen und abzuschalten. Das gibt<br />
wieder Schwung fürs neue Jahr.“<br />
Welche drei Begriffe fallen Ihnen<br />
spontan zu Weihnachten ein?<br />
Lebkuchen, Zimt, Apfel<br />
Welches war Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk?<br />
Für mich immer schon, wenn die ganze Familie beieinander war.<br />
Welches ist Ihre liebste Kekssorte?<br />
Kokoskugeln (Lebkuchenmasse in Schokolademantel<br />
mit Kokosette)<br />
MArKtPLAtzhofsteig 6 | 7
äckerei Mangold – der kunde soll sich wohlfühlen<br />
Luis Mangold ist der Gründer der gleichnamigen Bäckerei.<br />
Seit 4 Generationen gibt es das unternehmen<br />
schon, und es ist stetig gewachsen. Die große handwerksbäckerei<br />
wird heute von Monika haag (geb.<br />
Mangold) und ihrem Mann egon geleitet.<br />
in stadt und land<br />
Damals wie heute sind es die Wünsche der Kunden, die<br />
zählen. Die 15 Filialen überall in Vorarlberg sollen ein<br />
ort zum Wohlfühlen sein. Was die verschiedenen regionen<br />
angeht, scheinen sich die Vorarlberger in Kaufverhalten<br />
und Vorlieben ziemlich einig zu sein. Aber<br />
zwischen Stadt und Land besteht doch ein unterschied,<br />
so das ehepaar haag. „Auf dem Land geht das tagesgeschäft<br />
schon viel früher los. Wir merken, dass diese<br />
Filialen mehr für Versorgungseinkäufe genutzt werden<br />
und deshalb mehr Großbrote gekauft werden.“ Auch<br />
das Frühstück an Sonn- und Feiertagen wird gerne<br />
wahrgenommen. In den Städten kommen die Kunden<br />
etwas später am Morgen. Aber viele Schüler und Arbeiter<br />
nutzen das Jausenangebot in der Mittagspause,<br />
und auch Kuchen und Kaffee am Nachmittag werden<br />
im städtischen raum mehr in Anspruch genommen.<br />
tradition und neuerung<br />
Das Sortiment der Bäckerei Mangold ist über die Jahre<br />
gewachsen, hat sich den Veränderungen der zeit<br />
angepasst, und trotzdem ist bei den Produkten immer<br />
noch viel handarbeit dabei. Neben überlieferten<br />
hausrezepten – die zimtsterne gehen auf oma Mangold<br />
zurück – sind die Bäcker und Konditoren bei Mangold<br />
eingeladen, ihre Ideen und Innovationen einzubringen.<br />
So gibt es dieses Jahr erstmals mit Marzipan<br />
gefüllte Lebkuchen, und seit neuestem wird nur noch<br />
Sennereibutter aus Schwarzenberg für alle Produkte<br />
verwendet.<br />
Welche drei Begriffe fallen Ihnen<br />
spontan zu Weihnachten ein?<br />
Familie, Kekse, Krippe<br />
Welches war Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk?<br />
Das schönste Weihnachtsgeschenk ist für uns, wenn die ganze<br />
Familie zusammenkommt und alle gesund und glücklich sind.<br />
Welches ist Ihre liebste Kekssorte?<br />
Vanillekipferl<br />
lebkuchen und zimtsterne<br />
Die Weihnachtsproduktion startet in der regel Anfang<br />
bis Mitte November. Die entscheidung darüber, wann<br />
welches Produkt gebacken wird, wann es in den Verkauf<br />
geht und wie die Verpackung aussieht, wird allerdings<br />
bereits im Sommer getroffen. Das Sortiment<br />
reicht von Weihnachtsstollen, verschiedensten Keksen<br />
über Lebkuchen bis hin zu Lebkuchenhäusern. Die<br />
Kekse verkaufen sich generell sehr gut – absoluter<br />
Verkaufsschlager sind aber die zimtsterne.<br />
Im Vergleich zu früher hat sich die Weihnachtssaison<br />
nach einschätzung von Monika haag nach vorne verschoben,<br />
da auch in allen Supermärkten die Weihnachtswaren<br />
schon sehr früh zum Verkauf stehen. „In den letzten<br />
Jahren ist das aber ziemlich konstant geblieben.“<br />
feste und feiern<br />
trotz der geschäftigen zeit im Betrieb, kommt bei<br />
herrn und Frau haag immer noch Weihnachtsstimmung<br />
auf: „Wenn überall die kleinen Weihnachtsmärkte<br />
eröffnen, alles mit Lichterketten geschmückt ist<br />
und es in der Bäckerei nach frischgebackenen Keksen<br />
riecht.“ Das private Familienfest feiern die haags mit<br />
einem leckeren essen, der Bescherung und dem anschließenden<br />
Besuch in der Weihnachtsmette. Mit den<br />
Mitarbeitern wird eine Neujahrsfeier draus. „Da bei<br />
uns bis ende Dezember hochsaison herrscht, gibt es<br />
die gemeinsame Betriebsfeier im Jänner.“
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MArKtPLAtzhofsteig 8 | 9
JuNGe MeNSCheN Sehr erWüN<br />
europas Marktführer in Sachen Formaufbauten ist in Wolfurt beheimatet.<br />
es ist die Firma Meusburger; ein modernes Familienunternehmen, das heute<br />
460 MitarbeiterInnen beschäftigt. Künftig sollen es sogar noch mehr werden.<br />
Mit einer Lehrlingsoffensive will die Firma in den kommenden vier Jahren<br />
rund hundert Lehrlinge ausbilden. ziel ist es, dass sie künftig alle langfristig<br />
beschäftigt werden; ob als zerspanungstechnikerIn, MetallbearbeiterIn oder<br />
ProduktionstechnikerIn.<br />
Dafür wird zurzeit in den Ausbau der Lehrwerkstatt ordentlich investiert. Bereits<br />
heuer haben dreizehn zusätzliche Lehrlinge eine Bleibe in der Firma gefunden.<br />
