Der Nationale Integrationsplan: eine Agenda auf dem Prüfstand
Der Nationale Integrationsplan: eine Agenda auf dem Prüfstand
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fungieren, dass sich die wachsenden Bildungsunterschiede<br />
verfestigen und die soziale<br />
Ausgrenzung von Migranten/innen<br />
noch verstärken. Darüber hinaus spricht einiges<br />
dafür, dass sich die Tendenz zur Trennung<br />
nach sozioökonomischen Merkmalen<br />
noch verstärkt, da sozial besser gestellte Eltern<br />
oftmals ihre Kinder aus Schulen mit hohem<br />
Migrantionsanteil herausnehmen. Die<br />
Unterschiede zwischen den Schulen nehmen<br />
immer mehr zu.<br />
Die Kommission will über die Bildungssituation<br />
von Kindern mit Migrationshintergrund<br />
das Nachdenken über <strong>eine</strong><br />
Verbesserung der Bildungssysteme in den<br />
Mitgliedstaaten anstoßen. Im Grünbuch, das<br />
<strong>eine</strong> öffentliche Konsultation einleitet, werden<br />
entsprechende Fragen gestellt nach den<br />
wichtigsten politischen Herausforderungen<br />
im Zusammenhang mit <strong>eine</strong>m guten<br />
Bildungsangebot für Kinder mit Migrationshintergrund<br />
sowie nach den geeigneten Antworten<br />
dar<strong>auf</strong>.<br />
Im Grünbuch wird auch die künftige Rolle<br />
der Richtlinie 77/486/EWG hinterfragt, die<br />
<strong>eine</strong>n frühen Versuch der EU darstellt, das<br />
Augenmerk der Mitgliedstaaten <strong>auf</strong> die schulische<br />
Betreuung der Kinder von Mi gran ten/<br />
innen zu lenken. Die Richtlinie greift inzwischen<br />
allerdings weitgehend ins Leere, weil<br />
sie sich ausschließlich an die schulische Betreuung<br />
der Kinder von EU-Bürgern richtet<br />
und die schulische Betreuung der Kinder von<br />
Drittstaatsangehörigen vernachlässigt.<br />
Das Grünbuch liefert <strong>eine</strong>n kurzen Überblick<br />
über Politikansätze und Konzepte, die<br />
den Bildungserfolg von jungen Migranten/<br />
innen stützen können. Bildungssysteme,<br />
die eher <strong>auf</strong> Chancengleichheit ausgerichtet<br />
sind, fördern auch die Integration von Migrantenschülern/innen<br />
am besten. Zu diesen<br />
gehören: Vorschulerziehung, Sprachunterricht,<br />
zusätzliche Bildungsförderung wie<br />
Mentoring und Tutoring, interkulturelle Bildung<br />
sowie Partnerschaften mit Familien<br />
und Gemeinschaften.<br />
Die Kommission möchte mit <strong>dem</strong> Grünbuch<br />
<strong>eine</strong> Diskussion über <strong>eine</strong> Verbesserung von<br />
Bildungssystemen im Bezug <strong>auf</strong> die Integra-<br />
tion von Kindern mit Migrationshintergrund<br />
anregen, legt den Interventionsschwerpunkt<br />
aber nahezu ausschließlich <strong>auf</strong> den schulischen<br />
Kontext. Sie weist damit Schulen <strong>eine</strong><br />
führende Rolle bei der Schaffung <strong>eine</strong>r integrativen<br />
Gesellschaft zu und bleibt zunächst<br />
hinter den Möglichkeiten zurück, <strong>eine</strong>n kohärenten<br />
und bereichsübergreifenden Ansatz<br />
zur Diskussion zu stellen. Ein solcher<br />
Ansatz, der <strong>eine</strong> enge konzeptionelle Zusammenarbeit<br />
aller am Integrationsprozess<br />
beteiligten Akteure erfordert, muss von <strong>eine</strong>m<br />
weiter gefassten Bildungsverständnis<br />
ausgehen als es die Kommission im vorliegenden<br />
Dokument zugrunde legt.<br />
Für die Jugendsozialarbeit stellt das Grünbuch<br />
deshalb die besondere Herausforderung<br />
dar, den für <strong>eine</strong>n gelingenden<br />
Integrationsprozess notwendigen Querschnittsansatz,<br />
die Einbindung verschiedener<br />
gesellschaftlicher Akteure sowie die<br />
gezielte Zusammenarbeit von Jugendhilfe<br />
und Schule gegenüber der Kommission<br />
deutlich hervorzuheben.<br />
Mit <strong>dem</strong> Grünbuch soll ein Meinungsaustausch<br />
darüber gefördert werden, wie diese<br />
Herausforderungen <strong>auf</strong> allen Ebenen anzugehen<br />
sind und wie die EU künftig die<br />
Mitgliedstaaten bei der Formulierung ihrer<br />
Bildungspolitik in diesem Bereich unterstützen<br />
könnte. Interessierte Kreise sind <strong>auf</strong>gefordert,<br />
sich bis zum 31. Dezember 2008<br />
zu der politischen Herausforderung, politischen<br />
Antworten und der möglichen Rolle<br />
der EU bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten<br />
zu äußern.<br />
Weitere Informationen<br />
Praxis dreizehn Heft 2 2008 | 29<br />
<strong>Der</strong> Autor:<br />
zum Grünbuch und der damit eingeleiteten öffentlichen Diskussion<br />
gibt es <strong>auf</strong> den Seiten der Generaldirektion für Bildung und<br />
Kultur:<br />
http://ec.europa.eu/dgs/education_culture/consult/<br />
migration_en.html<br />
Manfred von Hebel<br />
arbeitet in der Generaldirektion<br />
für Bildung<br />
und Kultur der Europäischen<br />
Kommission<br />
und ist für die Bereiche<br />
Jugendpolitik und nichtformales<br />
Lernen zuständig.<br />
E-Mail:<br />
manfred.von-hebel<br />
@ec.europa.eu<br />
Die EU-Kommission wird die Ergebnisse dieser Diskussion<br />
analysieren und Anfang 2009 ihre Schlussfolgerungen veröffentlichen.