Gnade empfangen und weitergeben 2.Korinther 6 ... - EMK Winterthur
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<strong>Gnade</strong> <strong>empfangen</strong> <strong>und</strong> <strong>weitergeben</strong> <strong>2.Korinther</strong> 6,1-10 1<br />
Lesung: <strong>2.Korinther</strong> 6,1+2<br />
Als Mitarbeiter aber ermahnen wir euch auch:<br />
Empfangt die <strong>Gnade</strong> Gottes nicht vergeblich!<br />
Denn es heisst:<br />
Zu willkommener Zeit habe ich dich erhört<br />
<strong>und</strong> am Tage der Rettung habe ich dir geholfen.<br />
Jetzt ist sie da, die ersehnte Zeit,<br />
jetzt ist er da, der Tag der Rettung.<br />
<strong>Gnade</strong> <strong>empfangen</strong> <strong>und</strong> <strong>weitergeben</strong><br />
Im Psalm 91 sind wir eher lehrmässig <strong>und</strong> damit gr<strong>und</strong>sätzlich an die Hilfe von Gott<br />
erinnert worden. Er ist für die Glaubenden da <strong>und</strong> will sie in Notlagen nicht hängen<br />
lassen. Aus dem Matthäusevangelium haben wir gehört wie Jesus von Nazareth in<br />
der vierzig Tage dauernden Wüstenzeit die bewahrende Hilfe gegen die listigen Angriffe<br />
des Widersachers beansprucht <strong>und</strong> am Ende jener Fastenzeit erfahren hat.<br />
Über alle biblischen Texte hinaus müssen wir uns selbst nach den Erfahrungen mit<br />
Gottes Hilfe fragen. Ist sie Tatsache oder kennen wir sie bloss „vom Hören Sagen“?<br />
Gottes Hilfe wird in der Jahreslosung für 2012 einmal mit Kraft <strong>und</strong> dann wieder mit<br />
<strong>Gnade</strong> angegeben. Das kommt durch die Verkürzung jenes Satzes: „Du hast genug<br />
an meiner <strong>Gnade</strong>, denn die Kraft findet ihre Vollendung am Ort der Schwachheit“<br />
(<strong>2.Korinther</strong> 12,9). In diesem Satz wird aber deutlich, dass wir Hilfe <strong>und</strong> Stärkung nur<br />
dort <strong>und</strong> dann erfahren <strong>und</strong> erleben, wo <strong>und</strong> wenn wir unsere Schwachheit offen legen.<br />
Aber wozu <strong>empfangen</strong> Menschen von Gott <strong>Gnade</strong>, Kraft oder Stärkung? Das will ich<br />
mit einem Akkumulator kurz Akku vergleichen. Der kann eigentlich nur aufgeladen<br />
werden, wenn er leer <strong>und</strong> seine Energie verbraucht ist. Erst nach dem Aufladen kann<br />
er die <strong>empfangen</strong>e Energie an eine Leuchte, an einem Natel oder an einen Fotoapparat,<br />
aber auch an einen Automotor <strong>weitergeben</strong>. Das ist der Sinn eines Akku.<br />
Im Blick auf die Ermahnung: „Empfangt die <strong>Gnade</strong> Gottes nicht vergeblich!“ dürften<br />
wir selbst die Funktion eines Akku haben, ich meine: <strong>Gnade</strong> <strong>empfangen</strong> <strong>und</strong> <strong>weitergeben</strong><br />
oder Kraft erhalten <strong>und</strong> andere stärken. Im Weitergeben dessen, was<br />
Menschen von Gott <strong>empfangen</strong> haben, fällt der Leerlauf aus.<br />
Ich denke übrigens, dass Paulus die deutliche Ermahnung mitten in die damalige für<br />
ihn <strong>und</strong> Christen in Korinth eine mühsame Situation hinein geschrieben hat. Ihm fehlen<br />
offensichtlich Rückmeldungen der Korinther, sei es zu ihm oder noch drastischer<br />
an Gott, der sie aus Liebe „gerettet“ <strong>und</strong> zu Töchtern <strong>und</strong> Söhnen gemacht hat. Paulus<br />
schliesst mit der Feststellung: „Jetzt ist sie da, die ersehnte Zeit, jetzt ist er da,<br />
der Tag der Rettung“. Die Feststellung ist zeitlos. Sie kann nicht auf eine historische<br />
Situation fixiert werden. Sie ist je aktuell wenn sie gelesen wird. Andrerseits kann der<br />
Tag der Rettung, der Hilfeleistung oder der Stärkung nicht auf irgendwann hinausgeschoben<br />
