Versuch: Inversion von Saccharose
Versuch: Inversion von Saccharose
Versuch: Inversion von Saccharose
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<strong>Versuch</strong>: <strong>Inversion</strong> <strong>von</strong> <strong>Saccharose</strong><br />
Die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion (gemessen z. B. durch die zeitliche<br />
Abnahme der Konzentration des Ausgangsstoffes A) hängt allgemein vom Produkt der<br />
Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer A, B, C ... ab:<br />
- d [A] / dt = k ⋅ [A] a ⋅ [B] b ⋅ [C] c ... (1)<br />
Die Reaktionsordnung n ist durch die Summe der Exponenten a, b, c ... definiert. k bedeutet<br />
die Geschwindigkeitskonstante. k. Sie hängt nicht <strong>von</strong> der Konzentration der reagierenden<br />
Stoffe, jedoch <strong>von</strong> der Menge der Katalysatoren, der Art der Reaktion und <strong>von</strong> der<br />
Temperatur T ab. Nach Arrhenius gilt für die Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten k<br />
<strong>von</strong> der Temperatur T:<br />
d ln k / dT = E a / RT 2 (2)<br />
E a bedeutet die Aktivierungsenergie, R die allgemeine Gaskonstante.<br />
Durch Integration erhält man:<br />
ln k = - E a / RT + ln A (3)<br />
Die Integrationskonstante A kann nur positve Werte annehmen, da der Logarithmus für<br />
negative Werte nicht definiert ist. A nennt man Stoßfaktor. Für T → ∞ nimmt A den Wert k<br />
an. So heißt A auch die maximale Geschwindigkeitskonstante.<br />
In diesem <strong>Versuch</strong> soll der Zusammenhang zwischen den für eine chemische Reaktion<br />
charakteristischen Größen wie die Reaktionsordnung, die Geschwindigkeitskonstante und<br />
die Aktivierungsenergie untersucht werden.<br />
1
<strong>Versuch</strong>svorbereitung<br />
Reaktionsmechanismen<br />
- Reaktionen mit radikalischen Übergangskomplexen<br />
- Reaktionen mit ionischen Übergangskomplexen<br />
- Mehrzentrenreaktionen<br />
Geschwindigkeitsgleichungen<br />
- Reaktionen 0. Ordnung<br />
- Reaktionen 1. Ordnung<br />
- Reaktionen 2. Ordnung<br />
Katalyse<br />
- homogene<br />
- heterogene<br />
Stoßtheorie<br />
Theorie des Übergangszustandes<br />
Das Polarimeter nach Lippich<br />
- Aufbau und Funktion des Polarimeters<br />
2
Theorie zur <strong>Inversion</strong> <strong>von</strong> <strong>Saccharose</strong><br />
Die hydrolytische Spaltung <strong>von</strong> <strong>Saccharose</strong> (S) in Fructose (F) und Glucose (G) (<strong>Inversion</strong>)<br />
ist eine bimolekulare Reaktion. Sie wird durch Protonen katalysiert:<br />
C 12 H 22 O 11 (S) + H 2 O<br />
H<br />
⎯ ⎯ +<br />
→ C 6 H 12 O 6 (F) + C 6 H 12 O 6 (G)<br />
Für diese Reaktion wird ein zweistufiger Mechanismus diskutiert:<br />
1. C 12 H 22 O 11 (S)<br />
H<br />
+<br />
←<br />
⎯<br />
⎯⎯⎯<br />
⎯⎯⎯<br />
⎯<br />
→ (C 12 H 22 O 11 )H+ (SH + )<br />
schnell<br />
2. SH + H O ⎯⎯⎯ → F + G + H<br />
+ +<br />
2 langsam<br />
Der zweite Schritt ist geschwindigkeitsbestimmend.<br />
Bei der ersten Reaktion stellt sich sehr schnell ein chemisches Gleichgewicht ein. In einem<br />
verdünnten System gilt<br />
+<br />
[ SH ]<br />
+<br />
[ S ] [ H ]<br />
= K<br />
(4)<br />
da die H +- Ionen nur katalytisch wirken, ist [H + ] konstant.<br />
Daraus folgt<br />
[SH + ] = K ' ⋅ [S] (5)<br />
Das Geschwindigkeitsgesetz für den zweiten Reaktionsschritt lautet:<br />
+<br />
[ ]<br />
+<br />
[ ] [ ]<br />
d SH<br />
''<br />
− = k ⋅ H2 O ⋅ SH<br />
(6)<br />
dt<br />
Berücksichtigt man (5), so erhält man<br />
[ S]<br />
d '' '<br />
− = k ⋅K<br />
[ H2O] ⋅[ S]<br />