t + F: Ar<br />
Yolanda ist sechzehn Jahre alt und das einzige Mädchen<br />
unter den Lehrlingen. Das stört sie jedoch nicht<br />
im Geringsten, ganz im Gegenteil. Selbstbewusst erzählt<br />
sie, während sie fräst, dass sie vor allem die<br />
Abwechslung und das Anspruchsvolle an der Arbeit<br />
liebe. Sie habe immer schon gewusst, dass sie genau<br />
so etwas einmal machen wolle.<br />
Währenddessen programmiert der achtzehnjährige<br />
Christoph hochkonzentriert. Das müsse auch so sein,<br />
sagt Ausbildner Peter Nußbaumer. Schließlich habe er<br />
dabei komplexe zahlenaufgaben zu bewältigen, damit<br />
das zu produzierende teil auch wirklich der zeichenvorlage<br />
entsprechen wird.<br />
hier in der Lehrwerkstatt, die eine imponierende Größe<br />
aufweist, lernen die Lehrlinge unter anderem feilen,<br />
drehen, fräsen und schneiden. Aufgrund eines<br />
rotationsprinzips können sie außerdem in alle Abteilungen<br />
der Firma schnuppern.<br />
„Sie sollen hier alles kennen lernen, um irgendwann<br />
wirklich gut ausgebildet zu sein“, sagt Personalleiter<br />
roman Giesinger, der einst als Jugendlicher das Gymnasium<br />
abgebrochen und eine Lehre als Bürokaufmann<br />
absolviert hat. Seiner Meinung nach herrscht immer<br />
noch der Irrglaube, dass allein ein Studium etwas Anzustrebendes<br />
sei. Derweil könne man durchaus auch<br />
mit einer Lehre große Karriere machen. „Wenn man<br />
sich als Jugendlicher nicht sicher ist, was man wirklich<br />
machen soll, bringt es doch überhaupt nichts, sich in<br />
ein Studium zu stürzen. Da ist doch ein handwerk viel<br />
sinnvoller. Gerade hier in Vorarlberg kann sich ein Jugendlicher<br />
wunderbar parallel berufsbegleitend weiterbilden.“<br />
Bei ihrer Lehrlingsoffensive ist die Firma auf der Suche<br />
nach jungen Menschen mit Charakter und einem<br />
ausgeprägten Interesse für handwerk und technik.<br />
Neben der Vermittlung von Fachlichem versuchen die<br />
Ausbildner, ihre Lehrlinge einen respektvollen umgang<br />
mit anderen zu lehren. Geschätzt wird auch die<br />
Freude an Jugendlichen, die gerne „anpacken“.<br />
„trotz unserer Größe, sind wir eine hemdsärmelige<br />
Firma geblieben. einfache, gute handwerker mit hausverstand<br />
und Freude an der Arbeit: Das sind Leute,<br />
die wir suchen“, sagt roman Giesinger. er betont, dass<br />
in der Firma jeder Arbeiter gleich viel wert ist. „Jeder<br />
wird hier mit Du angesprochen.“<br />
Seit einiger zeit sind hier auch viele Kulturen anzutreffen.<br />
„Wir haben fünfzehn Fremdsprachen auf Muttersprachenniveau<br />
im haus. Das ist äußerst wichtig<br />
für das perfekte Service, auf das bei uns besonders<br />
großer Wert gelegt wird. Viele unserer Kunden – wir<br />
haben rund 8.000 aktive – sind ein-, oder zweimannbetriebe.<br />
Da kann nicht jeder englisch.“<br />
Die Kunden kommen vorwiegend aus europa, siebzig<br />
Prozent sind im deutschsprachigen raum beheimat.<br />
Doch die Firma streckt ihre Fühler weiter aus. Sie hat<br />
bereits Niederlassungen in der türkei, in China und den<br />
uSA geschaffen. „Kernmarkt bleibt aber sicher europa.“
SCht<br />
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1964, also vor mehr als vierzig Jahren von Seniorchef<br />
Georg Meusburger gegründet, ist die Firma ein reiner<br />
Vorlieferant. Sie liefert Formaufbauten für „alles, was<br />
auch Kunststoff ist“; sei es für die Spielwarenindustrie,<br />
für Automobilhersteller oder für die Medizintechnik.<br />
„Wir liefern die einzelnen Platten, die Säulen oder Ösen.<br />
Aber das, was drinnen ist, produziert der Kunde.“ Die<br />
Formaufbauten werden in Serie hergestellt. Der Stahl<br />
wird vorher spannungsarm geglüht, damit keinerlei<br />
„Verzug“ passieren kann.<br />
„topqualität zu bieten ist eine Grundvoraussetzung“,<br />
sagt roman Giesinger und zählt dann die spezifischen,<br />
weiteren Qualitäten der Firma auf. „Wir sind vor allem<br />
schnell: Beim Angebote erstellen wie auch beim Liefern.<br />
es ist entscheidend, dass alles aus einer hand,<br />
von einem Standort aus gemacht wird. Auf uns kann<br />
man sich verlassen. Im deutschsprachigen raum erhält<br />
der Kunde das gewünschte teil am kommenden tag.<br />
Außerdem feilen wir permanent weiter und bleiben nie<br />
stehen. Bei einer Krise etwa geben wir lieber Gas, als<br />
dass wir auf die Bremse drücken. Wir erschließen neue<br />
Gebiete oder optimieren sie. Bei den MitarbeiterInnen<br />
haben wir stets aufgestockt.“ zurzeit ist am Wolfurter<br />
Standort gerade ein neues, fünfstöckiges Bürogebäude<br />
für über 200 MitarbeiterInnen im entstehen begriffen.<br />
es soll im kommenden Jahr bezogen werden können.<br />
Doch Wachstum und Superlative beim Gesamtumsatz<br />
sind das eine, daneben zählen in der Firma noch ganz<br />
andere Dinge. Mittlerweile verfügt sie über 23 Kleinbusse,<br />
mit denen die hälfte der Belegschaft transportiert<br />
