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Predigttext: Das Scherflein der Witwe – Markus 12 41 Und Jesus ...

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1<br />

<strong>Predigttext</strong>: <strong>Das</strong> <strong>Scherflein</strong> <strong>der</strong> <strong>Witwe</strong> <strong>–</strong> <strong>Markus</strong> <strong>12</strong><br />

<strong>41</strong> <strong>Und</strong> <strong>Jesus</strong> setzte sich dem Gotteskasten gegenüber und sah zu, wie das Volk Geld einlegte<br />

in den Gotteskasten. <strong>Und</strong> viele Reiche legten viel ein. 42 <strong>Und</strong> es kam eine arme <strong>Witwe</strong> und<br />

legte zwei <strong>Scherflein</strong> ein; das macht zusammen einen Pfennig. 43 <strong>Und</strong> er rief seine Jünger zu<br />

sich und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Diese arme <strong>Witwe</strong> hat mehr in den<br />

Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. 44 Denn sie haben alle etwas von<br />

ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles,<br />

was sie zum Leben hatte.<br />

Gott segne sein Wort an uns <strong>–</strong> Amen.<br />

Gottesdienstopfer <strong>–</strong> Geld überhaupt <strong>–</strong> es ist ein Thema, auch für <strong>Jesus</strong>. Auch für die Kirche,<br />

die Gemeinde. Wo setzen wir unser Geld ein? Was können wir uns leisten? Wo müssen wir<br />

sparen? <strong>Und</strong> wie ist das in zehn, in zwanzig Jahren?<br />

Gottesdienstopfer im Tempel von Jerusalem. <strong>Jesus</strong> setzte sich dem Gotteskasten gegenüber<br />

und sah zu, wie das Volk Geld einlegte. Mir steht eine Filmszene vor Augen, ein Werbespott,<br />

schon einige Jahre alt. Da sitzen sie dicht gedrängt in einer kleinen Kirche irgendwo in<br />

Schottland. Der Spendenbeutel, Klingelbeutel geht durch die Reihen, und je<strong>der</strong> wirft<br />

pflichtbewusst und stolz eine Hand voll klingen<strong>der</strong> Münzen ein. Der Beutel kommt aber<br />

immer näher an einen Mann heran, <strong>der</strong> mit wachsen<strong>der</strong> Panik in seinen Taschen sucht und<br />

bemerkt, dass er kein Geld dabei hat. In seiner Not reißt er sich einen Knopf von seiner Jacke,<br />

die Rettung in letzter Sekunde, denn jetzt hat er ja auch ein Opfer. Aber als er dann den Knopf<br />

in den beuten fallen lässt klingt das eben nicht wie eine Münze, son<strong>der</strong>n macht nur laut und<br />

vernehmlich „Blopp“. <strong>Und</strong> alle haben es gehört, alle drehen sich um, alle sehen ihn an.<br />

Peinlich, peinlich.<br />

<strong>Jesus</strong> sah zu, wie das Volk Geld einlegte. Als ich mit dem Vikariat begonnen habe und nun<br />

auch hinter die Kulissen des Gottesdienstes sehen konnte, da hat mich das schon fasziniert mit<br />

dem Opferzählen. Einmal, weil ich es seltsam fand, nach <strong>der</strong> heiligen Stunde Gottesdienst auf<br />

einmal so etwas profanes zu tun wie Geldzählen. <strong>Und</strong> an<strong>der</strong>erseits, weil es da manchmal auch<br />

lustige Überraschungen gab: Tatsächlich ein Knopf, o<strong>der</strong> Spielgeld, o<strong>der</strong> irgendwelche<br />

ausländischen Münzen, die jemand entsorgt hat. Nach einer Hochzeit war einmal auch ein<br />

1.000.- Markschein drin. Ich habe es fast nicht glauben können, aber mein Ausbildungspfarrer<br />

meinte nur: „Wissen sie, das ist halt eine großzügige Familie <strong>–</strong> und Geld genug haben sie ja<br />

auch.“


2<br />

<strong>Jesus</strong> sah zu, wie das Volk Geld einlegte in den Gotteskasten. <strong>Und</strong> viele Reiche legten viel ein.<br />

Nicht wahr: Davon lebte zu einem guten Teil <strong>der</strong> Tempelbetrieb in Jerusalem, dass da<br />

Menschen mit genügend Geld da waren, die von ihrem Reichtum abgaben. <strong>Und</strong> davon lebt in<br />

finanzieller Hinsicht genauso unsere Landeskirche und jede einzelne Gemeinde, dass da<br />

Menschen mit genügend Geld etwas abgeben, sei es über die Kirchensteuer, sei es als Spende.<br />

20% unserer Gemeindeglie<strong>der</strong> zahlen etwa 80% <strong>der</strong> Kirchensteuer. Gott sei Dank gibt es die,<br />

obwohl man es ja billiger haben könnte: Der Hauptverdiener tritt aus, die Frau bleibt mit den<br />