. (7)<br />
dt<br />
3
Wasser befindet sich bei der <strong>Inversion</strong> im Überschuss, so dass während der Reaktion [H 2 O]<br />
konstant bleibt:<br />
d S<br />
−<br />
dt<br />
= k⋅<br />
S (8)<br />
mit k '' ⋅ K' [H 2 O] = k<br />
Integration <strong>von</strong> (8) ergibt<br />
⎡<br />
ln ⎢<br />
S ⎣S<br />
0<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
=−k⋅ t<br />
(9)<br />
[S] bedeutet die Konzentration an <strong>Saccharose</strong> zur Zeit t,<br />
[S] o die Anfangskonzentration der <strong>Saccharose</strong> zur Zeit t = 0.<br />
Das Geschwindigkeitsgesetz für die <strong>Inversion</strong> der <strong>Saccharose</strong> entspricht bei den genannten<br />
Bedingungen dem für Reaktionen 1. Ordnung.<br />
Aufgabe<br />
Bestimmen Sie die Geschwindigkeitskonstanten der <strong>Inversion</strong> <strong>von</strong> <strong>Saccharose</strong> in saurer<br />
Lösung bei drei unterschiedlichen Temperaturen. Ermitteln Sie die Aktivierungsenergie und<br />
den Stoßfaktor.<br />
<strong>Versuch</strong>sdurchführung und Auswertung<br />
Ein Maß für die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer während der Reaktion zur Zeit t ist<br />
die Drehung der Polarisationsebene des durch die Lösung fallenden polarisierten Lichts.<br />
Diese lässt sich mit einem Polarimeter bestimmen. Sowohl <strong>Saccharose</strong> als auch der daraus<br />
entstehende Invertzucker (äquimolare Mischung aus Glucose und Fructose) sind optisch<br />
aktiv; <strong>Saccharose</strong> dreht nach rechts, während Invertzucker linksdrehend ist.<br />
Es gilt: [S] = const. ⋅(α - β o )<br />
[S] o = const. ⋅ (α o - β o )<br />
damit erhält man mit (9):<br />
α − β<br />
ln<br />
α − β<br />
0<br />
0 0<br />
=−k ⋅ t<br />
(10)<br />
4
oder k<br />
1 0 0<br />
−<br />
= ⋅ ln α β<br />
t α − β<br />
0<br />
[S] $= Konzentration der <strong>Saccharose</strong> zur Zeit t<br />
[S] o $= Konzentration der <strong>Saccharose</strong> zur Zeit t = 0<br />
α o $= Drehung der reinen <strong>Saccharose</strong>lösung<br />
β o $= Drehung der Invertzuckerlösung<br />
α $= die jeweils zur Zeit t abgelesene Drehung<br />
(11)<br />
Die <strong>Inversion</strong> wird in Salzsäurelösung durchgeführt. Die Molarität der <strong>Saccharose</strong> [S] soll<br />
halb so groß sein wie die der Salzsäure [HCl]. Eine der Konzentrationen wird vom<br />
Assistenten vorgegeben. Man setzt die Lösungen in doppelt so großer Konzentration an und<br />
erhält durch Zusammengeben gleicher Volumina an <strong>Saccharose</strong>- und HCl-Lösung die<br />
gewünschten Messkonzentrationen. Von der Messlösung wird ein Teil in die Küvette gefüllt,<br />
nachdem der genaue Nullpunkt des Polarimeters bestimmt wurde. Beim Einfüllen ist darauf<br />
zu achten, dass keine Luftblasen in der Küvette verbleiben.<br />
Es wird vom Zeitpunkt des Einfüllens an die Änderung des Drehwinkels beobachtet. Der<br />
Drehwinkel wird während der 1. Stunde alle 5 Minuten, in der 2. Stunde alle 15 Minuten<br />
abgelesen.<br />
Der Endwert - die Drehung des Invertzuckers - wird dadurch bestimmt, dass man den<br />
zweiten Teil der Messlösung in einem Wasserbad <strong>von</strong> etwa 345 K restlos invertiert. Dies ist<br />
in ungefähr 10 Minuten geschehen (Verdampfen bedeuted Konzentrationsfehler!!).<br />
Beachte: konzentrierte HCl ist ungefähr 10 molar.<br />
Nach (11) wird für unterschiedliche Zeiten t die Geschwindigkeitskonstante k berechnet. Die<br />
so bestimmten Werte werden gemittelt.<br />
Außerdem wird k graphisch nach (10) bestimmt.<br />
