Präsentation Dipl. Psych. Bernhard Morsch - Arbeitskammer des ...
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AK-Forum 16.10.2012<br />
Vom Wert der <strong>Psych</strong>otherapie bei Arbeitslosigkeit und<br />
Arbeitsplatzgefährdung<br />
„Vom Wert der <strong>Psych</strong>otherapie in der Prävention von<br />
Arbeitslosigkeit und Arbeitsplatzgefährdung“<br />
oder:<br />
Die Bedeutung der Arbeit<br />
für die psychische Gesundheit -<br />
<strong>Dipl</strong>. <strong>Psych</strong>. <strong>Bernhard</strong> <strong>Morsch</strong><br />
<strong>Psych</strong>ologischer <strong>Psych</strong>otherapeut<br />
Präsident - <strong>Psych</strong>otherapeutenkammer<br />
<strong>des</strong> Saarlan<strong>des</strong> (PKS)
Arbeitnehmer immer häufiger psychisch krank<br />
• 12,5% aller betrieblichen Fehltage durch psychische Erkrankungen<br />
• Anteil an allen Krankschreibungen seit 2000 etwa verdoppelt<br />
• <strong>Psych</strong>ische Erkrankungen führen zu besonders langen Fehlzeiten von<br />
durchschnittlich 30 Tagen (= mehr als die Hälfte FT aller AN)<br />
• Depressiv erkrankte AN fehlen durchschnittlich sogar 39 Tage<br />
• Nach jüngsten Berechnungen entstehen den Unternehmen jährlich<br />
durch psychische Krankheiten Produktionsausfälle von 26 Mrd. €<br />
• Anteil Renten aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich von 15,4%<br />
im Jahr 1993 auf 39% im Jahr 2010 mehr als verdoppelt (70% mehr<br />
Neuberentungen verursachen Kosten von mehr als 4 Mrd. €)<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Zu viel berufliche Flexibilität macht psychisch krank<br />
– nahezu jeder 2. Beschäftigte hat mit seinem Arbeitgeber eine<br />
Absprache, außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein<br />
– mehr als jeder 3. hat dienstliche Anrufe oder E-Mails auch<br />
außerhalb der Arbeitszeit erhalten<br />
– jeder 8. Beschäftigte gibt an, dass er Probleme mit der<br />
Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit hat<br />
– Pendler mit großen Strecken unterliegen einem um 20 % höheren<br />
Risiko, unter psychischen Symptomen wie Erschöpfung,<br />
Niedergeschlagenheit oder Kopfschmerzen zu leiden<br />
Umfrage: Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) 2012<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Arbeit und psychische Gesundheit<br />
• Ursachen psych. Erkrankungen nicht nur in der Arbeitswelt<br />
• Arbeitslose 3-4 mal häufiger psychisch krank als<br />
Erwerbstätige<br />
• Jede 5. nicht berufstätige Frau ohne minderjährige Kinder<br />
im Haushalt erkrankt an einer Depression (19,5%), aber nur<br />
jede 8. berufstätige Frau mit Kindern (12,8%); berufstätige<br />
Frauen ohne Kinder erkranken am seltensten (9,6%)<br />
• Stationäre Behandlungstage wg. psychischer Erkrankung<br />
bei Arbeitslosen 6-fach häufiger<br />
• Arbeitslose Männer erhalten fast 3 mal so häufig<br />
Antidepressiva wie Erwerbstätige<br />
Berechnungen der BPtK 2012<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Häufigkeit psychischer Erkrankungen – Zunahme ?<br />
• Datenlage nicht eindeutig<br />
• für best. Formen von Depression, Ängsten oder auch<br />
psychosomatischen Leiden durchaus Hinweise auf Anstieg<br />
der Prävalenz (Häufigkeit einer Krankheit in einer best.<br />
Population)<br />
• Bei schweren depressiven Erkrankungen, manischdepressiven<br />
Störungen oder <strong>Psych</strong>osen u.a. gibt es jedoch<br />
keine Belege für einen Anstieg<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Inanspruchnahme von <strong>Psych</strong>otherapie gestiegen<br />
