Der reiche Mann und Lazarus – Lukas 16, 19-31 - StopArmut 2015
Der reiche Mann und Lazarus – Lukas 16, 19-31 - StopArmut 2015
Der reiche Mann und Lazarus – Lukas 16, 19-31 - StopArmut 2015
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<strong>Der</strong> <strong>reiche</strong> <strong>Mann</strong> <strong>und</strong> <strong>Lazarus</strong> <strong>–</strong> <strong>Lukas</strong> <strong>16</strong>, <strong>19</strong>-<strong>31</strong><br />
Wenn ich mich ans Kirchriedt erinnere, dann kommen mir die Brötchen in den Sinn, die es<br />
jeweils nach dem Gottesdienst gab. Brötchen <strong>und</strong> Tee. Nun, habt ihr gewusst, dass es drei<br />
Arten von Christen gibt?<br />
- Keine-Brötchen-Christen -> haben nichts weiterzugeben<br />
- Harte Brötchen Christen -> haben nichts Frisches, Anmähcheliges zu vergeben<br />
- Frische-Brötchen-Christen -> haben ein attraktives Christsein anzubieten^<br />
So wie am Ende des Auffahrtsfestes frische Brötchen verteilt werden, wünsche ich mir, dass<br />
die nun folgenden Ausführungen dazu helfen, dass wir alle Frische-Brötchen-Christen<br />
bleiben <strong>–</strong> oder werden.<br />
Die heutige Geschichte steht im <strong>Lukas</strong> <strong>16</strong>, <strong>19</strong>-<strong>31</strong>. Sie hat direkt nichts mit Brötchen zu tun,<br />
doch denke ich, dass der Ausgang der Geschichte anders gewesen wäre, wären da mehr<br />
frische Brötchen verteilt worden.<br />
Es war aber ein gewisser <strong>reiche</strong>r <strong>Mann</strong>, <strong>und</strong> er kleidete sich in Purpur <strong>und</strong> feine Leinwand<br />
<strong>und</strong> lebte alle Tage fröhlich <strong>und</strong> in Prunk. [Es war] aber ein gewisser Armer, mit Namen<br />
<strong>Lazarus</strong>, [der] an dessen Tor lag, voller Geschwüre, <strong>und</strong> er begehrte, sich von den<br />
Brosamen zu sättigen, die von dem Tische des Reichen fielen; aber auch die H<strong>und</strong>e kamen<br />
<strong>und</strong> leckten seine Geschwüre. Es geschah aber, daß der Arme starb <strong>und</strong> von den Engeln<br />
getragen wurde in den Schoß Abrahams. Es starb aber auch der Reiche <strong>und</strong> wurde<br />
begraben. Und in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war, sieht er<br />
Abraham von ferne <strong>und</strong> <strong>Lazarus</strong> in seinem Schoße. Und er rief <strong>und</strong> sprach: Vater<br />
Abraham, erbarme dich meiner <strong>und</strong> sende <strong>Lazarus</strong>, daß er die Spitze seines Fingers ins<br />
Wasser tauche <strong>und</strong> meine Zunge kühle; denn ich leide Pein in dieser Flamme. Abraham<br />
aber sprach: Kind, gedenke, daß du dein Gutes völlig empfangen hast in deinem Leben, <strong>und</strong><br />
<strong>Lazarus</strong> gleicherweise das Böse; jetzt aber wird er hier getröstet, du aber leidest Pein. Und<br />
zu diesem allem ist zwischen uns <strong>und</strong> euch eine große Kluft befestigt, damit die, welche von<br />
hier zu euch hinübergehen wollen, nicht können, noch die, welche von dort zu uns<br />
herüberkommen wollen. Er sprach aber: Ich bitte dich nun, Vater, daß du ihn in das Haus<br />
meines Vaters sendest, denn ich habe fünf Brüder, damit er ihnen ernstlich Zeugnis gebe,<br />
auf daß sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Abraham aber spricht zu ihm: Sie<br />
haben Moses <strong>und</strong> die Propheten; mögen sie dieselben hören. Er aber sprach: Nein, Vater<br />
Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen geht, so werden sie Buße tun. Er<br />
sprach aber zu ihm: Wenn sie Moses <strong>und</strong> die Propheten nicht hören, so werden sie auch<br />
nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht.<br />
Vater, öffne uns die Augen, dass wir die W<strong>und</strong>er in deinem Wort erkennen <strong>und</strong> gib uns den<br />
Willen <strong>und</strong> die Kraft, das Erkannte im Alltag umzusetzen. Amen<br />
Ein gewisser <strong>reiche</strong>r <strong>Mann</strong> … ein gewisser Armer <strong>–</strong> <strong>Lukas</strong> liebt dieses Wort ‚gewisser‘, 79<br />
mal braucht er es in seinem Evangelium. Er spricht von einem gewissen Priester Zacharias,<br />
einem gewissen römischen Hauptmann, einer gewissen Frau, die von Dämonen besessen<br />
ist, einem gewissen Pharisäer, der ihn zum Essen einlädt, <strong>und</strong> eben, einem gewissen<br />
<strong>reiche</strong>n <strong>Mann</strong>, der seine grosse Ernte in neue Scheunen einbrachte <strong>und</strong> starb, einem<br />
gewissen <strong>reiche</strong>n <strong>Mann</strong>, der zu einer grossen Party einlud, <strong>und</strong> viele weitere. Jesus kam für<br />
die ganze Welt, doch sind seine Begegnungen immer mit ‚gewissen Menschen‘. Es gibt<br />
keine Zufälle, auch wenn die Begegnungen, die Jesus hatte, uns oft zufällig erscheinen. Er<br />
ging <strong>und</strong> da kam. Nun, so ist das Leben als Christ <strong>–</strong> sehr einfach. Ein gewisser Markus, eine<br />
gewisse Gertrud, eine gewisse Ruth oder ein gewisser Hans. Nicht die ganze Welt, Gott hat<br />
immer wieder gewisse Leute für uns bereit. Wir gehen nach Hause <strong>und</strong> eine gewisse Person
uft an; wir sitzen im Zug <strong>und</strong> eine gewisse Person sitzt neben uns. Wer sitzt neben euch<br />
heute? Zufall? Nein, eine gewissen Person sitzt heute hier <strong>und</strong> damit hat Gott euch eine<br />
Chance gegeben, etwas zu sagen, zu lächeln, zu helfen <strong>–</strong> Geschichte wird im Alltag<br />
geschrieben. Wir müssen Gott nur bitten, uns die Augen zu öffnen für die Menschen, die um<br />
uns herum sind.<br />
2<br />
Wer sitzt neben dir? Wünsche doch deiner Nachbarin, deinem Nachbarn gerade jetzt etwas<br />
Gutes. Mache ihr ein Kompliment, zeige dich über etwas erkenntlich. Lass dich als frische-<br />
Brötchen Christ erkennen.<br />
Gott hat den Einzelnen im Auge, die gewisse Frau, den gewissen <strong>Mann</strong>, das gewisse<br />
Kind. Und dies ist unsere erster Punkt, den wir nach Hause nehmen dürfen: Gott hat den<br />
Einzelnen im Auge, die gewisse Dame, den gewissen Herrn, den gewissen Teenager.<br />
Er verlangt von uns nicht, dass wir allen Kindern in Hinwil helfen, oder dass wir alle Senioren<br />
in Gossau besuchen oder nun auf der Strasse an alle Brötchen verteilen. Doch Gott hat so<br />
eine Art, dass er uns ‚gewisse‘ Leute über den Weg schickt, sie an unsere Haustüre klopfen<br />
lässt, oder diese plötzlich neben uns wohnen. Es gilt, diese gewissen Leute zu entdecken<br />
<strong>und</strong> das Naheliegende zu tun <strong>–</strong> <strong>und</strong> das kann schon mal bedeuten, ein frisches Brötchen<br />
weiterzugeben.<br />
Uns legt Gott immer wieder Mongolen aufs Herz legt. Kein W<strong>und</strong>er, denn wir können mit<br />
ihnen in ihrer Sprache sprechen. Trotzdem sind es nicht ‚alle‘ Mongolen <strong>–</strong> sondern ‚gewisse‘<br />
<strong>–</strong> <strong>und</strong> ganz unterschiedliche. Es reicht oft schon, die Augen offen zu halten <strong>–</strong> <strong>und</strong> das<br />
Naheliegende zu tun <strong>–</strong> einem Touristen Zürich zu zeigen, einem Asylbewerber ein Formular<br />
zu erklären, oder auch mal jemandem finanziell zu helfen oder mit jemandem zu beten.<br />
Spannend ist auch, wenn Gott dann unsere kleine Geste multipliziert. So hat uns im<br />