wird. „Wir planen routen. Der letzte in der route<br />
ist der Fahrer des Busses. er erhält ein Fahrsicherheitstraining<br />
beim ÖAMtC und sammelt beim Weg zur Firma<br />
die Leute ein beziehungsweise verteilt sie wieder.<br />
Das spart zeit und Kosten und schützt die umwelt.“<br />
zudem sind sogenannte Jobräder im einsatz, mit denen<br />
Mitarbeiter der Firma vom Bahnhof Wolfurt aus<br />
zur Firma fahren können und retour. Die Wartungsund<br />
reparaturarbeiten werden von der ebenfalls in<br />
Wolfurt beheimateten Firma Integra übernommen.<br />
umweltschutz, Kooperationen in der region, Nachhilfe<br />
für Lehrlinge mit schulischen Problemen: Die Firma<br />
Meusburger Formaufbauten in Wolfurt versucht etwas<br />
andere Wege zu gehen als unternehmen, die auf reine<br />
Gewinnoptimierung aus sind. Die 460 MitarbeiterInnen<br />
wissen dies offenbar zu schätzen. Ausbildner<br />
Peter Nußbaumer erzählt, dass bislang alle Lehrlinge<br />
ohne Ausnahme geblieben seien, dabei schwingt ein<br />
gewisser Stolz in der Stimme mit. Personalleiter roman<br />
Giesinger, der lange in einem anderen unternehmen<br />
gearbeitet hat, möchte nie mehr tauschen und<br />
der siebzehnjährige Lehrling henrik meint: „hier gefällt<br />
mir ganz einfach, dass man mit allen seinen Spaß<br />
haben kann.“
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DIe eINeN FeIerN NIe, DIe ANDe<br />
Weihnachten wird überall auf der Welt anders gefeiert – und nicht<br />
nur das: Weihnachten wird sogar innerhalb von einer Gemeinde wie<br />
Wolfurt komplett unterschiedlich gefeiert. Für die einen ist es ein<br />
ganz gewöhnlicher tag, für die anderen ein Fest, das sogar zwei-<br />
mal im Jahr gefeiert wird – je nach religion und Familienbräuchen.<br />
MPh hat sich bei einer christlich-orthodoxen und bei einer muslimi-<br />
schen Wolfurter Familie umgehört, wie sie die besinnliche Jahres-<br />
zeit verbringen.<br />
t + F: rr<br />
haupt-weihnachten<br />
Familie Spasic feiert am 24. und am 25. Dezember ihr<br />
„haupt-Weihnachten“, mit Christbaum, Geschenken<br />
und einem schönen Familienfest. Allerdings bleibt bei<br />
der vierköpfigen Familie der Christbaum wohl etwas<br />
länger stehen als in den meisten anderen Vorarlberger<br />
haushalten: er wird erst um den 10. Jänner herum<br />
aus dem haus gebracht. Das liegt daran, weil Familie<br />
Spasic am 6., 7. und 8. Jänner noch einmal Weihnachten<br />
feiert, und zwar nach christlich-orthodoxem<br />
Brauch. Für orthodoxe Christen ist der heilige Abend<br />
am 6. Jänner, gefolgt von zwei Feiertagen am 7. und<br />
8. Jänner. Diese andere zeitrechnung rührt vom griechischen<br />
Kalender her.<br />
brechend volle kirche<br />
Ljilja Spasic ist gebürtige Kroatin und Christin. Ihre eltern<br />
kommen um den 24. Dezember herum meistens<br />
nach Vorarlberg, wo gemeinsam gefeiert wird. Am 6.<br />
Jänner wird mit Dejan Spasics eltern gefeiert. Sie kommen<br />
ursprünglich aus Serbien, leben aber schon lange<br />
in Vorarlberg, wo Dejan auch geboren und aufgewachsen<br />
ist. Am Abend des 6. Jänners gehen sie alle<br />
zusammen in die Kirche in Bregenz, wo der christlichorthodoxe<br />
Gottesdienst begangen wird. Die Kirche ist<br />
an diesem tag brechend voll. Die meisten orthodoxen<br />
Christen Vorarlbergs, die hier feiern, kommen aus ex-<br />
Jugoslawien, also aus Serbien, Bosnien oder teilweise<br />
auch aus Kroatien.<br />
christlich-orthodoxe bräuche<br />
Danach wird bei Dejans eltern im Familienkreis gefeiert.<br />
„Wenn man da die türe betritt, bekommt man<br />
ein kleines Stamperl Wein, die Kinder bekommen ein<br />
Stamperl Limo oder Saft, und man begrüßt sich mit<br />
den Worten „hristos se rodi“, das heißt: „Christus ist<br />
geboren“, und man kriegt eine getrocknete Feige und<br />
Maroni zum essen.“ traditionellerweise wird an diesem<br />
tag gefastet und kein Fleisch, keine Wurst und<br />
keine Milchprodukte gegessen. Abends gibt es dann<br />
ein einfaches Mahl, bestehend aus Bohnensuppe, gebratener<br />
Forelle und Kartoffeln.<br />
Am ersten Weihnachtstag, dem 7. Jänner, kommt man<br />
wieder mit der Familie zusammen. An diesem tag gibt<br />
es „Sarma“, ein Gericht aus Kraut, erklärt Dejan Spasic:<br />
„Mein Vater bringt ein paar tage vorher eichen-Äste<br />
vor die haustüre. Jeder Gast, der zu Weihnachten die<br />
tür betritt, bricht ein Ästchen davon ab und bringt es<br />
ins haus herein. Das ist ein alter bäuerlicher Brauch.<br />
Früher hat man das auf einen heuballen neben dem<br />
ofen gelegt. Man wünscht sich so, dass die ernte für<br />
das nächste Jahr besser werden soll.“<br />
weihnachten mal zwei<br />
zwei Mal im Jahr Weihnachten feiern – welches Kind<br />
wünscht sich das nicht? Dario und Vanessa finden es<br />
jedenfalls „echt super“, einmal daheim mit den eltern<br />
am 24.12. und einmal am 6.1. mit den Großeltern zu<br />
feiern und zwei Mal Geschenke zu bekommen.
