Die verbotene Tür - Stadtbibliothek Graz
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Verena Podenstorfer, 12 Jahre<br />
<strong>Die</strong> <strong>verbotene</strong> <strong>Tür</strong><br />
In den Sommerferien waren Lena und Sophia für eine Woche bei Sophias<br />
Großmutter zu Besuch. <strong>Die</strong> Großeltern hatten einen Bauernhof, dort erlebte<br />
man immer etwas. Es gab drei Pferde und ein Fohlen, Kühe, Schafe und<br />
Ziegen, viele Katzen und Hühner. Seit Ostern hatten sie auch Kaninchen,<br />
was die beiden Mädchen besonders freute.<br />
Lena und Sophia liebten Tiere und die Natur. Sophia hatte ihrer Freundin<br />
schon viel von dem Bauernhof erzählt. <strong>Die</strong> Beiden waren glücklich, dass<br />
Lenas Eltern nichts dagegen hatten und ihre Tochter mitfahren ließen.<br />
Während der Zugfahrt weihte Sophia Lena in das Geheimnis des Hofes ein.<br />
Es gab eine <strong>verbotene</strong> <strong>Tür</strong>. Sophia hatte sie bei ihrem letzen Besuch auf<br />
dem Dachboden entdeckt, als sie einer kleinen Katze nachgelaufen war.<br />
Sie hatte sich nicht getraut, die <strong>Tür</strong> zu öffnen, denn sie war sich sicher, an<br />
dieser Stelle noch nie eine <strong>Tür</strong> gesehen zu haben. Sophia war in die Küche<br />
gelaufen, wo ihre Oma gerade das Abendessen richtete. Sophia fragte sie<br />
gleich, wohin diese <strong>Tür</strong> führte.<br />
<strong>Die</strong> Großmutter zuckte zusammen und wurde blass.<br />
„Kind, es wäre besser gewesen, du hättest diese <strong>Tür</strong>e nie gefunden! Du<br />
darfst sie niemals öffnen! Vergiss es und hilf mir lieber beim Abendessen.“<br />
Aber Sophia konnte die <strong>verbotene</strong> <strong>Tür</strong> nicht vergessen.<br />
Als die Mädchen ankamen, wurden sie von den Großeltern freudig begrüßt.<br />
Mit der Kutsche, die Hanni und Nanni, die beiden Stuten, zogen, fuhren sie<br />
zum Bauernhof. Das Fohlen von Nanni lief verspielt neben ihnen her.<br />
Auf dem Hof angekommen, bezogen sie als Erstes ihr Zimmer.<br />
Sie durften die Kaninchen, die Katzen und die Pferde füttern. Beim Striegeln<br />
der Pferde fragte Lena Sophia über die <strong>verbotene</strong> <strong>Tür</strong> aus, obwohl sie ihr<br />
tausendmal gesagt hatte, dass sie auch nicht mehr wüsste. Sie versuchten,<br />
nicht mehr daran zu denken.<br />
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In den nächsten Tagen ritten sie sehr oft mit Hanni und Nanni aus. Das<br />
Fohlen war immer dabei. Unterwegs badeten sie im See am Waldrand. <strong>Die</strong><br />
Großmutter verwöhnte sie mit gutem Essen, und die Freundinnen spielten<br />
jeden Tag mit den Kaninchen, die Junge hatten.<br />
Eines Tages fing es an zu regnen. Sophia und Lena langweilten sich. <strong>Die</strong><br />
Oma schickte sie auf den Dachboden. Dort standen mehrere Kisten mit alten<br />
Kleidern der Urgroßmutter, mit denen sie sich verkleiden durften. Als sie auf<br />
dem Dachboden waren, erinnerte Lena sich an die <strong>Tür</strong>. Sie fragte Sophia<br />
danach. Sophia sagte: „Wir stehen schon davor.“<br />
Plötzlich krachte es laut, und die <strong>verbotene</strong> <strong>Tür</strong> öffnete sich knarrend.<br />
Das Weltall war zu sehen. Es war unglaublich. Sie sahen unser<br />
Sonnensystem und die Milchstraße. Milliarden leuchtende Punkte und<br />
farbige, riesengroße Nebelfelder. Ein kleiner Komet war gegen die <strong>Tür</strong><br />
gekracht.<br />
Sophia schloss die <strong>Tür</strong>, so schnell sie konnte, als sie einen zweiten Kometen<br />
heranrasen sah.<br />
Lena stand vor Staunen der Mund offen. Sie konnten nicht glauben, was sie<br />
gerade gesehen hatten, und öffneten die <strong>Tür</strong> ein zweites Mal. Eine<br />
wunderschöne Blumenwiese lag vor ihnen. Und ein riesiger, rosa Wurm, der<br />
alles auffraß. Vor Schreck warf Sophia die <strong>Tür</strong> wieder zu.<br />
<strong>Die</strong> Freundinnen sahen sich an. „Lass uns noch einmal die <strong>Tür</strong> öffnen. Ich<br />
muss wissen, was diesmal dahinter ist!“, Lena war noch immer fassungslos.<br />
Sie öffnete die <strong>Tür</strong> zum dritten Mal. Vor ihnen lag ein Gang zwischen dichten<br />
Hecken, die mindestens zwei Meter hoch waren. Nach ungefähr fünf Metern<br />
bog der Gang nach rechts ab. Sophia und Lena gingen durch die <strong>verbotene</strong><br />
<strong>Tür</strong>. Sie mussten einfach weitergehen. Sie konnten nicht anders.<br />
Nach ein paar Biegungen erkannten sie, dass sie sich in einem Irrgarten<br />
befanden.<br />
Sie wollten zurück zur <strong>Tür</strong>, doch sie hatten sich bereits verlaufen.<br />
Stundenlang irrten die Mädchen herum. Sie ahnten nicht, wie viel Zeit in<br />
Wirklichkeit vergangen war.<br />
Sophia und Lena wurden wochenlang gesucht.<br />
Inzwischen ist das schon zwölf Jahre her.<br />
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