Dezember eine mongolische Studentin um Hilfe gebeten, ihr Studium in der Schweiz<br />
mitzufinanzieren. Wir haben nach reiflicher Überlegung <strong>und</strong> Gebet entschieden, ihr keine<br />
finanzielle Unterstützung zu geben, sondern wir haben sie per Email in einen mongolischen<br />
Hauskreis eingeladen. Sie schrieb umgehend zurück <strong>und</strong> nahm das Angebot an <strong>–</strong> sie<br />
schrieb auch, dass sie Buddhistin sei, doch ihre Fre<strong>und</strong>in sei Christin <strong>und</strong> habe ihr schon oft<br />
gesagt, sie solle doch Christ werden. Vielleicht sei nun die Zeit gekommen, diesen Schritt<br />
ernsthaft zu überlegen. Nach einigen Monaten hat sie sich dann zu einem Alphalive Kurs<br />
angemeldet <strong>und</strong> lernt viel über Gott. Wir sind gespannt, wann sie den Schritt zu einem Leben<br />
mit Jesus <strong>und</strong> der Taufe wagen wird. Doch Gott ist am Werk <strong>–</strong> eine gewisse Mongolin ist ihm<br />
schon einiges nähergekommen.<br />
Es ist auch befreiend zu wissen, dass wir nicht die Welt verändern müssen. Das einzige, was<br />
wir tun sollen, ist, mit offenen Augen durch den Tag zu gehen. Einfach, spannend, auch<br />
etwas verunsichernd. Wer ist wohl der ‚gewisse Mensch‘, der Gott dir über den Weg<br />
sendet, der vor deiner Haustür wartet auf ein nettes Wort, eine liebende Geste, einen<br />
lächelnden Blick <strong>–</strong> oder eben ein frisches Brötchen?<br />
Zurück zu unserer Geschichte: Ein gewisser <strong>reiche</strong>r <strong>Mann</strong> <strong>–</strong> reich. Gut aussehend, gut<br />
angezogen, gutes Auto, gutes Haus, schnittige Jacht, tolle Feste <strong>–</strong> jeden Tag. <strong>Lukas</strong> liebt<br />
Jesu Ausführungen zum Reichtum <strong>–</strong> aber sein Evangelium beginnt recht krass: Luk. 6,24:<br />
‚Aber wehe euch Reichen, denn ihr habt euren Trost dahin‘. Trost wird denjenigen gegeben,<br />
die verletzt, verstossen, verachtet, unbeachtet <strong>und</strong> missbraucht sind. Schon am Anfang des<br />
<strong>Lukas</strong>evangeliums sagt nun Jesus, dass die Reichen keinen Trost erhalten werden. Wer<br />
sind denn die Reichen? Wenn Jesus für seine Illustrationen Reiche braucht, dann hat dies<br />
immer folgende tiefere Wahrheit dahinter:<br />
a) Menschen, die mehr materiellen Besitz haben, als sie für sich brauchen
) Menschen, die ihren materiellen Besitz als den ihren betrachten <strong>und</strong> nicht als Segen<br />
<strong>und</strong> Gabe von Gott<br />
c) Menschen, die selber bestimmen, was mit dem materiellen Besitz geschieht.<br />
3<br />
Das Gleichnis vom <strong>reiche</strong>n Jüngling, aber auch vom Zöllner Zachäus zeigt uns diesen<br />
Unterschied deutlich. Beide Männer haben viel materiellen Besitz. Jesus begegnet ihnen <strong>und</strong><br />
sie erkennen, dass all ihr Besitz nicht einfach ‚ihr Besitz‘ ist, sondern, dass Jesus einen<br />
Anspruch als der Geber, der Schöpfer, der Segnende hat. Die Reaktion ist unterschiedlich <strong>–</strong><br />
Zachäus gibt weiter, der <strong>reiche</strong> Jüngling behält die materiellen Güter für sich. Zachäus ist<br />
fröhlich <strong>und</strong> erfährt Trost, der <strong>reiche</strong> Jüngling ist traurig <strong>und</strong> kann nicht getröstet werden.<br />
Traurig geht er von Jesus weg.<br />
Besitz ist nicht ‚schlecht‘, ja, Besitz ist sogar gut <strong>und</strong> Jesus hat bei seinen Einladungen zu<br />
<strong>reiche</strong>n Pharisäern keine Moralpredigten über das üppige Essen, die teure Polstergruppe<br />
oder die neue Kaffeemaschine gehalten. Doch Gott stellt Ansprüche <strong>–</strong> siehst du dich als<br />