eN SoGAr zWeI MAL IM JAhr<br />
kein weihnachtsfest<br />
Ganz anders geht es hingegen bei Familie eren zu: Der<br />
24. Dezember ist bei Familie eren aus Wolfurt ein tag<br />
wie jeder andere. „Da passiert bei uns eigentlich gar<br />
nichts, weil wir Weihnachten im islamischen Glauben<br />
nicht feiern. Wir wissen, dass die Geburt Jesu gefeiert<br />
wird. Jesus gilt zwar auch in unserem Glauben als Prophet,<br />
aber für uns ist der Prophet Mohammed wichtiger.<br />
Darum feiern wir Mohammeds Geburt. Dieses<br />
Fest heißt bei uns „Mevlid Kandili“ und wird jedes Jahr<br />
aufgrund des Mondkalenders an einem anderen tag<br />
gefeiert. Das nächste Mal begehen wir Mohammeds<br />
Geburt am 4. und 5. Februar 2012. Das ist für uns ein<br />
sehr hohes Fest. Da gehen wir mit der ganzen Familie<br />
nach Kennelbach in die Moschee. Anschließend wird<br />
mit Freunden und Familien gefeiert.“<br />
kinder ohne weihnachtsgeschenke<br />
Gökhan eren ist türkischstämmiger Wolfurter der<br />
zweiten Generation und arbeitet bei der Firma Blum.<br />
Seine Frau Gülsen hat er in der türkei kennengelernt.<br />
Ihre drei gemeinsamen Kinder Seher, hümeyra und Faruk<br />
wachsen in zwei Kulturen gleichzeitig auf. Sie sind<br />
gläubige Muslime, kennen die Weihnachtsbräuche ihrer<br />
Mitschüler und Freunde jedoch gut. „In der Schule<br />
bekommen wir zu Weihnachten Mandarinen und Nüsse<br />
von der Lehrerin“, sagt hümeyra. Dass andere Kinder<br />
zu Weihnachten viele Geschenke bekommen und<br />
sie nicht, war für Seher, hümeyra und Faruk gar nie<br />
ein großes thema. Sie verstehen, dass im islamischen<br />
Glauben andere religiöse Feste gefeiert werden und<br />
sie deshalb zu anderen Anlässen Geschenke bekommen.<br />
Man feiere zwar nicht mit, aber man wünsche<br />
den Klassenkameraden und Freunden frohe Weihnachten.<br />
Das ist für sie ganz normal.<br />
weihnachten von außen betrachtet<br />
Verständnisvolles zusammenleben mit den christlichen<br />
Mitbürgern und Freunden ist für Familie eren sehr wichtig.<br />
Für Gökhan eren ist Weihnachten eine zeit, in der alles<br />
etwas anders ist: „Die Leute freuen sich, wenn es zu<br />
Weihnachten schneit. es ist generell eine ruhigere zeit<br />
und es herrscht gute Stimmung. Viele Leute schalten<br />
ein bisschen zurück. Manche sagen zwar, es sei eine<br />
stressige zeit, aber ich glaube, dass sich die meisten<br />
doch freuen. es soll eine angenehme zeit für alle sein,<br />
vor allem für die, die Weihnachten feiern. Die Straßen<br />
und häuser sind festlich beleuchtet. Manchmal kommt<br />
mir vor, als ob es eine Art Wettbewerb gibt, wer die<br />
Weihnachtsbeleuchtung zuerst aufhängt. und irgendwie<br />
fängt das jedes Jahr noch etwas früher an.“<br />
MArKtPLAtzhofsteig 14 | 15
Gökhan, Gülsen hümeyra, Faruk und Seher eren<br />
feiern nicht, aber backen gerne Kekse.<br />
Dejan, Dario, Vanessa und Ljilja Spasic feiern<br />
zwei Mal im Jahr Weihnachten.<br />
die süße seite des weihnachtsfestes<br />
ein Weihnachtsbrauch hat auch bei Familie eren einzug<br />
gehalten: Weihnachtskekse. Gülsen eren backt<br />
sogar eigene Weihnachtskekse. Am liebsten macht sie<br />
Sesamkekse, Mandelkekse oder Vanillekipferl. Außerdem<br />
gibt es eine spezielle Süßigkeit aus Kürbis mit<br />
dem Namen „Kabak tatlisi“, die es bei Familie eren immer<br />
in der Weihnachtszeit gibt.<br />
„wir leben das ja mit“<br />
Auch wenn Weihnachten für Familie eren nicht besonders<br />
gefeiert wird, so beeinflussen die Festlichkeiten<br />
ihr Leben trotzdem, sagt Gökhan eren: „Wir leben das<br />
ja mit. Wenn so ein Feiertag ist, dann ist die Firma zu.<br />
Das ist für uns auch mal gut, da haben wir frei und<br />
können zuhause bei unseren Familien sein. Schön ist<br />
auch, dass wir an unseren islamischen Feiertagen frei<br />
nehmen dürfen. So werden hier auch unsere Feste anerkannt<br />
und respektiert. Genauso respektieren wir natürlich<br />
auch die christlichen Feste und wünschen unseren<br />
Nachbarn und Freunden frohe Weihnachten.“<br />
Impressum<br />
FdIv: Yvonne Böhler<br />
Beiträge: Birgit Battlogg, Mag. Carina Jielg, Mag. Annette raschner,<br />
Mag. raffaela rudigier<br />
Fotos: Birgit Battlogg, Mag. Carina Jielg, Mag. Annette raschner,<br />
Mag. raffaela rudigier, Martin Widerin, erik reinhard<br />
Gestaltung: erik reinhard GrafikDesign<br />
Druck: Mayr record Scan<br />
Auflage: 15.000
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MArKtPLAtzhofsteig 16 | 17
VoN 14-StuNDeNtAGeN, rüBe<br />
