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Übung-Hoffnungsklausur _Sachverhalt - JKU

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<strong>Übung</strong> Strafrecht<br />

Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer<br />

04.09.2012<br />

„Geocaching“<br />

(<strong>Hoffnungsklausur</strong>)<br />

<strong>Sachverhalt</strong>: A und B sind leidenschaftliche „Geo-Cacher“. Bei dieser modernen Art der<br />

„Schatzsuche“ werden an verschiedenen Orten „Schätze“ (Caches) in Form von Log-<br />

Büchern versteckt. Im Internet sind diese Schätze auf Karten eingetragen. Die Spieler laden<br />

sich die Koordinaten auf ein GPS-Gerät, um dann den Schatz in der freien Natur zu finden<br />

und sich vor Ort ins Logbuch einzutragen. Später wird der Fund im Internet dokumentiert<br />

und kommentiert (nähere Infos zu diesem Spiel finden sich unter www.geocaching.com).<br />

Einen besonderen Stellenwert hat es, als erster – sobald der „Schatz“ im Internet zur Suche<br />

freigegeben ist – einen neuen Cache zu finden (First to Find = FTF). Mit der Freigabe wird<br />

ein regelrechter Run auf den Schatz ausgelöst. A kennt alle diese Details.<br />

A erzählt dem B, dass sein neuer Cache mit dem Namen „Alpenblick“ demnächst freigeschaltet<br />

werde. Er sei schon gespannt, wer den FTF machen würde. Bei der ihm bekannten<br />

Cacher-Leidenschaft des B ging A davon aus, dass B alles daran setzen werde, der Erste<br />

zu sein. Weil A mit B noch eine Rechnung offen hatte (B hatte vor etwa einem halben Jahr<br />

einen sehr intensiven Flirt mit C, der Freundin von A, was dazu geführt hat, dass die Beziehung<br />

zwischen A und C zerbrochen ist), schmiedete er einen teuflischen Plan. A hatte den<br />

Cache auf einem Baum in etwa sieben Meter Höhe platziert. Der Baum war in gutem Zustand,<br />

sodass das Hinaufklettern relativ einfach und sicher zu bewältigen war. Um den Eintrag<br />

ins Logbuch durchführen zu können, konnte man auf einem mittelstarken Ast stehen. A<br />

hatte den Ast jedoch angesägt, sodass der erste Finder darauf nicht lange stehen konnte.<br />

Diese Manipulation war bei Tageslicht gut erkennbar. A hoffte aber auf die Unvorsichtigkeit<br />

des B und dass dieser „ordentlich auf die Schnauze fallen“ werde.<br />

Am 3. September knapp nach Mitternacht wurde der Cache freigeschaltet. B entdeckte<br />

dies gegen 6.00 Uhr morgens und machte sich gleich auf den Weg. Nach wenigen Minuten<br />

ortete er den Schatz am besagten Baum. Dort angekommen fand er am Boden bewusstlos<br />

den D liegen. D hatte den Schatz als Erster im Morgengrauen entdeckt. Nachdem er auf<br />

den Baum gestiegen war und sich in Logbuch eingetragen hatte, brach der angesägte Ast.<br />

Die Manipulation war bei den Lichtverhältnissen für D nicht erkennbar.<br />

B war sauer, dass er den FTF nicht geschafft hatte, und ging, ohne sich weiter um den<br />

offensichtlich verletzten D zu kümmern, nachhause. Eine halbe Stunde später kam der Bauer<br />

E an der Stelle vorbei, leistete Erste Hilfe und verständigte die Rettung. D verstarb aber<br />

wenig später im Krankenhaus.


Die Staatsanwaltschaft bestellte einen technischen Sachverständigen zur Untersuchung<br />

von Unfallstelle und –hergang. Der Sachverständige Ing. F stellte fest, dass der Ast angesägt<br />

war und D sich die Schädelverletzungen dadurch zugezogen habe, dass er unglücklich<br />

auf einen neben den Baum abgestellten Heuwender gefallen ist (diesen Heuwender hatte<br />

der Bauer E nachträglich zum Baum gestellt; als A den Cache platzierte, stand er noch nicht<br />

dort). Es sei aber grob fahrlässig, überhaupt auf einen solchen Baum zu klettern, denn Äste<br />

seien häufig spröde und ein vergleichbarer Unfall hätte auch passieren können, wenn er auf<br />

einen anderen Ast gestiegen wäre. Der Gerichtsmediziner stellte im Rahmen der Obduktion<br />

fest, dass D letztlich an seinem Erbrochenen erstickt sei. Erste Hilfe Maßnahmen etwa eine<br />

Viertel Stunde vorher hätten den Tod mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert.<br />

Aufgaben:<br />

1. Prüfen Sie die Strafbarkeit der Beteiligten.<br />

2. Ist es für die StA zulässig, ein diesbezügliches Sachverständigengutachten einzuholen<br />

sowie eine Obduktion anzuordnen?<br />

3. Welche Möglichkeiten hat der Beschuldigte, sich in die Auswahl des Sachverständigen<br />

einzumengen sowie das erstellte Gutachten zu bekämpfen?<br />

Univ.-Prof. Dr. Alois Birklbauer, Tel: ++43/732/2468-8347 (8344), Fax: ++43/732/2468-9823, Email: alois.birklbauer@jku.at 2<br />

Homepage: http://www.strafrecht.jku.at/birklbauer.htm

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