• Bessere Aufklärung und Information (allmähliche<br />
Entstigmatisierung u.a. durch bun<strong>des</strong>weite Kampagnen)<br />
• Höhere Bereitschaft, sich auch wegen psychischer<br />
Beschwerden in Behandlung zu begeben (mittlerweile<br />
schätzt man rund 50% aller Betroffenen)<br />
• Mehr Behandlungsangebote als vor dem <strong>Psych</strong>ThG, das<br />
jedem Versicherten seit 1999 den Erstzugang zu<br />
deutschlandweit rund 15.000 <strong>Psych</strong>otherapeuten ermöglicht<br />
hat.<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Aber: Versorgungslücke im Bereich <strong>Psych</strong>otherapie<br />
• Lange Wartezeiten auf Therapieplatz<br />
• 3 Monate bis Erstgespräch<br />
• 6 Monate bis Beginn der <strong>Psych</strong>otherapie<br />
• Hintergrund: Bedarfsplanung nach <strong>Psych</strong>ThG 1999<br />
• Gesetzgeber hat Anzahl der Praxen auf dem bereits<br />
damals völlig unzureichenden Stand „eingefroren“<br />
• trotz eindeutig belegtem Bedarf hat bislang die Politik<br />
weder mehr Praxen noch die Zulassung flexiblerer<br />
Behandlungsangebote geschaffen<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Folge:<br />
• Viele Arbeitnehmer verlieren ihre Arbeitsfähigkeit auch<br />
<strong>des</strong>halb, weil sie zu spät angemessen behandelt werden.<br />
• Krankenkassen geben mehr Geld für Lohnersatzleistungen<br />
(Krankengeld rund 2 Mrd. €) aus als für die gesamte<br />
ambulante psychotherapeutische Behandlung (1,7 Mrd. €)<br />
• Leiden verschlimmert sich, aus leichten werden schwere<br />
oder chronische Verläufe, es müssen notfallmäßig zur<br />
Linderung <strong>Psych</strong>opharmaka verordnet werden oder<br />
Patienten in akuten Krisen teuer stationär in Kliniken<br />
behandelt werden.<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Forderung:<br />
mehr psychotherapeutische Behandlungsangebote<br />
• Präventiv: Vorsorge, um die Arbeitskraft zu erhalten und<br />
Arbeitslosigkeit aus Gesundheitsgründen zu verhindern<br />
• Kurativ: Schaffung ausreichender Behandlungsangebote,<br />
um Verschlimmerung und Chronifizierung entgegen zu<br />
wirken<br />
• Rehabilitativ: u a. um auch nach Arbeitsplatzverlust<br />
gesund zu bleiben, die Arbeitsfähigkeit zu sichern und<br />
Erwerbsunfähigkeit zu verhindern<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Protektive (schützende) individuelle Faktoren<br />
(Stärkung der sog. „Resilienz“)<br />
„Arbeit ist nur das halbe Leben“<br />
• Balance zwischen Beruf und Privatleben (Ausgleich<br />
schaffen)<br />
• Pflegen von Sozialkontakten (Stärkung sozialer<br />
Kompetenz)<br />
• Vermeidung von sog. Präsentismus (trotz Krankheit zur<br />
Arbeit gehen)<br />
• Identifizierung mit der Arbeit (fördert berufliche<br />
Zufriedenheit)<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Protektive Faktoren in der Arbeitsorganisation<br />
Stärkung Prävention in Betrieben: Schaffen betrieblicher<br />
Unterstützungs- und Beratungsangebote<br />
• Handlungsspielräume<br />
• wertschätzende Arbeitsatmosphäre<br />
• Berechenbarkeit und Transparenz<br />
• soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte<br />
• angemessene Belohnung und Sicherheit (Gratifikation –<br />
Wertschätzung)<br />
• Anforderungsniveau (quantitativ und qualitativ)<br />
• Beratungsdienste, betriebliche Hilfen<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Stressoren und Ressourcen<br />
psychische Stressoren in den<br />
Arbeitsbedingungen (z.B.):<br />
•Zeitdruck<br />
•andauernd hohe<br />
Konzentrationsanforderungen<br />
•Arbeitsorganisat. Probleme<br />
•Komplexität<br />