Christian Brunold stammt aus thüringen und ist 42 Jahre alt. Beruflich hat er mehr als<br />
die hälfte seines Lebens als LKW-Fahrer verbracht. Die Leidenschaft fürs Fahren ganz<br />
generell kommt nicht von ungefähr, sie wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt.<br />
Denn auch sein Vater war LKW-Fahrer, und sein Bruder ist es immer noch.<br />
Christian selbst hat achtzehn Jahre lang als Fernfahrer gearbeitet. Seit drei Jahren ist er<br />
in der Wolfurter Firma rohner tätig. In seinem DAF transportiert er fünf tage die Woche<br />
hackschnitzel oder Schrott nach Italien.<br />
t + F: Ar<br />
„Meinen Job hab ich stets aus dem herzen heraus<br />
gemacht“, sagt Christian Brunold, und so, wie er das<br />
sagt, glaubt man es ihm auf Anhieb. Schon rein äußerlich<br />
entspricht der thüringer geradezu dem Klischee<br />
eines LKW-Fahrers: Kräftig gebaut mit ohrring und<br />
Käppi, scheint er über die nötige Gelassenheit und<br />
auch über einen gewissen Schmäh zu verfügen.<br />
Bereits als zehnjähriger sei er herumgekurvt, erzählt<br />
er mit einem breiten Grinsen. Bei der Führerscheinprüfung<br />
habe man bald angemerkt: „Aha, ein Schwarzfahrer.<br />
Fahr bei der Prüfung bitte nicht zu perfekt,<br />
sonst fällt das allzu sehr auf!“<br />
Christian Brunold wusste früh, wo es beruflich langgehen<br />
sollte. Nach der Gesellenprüfung zum elektroinstallateur<br />
fuhr er drei Saisonen lang für die Baufirma<br />
Wucher. Nach dem Bundesheer wechselte er zur<br />
Firma Vögel, wo er achtzehn Jahre lang als Fernfahrer<br />
arbeitete.<br />
Fernfahrer sein heißt, fast nie zu hause zu sein und<br />
keine fixen Arbeitszeiten, sowie ein dürftiges Fixgehalt<br />
zu haben. „Man verdient hauptsächlich mit den<br />
Spesen und zulagen. Wenn du krank oder im urlaub<br />
bist, wird’s happig.“<br />
Doch in seinen Anfangszeiten hatte Christian Brunold<br />
noch keine Familie zu ernähren. er wohnte bei<br />
seinen eltern und war stets kerngesund. Sechs tage<br />
die Woche war er unterwegs und bereiste mit seinem<br />
Scania halb Mitteleuropa. Auf jeder Strecke gab es<br />
Gasthäuser, bei denen man wusste, dass man darin<br />
Kollegen antreffen würde. Wenn nicht, dann half der<br />
CB-Funk nach.<br />
heute ist das anders. Der richtige Fernverkehr sei<br />
zum Vergessen, meint Christian Brunold. Die strengen<br />
regelungen bezüglich Fahr-, und ruhezeiten beziehungsweise<br />
permanente Kontrollen, hätten dazu geführt,<br />
dass die einsamkeit zugenommen habe. Fröhliche<br />
runden mit Kollegen gebe es nicht mehr. „Ich<br />
kenne genügend Fernfahrer – vor allem jene aus den<br />
neuen eu-Ländern, die das ganze Jahr über in ihrem<br />
LKW auf einem Parkplatz in der Wildnis hausen. Sie<br />
haben nicht einmal das Geld für eine raststätte. zum<br />
Waschen steht ihnen kaltes Wasser zur Verfügung,<br />
mehr nicht. Das sind echt arme teufel!“<br />
er habe als Fernfahrer noch bessere zeiten gesehen.<br />
In zeiten ohne Digitaltachometer sei noch nicht so<br />
akribisch kontrolliert worden wie heute. „Jetzt schaut<br />
jeder, dass er weiter kommt. Man kann nicht mehr ein<br />
oder zwei Stunden warten. Die zeiten sind streng reglementiert.“<br />
trotz der vielen Kontrollen, hat Christian Brunold erst<br />
ein Mal zahlen müssen. 35 euro, „wegen einer Lappalie,<br />
da hatte ich Pech mit dem Beamten!“ Die Strafen<br />
seien zu hoch, um regeln zu missachten: „Das überlegt<br />
man sich wirklich zwei Mal!“<br />
Für den jungen Familienvater kommen Manipulationsversuche<br />
ohnehin nicht in Frage. Vom schwer<br />
verdienten Geld soll schließlich auch was für den jährlichen<br />
Sommerurlaub mit ehefrau Daniela und tochter<br />
Nadine abfallen. Die Neunjährige findet den Beruf ihres<br />
Papas toll, mehrmals habe er sie schon mitgenommen,<br />
sagt Christian. er betont auch, wie wichtig es sei, dass<br />
seine Frau seinen Beruf und die damit verbundenen Ar-
zAhLeN uND StINKStIeFeLN<br />
MArKtPLAtzhofsteig 18 | 19
zentimetergenau bewegt Christian Brunold seinen DAF –<br />
16,5 m lang, 40 tonnen schwer.<br />
beitszeiten akzeptiere. „Sie hat mich vor vierzehn Jahren<br />
kennen gelernt und ist das gewöhnt. Wir hatten stets<br />
eine Wochenendbeziehung. Wenn eine Frau gegen den<br />
Job ist, kannst du alles vergessen. Dann ist die Familie<br />
kaputt.“ In seinem umfeld kennt Christian Brunold nach<br />
eigener Aussage mehrere „rübezahle“, wie er sie nennt,<br />
die ihre einsamkeit auf diversen Parkplätzen kompensieren.<br />
„es gibt viel Angebote von Frauen unterwegs. Wenn<br />