Verwalter von Gottes guten Gaben oder als Besitzer von seinen Segnungen? <strong>Der</strong><br />
Unterschied ist entscheidend. Es geht um Leben <strong>und</strong> Tod, Himmel <strong>und</strong> Hölle in unserer<br />
Geschichte. Wie gesagt, reich sein ist nicht schlecht, man kann mit seinem Reichtum viel<br />
Gutes tun. Wir sollen uns freuen über <strong>reiche</strong> Menschen, aber auch für sie bitten, dass nicht<br />
das Geld, sondern Gott sie beherrsche. Unsere Gemeinden leben von grosszügigen<br />
Menschen, die ÜMG freut sich an jeder Spende. Wir könnten den Milliarden von Asiaten<br />
nicht Gottes Liebe weitergeben, wie wir es jetzt tun, wenn es nicht auch unter euch Leute<br />
hätte, die treu etwas von dem weitergeben, was Gott ihnen gegeben hat. Wäre Reichtum der<br />
Gr<strong>und</strong>, warum der <strong>reiche</strong> <strong>Mann</strong> in der Hölle landete, dann wäre Abraham auf der falschen<br />
Seite <strong>–</strong> auch Abraham war reich, sehr reich sogar. Es war also nicht der Reichtum, der dem<br />
gewissen <strong>reiche</strong>n <strong>Mann</strong> zum Verhängnis wurde, sondern sein kaltes Herz, das vom Geld<br />
gefangen war.<br />
Sich auf eine gewisse Person einzulassen, kostet etwas <strong>–</strong> Zeit <strong>und</strong> Geld<br />
Sich auf arme Leute einlassen kostet etwas. Hier wird es gefährlich, unsere Jesusnachfolge<br />
praktisch. Arme lassen sich oft nicht einfach mit einem harten Brötchen abspeisen, ah, da<br />
habe ich noch etwas übrig, anstelle der H<strong>und</strong>e, soll es doch der arme <strong>Lazarus</strong> haben. Sie<br />
hungern nach mehr <strong>und</strong> passen nicht in unseren geordneten Tagesablauf. Sie haben<br />
eiternde Beulen <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e, die sie lecken. Sind wir bereit, uns auf solche Leute<br />
einzulassen? Eiter ist in der Bibel ein Zeichen der Unreinheit <strong>–</strong> Leute, die nicht akzeptiert<br />
sind in der Gesellschaft, die draussen bleiben müssen, die eine Vergangenheit haben, die<br />
wir uns kaum vorstellen können. Wir sind herausgefordert, unsere Abneigung zu<br />
überwinden. Eine Einladung zu einem Sonntagsgottesdienstbesuch kann ein Anfang sein,<br />
doch meist braucht es viel mehr. Es braucht frische Brötchen.<br />
Unser Nachbar hat einen <strong>Mann</strong> mit seinem H<strong>und</strong> für ein paar Monate bei sich im<br />
Gästezimmer einquartiert. <strong>Der</strong> <strong>Mann</strong> hatte keine Arbeit <strong>und</strong> so suchte er sich von dort aus<br />
Arbeit <strong>und</strong> eine neue Bleibe <strong>–</strong> <strong>und</strong> er hat es auch geschafft. Als unser Nachbar nach seinem<br />
Auszug in sein Zimmer ging <strong>–</strong> da stank es fürchterlich <strong>–</strong> nach H<strong>und</strong>eurin. Seine Frau haben<br />
zwei Tage geputzt, schamponiert, parfümiert <strong>–</strong> doch ohne Erfolg. Was blieb ihm als anderes<br />
übrig, als den Teppich rauszureissen <strong>und</strong> einen neuen Teppich verlegen zu lassen. Als<br />
Dank, dass er einen armen <strong>Mann</strong> für ein paar Monate unentgeltlich beherbergte, durfte er<br />
das Zimmer renovieren. Das schmerzt <strong>und</strong> bringt einem an die Grenzen der Nächstenliebe.<br />
Bist du bereit, frische Brötchen zu verteilen, das Beste nicht zurückzuhalten? Oder denkst<br />
du, dieser Arme kann noch die alten, verschimmelten Brötchen haben, das ist ja auch noch<br />
besser als nichts? Achte auf deine Gedanken <strong>und</strong> du wirst bald feststellen, wo du eher zu<br />
Hause bist <strong>–</strong> im Himmel oder auf Erden.