werden. Er ist je jetzt, wo wir selbst oder Andere <strong>Gnade</strong>, Hilfe <strong>und</strong> Stärkung<br />
ersehnen.<br />
Mit einem Liedtext aus der zweiten Hälfte des 20.Jahrh<strong>und</strong>erts lade ich Sie zur Bitte<br />
ein:<br />
Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens,<br />
dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.<br />
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<strong>Gnade</strong> <strong>empfangen</strong> <strong>und</strong> <strong>weitergeben</strong> <strong>2.Korinther</strong> 6,1-10 2<br />
Lesung <strong>2.Korinther</strong> 6,3-10<br />
Mit nichts wollen wir Anstoss erregen,<br />
damit der Dienst nicht in Verruf komme;<br />
vielmehr stellen wir uns ganz <strong>und</strong> gar als Gottes Diener zur Verfügung:<br />
mit grosser Ausdauer, in Bedrängnis, in Not <strong>und</strong> in Ängsten;<br />
unter Schlägen, im Gefängnis, in unruhigen Zeiten,<br />
in Mühsal, in durchwachten Nächten <strong>und</strong> beim Fasten;<br />
in Reinheit, in Erkenntnis, in Geduld, in Güte,<br />
im heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe,<br />
im Wort der Wahrheit <strong>und</strong> in der Kraft Gottes;<br />
mit den Waffen der Gerechtigkeit in der Rechten <strong>und</strong> in der Linken,<br />
ob wir anerkannt oder abgelehnt, verleumdet oder gelobt werden!<br />
Wie Verführer sind wir, <strong>und</strong> doch wahrhaftig,<br />
wie Unbekannte, <strong>und</strong> doch wohlbekannt,<br />
wie Sterbende, <strong>und</strong> seht: wir leben,<br />
wie Gezüchtigte, <strong>und</strong> doch nicht dem Tod geweiht,<br />
wie Trauernde, doch stets voller Freude,<br />
wie Bettler, die dennoch viele reich machen,<br />
wie Besitzlose, die alles besitzen.<br />
Unser Bestes für Euch<br />
Die Sätze erinnern mich an einen<br />
Baum am Ufer des Lai da Segl / Silsersee<br />
im Engadin steht. Es war im warmen<br />
Oktober <strong>und</strong> er trug kaum mehr<br />
Laub. Ein Ast war gebrochen <strong>und</strong> ein<br />
Stamm stark geneigt. Geknickt <strong>und</strong> fast<br />
am Ende schien er zu sein. Unerwartet<br />
turnte meine viereinhalbjährige Enkelin<br />
an ihm.<br />
Giovanni Segantini hat zwei Bilder mit einem<br />
ähnlich geneigten Baum gemalt. Einmal<br />
sitzt eine Frau darauf <strong>und</strong> hat ein<br />
Kleinkind auf ihren Armen, das andere Mal<br />
ist es ein Engel mit einem Kind. In allen drei<br />
Situationen ist der geknickte Baum herausgefordert.<br />
Was soll das alles? Ich übertrage:<br />
Ein Mensch ist fast am Ende seiner Kraft, <strong>und</strong> wird trotz allem herausgefordert.<br />
Das passt zu den Sätzen des Paulus. Was hinter ihnen steckt, kann sich in jeder<br />
christlichen Gemeinde aber auch in weltlichen Bereichen abspielen. Darum mögen<br />
Sie sich überlegen, ob ihre Rolle eher dem schier geknickten Baum gleicht oder ob<br />
Sie ihn selbst unbewusst oder gar voll Übermut herausfordern.<br />
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<strong>Gnade</strong> <strong>empfangen</strong> <strong>und</strong> <strong>weitergeben</strong> <strong>2.Korinther</strong> 6,1-10 3<br />
Das eine Bild von Segantini berührt unsere drei Generationen.<br />
Grosseltern sind heute wieder vermehrt zum Hüten<br />
<strong>und</strong> Begleiten von Enkelkindern aufgefordert. Das<br />
kann eine schöne Aufgabe sein. Sie kann als „gemeinsames<br />
Drittes“ wie ein Therapeutenpaar erklärte, die<br />
Ehe im Alter zusammenhalten. Das andere Bild mit dem<br />
Engel lässt mich an Christophorus denken. Ihm wurde<br />
das Christuskind auf die Schultern gesetzt, damit er es<br />
ans andere Ufer eines Flusses trage. Es scheint so,<br />
