1 - Der Rechnungshof
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<strong>Der</strong><br />
<strong>Rechnungshof</strong><br />
Unabhänç¡ì9. 0bjektiv. Wirksanr.<br />
Bundesministerium für Inneres<br />
Hcrrcngassc 7<br />
l0l4 Wien<br />
Danr pl'sclrìff s t.raflc 2<br />
A- I 031 \4i ien<br />
l'osttach 240<br />
TeL.+.43 (1)lI'171 0<br />
Fax .r.43 (I) 71.2 94 2':<br />
office (r,) rcch n un gshof. gv. at<br />
Wien, 15. Mai 2012<br />
GZ 302.3461OO1-2B1l12<br />
Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein BFA-Einrichtungsgesetz<br />
und ein BFA-Verfahrensgesetz erlassen sowie<br />
das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das<br />
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz<br />
1985, das Grundversorgungsgesetz - Bund 2OO5<br />
und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen<br />
2008 geändert werden<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
der <strong>Rechnungshof</strong> dankt für den oben bezeichneten, mit Schreiben vom 5. April 2012,<br />
GZ BMI-LR 13 55/0001 -IJU t lclzol2, übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes und<br />
nimmt dazu im Rahmen des Begutachtungsverfahrens aus der Sicht der Rechnungs- und<br />
Gebarungskontrolle wie folgt Stellung:<br />
1. IN INHALTLICHER HINSICHT<br />
7.7 Zur beabsichtiqten Aufqabenkonzentration beim<br />
Bundesamt für Fremdenwesen und Asy[ (BFA)<br />
<strong>Der</strong> vorliegende Begutachtungsentwurf sieht im Wesentlichen vor, dass das bisherige<br />
Bundesasylamt zusätzliche Kompetenzen aus dem Bereich des Fremden- und Aufenthaltsrechts<br />
erhält und künftig als ,,Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA)"<br />
bezeichnet werden soll. Während das bisherige Bundesasylamt (lediglich) in<br />
Außenstellen und Erstaufnahmestellen untergliedert war (siehe S 58 Abs. 4 und<br />
S 59 AsylG 2OO5), wird das BFA in jedem Bundesland Regionaldirektionen haben (S 2<br />
Abs. 2 des vorgeschlagenen BFA-Einrichtungsgesetzes). Zusätzlich ist auch noch die<br />
Einrichtung von Außenstellen und Erstaufnahmestellen vorgesehen (siehe S 2 Abs. 2<br />
und S 4 des vorgeschlagenen BFA-Einrichtungsgesetzes).<br />
l)VR: 006402ir
GZ 302.346 / 001-281, / 12 Seìte 2 / 6<br />
Nach den Erläuterungen wird das neue Bundesamt unter Berücksichtigung der<br />
Erfahrungen der Jahre 2010 und 2011 jährlich neben den etwa 15.750 asylrechtlichen<br />
Entscheidungen, zusätzlich etwa 13.500 fremdenrechtliche Bescheidverfahren und etwa<br />
5.200 Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen<br />
Gründen zu bewältigen haben. Die Bündelung von Kompetenzen aus dem Asylbereich,<br />
aus dem Fremdenwesen sowie hinsichtlich der Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen<br />
Gründen soll zu Synergieeffekten durch schnellere Verfahrensabläufe und zu<br />
einer kürzeren Verweildauer der Fremden in Grundversorgung führen.<br />
Die Zuständigkeit des BFA umfasst jedoch nicht stimtliche fremdenpolizeilichen<br />
Kompetenzen, sondern beschränkt sich auf den Vollzug des 7., B. und 11. Hauptstücks<br />
des FPG. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um aufenthaltsbeendende Maßnahmen<br />
gegen Fremde (Rückkehrentscheidung, Ausweisung, Einreiseverbot, Rückkehrverbot) und<br />
um die Ausstellung von Ausweisen für Fremde. Die übrigen Kompetenzen der Fremdenpolizei<br />
sollen hingegen von der ,,l1euell Fremdenpolizei" unter der Leitung der - neu<br />