Kin<strong>der</strong>n drin <strong>–</strong> da könnte man viel sparen. Gott sei Dank machen das nicht alle.<br />

Viele Reiche legten viel ein. Schon das ist nicht selbstverständlich, dass jemand von seinem<br />

Reichtum gibt. „Je mehr er hat, je mehr er will“ heißt es im Volksmund, und die Bibel warnt<br />

an vielen Stellen vor <strong>der</strong> binden Macht des Geldes. Vor den Fesseln, die Besitz und Reichtum<br />

um unsere Herzen legen können.<br />

Aber das ist nicht das Thema unseres Bibeltextes. Den meisten, denen <strong>Jesus</strong> zuschaut, scheint<br />

das Geben relativ leicht zu fallen. Wie viel da gespendet wurde, darüber verliert die Bibel<br />

kein Wort, und auch <strong>Jesus</strong> scheint das nicht beson<strong>der</strong>s zu interessieren. Ihn fasziniert etwas<br />

ganz an<strong>der</strong>es: Unter all den Wohlhabenden fällt sein Blick auf eine arme, verwitwete Frau,<br />

die zwei halbe Pfennige einlegt.<br />

Diese genaue Angabe <strong>–</strong> Luther übersetzt: Zwei <strong>Scherflein</strong> ein; das macht zusammen einen<br />

Pfennig <strong>–</strong> hat manchen Bibelausleger zu <strong>der</strong> Frage geführt, wie <strong>Jesus</strong> das denn überhaupt<br />

wissen konnte, was die Frau gab. Er saß schließlich einige Meter entfernt. Aber die Antwort<br />

ist relativ einfach: Im Jerusalemer Tempel warf man das Geld nämlich nicht einfach in eine<br />

Opferbüchse irgendwo am Ausgang, son<strong>der</strong>n man überreichte seine Gabe einem <strong>der</strong><br />

diensttuenden Priester und nannte ihm die Höhe und den Zweck <strong>der</strong> Gabe. Der Priester prüfte<br />

die Echtheit des Geldes und lies es dann in den entsprechenden Behälter werfen.<br />

<strong>Das</strong> mit dem Spenden ging damals also nicht still, ohne Worte, da hat man mit dem Priester<br />

geredet, und natürlich wurde einem auch für eine große Spende gedankt und alle drum herum<br />

bekamen das dann mit. <strong>Und</strong> so steht diese arme Frau also mitten zwischen den großen,<br />

wichtigen Spen<strong>der</strong>n mit ihrem Pfennigbetrag. <strong>Und</strong> wenn sie Pech hat, dann muss sie sogar<br />

noch mit abfälligen Bemerkungen rechnen.<br />

Aber sie lässt sich nicht beirren, we<strong>der</strong> von ihrer eigenen Armut noch von dem, was an<strong>der</strong>e<br />

sagen o<strong>der</strong> denken könnten. Sie will Gott ihr Dankopfer bringen und setzt ein, was sie hat.


3<br />

Ich denke, dass es diese Hingabe mit ungeteiltem Herzen war, die <strong>Jesus</strong> so beeindruckt hat.<br />

<strong>Das</strong> wenige, das sie hatte, hat sie eingesetzt, und das ist in den Augen Jesu wichtiger als die<br />

Summen, die an Geld zusammen kommen.<br />

Hingabe - ein ungeteiltes Herz. Wie viel tun wir <strong>–</strong> auch im frommen Bereich <strong>–</strong> so nebenher.<br />

„Bet mer gschwind“ hieß es in einer Familie, bei <strong>der</strong> ich im Studium öfters zum Essen<br />

eingeladen war. <strong>Das</strong> Gespräch wurde mitten im Satz gestoppt, das „Komm, Herr Jesu …“ in<br />

unglaublichem Tempo runter gebetet und sofort danach das Gespräch wie<strong>der</strong> aufgenommen.<br />

Oft nach zwei o<strong>der</strong> drei Bissen dann die Frage: „Hamm er eigentlich schon betet?“<br />

Die <strong>Witwe</strong> hat nicht gschind mal noch was geopfert, son<strong>der</strong>n „von ihrer Armut ihre ganze<br />

Habe eingelegt“.<br />

Hingabe - ein ungeteiltes Herz. Ich hatte zwei Jahre lang die Freude, mit einem tollen<br />

Jungscharmitarbeiter zusammen eine Bubenjungschar zu leiten. Toll war dieser Mitarbeiter<br />

nicht, weil er große Jungscharerfahrung gehabt hätte o<strong>der</strong> immer pfiffige Ideen o<strong>der</strong> so etwas.<br />

