Online lesen - Österreichischer Blasmusikverband
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Fachbeitrag | Blasmusik Geschichte<br />
J. W. GANGLBERGER UND SEIN<br />
„TEDDYBÄR“ zum 75. Todestag<br />
1 2 3<br />
1 | Johann Wilhelm Ganglberger<br />
(1876 – 1938)<br />
2 | Zeitgenössisches Titelblatt der<br />
Konzertpolka „Mein Teddybär“ (1927)<br />
4 | Marsch „Immer höher“<br />
(Titelblatt)<br />
Die Abbildungen wurden vom Privatarchiv<br />
Walter Schwanzer in Rohrendorf<br />
bei Krems/Donau zur Verfügung<br />
gestellt. Herzlichen Dank!<br />
Im 19. Jahrhundert und teilweise auch noch in der ersten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es eine Vielzahl von Kapellen,<br />
die „auf Streich“ oder „auf Blech“ das Publikum unterhielten.<br />
In Österreich-Ungarn stellten die Militärkapellen meist diese<br />
Unterhaltungsorchester in ihren Garnisonsorten. Sie boten<br />
den Kapellmeistern und Musikern lukrative Verdienstmöglichkeiten<br />
und trugen außerdem ganz wesentlich zur Finanzierung<br />
der Militärmusik bei. Da die uniformierten Musiker zudem ihre<br />
Einkünfte in der Monarchie auch nicht versteuern mussten,<br />
hatten es Zivilkapellen doppelt schwer, sich gegen die übermächtige<br />
Konkurrenz der Militärkapellen durchzusetzen.<br />
Einer der wenigen, der durch längere Zeit hindurch mit seiner<br />
Kapelle sehr erfolgreich konzertierte, war Johann Wilhelm<br />
Ganglberger. Er kam am 20. Mai 1876 im niederösterreichischen<br />
Ort Pressbaum (Bezirk Wien-Umgebung) zur Welt. Ganglberger<br />
wurde zunächst in den Musikschulen Kaiser in Wien<br />
in den Fächern Violine, Klavier und Harmonielehre ausgebildet.<br />
Er erhielt auch Unterricht in Harmonielehre, Kontrapunkt und<br />
Instrumentation bei Richard Heuberger, der später mit seiner<br />
Operette „Der Opernball“ großen Erfolg hatte.<br />
Als Primgeiger bei der Militärmusik lernte Ganglberger die<br />
Unterhaltungsmusik seiner Zeit intensiv kennen. Von 1896 bis<br />
1899 studierte er am Konservatorium der Gesellschaft der<br />
Musikfreunde Klarinette bei Franz Bartolomey (1. Klarinettist<br />
der Wiener Philharmoniker und Begründer der Wiener Klarinettenschule)<br />
und Harmonielehre bei Franz Krenn (er unterrichtete<br />
u. a. auch Gustav Mahler).<br />
Johann Wilhelm Ganglberger arbeitete als Kapellmeister in<br />
Finnland, Russland und Deutschland. Ab 1901 war er Dirigent<br />
bei Carl Michael Ziehrer in Wien sowie erster Geiger und Orchesterdirektor<br />
bei Emil Kaiser. 1903 gründete Ganglberger<br />
sein eigenes Salonorchester (Konzertorchester Ganglberger),<br />
mit dem er bei Konzerten, Bällen und Ausstellungen spielte<br />
und mit dem er 1908 sogar eine Amerikatournee unternahm.<br />
1912 wurde er Musikdirektor und Konzertdirektor des Wiener<br />
Rathauses. Ab 1916 war er Vorstandsmitglied des Österreichischen<br />
Komponistenbundes (damals <strong>Österreichischer</strong> Komponisten-Klub)<br />
und 1925 wurde er zum Vizepräsidenten gewählt.<br />
Ab 1925 war er auch für die noch junge RAVAG (Radio-Verkehrs-<br />
Aktien-Gesellschaft) tätig. Ganglberger starb mit 75 Jahren<br />
am 20. Jänner 1938 in Wien. Seine Tochter Marianne war Pianistin<br />
und Musiklehrerin.<br />
Johann Wilhelm Ganglberger wurde mit der Großen Silbernen<br />
Medaille des Schubertbundes, mit dem Ehrenring der Stadt<br />
Wien und dem Ritterkreuz des Österreichischen Verdienstordens<br />
ausgezeichnet. Seine letzte Ruhestätte auf dem Zentralfriedhof<br />
ist ein Ehrengrab der Stadt Wien und in Wiener Neustadt<br />
wurde eine Gasse nach ihm benannt.<br />
Sein umfangreiches Schaffen umfasst u. a. Wienerlieder („Gute<br />
Nacht, mein Wien“, „Es singen die Vogerl ganz anders in Wien“),<br />
Tanzmusik („Wilde Rosen“, Walzer „Aus dem Wienerwald“, Alt-<br />
Wiener Ländler), Märsche („Immer höher“, „Jugendzeit“), Charakterstücke<br />
(„Im Märchenwald“) und Solowerke („Mister<br />
Brumm der Nebenbuhler“).<br />
Den größten Erfolg hatte J. W. Ganglberger jedoch mit seiner<br />
Konzertpolka „Mein Teddybär“ für Männerquartett mit Basssolo<br />
(Textbeginn: „Hört und schweiget still“; Text von Doridius)<br />
bzw. instrumental für Salon- oder Blasorchester mit solistischem<br />
Fagott, Tenorsaxophon oder Tenorhorn/Bariton – ein<br />
effektives Solostück, für das schon mancher Solist in ein Bärenkostüm<br />
schlüpfen musste.<br />
1953 gehörte „Mein Teddybär“ auch zu den ersten Werken, die<br />
von der Notengemeinschaft der noch jungen Blasmusik-Landesverbände<br />
Nordtirol und Südtirol neu für Blasmusik herausgegeben<br />
wurden.<br />
FA<br />
ÖBZ Jänner 2013 21