In unserer Geschichte orchestrierte Gott es nun so, dass ein gewisser Armer sich vor dem<br />
Tor des <strong>reiche</strong>n <strong>Mann</strong>es niederlässt. <strong>Lazarus</strong> heisst er. Warum wohl gibt uns die Bibel<br />
seinen Namen, aber nicht denjenigen des <strong>reiche</strong>n <strong>Mann</strong>es? Nun Jesus hat diesen Namen<br />
bewusst gewählt <strong>–</strong> Lazaros auf Griechisch heisst ‚hilflos‘ <strong>–</strong> auf Hebräisch: Elsazar: Gott<br />
hilft. <strong>Lazarus</strong> <strong>–</strong> Gott ist mein Helfer. Namen sind nicht nur abstrakte Worte, sondern<br />
vermitteln uns auch eine Botschaft. <strong>Der</strong> arme <strong>Mann</strong>, hilflos in dieser Welt, hat eine Hoffnung,<br />
eine Perspektive <strong>–</strong> Gott ist mein Helfer. So tragisch auch sein Schicksal zu sein scheint, so<br />
hilflos er sich fühlt, er hat Gott, er hat eine himmlische Perspektive. Niemand kennt ihn, ich<br />
frage mich, ob der <strong>reiche</strong> <strong>Mann</strong> seinen Namen wohl gekannt hat?<br />
4<br />
Es gibt ja die Geschichte von der letzten Prüfung an der Uni bei einem als sehr streng<br />
bekannten Professoren. Die Studenten haben sich alle sehr gut vorbereitet <strong>und</strong> die Fragen<br />
sind schwierig. Sie arbeiten konzentriert an allen Fragen. Die Zeit ist abgelaufen, die Prüfung<br />
ist vorbei, doch der Professor bittet die Klasse nochmals um Ruhe. ‚Ihr habt alle hart<br />
gearbeitet, viel gelernt <strong>und</strong> seid nun der Überzeugung, dass ihr alles wisst <strong>und</strong> euch dem<br />
Berufsalltag stellen könnt. Ich sage euch aber, dass all euer Wissen nichts ist, wenn ihr nicht<br />
auch gleichzeitig die Menschen um euch herum achtet <strong>und</strong> ihnen Wertschätzung<br />
entgegenbringt. Deshalb habe ich die letzte Frage eurer Prüfung bis jetzt aufgespart. Die<br />
Antwort auf diese Frage zählt die Hälfte der gesamten Prüfung <strong>und</strong> ich bitte euch, ein leeres<br />
Blatt zu nehmen <strong>und</strong> darauf einen Namen zu schreiben <strong>–</strong> nämlich den Namen der Putzfrau,<br />
die während der letzten vier Jahre dieses Klassenzimmer immer sauber <strong>und</strong> ordentlich<br />
gehalten hat. Grosse Stille <strong>und</strong> ein ungläubiges Schweigen erfüllte den Raum <strong>–</strong> die Putzfrau<br />
<strong>–</strong> niemand hat sich je darum gekümmert, wie sie heisst <strong>–</strong> es war ja schliesslich nur die<br />
Putzfrau.<br />
Sich auf eine gewisse Person einzulassen, kostet etwas <strong>–</strong> veränderte Perspektive <strong>und</strong><br />
Überwindung<br />
In der Begegnung mit Andersartigen, hilft es, wenn wir im Andersartigen zuerst den<br />
Menschen sehen. Einfach den Menschen. Die Studenten sahen in der Putzfrau nicht einen<br />
Mensch, sondern eine Putzfrau, eine Dienerin. <strong>Der</strong> <strong>reiche</strong> <strong>Mann</strong> sah in dem armen Bettler<br />
nichts mehr als ein Bettler, den er (wie auch die H<strong>und</strong>e) als störend empfand <strong>und</strong> ihm<br />
auswich. Wichtig ist deshalb, dass wir keine Angst haben vor der Andersartigkeit des andern.<br />
Wir müssen lernen, auf die Menschen zuzugehen, die Initiative zu einem ersten Kontakt zu<br />
ergreifen. Das fällt mir nicht einfach. Ich habe Mühe damit. Da muss Gott mir helfen, meine<br />
Menschenfurcht zu überwinden, <strong>und</strong> auf andere zuzugehen.<br />
Nun, wenn ihr vor 2000 Jahren in Jerusalem gelebt hättet <strong>und</strong> irgendjemanden gefragt<br />
hättet, wo der arme <strong>Lazarus</strong> lebt, niemand hätte euch antworten können. Doch der Name<br />
des <strong>reiche</strong>n <strong>Mann</strong>es, der war sicher ein Haushaltname. Jeder kannte ihn, jeder hatte schon<br />
von ihm gehört <strong>und</strong> wusste, wo seine Villa stand. Ein Name wie Vasella oder Federer, oder<br />