einzurichtenden - Landespolizeidirektionen wahrgenommen werden. Zu diesen übrigen<br />
Kompetenzen gehören nach den Erläuterungen insbesondere:<br />
Integration,<br />
Vollzug des Ausländerbeschäftigungs gesetzes,<br />
Grenzkontrollwesen und Agenden der Sicherheitsbehörde als neue Fremdenpolizei<br />
(Zurückweisung, Zurückschiebung, Durchbeförderung, Überwachung des<br />
Aufènthalts),<br />
Strafverfahren und Visaangelegenheiten sowie der<br />
Vollzug in den Polizeianhaltezentren und die Durchführung des unmittelbaren<br />
Abschiebeprozesses.<br />
Auch was die Erleilung von Aufenthaltstiteln betrifft, ist keine umfassende Zuständigkeit<br />
des BFA vorgesehen. Das Bundesamt erhält lediglich die Zuständigkeit, ,,Aufenthaltstitel<br />
aus berücksichtigungswürdígen Gründen" zu erteilen, die nunmehr im<br />
7. Hauptstück des AsylG 2005 geregelt werden. Die übrigen Aufenthallstitel sind<br />
hingegen - wie bisher - nach den Bestimmungen des NAG in mittelbarer Bundesverwaltung<br />
zu erteilen.<br />
In den Erläuterungen wird nicht ausgeführt, aus welchen Gründen dem BFA nicht auch<br />
weitere inhaltlich zusammenhängende Zuständigkeiten aus dem Bereich der Fremdenpolizei,<br />
wie etwa die Ahndung von Verwaltungsüberlretungen nach den SS 120 f FPG,<br />
übertragen werden. Es wird auch nicht näher ausgeführt, warum die Erteilung von<br />
Aufþnthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen durch das BFA zweckmäßig
GZ 302.346/001-281/12 Seìte 3 / 6<br />
erscheint, während die Erteilung sonstiger Aufenthaltstitel auch weiterhin in mittelbarer<br />
Bundesverwaltung erfolgt (siehe S 3 NAG). Die Gründe für die gewählte Zuständigkeitsabgrenzung<br />
können demnach auf Grundlage der Erläuterungen im Einzelnen nicht<br />
nachvollzogen werden.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Rechnungshof</strong> hat in seinen Vorschlägeî ^fi<br />
Verwaltungsreform mehrfach die<br />
Zusammenführung von inhaltlich zusammengehörigen Aufgaben bei einer 0rganisationseinheit<br />
angeregt (siehe Positionen Reihe 2OIll1, Seiten 2O4 f, Nummern 2B ff). In<br />
diesem Sinne ist die beabsichtigte Zusammenfassung von asyì- und fremdenrechtlichen<br />
sowie aufenthaltsrechtlichen Kompetenzen beim BFA grundsätzlich zu begrüßen. Auch<br />
die angestrebte kürzere Verweildauer der Fremden in Grundversorgung ist im Sinne der<br />
Empfehlungen des <strong>Rechnungshof</strong>es in seinen Berichten ,,Flüchtlingsbetreuung"<br />
(Reihe Bund 2OO7 | 1) und,,Flüchtlingsbetreuung; Follow-up-Überprüfung"<br />
(Reihe Bund 2OO9l13) zu begrüßen; die Empfehlungen in diesen Berichten zielen (unter<br />
anderem) auf eine Verfahrensbeschleunigung im Asylbereich ab (siehe TZ 17.2 des<br />
Berichts Reihe Bund 2OO711 und TZ 3 des Berichts Reihe Bund 2OO9lI3).<br />
<strong>Der</strong> <strong>Rechnungshof</strong> hält jedoch fest, dass die vorgeschlagenen Neuregelungen auch zu<br />
neuen Trennstellen und damit auch zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand führen<br />
können. Dies im Hinblick darauf, dass erhebliche Teile des Fremden- und des<br />
Aufenthaltsrechts nicht dem BFA übertragen werden, sondern in den Zuständigkeitsbereich<br />
der ,,neuen Fremdenpolizei" fallen oder weiterhin in mittelbarer Bundesverwaltung<br />
zu vollziehen sind, weshalb die o.a. Empfehlungen des <strong>Rechnungshof</strong>es nur<br />
zum Teil berucksichtigt werden.<br />
Anzumerken ist des Weiteren, dass es insbesondere im Bereich des Fremdenrechts auch<br />
