Heimat-Ort der Identität.pdf - Prof. Christoph Mäckler Architekten
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Und um es vorweg zu nehmen: Wenn wir uns mit einem <strong>Ort</strong> identifizieren wollen, ihn als Teil unserer<br />
Geschichte verstehen und als Teil unseres Zuhauses akzeptieren wollen, benötigen wir mehr als nur<br />
eine Gedenktafel im öffentlichen Raum.<br />
Im Folgenden möchte ich Ihnen drei Häuser des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts vorstellen und den Versuch<br />
unternehmen, <strong>der</strong>en unter-schiedlichen Wert in Bezug auf die Identifikation mit dem <strong>Ort</strong> für uns und<br />
nachfolgende Generationen aufzuzeigen.<br />
Da ist zunächst ein rotes Haus auf <strong>der</strong> Insel Capri, fertiggestellt 1942 von einem gewissen Kurt Erich<br />
Suckert, <strong>der</strong> sich 1926 mit 28 Jahren das Pseudonym Curzio Malaparte zulegte. Es ist ein Bauwerk,<br />
das weniger durch seine räumliche Disposition als durch seine einmalige Lage auf den Felsklippen <strong>der</strong><br />
Insel Capri im Mittelmeer und durch seine dunkelrote Farbe, die unser Auge im klaren Licht <strong>der</strong><br />
mediterranen Sonne in Kombination mit dem Azurblau des Wassers begeistert. Und es ist seine Form<br />
mit dem schwanzartig zulaufenden Treppenlauf und einer Geschichte, in <strong>der</strong> irgendwo Jean-Luc<br />
Godard und Brigitte Bardot und das faschistische Italien unter Mussolini vorkommen.<br />
Dann gibt es als zweites ein weißes Haus in <strong>der</strong> ehemaligen Tschechoslowakei, 1929 von Mies van<br />
<strong>der</strong> Rohe in Brünn für Fritz und Grete Tugendhat errichtet, ein Haus an einem steilen Hang in ähnlich<br />
exponierter Lage über <strong>der</strong> Stadt liegend, mit Blick auf das Schloss Spielberg, ein Haus mit einem<br />
fließenden Raum und <strong>der</strong> berühmt gewordenen Onyx-Wand und den vernickelten kreuzförmigen<br />
Stahlstützen, ein Haus das zur gleichen Zeit wie <strong>der</strong> Barcelona Pavillon entstand und für die Mo<strong>der</strong>ne<br />
trotzdem ein fast wichtigeres Bauwerk ist, weil es als Wohnhaus konzipiert und genutzt wurde. Ein<br />
Haus, das vor allem durch den <strong>Architekten</strong>namen und sein architektonisch räumliches Konzept im<br />
Inneren für die Geschichtsschreibung von beson<strong>der</strong>er Bedeutung ist und in dessen Geschichte <strong>der</strong><br />
Flugzeugkonstrukteur Willi Messerschmidt und die Rote Armee eine Rolle spielen.<br />
Als drittes sei ein ockergelbes Haus in Deutschland aus dem Jahre 1951 benannt, dessen Vorbild das<br />
Goethe-Haus aus dem 18. Jahrhun<strong>der</strong>t ist, ein Nachbau, inner-städtisch im Zentrum <strong>der</strong> Stadt<br />
Frankfurt am Main gelegen, ein ehemaliges Wohnhaus, das, wie das vorbeschriebene rote und weiße<br />
Haus, heute eine Art Museum für interessierte Besucher ist. Ein Haus, das im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t als eines<br />
<strong>der</strong> elegantesten seiner Zeit galt und dies, obwohl im Inneren bis auf ein großzügiges Treppenhaus<br />
architektonisch nichts Bemerkenswertes zu verzeichnen war. Ein Haus, das, an<strong>der</strong>s als das weiße und<br />
das rote Haus, ausschließlich durch den Namen Goethe unter Denkmalschutz gestellt wurde.<br />
Welches <strong>der</strong> drei Häuser mag für uns nun im Sinne einer Identifikation mit unserer Geschichte das<br />
Bedeutendste sein:<br />
das Rote von Kurt Erich Suckert, Sohn des Deutschen Erwin Suckert und Evelina Perelli,<br />
das Weiße, als Produkt des deutschen <strong>Architekten</strong> Ludwig Mies van <strong>der</strong> Rohe, o<strong>der</strong> das Ockergelbe,<br />
an dessen <strong>Ort</strong> Johann Wolfgang von Goethe einmal wohnte?<br />
In allen drei Bauwerken, und das ist ihnen gemein, steckt ein Stück deutscher Geschichte.<br />
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