Maurer. Doch Jesus stellt diese Rangfolge auf den Kopf <strong>–</strong> nicht der <strong>reiche</strong> <strong>Mann</strong> hat<br />
einen Namen, sondern der arme. <strong>Lazarus</strong> <strong>–</strong> Gott ist mein Helfer. In der Welt hatte der <strong>reiche</strong><br />
<strong>Mann</strong> Perspektiven, er war reich, reich an materiellen Gütern, reich an Beziehungen, reich<br />
an Einfluss. Und trotzdem wage ich zu behaupten, dass der <strong>reiche</strong> <strong>Mann</strong> arm war. Er hatte<br />
ein grosses Haus mit einem Zaun drum herum <strong>und</strong> einem Tor <strong>–</strong> bewacht <strong>und</strong> abgesichert.<br />
<strong>Lazarus</strong> konnte nicht einfach rein, auch die H<strong>und</strong>e mussten draussen bleiben. <strong>Der</strong> <strong>reiche</strong><br />
<strong>Mann</strong> war isoliert, war gefangen in seiner Welt <strong>und</strong> <strong>–</strong> war eigentlich arm -- arm an<br />
Fre<strong>und</strong>en, die nicht nur aufs Geld aus waren, arm an Hoffnung <strong>–</strong> er hatte keine himmlische<br />
Perspektive über sein Leben hinaus <strong>–</strong> er hatte bei Gott keinen Namen im Buch des Lebens.<br />
War der Reiche vielleicht der wirklich Arme?<br />
Wir kennen Mongolen, die habe sich einen ansehnlichen Reichtum erarbeitet. Einmal gingen<br />
wir in einem Tal ausserhalb der Hauptstadt spazieren. Es war ein kalter Tag, doch waren wir<br />
froh, auch mal aus der Stadt <strong>und</strong> weg von der Arbeit zu kommen. Ein Tag, an dem ausser<br />
uns Schweizer wohl niemand nach draussen geht, einfach um zu spazieren, ziellos in der
Kälte herumzuschlendern. Doch etwas weiter im Tal sahen wir plötzlich eine Gestalt. Was<br />
macht denn eine einzelne Gestalt so allein an diesem Tag in diesem Tal? Wir wussten nicht,<br />
ob wir umkehren sollten oder weitergehen. Wir gingen weiter, <strong>und</strong> erkannten eine<br />
mongolische Frau, die ängstlich in unsere Richtung blickte. Wir gingen auf sie zu. Zuerst<br />
machte sie den Anschein zu fliehen, doch dann entschied sie sich, stehen zu bleiben. Wir<br />
gingen auf sie zu <strong>und</strong> sie schien sichtbar erleichtert zu sein, als sie uns sah. Warum wohl?<br />
Wir grüssten sie fre<strong>und</strong>lich auf Mongolisch <strong>und</strong> begannen zu schwatzen. Wir erzählten ihr,<br />
dass wir mit einer christlichen Organisation in der Mongolei sind. Ihre Furcht löste sich nun<br />
ganz auf. Sie sei so froh, dass wir Ausländer seien <strong>und</strong> nicht Mongolen. Sie fürchte sich vor<br />
Mongolen, alle seien nur hinter ihrem Geld her. Sie könne sich nicht frei bewegen, überall<br />
lauern sie ihr auf <strong>und</strong> fragen nach dem, verlangen dieses oder wünschen sich jenes. Einige<br />
würden auch handgreiflich <strong>und</strong> so getraue sie sich nicht mehr allein aus dem Haus. Heute,<br />
bei diesem Wetter, dachte sie, sei sicher niemand draussen, <strong>und</strong> so habe sie sich allein auf<br />
einen Spaziergang gewagt <strong>–</strong> <strong>und</strong> beinahe bereut. Ich wusste bald, um welche Familie es<br />
sich handelt <strong>und</strong> dachte mir: ‚Da ist dies eine der reichsten Familien in der Mongolei <strong>–</strong> sie<br />
hatten einige goldene Möglichkeiten mit ihren Beziehungen <strong>und</strong> ihrem Einfluss clever genutzt<br />
<strong>–</strong> <strong>und</strong> nun lebt diese Frau, trotz ihrem Reichtum, in Angst <strong>und</strong> getraut sich nicht mehr unter<br />
die Leute. Reich, <strong>und</strong> trotzdem arm <strong>–</strong> ohne himmlische Perspektive. Gott möge uns die<br />
Augen öffnen für die ‚gewissen‘ Menschen um uns herum, die ‚arm‘ sind.<br />
5<br />
<strong>Lazarus</strong> hatte nichts auf dieser Welt ausser seiner Hoffnung, der Perspektive auf den<br />
Himmel, das Geborgensein bei Gott. Sein Name war im Buch des Lebens eingetragen. Sein<br />
Name war Programm <strong>–</strong> Gott ist meine Hilfe.<br />
