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Auf der Suche nach der gestundeten Zeit - Die Drei

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Karin Haferland<br />

tet eine frühe biografische Notiz, »im Süden an <strong>der</strong> Grenze, in<br />

einem Tal, das zwei Namen hat – einen deutschen und einen<br />

slowenischen. Und das Haus, in dem seit Generationen meine<br />

Vorfahren wohnten – Österreicher und Windische – trägt noch<br />

heute einen fremd klingenden Namen. So ist nahe <strong>der</strong> Grenze<br />

noch einmal die Grenze: die Grenze <strong>der</strong> Sprache – und ich war<br />

hüben und drüben zu Hause …«<br />

Das Slawische gehörte zum Land ihrer Kindheit. Es ist ein Teil<br />

ihrer Dichterseele. So lässt sich Bachmanns späte Aussage verstehen:<br />

»Denn ich bin ja eine Slawin.« Vorausgegangen waren<br />

diesem Bekenntnis Begegnungen mit dem polnischen Schriftsteller<br />

Witold Gombrowicz, <strong>der</strong> russischen Dichterin Anna Achmatowa<br />

und eine Reise durch Polen.<br />

Nach dem Abitur bricht Ingeborg Bachmann zum Studium <strong>der</strong><br />

Philosophie, Germanistik und Psychologie <strong>nach</strong> Wien auf, in die<br />

»Scheiterhaufenstadt, Schweigestadt, Peststadt mit dem Todesgeruch«,<br />

wie sie später in ihrer Erzählung »Das dreißigste Jahr«<br />

(1961) bitterböse schreiben wird. Doch scheint das Schicksal<br />

sie dorthin gerufen zu haben, denn in Wien werden ihre ersten<br />

Gedichte veröffentlicht, begegnet sie dem Lyriker Paul Celan<br />

und <strong>der</strong> Schriftstellerin Ilse Aichinger. In Wien schließt sie<br />

ihr Studium mit einer Promotion über den Philosophen Martin<br />

Heidegger ab. Bereits ihr erstes veröffentlichtes Gedicht spricht<br />

Bände und macht auf sie aufmerksam.<br />

Es könnte viel bedeuten: wir vergehen,<br />

wir kommen ungefragt und müssen weichen.<br />

Doch dass wir sprechen und uns nicht verstehen<br />

und keinen Augenblick des an<strong>der</strong>n Hand erreichen,<br />

zerschlägt so viel: wir werden nicht bestehen.<br />

Schon den Versuch bedrohen fremde Zeichen,<br />

und das Verlangen, tief uns anzusehen,<br />

durchtrennt ein Kreuz, uns einsam auszustreichen.<br />

Während einer ersten Lesung, zu <strong>der</strong> die »Gruppe 47« einlädt,<br />

begegnet sie dem Komponisten Hans Werner Henze. <strong>Die</strong> beiden<br />

arbeiten fortan in enger Freundschaft zusammen. Er vertont ihre<br />

Hörspiele, sie schreibt Libretti zu seinen Kompositionen. Das<br />

Fernweh lockt sie <strong>nach</strong> Rom, »denn es sind immer die Schiffbrüchigen,<br />

die auf Inseln Zuflucht suchen«. Fern <strong>der</strong> Heimat wird die<br />

Dichterin geehrt, mit Literaturpreisen überhäuft. Sie lebt auf in<br />

die <strong>Drei</strong> 7/2006

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