Augenoperationen - Dr. Dietmar Weixler
Augenoperationen - Dr. Dietmar Weixler
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Augenheilkunde<br />
Die meisten Eingriffe in der Augenheilkunde werden in Regionalanästhesie (Parabulbärblock,<br />
Retrobulbärblock) oder topischer Anästhesie (Tropfanästhesie) ausgeführt. An einigen<br />
Institutionen ist die Anwesenheit eines Anästhesisten bei <strong>Augenoperationen</strong> üblich, der die<br />
Regionalanästhesie verabreicht und/oder die Vitalfunktionen des Patienten während der<br />
Operation überwacht. Die „Injektion ins Auge“ wird von vielen Patienten als unangenehm<br />
empfunden. Es gibt einige Konzepte, um die unangenehmen Reize während der<br />
Lokalanästhesie zu begrenzen. Die Augenchirurgie ist eine „Chirurgie der extremen<br />
Lebensalter“. Die Operationen sind meist kurz (5-30 Minuten), dennoch ist absolute<br />
Bewegungslosigkeit des Patienten gefordert, da unter dem Operationsmikroskop operiert wird<br />
und geringe Bewegungen das höchstbewertete Sinnesorgan gefährden. Die Patienten liegen<br />
unter der Abdeckung mit sterilen Tüchern, sie sind kaum sichtbar. Vor allem jüngere<br />
Patienten haben eher Schwierigkeiten zu tolerieren, dass ihr Gesicht vollständig bedeckt ist.<br />
Der kommunikative Kontakt kann durch Händedruck oder mit Fingerzeichen erfolgen, der<br />
Patient sollte sich rezeptiv und stumm verhalten, weil Sprechen zu Bewegungen im Blickfeld<br />
des Operateurs führt. Zu tiefe Sedierungsstadien sind zu vermeiden, da die Überwachung und<br />
Interventionsmöglichkeiten reduziert sind. Alte und demente Patienten reagieren sehr sensitiv<br />
auf Sedativa, durch zu hohe Dosen von Benzodiazepinen werden paradoxe Reaktionen<br />
provoziert (Patient wird unruhig, verliert Orientierung etc.). Außerdem kann es bei raschem<br />
Wachwerden des Patienten zu Schreckreaktionen bzw. Orientierungsreaktionen mit heftigen<br />
Körperbewegungen (z.B. Aufsetzen) kommen, die eine ernste Gefahr für das operierte Organ<br />
bedeuten. Daher kann nach Nolan (24) eine intermittierende Blutdruckmessung in fixen<br />
Zeitintervallen unterbleiben. Die Messergebnisse sind vor allem am Beginn der Sedierung<br />
interessant (typisch: „RR-Abfall“ durch Stressreduktion) und kann später, wenn notwendig,<br />
gezielt erfolgen.<br />
Im Waldviertelklinikum Horn werden pro Jahr<br />
über 2500 Kataraktoperationen durchgeführt,<br />
davon über 99% in Regionalanästhesie<br />
(durch den Augenarzt), alle unter<br />
Benzodiazepinprämedikation<br />
(Bromazepam/Lexotanil ® 1,5-3mg).<br />
Für 30-50% der Patienten wird zusätzlich eine<br />
Sedoanalgesie angefordert.<br />
Diese erfolgt mit Piritramid (Dipidolor ® ),<br />
Midazolam (Dormicum ® ) und/oder Propofol<br />
(Diprivan ® ).
Das OP-Programm beginnt um 7h 45, alle Patienten bis auf die ersten 3 des Programmes<br />
erhalten ein leichtes Frühstück, außer der involvierte Anästhesist ordnet Nüchternheit an.<br />
Übelkeit und Erbrechen während des ophthalmologischen Eingriffs haben mehrere<br />
präzipitierende Faktoren: Opioide, Azetazolamid (Diamox ® ), Vagusstimulation durch<br />
Manipulation am Auge, Angst, Schmerz, Stress und Nüchternheit. Sie sind jedoch unter den<br />
genannten Bedingungen extrem selten. Eine der Vorraussetzungen, um einer Aspiration von<br />
Mageninhalt vorzubeugen, ist das Vermeiden tiefer Sedierungsstadien.<br />
Die Gabe von Midazolam und die damit verbundene Amnesie vor dem Parabulbärblock wird<br />
von den Patienten als sehr angenehm empfunden. Der Kopf des Patienten wird in eine<br />
schalenförmige Kopfstütze gelagert, die Beine werden an den Knien unterpolstert, der<br />
ausgelagerte Arm wird so positioniert, wie es für den Patienten bequem ist. Da der turnover<br />
im Augen-OP hoch ist, wird auf die Atmosphäre im Operationssaal größter Wert gelegt. Jeder<br />
Patient wird mit seinem Namen angesprochen, die Kommunikation ist sparsam, freundlich<br />
und fokussiert auf die Individualität des Patienten. Die Compliance zur Bewegungslosigkeit<br />
ist angesichts der kurzen OP-Dauer sehr hoch. Während der Operation herrscht im Raum das<br />
größte Maß an Ruhe und Bewegungslosigkeit, da die feinmotorische Arbeit der Operateure<br />
ein hohes Maß an Konzentration erfordert, die nachweislich durch hohen Schalldruck<br />