man will, muss man nur zum telefon greifen. Das war<br />
noch nie anders.“<br />
um häufiger und regelmäßiger bei seiner Familie zu sein,<br />
hat Christian Brunold vor drei Jahren den Job als Fernfahrer<br />
an den Nagel gehängt. Seitdem fährt er für die Firma<br />
rohner und ist vollauf zufrieden. Sogar ein hobby geht<br />
sich aus. Christian ist passionierter Flügelhornspieler, im<br />
thüringer Musikverein kann er seiner Leidenschaft zumindest<br />
ein wenig frönen. „es ist zwar nicht der richtige<br />
Musikverein in thüringen, sondern eine Art Feierabendmusikverein,<br />
wie wir dazu sagen. eine Bauernkapelle<br />
halt. Die Mitglieder sind alle exmusikanten, manche sind<br />
schon über achtzig Jahre alt. Aber es macht Spaß. Wir<br />
spielen gemütliche Pölkerle oder Wälzerle.“<br />
Wenn sich Christian Brunold in seinen 16,5 Meter langen<br />
und bis zu vierzig tonnen schweren DAF setzt, dann<br />
gibt dieser Anblick ordentlich was her. Man sieht ihm<br />
auch die Freude an der Arbeit an. Früher, bei seinem<br />
schönen „hauber“, habe er sogar noch des Öfteren am<br />
Wochenende Felgen poliert, erzählt der thüringer. Jetzt<br />
sei das anders, aber nicht mehr lange. Anfang nächsten<br />
Jahres bekommt er endlich den von ihm so geliebten<br />
Scania. Dann werde er wieder glücklich sein. Sein jetziger<br />
DAF verfügt aber doch immerhin über zwei Betten,<br />
eine Standheizung im Winter und über Standklima im<br />
Sommer. „So lässt es sich zwei Nächte pro Woche durchaus<br />
aushalten.“<br />
zum Waschen geht Christian Brunold entweder in den<br />
Waschraum jener Firma, die er beliefert, oder in eine<br />
raststätte. „Früher war ich länger unterwegs, da hab<br />
ich dann in einem Autohof für zwei euro eine saubere<br />
Dusche vorgefunden. Klar gibt’s unter den Fahrern auch<br />
solche, die das nicht nützen. richtige Stinkstiefel halt,<br />
da wird’s einem hie und da schwindlig.“<br />
Dass es neben Stinkstiefeln auch diverse Blindgänger<br />
gibt, möchte der 42-Jährige gar nicht erst bestreiten.<br />
Schließlich herrsche seit langem ein eklatanter Mangel<br />
an LKW-Fahrern. „und wenn die Firmen keine Fahrer kriegen,<br />
nehmen sie halt auch schlechte. Viele machen den<br />
Job ja nur, weil sie sonst keine Arbeit haben. Bei mir hingegen<br />
war immer herzblut dabei.“<br />
und welche eigenschaft muss ein guter LKW-Fahrer mitbringen?<br />
„Pünktlichkeit, Sauberkeit und zuverlässigkeit.<br />
Das ist in einem anderen Job nicht anders.“
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
MArKtPLAtzhofsteig 20 | 21
AuF eINeM KILoMeter DIe GAN<br />
Fünf Wolfurter Pfadfinder erzählen von ihren ganz persönlichen Jamboree-<br />
erfahrungen. Für Nicht-eingeweihte: ein Jamboree ist ein Lager, zu dem die<br />
ganze Welt verabredet ist. Scheich, König, Gott und Allah inklusive.<br />
t + F: CJ<br />
Wiesen, Waldstücke, Spielplätze, ess-zelte, Schlafzelte,<br />
dazwischen Jugendliche in Gruppen, die Musik<br />
machen, Volleyball spielen oder Bauwerke instand<br />
halten, erwachsene Leiter, die mal eine zigarette rauchen<br />
oder im „Gatsch“ herumrutschen, kochen oder<br />
den Ablauf des nächsten tages planen, in der Mitte<br />
eine riesige Konzertbühne. es muss etwas ganz Besonderes<br />
gewesen sein, das 22. Jamboree in rinkaby<br />
in Schweden. heuer ende Juli bis Anfang August. ein<br />
zweiwöchiges Pfadfinder-Lager mit 13 Wolfurtern und<br />
40.000 (!) Pfadfindern aus der ganzen Welt. International<br />
eben. „Wobei man muss unterscheiden“, sagt Martin<br />
Widerin, einer der Wolfurter Pfadfinder, der als Mit-<br />
arbeiter mitgekommen ist, „internationale Lager gibt<br />
es jedes Jahr wie Sand am Meer. Da sind dann, wenn<br />
es etwa in Schweden stattfindet, 3000 Schweden und<br />
500 teilnehmer aus anderen Ländern. ein Jamboree<br />
findet nur alle vier Jahre in einem anderen Land statt.<br />
Da sind ebenfalls etwa 3000 Pfadis aus dem Gastland<br />
– dazu kommen dann aber 37.000 weitere aus knapp<br />
150 anderen Nationen. Wenn ich da einen Kilometer<br />
vom Schlafzelt zum Frühstücksbereich laufe, begegne<br />
ich auf dem Weg Leuten aus Algerien, Israel, den<br />
uSA, Chile, ecuador, Australien, Neuseeland, Finnland,<br />
Pakistan, Indien, Afghanistan, Spanien, Island und so<br />
weiter.“
ze WeLt.<br />
Klar, dass so etwas eine bleibende erinnerung ist, für<br />
jeden wahrscheinlich aus einem anderen Grund. Für<br />
renate Küng war es wie eine Art Mutprobe. „Wir Mitarbeiter<br />
waren dafür verantwortlich, dass der Laden<br />