zu einer Auf'splitterung der Zuständigkeiten zwischen dem Bundesverwaltungsgericht<br />
und den Landesverwaltungsgerichten kommt, die der Einheitlichkeit der Rechtsprechung<br />
abträglich sein könnte. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass nach dem vorgeschlagenen<br />
S 9 FPG die Verwaltungsgerichte der Länder über Beschwerden gegen die<br />
Entscheidungen der Landespolizeidirektionen entscheiden, während das Bundesverwaltungsgericht<br />
über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes (BFA)<br />
entscheidet.<br />
7.2 Zum vorgesch [a genen,. B FA-Verfa h ren sgesetz"<br />
<strong>Der</strong> Entwurf des,,BFA-Verfahrensgesetzes" enthält nicht bloß verfahrensrechtliche<br />
Bestimmungen, sondern auch Zuständigkeitsbestimmungen (siehe das 2. Hauptstück des<br />
Entwurfes) und Bestimmungen materiell-rechtlichen Inhalts wie z.B. den vorgeschlagenen<br />
S 9 (,,Schutz des Privat- und Familienlebens") und den vorgeschlagenen 5 19<br />
(,,Sichere Herkunftsstaaten")" f)as ,,BFA-Verfahrensgesetz" fasst demnach nicht bloß
GZ 302.3 46 / 001 -281, / 1,2 Seìte 4 / 6<br />
verfahrensrechtliche, sondern auch materiell-rechtliche Bestimmungen aus den<br />
verschiedenen Zuständigkeitsbereichen des BFA (Asyl, Erteilung von Aufenthaltstiteln<br />
aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Fremdenwesen) zusammen.<br />
Die Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und im FPG sollen vom BFA-Verfahrensgesetz<br />
unberührt bleiben (siehe S 1 zweiter Satz des vorgeschlagenen BFA-Verfahrensgesetzes).<br />
Dies führt dazu, dass in Verfahren vor dem BFA zusätzlich zu den ,,allgemeinen"<br />
Verfahrensbestimmungen des BFA-VG die spezielleren Verfahrensbestimmungen<br />
des jeweiligen Materiengesetzes, und zwar des AsylG 2005 oder des FPG<br />
anzuwenden sind. Subsidiär gelten die Bestimmungen des AVG.<br />
Das bedeutet, dass das jeweils anzuwendende Verfahrensrecht durch eine Zusammenschau<br />
von zumindest drei Gesetzen zu ermitteln ist. Dazu kommt noch, dass auch<br />
Zuständigkeits- und materiell-rechtlichen Bestimmungen auf das,,BFA-Verfahrensgesetz"<br />
und die Materiengesetze (Asylc 2005 und FPG) verteilt sind. Die Rechtsanwendung<br />
könnte dadurch sowohl frir die zuständigen Behörden, als auch für die<br />
Rechtsunterworfenen im Einzelfall erschwert werden. Es wäre daher zu prüfen, ob - zur<br />
Erhöhung der Übersichtlichkeit - die Bestimmungen des vorgeschlagenen ,,BFA-Verfahrensgesetzes"<br />
in die Materiengesetze (AsylG 2OO5bzw. FPG) integriert werden<br />
könnten.<br />
2, ZUR DARSTELLUNG DER FINANZIELLEN AUSWIRKUNGEN<br />
<strong>Der</strong> <strong>Rechnungshof</strong> hält kritisch fest, dass die mit der Schaffung des BFA verbundenen<br />
umfangreichen organisatorischen Änderungen, clie anfallenden ,,Errichtungskosten betr.<br />
Infrastruktur des BFA sowie die Auswirkungen der vorgeschlagenen materiell- und<br />
verfahrensrechtlichen Änderungen eine besonders sorgfältige Beurteilung der<br />
finanziellen Auswirkungen erfordern würde. Diesen Anforderungen entsprechen der<br />
Entwurf und die Erläuterungen insb. aus folgenden Gründen nicht:<br />
Die Erläuterungen gehen davon aus, dass die Bündelung des bestehenden Personalstandes<br />
aus dem Bundesasylamt, dem Bereich der Bundespolizeidirektionen und der<br />
Zentralstelle des BMI im BFA kostenneutral erfolgt, ohne dass die angenommene<br />
Kostenneutralität näher begründet wird.<br />