dass das was wir als Christen tragen <strong>und</strong> zu tragen haben,<br />
ein Dienst am Evangelium ist.<br />
Wir wissen aus eigener Erfahrung,<br />
dass der Dienst am<br />
Evangelium nicht nur ein<br />
Angebot sondern auch eine<br />
Herausforderung zur Gemeinschaft<br />
ist. Er ist vergleichbar<br />
mit einer Liebeserklärung an eine Frau oder<br />
auch umgekehrt von einer Frau zu einem Mann. „Schön,<br />
dass du mich liebst. Danke für alles, was du mir<br />
schenkst. Mach so weiter...“ Sind das blosse Floskeln<br />
beginnt mit ihnen der Leerlauf? Es fehlt eindeutig das<br />
„ich will das Angebot annehmen <strong>und</strong> für dich <strong>und</strong> für gemeinsame<br />
Aufgaben meine Zeit <strong>und</strong> Kraft einsetzen“. Auf<br />
eine ähnliche Antwort schien Paulus gewartet zu haben.<br />
– Hier erinnere ich mich an unsere Ziviltrauung. Der Gemeindeverwalter<br />
<strong>und</strong> Zivilstandsbeamte hatte seine gewohnte<br />
Ansprache total gekürzt: „...ihr wisst worum es<br />
geht. Zieht am gleichen Strick“. Das passt wieder für die<br />
gemeinsamen Dienste in einer christlichen kirchlichen<br />
Gemeinde.<br />
Da geben die Einen, die beauftragten Pfarrpersonen <strong>und</strong><br />
diakonisch oder administrativ Mitarbeitende, ihr Bestes<br />
für die Andern, für Passanten <strong>und</strong> Gemeindeglieder oder<br />
für Euch; <strong>und</strong> was bekommen sie zurück? Wir erwarten<br />
doch Einstimmung oder Zustimmung <strong>und</strong> denken daran,<br />
miteinander auf ein gemeinsames Ziel zu zugehen, also vorwärts „am gleichen Strick<br />
ziehen“! Miteinander vorwärts gehen, müsste doch auch über allfälligen Qualifikationsgesprächen<br />
<strong>und</strong> über Rückfragen stehen. Wenn anstelle statt positiver Antworten<br />
harte Kritik kommt <strong>und</strong> mit Vorwürfe zurückgegeben wird, dann wird das „Ziehen am<br />
gleichen Strick“ zum unglücklichen Seilziehen.<br />
Und trotzdem lässt sich für Paulus <strong>und</strong> seinen Mitarbeiter schliessen: Wir verzichten<br />
auf einen Besuch bei Euch, aber wir führen unsern Dienst weiter, <strong>und</strong> auf heutige<br />
Verhältnisse bezogen: Wir führen unsern Dienst weiter, auch wenn er mit einem<br />
neuen Ort, <strong>und</strong> mit einem Stellenwechsel verb<strong>und</strong>en sein wird.<br />
Wie ist das möglich – trotz allem am Dienst fest zu halten <strong>und</strong> in einer bedrückenden<br />
eigenen Notlage, noch verbindlich zu Mitchristen in nächster Nähe zu bleiben oder<br />
für jene am fernsten Ende der Welt noch einen Betrag in die Kollekte zu spenden ?<br />
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<strong>Gnade</strong> <strong>empfangen</strong> <strong>und</strong> <strong>weitergeben</strong> <strong>2.Korinther</strong> 6,1-10 4<br />
Ob beim Baum im Engadin oder zwischen den Zeilen des Paulus findet sich ein ganz<br />
besonderer Punkt. Der Baum ist geknickt aber noch nicht zusammengebrochen oder<br />
gefällt. Paulus spürt alle seine Schwachheiten, aber er ist noch nicht am Ende <strong>und</strong><br />
unter dem Boden. Sie ahnen: noch nicht gestorben <strong>und</strong> begraben. Doch genau dort<br />
geht es für Paulus weiter! Er hat verkündet <strong>und</strong> geschrieben:<br />
„Denn wir wissen, dass er, der Jesus, den Herrn, auferweckt hat, mit Jesus auch<br />
uns auferwecken <strong>und</strong> mit euch vor sich hinstellen wird“ (<strong>2.Korinther</strong> 4,14)<br />
<strong>und</strong> das gilt auch uns. In dieser Hoffnung möchte ich meinen Dienst als Christ weiter<br />
tun <strong>und</strong> wünsche, dass sie auch Sie anspornt <strong>und</strong> stärkt. Amen.<br />
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