rennt. Wir haben gekocht, das Frühstück vorbereitet,<br />
das Lager aufgebaut, die Infrastruktur geschaffen und<br />
instand gehalten. Also urlaub war das nicht, eher schon<br />
eine Grenz-erfahrung. Aber ich wollte wissen, ob ich<br />
das durchstehe, mit 3000 Leuten beim Frühstück zu<br />
sitzen und von der Früh weg englisch zu sprechen. es<br />
waren in jedem Fall zwei ganz unglaubliche Wochen.“<br />
Für Linus und Cornelius war es definitiv ein einzigartiges,<br />
nicht wiederholbares erlebnis, denn sie gehör-<br />
West<br />
<br />
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MArKtPLAtzhofsteig 22 | 23
ten zu jenen, für die das Jamboree gemacht wurde:<br />
den 13- bis 17jährigen Pfadfindern. „es war gewaltig“,<br />
erinnert sich Linus, „wir haben ganz viele Freunde<br />
gefunden, aus england, holland oder auch Amerika.<br />
Wir haben auch viel gemacht, es gab eine Menge<br />
Programm. Wir konnten die zutaten für unser essen<br />
selbst einkaufen, auch in unterschiedlichen Arealen<br />
unterschiedliche Gerichte aus unterschiedlichen Ländern<br />
probieren. Wir sind Fahrrad gefahren und haben<br />
damit die handys und sonstige Geräte aufgeladen. es<br />
wurde viel gespielt, es gab ein „Quest“, eine Art rollen-<br />
und Abenteuerspiel, und wir haben Ausflüge in<br />
die umgebung gemacht. Das einzige, was nicht so toll<br />
war – wir mussten jeden Morgen um 7 uhr aufstehen.“<br />
und Cornelius meint: „Das ist schon sensationell. Man<br />
kann da kilometerweit laufen, und trifft auf Menschen,<br />
die allesamt offen und gut drauf sind. Da ergeben sich<br />
leicht Freundschaften. Wir schreiben Briefe und werden<br />
uns wiedertreffen.“<br />
Sommer in Schweden – nicht ohne Volkssport eishockey<br />
7 Jahre lang dauerten die Vorbereitungen in Schweden,<br />
damit die 40.000 Pfadfinder diese zwei Wochen<br />
ungestört verbringen konnten. ein ungeheurer logistischer<br />
Akt – und danach musste das riesige Grundstück<br />
mit Naturarena auf einem ehemaligen Militärfeld<br />
ja wieder genau so zurückgelassen werden, wie<br />
es vorgefunden wurde. Das gebietet die Pfadfinderehre,<br />
die gleichzusetzen ist mit Verantwortung dem<br />
Menschen und der umwelt gegenüber.<br />
„Im Grunde sind wir die weltweit größte Friedensorganisation<br />
mit 41 Millionen Mitgliedern, bei der die<br />
Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen.“ und<br />
so waren auch die Aktivitäten des Jamborees dementsprechend:<br />
es gab Vorträge von Susan Bissell, der<br />
obfrau des Kinderschutzbundes der uNICeF, einen<br />
Besuch des saudischen Bildungsministers und natürlich<br />
des schwedischen Königspaares. Karl Gustav<br />
ist übrigens selbst Pfadfinder und hat im Lager übernachtet.<br />
Außerdem wurde auf dem Jamboree eine<br />
großangelegte Aktion gestartet, die sich Messengers<br />
of Peace nennt, also Botschafter des Friedens. täglich<br />
sollen damit Friedensprojekte auf der ganzen<br />
Welt unterstützt werden.<br />
Martin Widerin, der in Wolfurt die Pfadfinderzeitung<br />
mit einer Auflage von 100 Stück herausgibt, war gemeinsam<br />
mit top-Journalisten aus uganda, Spanien<br />
oder Großbritannien im Mediateam des Jamboree.<br />
„eine Superpartie. Wir haben die Pressekonferenzen<br />
etwa für das Friedensprojekt organisiert, und es gab<br />
ein Camp-radio und Camp-Fernsehen und zahlreiche<br />
Blogs, die von den teilnehmern selbst betreut wurden.<br />
Al Jazeera hat eine ganze Woche lang bei uns gedreht<br />
und einen tag live für deren Kinderkanal übertragen.<br />
Mit einer reichweite von über einer Milliarde<br />
zusehern in der gesamten Arabischen Welt!“<br />
überhaupt, so Widerin, sei es faszinierend, wie interkulturell<br />
die Pfadfinderei tatsächlich sei, wie echte<br />
toleranz gelebt werde. „Bei einem Jamboree gibt es<br />
eine sogenannte Faith and Believes-Areas, jede religion<br />
hat da ihr eigenes Gottes-zelt. Ich war bei einem<br />
hindu-Gottesdienst, und ich durfte am 31. August<br />
beim Start vom ramadan mit dabei sein – das war<br />
schlicht großartig, und ich würde mir eine ähnliche<br />
toleranz der religionen auch bei uns im Alltag wünschen,<br />
denn letztlich ist es doch egal, wie der Gott<br />
heißt, dem zu ehren man rituale feiert.“<br />
über eines sind sich alle fünf einig, höhepunkt der<br />
zwei Wochen Ausnahmezustand war die Closing Ceremony<br />
mit Konzert der rockband europe und deren<br />
hit „the final Countdown“. „Des war einfach Mega“,<br />
sagen Linus und Cornelius.