In den Erläuterungen wird weilers davon ausgcgangen, dass zum Ausgleich für jene<br />
Aufgabenbereiche, die bisher von den Ländern (in mittelbarer Bundesverwaltung)<br />
besorgt wurden, 95 VBÄ zusätzlich eingesetzt werden müssen. Dadurch entstünde ein<br />
jährlicher fìnanzieller Mehraufwand von rd. 8.325.000 EUR. Aus den Erläuterungen ist<br />
jedoch nicht ersichtlich, wie dieser Mehrbedarf von 95 VBÄ erhoben wurde. Da die<br />
Erläuterungen überdies nur allgemeine Angaben zur Wertigkeil der aufzunehmenden
GZ 302.346 / 001-281, / 12 Seìte 5 / 6<br />
VBÄ enthalten, insbesondere die Angaben zut Funktionsgruppe der erforderlichen<br />
Bediensteten fehlen, kann auch die angegebene Höhe des Mehraufwandes nicht<br />
nachvollzogen werden.<br />
Ûberdies müssten im Hinblick auf die unveränderten materiell-rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
in gleichem Ausmaß Personalressourcen in den Bundesländern an jenen<br />
Stellen freiwerden, die bisher im Bereich des Fremdenrechts und des Aufenthaltsrechts<br />
aus berücksichtigungswürdigen Gründen tätig waren. Allfällige aus dieser Aufgabenverlagerungzrrm<br />
Bund resultierende Einsparungen im Bereich der Länder (2.8. der<br />
Bezirksverwaltungsbehörden), werden in den Erläuterungen nicht dargestellt.<br />
Ebenso wird aufgrund der Einrichtung des BFA ein einmaliger finanzieller Mehraufwand<br />
für zusätzliche Raumkosten, Büroausstattung, Computerarbeitsplätze etc. anfallen. <strong>Der</strong><br />
<strong>Rechnungshof</strong> weist darauf hin, dass die Erläuterungen keine Angaben zur Höhe dieses<br />
Aufwandes enthalten. Es wird lediglich auf die Bedeckung im Bundesftnanzrahmen<br />
2013 bis 2014 unter Einrechnung einer vorhandenen Ressortrücklage hingewiesen.<br />
Die Erläuterungen führen aus, dass Synergieeffekte durch schnellere Verfahrensabläufe<br />
im BFA eine durchschnittlich kürzere Verweildauer von Fremden in Grundversorgung<br />
bewirken sollen. Da jedoch nicht ausgeführt wird, ob bzw. in welchem Umfang die<br />
Aufenthaltsdauer der Fremden durch die beabsichtigten Gesetzesänderungen verkürzt<br />
werden kann, kann auch diese Angabe in den Erläuterungen nicht nachvollzogen<br />
werden.<br />
Zu den allgemeinen Ausführungen, dass die Einsparungen bei einer Reduktion der<br />
Verweildauer in Grundversorgung um einen Monat 550.000 EUR im Jahr betragen<br />
würden, ist festzuhalten, dass auch dazu die zugrundeliegenden Annahmen bzw.<br />
Kalkulationen nicht offengelegt werden, so dass keine Nachvollziehbarkeit gegeben ist.<br />
<strong>Der</strong> aus dem Gesetzesvorhaben zu erwartende finanzielle Mehraufwand wird demnach<br />
unvollständig bzw. nicht nachvollziehbar dargestellt. Auch die Einsparungspotenziale<br />
durch Verkürzung der Verfahren werden nicht konkret und ohne Offenlegung der<br />
Berechnungsgrundlagen dargestellt.<br />
Die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen entsprechen daher nicht den<br />
Anforderungen des S 14 BHG und den hiezu ergangenen Richtlinien des Bundesministers<br />
für Finanzen, BGBI. II Nr. 50/1999 i.d.g.F.
G7 302.346 / 00r-281, / t2<br />
Seite 6 / 6<br />
Von dieser Stellungnahme wird jeweils eine Ausfertigung dem Präsidium des<br />
Nationalrates und dem Bundesministerium für Finanzen übermittelt.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
<strong>Der</strong> Präsident:<br />
Dr. Josef Moser<br />
F.d.R.d.A.:<br />
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