Es werden drei Messreihen aufgenommen (T = 305 K, 315 K und 325 K). Die<br />
Aktivierungsenergie wird aus der Arrhenius-Gleichung in der integrierten Form (3)<br />
(ln k = f (1/T) graphisch bestimmt. Als k-Werte werden sowohl die gemittelten Geschwindigkeitskonstanten<br />
als auch die graphisch bestimmten verwendet.<br />
5
Literatur<br />
P. W. ATKINS<br />
Physikalische Chemie, Kap. 28, Abschn. 1 - 3 c, S. 703 - 720<br />
Verlag Chemie, Weinheim 1996<br />
G. WEDLER<br />
Lehrbuch der Physikalischen Chemie, Kap.1, Abschn. 5<br />
Verlag Chemie, Weinheim 1997<br />
H.-D. FÖRSTERLING, H. KUHN<br />
Praxis der Physikalischen Chemie<br />
Verlag Chemie, Weinheim 1991<br />
G. ADAM, P. LÄUGER, G. STARK<br />
Physikalische Chemie und Biophysik<br />
Springer-Verlag, Berlin 1977<br />
Weiterführende Literatur<br />
A.A. FROST, R.G. PEARSON<br />
Kinetik und Mechanismus homogener chemischer Reaktionen<br />
Verlag Chemie, Weinheim 1981<br />
K.J. LAIDLER<br />
Chemical Kinetics<br />
McGraw Hill Book Co., New York 1965<br />
H. MAUSER<br />
Formale Kinetik<br />
Bertelsmann Universitätsverlag, Düsseldorf 1974<br />
L. BERGMANMN, CL. SCHAEFER, F. MATOSSI<br />
Lehrbuch der Experimentalphysik, Optik, Kap. 52<br />
Walter de Gruyter, Berlin 1985<br />
6
Für diesen <strong>Versuch</strong> werden Chemikalien mit folgenden R-und S-Sätzen<br />
ausgegeben.<br />
R 34<br />
Verursacht Verätzungen<br />
S 26<br />
S 36/37/39<br />
Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser spülen und Arzt<br />
konsultieren<br />
Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und<br />
Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen<br />
7
ANHANG<br />
Polarimeter nach Lippich<br />
Polarimeter dienen dazu, die Polarisationsebene linear polarisierten Lichts zu beobachten.<br />
Die Lichtstrahlen, die <strong>von</strong> der Lichtquelle Q (Na-Lampe) kommen, werden durch die Linse L<br />
parallelisiert und durch den Polarisator P linear polarisiert. Dieses Licht durchstrahlt eine<br />
Messküvette M. Durch Einstellen des Analysators A auf vollständige Dunkelheit erhält man<br />
den Drehwinkel der Polarisationsebene z. B. durch eine optisch aktive wässrige <strong>Saccharose</strong>lösung,<br />
wenn man die Stellung des Analysators mit der bei einer Messung mit reinem<br />
Wasser vergleicht. Das Einstellen auf vollständige Dunkelheit ist sehr schwierig. Abhilfe<br />
schafft z. B. das Halbschattenpolarimeter nach Lippich.<br />
F A M P' P L<br />
Q<br />
K<br />
Zwischen dem Polarisator P und der Messküvette M befindet sich ein zweiter Polarisator, ein<br />
"Halbschattenprisma" P', das einen Teil des Gesichtsfeldes bedeckt. Die Polarisationsebenen<br />
des Polarisators P und des Halbschattenprismas P' sind um einen Winkel α <strong>von</strong><br />
ungefähr 5° gegeneinander geneigt. Das Licht, welches den Analysator A passiert, wird<br />
durch das kleine Fernrohr F beobachtet. Dieses ist so eingestellt, dass scharfe Trennlinien<br />
zwischen den Gesichtsfeldern erscheinen. Wird der Analysator A so eingestellt, dass seine<br />
Polarisationsebene senkrecht zur Polarisationsebene des Polarisators P steht, sind die<br />
äußeren Gesichtsfelder dunkel und das mittlere hell. Dreht man den Analysator um den<br />
Winkel α, so dass seine Polarisationsebene senkrecht zu der des Halbschattenprismas P'<br />
angeordnet ist, erscheinen die äußeren Gesichtsfelder hell und das mittlere dunkel. Es gibt<br />
eine Stellung des Analysators, bei der die Gesichtsfelder gleichmäßig beleuchtet sind. Diese<br />
lässt sich auf der Winkelskala mit einem Nonius genau ablesen.<br />
8