Ist dein Name im Buch des Lebens vermerkt? Hast du von Gott das frische Brötchen<br />
bekommen, das Brot des Lebens? Wenn dir die Hoffnung noch fehlt, dann hast du heute<br />
die Gelegenheit, dir von Gott das Brot des Lebens geben zu lassen. Sag ihm, dass du von<br />
deinen alten Wegen umkehren möchtest, wo du dich als alleiniger Besitzer deines Lebens<br />
aufgeführt hast <strong>und</strong> erkenne ihn als deinen Schöpfer <strong>und</strong> Herr an, dem du dein Leben<br />
anvertrauen möchtest. Er wird das Beste draus machen. Wichtig zu wissen ist, dass es in<br />
der jetzigen Welt unüberwindbare Kluft gibt zwischen einem Leben mit Gott <strong>und</strong> einem<br />
Leben ohne Gott. Jeder hat die Möglichkeit zu Gott zu kommen. Wir in der ÜMG setzen uns<br />
dafür, dass Asiaten diese Möglichkeit kriegen. Denn es gibt ein zu spät, einen Tag, wo ein<br />
unüberwindbarer Graben zum Himmel besteht. Deshalb arbeiten wir, solange es Tag ist.<br />
In der Geschichte kommt eine Beschreibung der Hölle <strong>–</strong> qualvoll, durstig, lebensfeindlich <strong>–</strong><br />
<strong>und</strong> des Himmels <strong>–</strong> Geborgenheit, Zufriedenheit <strong>und</strong> Genüge. Die Mongolen, aber auch<br />
andere Völker, haben ein Bild, das Himmel <strong>und</strong> Hölle beschreibt. Auch wenn wir es nicht<br />
wahrhaben wollen <strong>–</strong> es gibt einen Himmel, es gibt eine Hölle <strong>und</strong> es ist mein Wunsch, dass<br />
wir alle uns im Himmel wiedersehen werden.<br />
Nun zur Geschichte:<br />
Ein weiser <strong>Mann</strong> bat Gott, ihm den Unterschied von Himmel <strong>und</strong> Hölle zu zeigen. Er verfiel in<br />
einen tiefen Schlaf <strong>und</strong> sah im Traum einen grossen Kochtopf, ein Kupferkessel, riesig, über<br />
einem Feuer hängen. Darin kochte das allerbeste Fleisch, Gemüse, Kartoffeln, kurz, ein<br />
mongolisches Festmahl. Darum herum waren Leute, spindeldürr, mit bösen Gesichtern,<br />
giftig-funkelnden Augen <strong>und</strong> völlig heruntergekommen. Ein elender Anblick. Neid, Hass,<br />
Missgunst, all dies war in den Gesichtern dieser Leute zu lesen. In ihrer rechten Hand hielten<br />
sie einen Löffel mit einem langen Stiel, sicher 2 m lang. <strong>Der</strong> Löffel schien mit der Hand<br />
verwachsen. Die Leute schlugen mit den Löffeln aufeinander ein, <strong>und</strong> manchmal gelang es<br />
einem, einen Löffel voll Essen aufzuladen. Doch der lange Stiel erlaubt es ihm nicht, den<br />
Löffel auch wieder zu seinem M<strong>und</strong> zu führen. So sehr er sich auch bemühte, er konnte sich<br />
drehen <strong>und</strong> winden wie er wollte, es gelang ihm nicht, das Essen in den M<strong>und</strong> zu kriegen.<br />
Die Leute fluchten <strong>und</strong> schimpften, kämpften <strong>und</strong> schlugen sich. <strong>Der</strong> weise <strong>Mann</strong> erwachte.<br />
„Das muss die Hölle sein,“ dachte er. Da gibt es das Beste Essen, doch niemand kann<br />
davon kosten. Es ist direkt vor einem, doch niemand kann damit seinen Hunger stillen.“
Hölle ist der Zustand, das Gute zu sehen, zu erkennen, aber es nicht mehr zu<br />
erlangen. Wie <strong>Lazarus</strong>, der Hilflose im ersten Teil der Geschichte <strong>–</strong> vor den Toren des<br />
luxuriösen Lebens, doch ohne Chance, etwas davon zu bekommen <strong>–</strong> <strong>und</strong> was er bekam,<br />
musst er mit den H<strong>und</strong>en teilen. Oder wie der Reiche <strong>Mann</strong> im zweiten Teil Geschichte <strong>–</strong> er<br />
sah das durstlöschende Wasser, doch er konnte es nicht mehr er<strong>reiche</strong>n. Was nützte ihm da<br />
all der Wein in der Welt, wenn das Wasser, das den Durst löscht, unerreichbar ist?<br />
Wir sind aufgefordert, den Dürstenden Jesus zu <strong>reiche</strong>n, das Lebenswasser. Gott gibt<br />
unserer Generation den Auftrag, unsere Generation zu er<strong>reiche</strong>n. Er wird nicht die Toten<br />
senden, um den Lebenden Gottes frohmachende Botschaft zu verkünden. Die Welt hat uns<br />