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sturM iM alltag: die frisur hält.<br />
Carina Jielg<br />
Also das müssen wir noch üben, das mit dem Abstimmen.<br />
Im Fall meiner Frisur hat das ja nicht so geklappt<br />
wie ursprünglich - in der vorigen Ausgabe des „<strong>Marktplatz</strong><br />
Hofsteig“ - angedacht. Geplant war, dass Sie, geschätzter<br />
Leser, geschätzte Leserin, über die Zukunft<br />
meines Haupthaares mitentscheiden. Jetzt mal abgesehen<br />
davon, dass, wie ich meine Haare trage, höchstens<br />
noch diejenigen marginal interessieren wird, die<br />
mich auch kennen, wäre das – abstrakt betrachtet<br />
– eine Möglichkeit, die Realität aktiv mitzugestalten.<br />
Gewesen, meine Damen und Herren. Die Gelegenheit<br />
haben Sie sich - bis auf einige Wenige, für deren Einsatz<br />
ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte!<br />
- nämlich entgehen lassen und mich mit der Wahl<br />
allein gelassen.<br />
Okay, okay! – Sie haben sich gedacht, da kann eh nix<br />
schiefgehen, alle vier Vorschläge sind großartig und<br />
die vier Friseursalons sowieso - folglich muss ich auch<br />
nicht abstimmen. Haben Sie sich gedacht.<br />
Wenn das immer so ...<br />
Wie gesagt – wir sollten das noch üben.<br />
Schließlich habe ich auch ohne Ihre Mithilfe eine Entscheidung<br />
getroffen – und bin überglücklich mit meiner<br />
neuen Kurzhaarfrisur.<br />
Und dankbar, denn ich habe einiges gelernt.<br />
Zum Beispiel, dass Friseure bisweilen lebensrettend<br />
sein können, zumindest aber lebensnotwendig sind.<br />
Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Menschen<br />
aus meinem Umfeld durch meine neue Kopfhaarpracht<br />
an ihre eigene Haupt-Misere erinnert, sich mehr oder<br />
weniger völlig verzweifelt an mich gewandt haben mit<br />
der Frage – „Was soll ich nur mit meinen Haaren ma-<br />
chen?“ Als wäre ich diesbezüglich Expertin! Ich habe<br />
sie alle nach Wolfurt geschickt – dort gibt es ganz hervorragende<br />
Friseure und unter Garantie auch für Dich<br />
den oder die Richtige, habe ich gesagt. Sind sie alle in<br />
Ihren Salons angekommen, werte Friseure und Friseurinnen?<br />
Jedenfalls ging es den Verzweifelten bereits<br />
nach Vereinbarung eines Termins wesentlich besser –<br />
also allein die Vorfreude auf den Friseurbesuch wirkt<br />
wahre Wunder.<br />
Zweitens habe ich gelernt, dass ich mir durch einen<br />
Friseurbesuch eine Menge Geld, Zeit und Ärger erspare:<br />
Im angenehmen Ambiente des Salons werden mir<br />
eine oder zwei Stunden Auszeit, Ruhe und Entspannung<br />
zuteil, ich bekomme die Beine hochgelegt, den<br />
Kopf massiert und gekühlt, mein von mir sträflich<br />
vernachlässigtes Haar wird mit Pflege versöhnlich gestimmt,<br />
und ich verlasse den Salon mit dem Gefühl,<br />
ein neuer Mensch zu sein. Ich fühle mich aufgeräumt.<br />
Gut gelaunt. Leicht. Jeglicher Unbill, den der restliche<br />
Tag noch für mich bereithält, prallt an mir ab. Und sie,<br />
die Frisur hält. Hält durch. Die ganze Woche. Den ganzen<br />
Monat. Da erübrigt sich jeder Gang zum Psychologen,<br />
meine sich ankündigende Herbstnebel-Depression<br />
wird im Keim erstickt. Keine Lust auf Frust-Shoppen<br />
und kaum Hunger auf Schokolade. Was wiederum der<br />
Figur nicht schadet und mir möglicherweise alsbald<br />
wieder genügend Platz im neuen, aber bisher wegen<br />
der zu kleinen Kleidergröße nie getragenen Hosenanzug<br />
verschaffen wird. Hat sich also rundum gelohnt<br />
– der Friseurbesuch.<br />
Wenn man nun davon ausgeht, dass sich nicht nur bei<br />
mir, sondern bei nahezu jedem und jeder nahezu ähnliche<br />
Folgeerscheinungen aus einer Friseurbehandlung<br />
ableiten ließen, dann würde die Welt ein gutes Stück<br />
freundlicher aussehen. Man könnte durchaus weiter<br />
folgern: Ist die Frisur gut, geht es dem Menschen gut,<br />
geht es der Gesellschaft gut.<br />
Fehlen also nur noch zwei Dinge zum Glück: Der Gerechtigkeit<br />
halber müssten die Friseure wegen ihres<br />
äußerst positiven Einflusses auf das volkswirtschaftliche<br />
Wohlbefinden auch aus staatlichen Töpfen zusätzlich<br />
entlohnt werden und – Sie müssten lernen sich zu<br />
entscheiden bzw. aktiv die Realität mitzugestalten. Beginnen<br />
Sie ganz oben mit Ihrem Kopf – gehen Sie zum<br />
Friseur!<br />
Dazu passend ein Musiktipp:<br />
Die drei Friseure<br />
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Track 4 „Friseure sind gute Menschen“
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