vermindert wird. Das Monitoring umfasst Pulsoxymetrie, EKG und nichtinvasive<br />
Blutdruckmessung, die Patienten erhalten über eine Nasensonde Sauerstoff in einer Flussrate<br />
von 3l/min. Bei Patienten unter 40 Jahren sind häufig höhere Dosen an Anxiolytikum<br />
notwendig. Schwierig zu sedieren sind demente Patienten, Oligophrene und Menschen mit<br />
Abhängigkeits-Anamnese (Alkohol, Benzodiazepine, Opioide). Bei Vorliegen einer Demenz<br />
wird der Gebrauch von Benzodiazepinen auf ein notwendiges Minimum beschränkt, die<br />
Immobilisierung wird mit Antipsychotika erreicht (Prämedikation mit Antipsychotika, im OP:<br />
<strong>Dr</strong>operidol). Im Zweifelsfall wird von vornherein eine Allgemeinanästhesie geplant, das<br />
Abbrechen der Operation war noch nie notwendig, der intraoperative Wechsel auf eine<br />
Allgemeinanästhesie erfolgt extrem selten.<br />
Alternative Verfahren: Piritramid ist wahrscheinlich nicht das ideale Opioid für die kurzen<br />
<strong>Augenoperationen</strong>, da es im Falle einer unvollständigen Wirkung des Blocks zu lange dauert<br />
bis man sich an eine adäquate Analgesie „herantitriert“ ,der Vorteil von Piritramid liegt in<br />
seiner niedrigen Inzidenz an Übelkeit (5%) und Erbrechen (1%) und der geringen<br />
Wahrscheinlichkeit, eine Atemdepression zu verursachen. Alfentanil (Rapifen ® ) wäre<br />
akkurater in der Anpassung an einen Analgesiebedarf, da seine Wirkung innerhalb einer<br />
Minute eintritt (Piritramid 4-6 Minuten), es hat auch weniger sedierende Wirkung, allerdings<br />
eine stärkere atemdepressive Wirkung als Piritramid. Adäquate Einzeldosen von Alfentanil<br />
dürften um 0,25mg liegen.<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Atemdepression Sedierung Muskelrigidität<br />
Alfentanil 75 20 100<br />
Piritramid 5 70 20<br />
Abbildung 3: Vergleich Piritramid – Alfentanil
Remifentanil (Ultiva ® ) ist zur Zeit das Opioid, das eine hohe analgetische Potenz bei extrem<br />
guter Steuerbarkeit vereint. Wird Remifentanil ohne Sedativum verabreicht, ist eine hohe Rate<br />
an Übelkeit und Erbrechen (25%) die Folge, wird es bolusartig zu einer kontinuierlichen<br />
Infusion von Remifentanil injiziert oder mit der bolusartigen Gabe von Sedativa kombiniert,<br />
so sind Apnophasen bei der Mehrheit der Patienten zu erwarten. Ein Arbeiten mit<br />
Remifentanil erfordert also eine hohe Aufmerksamkeit und ein differenziertes Konzept.<br />
Holas et al. aus Graz haben eine kontinuierliche Remifentanilinfusion mit einer<br />
kontinuierlichen Propofolinfusion kombiniert und für <strong>Augenoperationen</strong> in Retrobulbärblock<br />
angewandt. Dieses Verfahren ist sicher, effektiv und führt zu hohem Patientenkomfort.<br />
Propofol wirkt bei kontinuierlicher Zufuhr geringer Dosen nur gering atemdepressiv. Seine<br />
antiemetische Potenz ist dafür verantwortlich, dass in der Kombination mit Remifentanil<br />
Übelkeit und Erbrechen nicht mehr in Erscheinung treten .<br />
Tabelle 7: Sedoanalgesie durch kontinuierliche Infusion mit Propofol und Remifentanil, kombiniert mit<br />
Retrobulbärblock (RBB) für <strong>Augenoperationen</strong> (nach Holas et al.,12)<br />
Remifentanil 0,05µg/kg/min<br />
Propofol 1mg/kg/h<br />
Retrobulbärblock nach Atkinson mit 2,5ml Mepivacain 2% + 2,5ml Ropivacain 0,75% : 30 min. vor OP<br />
Remifentanil 0,0125µg/kg/min , Propofol 0,5mg/kg/h unmittelbar nach RBB (Dosisreduktion !)<br />
Remifentanil 0,025µg/kg , Propofol 0,5mg/kg/h bei Beginn der OP<br />
Titration nach Bedarf<br />
wenn RR syst < 100mmHg: 250ml HÄES<br />
wenn HF
Abb. 4: Parabulbärblock<br />
Praktisch zeigt sich, dass die Patienten unter diesem Regime keine Schmerzen während der<br />
parabulbären Injektion verspüren. Viele schlafen nach dem Block ein und verschlafen die<br />
Zeit, während der der Ophtalmologe die Hände desinfiziert. Um Aufwachreaktionen<br />
vorzubeugen, ist es angeraten, den Beginn der Operation anzukündigen. Zu diesem Zeitpunkt<br />
sind die Patienten gut kontaktierbar und sehr ruhig. Nach der Operation werden noch einmal<br />
Vitalparameter und Bewusstsein überprüft, nur in Ausnahmefällen wird eine postoperative<br />
Überwachung im Aufwachraum durchgeführt.<br />
Literatur beim Verfasser