<strong>–</strong> nehmen wir unsere Verantwortung wahr? Sehen wir die ‚gewissen‘ Leute, die Gott uns<br />
über den Weg laufen lässt? Geben wir frische Brötchen weiter? Offerieren wir andern den<br />
Zugang zum Brot des Lebens? Wir haben die beste Botschaft der Welt <strong>–</strong> geben wir sie<br />
weiter.<br />
6<br />
Nun, sicher wollt ihr wissen, wie es denn im Himmel ausgesehen hat. Unser weiser <strong>Mann</strong><br />
wollte das auch wissen <strong>und</strong> wieder schlief er ein. Er schaute sich um. Die Umgebung sah<br />
gleich aus <strong>–</strong> habe ich mich da geirrt, fragte er sich. Ein grosser Topf <strong>und</strong> darin kochte das<br />
allerbeste Fleisch, Gemüse, <strong>und</strong> Kartoffeln, kurz, ein mongolisches Festmahl. Darum herum<br />
waren Leute, gut genährt mit fröhlichen Gesichtern, lieblichen Augen <strong>und</strong> voll Lebensdrang.<br />
Ein freudiger Anblick. Liebe, Mitleid, Barmherzigkeit <strong>und</strong> Hilfsbereitschaft war in den<br />
Gesichtern dieser Menschen zu erkennen. Doch auch diese Leute hatten in ihren Händen<br />
Löffel, Löffel mit einem langen Stiel, sicher 2 m lang. Auch diese Löffel schienen mit der<br />
Hand verwachsen. Doch die Leute schlugen nicht aufeinander ein. Vergnügt sassen sie um<br />
den Topf herum <strong>und</strong> assen. Wie machten sie das? Geschickt brauchten sie die Löffel, um<br />
aus dem grossen Topf das köstlichste Essen herauszuholen. Doch anstatt sich zu vergebens<br />
zu bemühen, dieses in den eigenen M<strong>und</strong> zu stecken, offerierten sie die Leckerbissen<br />
jemand anderem <strong>–</strong> <strong>und</strong> so fütterten sie sich gegenseitig. Alle hatten genug <strong>und</strong> waren<br />
zufrieden, freuten sich <strong>und</strong> sangen w<strong>und</strong>erschöne Lieder. Wieder erwachte unser Träumer,<br />
der weise <strong>Mann</strong>. „Das muss der Himmel sein“, freute er sich. Hier teilen die Leute, nehmen<br />
Rücksicht aufeinander <strong>und</strong> geben das Beste weiter <strong>–</strong> <strong>und</strong> sind trotzdem satt <strong>und</strong><br />
zufrieden.<br />
<strong>Der</strong> Himmel ist dort, wo wir erkannt haben, dass wir als Kinder Gottes nichts haben, das uns<br />
gehört. „Glücklich sind, die erkennen, wie arm sie vor Gott sind, denn Gottes Herrschaft <strong>und</strong><br />
Herrlichkeit gehört ihnen.“ (Mt. 5,3)<br />
Wir fassen zusammen:<br />
Gott hat den Einzelnen im Auge <strong>–</strong> den gewissen Ernst, Peter oder Kurt, die gewisse Esther,<br />
Anja oder Laura. Lass dir ständig von Gott diese gewisse Person zeigen. Wer ist wohl der<br />
‚gewisse Mensch‘, der Gott dir über den Weg sendet, der vor deiner Haustür wartet auf<br />
ein nettes Wort, eine liebende Geste oder einfach einen lächelnden Blick?<br />
Sei mutig <strong>–</strong> sich auf andere, fremdartige, arme Menschen einzulassen, kostet etwas. Es<br />
kostet Überwindung, auf diese Menschen zuzugehen, es kann aber auch Zeit <strong>und</strong> Geld<br />
kosten <strong>und</strong> zu Enttäuschungen führen. Wir sind dazu berufen, Gottes Liebe in Wort <strong>und</strong> Tat<br />
weiterzugeben <strong>und</strong> zu einem Leben mit himmlischer Perspektive einzuladen. Gott sendet<br />
keine Toten zu den Lebendigen, sondern uns zu unserer Generation.<br />
Hat dir Gott einen neuen Namen gegeben? Ist dein Name immer noch ‚hilflos‘ oder hast<br />
du die tiefe Gewissheit, Gott ist meine Hilfe? Es gibt einen Himmel <strong>und</strong> eine Hölle. Du hast<br />
heute eine Gelegenheit, mit Gott ins Reine zu kommen, das Brot des Lebens zu kosten.<br />
Komm doch nach dem Gottesdienst nach vorne, wenn du diese Entscheidung heute treffen<br />
willst oder sonst etwas besprechen möchtest.<br />
Und denk daran, wenn du nun das Brötchen kriegst? Wer ist die gewisse Person, die mir<br />
Gott aufs Herz legt, um mein Brötchen mit ihr zu teilen? Amen