Ressourcen:<br />
•soziale Unterstützung<br />
•Einfluss/Handlungsspielräume<br />
•Transparenz/Berechenbarkeit<br />
•Gratifikation / Wertschätzung<br />
(insbes. durch Vorgesetzte)<br />
verfügbar und genutzt?!<br />
Quelle: Dr. Stefan Leidig, Berlin - 2011
„Gesunder Arbeitsplatz“<br />
• Gesundheitsorientiertes Führungsverhalten:<br />
– Förderliche Arbeitsbedingungen, Vorbildrolle,<br />
Berücksichtigung von Bedürfnissen<br />
• Stärkung sozialer Netzwerke:<br />
– Teamarbeit, Wissensaustausch, gegenseitige<br />
Unterstützung<br />
• Gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeitsplätzen:<br />
– Rollen- und Arbeitsprozessgestaltung, optimale<br />
ergonomische Arbeitsbedingungen<br />
• Stärkung gemeinsamer Werte und Überzeugungen<br />
– Leben der Unternehmenswerte, Wertschätzung<br />
Siemens AG 2011 - Dr. Birner - bei Vortrag BPtK 2012
Gesetzliche Regelungen zur Prävention im Bereich<br />
psychischer Belastungen am Arbeitsplatz<br />
• § 2 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz: Schutz vor arbeitsbedingten<br />
Gesundheitsgefahren<br />
• § 3 Arbeitsschutzgesetz (Bildschirmarbeitsplatzverordnung):<br />
Arbeitsbedingungen hinsichtlich einer möglichen Gefährdung <strong>des</strong><br />
Sehvermögens sowie körperlicher 2011<br />
Probleme und psychischer<br />
Belastungen<br />
• SGB IX § 84 (2) (Betriebliches Eingliederungsmanagement):<br />
Gefährdungsbeurteilung körperliche und psychische Belastungen<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren<br />
als Aufgabe der Krankenkassen<br />
• Betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20a SGB V: Verbesserung<br />
der gesundheitlichen Situation der Arbeitnehmer; Zusammenarbeit der<br />
Kassen mit Unfallversicherern bzw. Gesundheitsbeauftragten ist<br />
anzustreben.<br />
• Betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V: Unterstützung<br />
der Unfallversicherung bei Aufgaben zur Verhütung arbeitsbedingter<br />
Gesundheitsgefahren. Bildung regionaler Arbeitsgemeinschaften ist<br />
anzustreben.<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
EAP<br />
Checkliste für<br />
Mitarbeiterberatungsprogramme<br />
zur Förderung von<br />
psychischer Gesundheit<br />
bei Arbeitnehmern<br />
zu erhalten bei:<br />
www.bptk.de
FAZIT 1<br />
• Der Anstieg der AU-Zeiten und Frühverrentungen<br />
aufgrund psychischer Erkrankungen ist nicht alleine der<br />
Arbeitswelt zuzuschreiben<br />
• Arbeitslosigkeit ist ein höherer Prädiktor psychisch zu<br />
erkranken<br />
• Arbeit ist ein wichtiger Faktor zur Erhaltung der<br />
psychischen Gesundheit unter der Maßgabe <strong>des</strong><br />
Vorhandenseins ausreichender individueller und<br />
institutioneller protektiver Faktoren<br />
• Wenn die <strong>Psych</strong>e aus dem Gleichgewicht gerät, kann eine<br />
rechtzeitige und adäquate Beratung oder ggf.<br />
psychotherapeutische Behandlung vor Arbeitsplatzverlust<br />
schützen<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS
FAZIT 2<br />
• Förderung der psychischen Gesundheit in Betrieben durch<br />
Bereitstellung von Mitarbeiterberatungsprogrammen.<br />
• Kooperation von Unternehmensvertretern, Kostenträgern<br />
und fachlich qualifizierten Gesundheitsbeauftragten oder<br />
Beratern.<br />
• Es gilt: Eine frühzeitige Erkennung psychischer<br />
Auffälligkeiten oder Erkrankungen erlaubt eine frühere<br />
Wiedereingliederung<br />
• Eine rechtzeitige fachgerechte Behandlung setzt das<br />
Vorhandensein ausreichender Behandlungsplätze für<br />
psychisch Erkrankte voraus.<br />
© B. <strong>Morsch</strong> – Präsident PKS