Aber mit <strong>der</strong> wenigen Zeit, die ihm sein Beruf gelassen hat, hat er sich ganz eingesetzt, er war<br />

mit dem Herzen, er war ganz dabei, und das hat mich berührt <strong>–</strong> und unsere Jungs in <strong>der</strong><br />

jungschar auch. Die haben gespürt: Der steht da ganz dahinter!<br />

<strong>Jesus</strong> stellt die arme <strong>Witwe</strong> seinen Jüngern <strong>–</strong> und uns <strong>–</strong> als Vorbild vor Augen, weil sie nicht<br />

so nebenbei auch noch etwas für Gott gegeben hat, son<strong>der</strong>n weil sie ihre kleine Gabe <strong>–</strong> <strong>Jesus</strong><br />

sagt: Sich selbst, ihren ganzen Lebensunterhalt <strong>–</strong> mit ungeteiltem Herzen gibt. Ein wirkliches<br />

Opfer.<br />

<strong>Das</strong> Vorbild <strong>der</strong> armen Frau beunruhigt mich. Wo bin ich denn ganz? Ungeteilt dabei?<br />

Kennen wir hektischen mo<strong>der</strong>nen Menschen das noch: Ungeteilt bei einer, bei Gottes Sache<br />

sein.<br />

Die arme <strong>Witwe</strong> hat nichts zurückbehalten. Ich lese in einer Predigt: Es kommt nicht darauf<br />

an, wie viel wir gegeben haben, son<strong>der</strong>n wie viel wir zurückbehalten. Wie viel halte ich<br />

zurück? Wie viele Bereiche meines Tuns, meines Handelns, meiner Hingabe setze es nicht<br />

dem Lichte Gottes aus?<br />

<strong>Das</strong> Vorbild <strong>der</strong> armen Frau ermutigt mich. Wenn ich <strong>Jesus</strong> seine Worte abnehmen darf, habe<br />

auch ich etwas zu geben. Jede noch so kleine Gabe erfährt eine große Wertschätzung. Jedeje<strong>der</strong><br />

von uns hat Gaben und Begabungen, die er Christus hinlegen kann. Was will <strong>Jesus</strong> von


4<br />

uns? Was sollen wir geben, und vor allem, was will er gar nicht von uns? Was dürfen wir<br />

getrost behalten, genießen, ihm einfach danken dafür?<br />

Es ist Landtagswahl. Je<strong>der</strong> hat eine Stimme. Nur eine, das zählt doch kaum, so denken in den<br />

letzten Jahren immer mehr. Aber dass wir diese eine kleine Stimme einsetzten, davon lebt<br />

unsere Demokratie.<br />

Opfer. Wir denken an die Gaben am Aufgang aus <strong>der</strong> Kirche. Seit einigen Tagen hat dieses<br />

Wort in den Medien wie<strong>der</strong> eine ganz neue Bedeutung bekommen. Ich sehe die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Arbeiter in Fukushima vor mir. Arbeiter, die ihre Gesundheit, vielleicht schon ihr Leben<br />

opfern, um ihre Landsleute wenigstens vor <strong>der</strong> völligen Katastrophe zu bewahren.<br />

Ein ehemaliger Japanmissionar schreibt: „Selbstverständlich ist auch bei Japanern die Angst<br />

vor einer radioaktiven Verstrahlung groß. Die äußere Ruhe darf nicht über eine innere Unruhe<br />

und Hilflosigkeit hinwegtäuschen. Umso größeren Respekt verdienen die Männer, die sich<br />

freiwillig für die Arbeiten an den Katastrophenreaktoren in Fukushima zur Verfügung gestellt<br />

haben. Unter diesen Männern sollen auch einige Christen sein. Hier zeigt sich ein tiefes<br />

Verantwortungsbewusstsein für das Wohl <strong>der</strong> Allgemeinheit, das in unsrer individualisierten<br />

Gesellschaft weit weniger stark ausgeprägt ist und von vielen Europäern vermutlich nicht<br />

wirklich verstanden wird.“<br />

Tatsächlich: Während dort Menschen in tödlicher Strahlung ihr Leben riskieren stehen bei uns<br />

schon wie<strong>der</strong> die Lobbisten in den Startlöchern, reden von irrationalen Ängsten und treiben<br />

ihre unwürdigen taktischen Wahlkampfspielchen. Es ist manchmal nicht zu fassen.<br />

Zum Schluss: <strong>Das</strong> Opfer <strong>der</strong> armen <strong>Witwe</strong>. Diese kleine Begebenheit steht nicht irgendwo im<br />

<strong>Markus</strong>evangelium, son<strong>der</strong>n am Abschluss des öffentlichen Wirkens Jesu. Danach folgt nur<br />

noch die Endzeitrede vor den Jüngern - und dann die Passion, <strong>der</strong> Weg Jesu ins Leiden und<br />

den Tod. <strong>Jesus</strong> gibt sich hin für uns alle am Kreuz, er opfert sich, damit für uns <strong>der</strong> Weg zu<br />

Gott wie<strong>der</strong> frei ist.<br />

Von all dem hatte die <strong>Witwe</strong> im Jerusalemer Tempel wohl nicht viel geahnt, wahrscheinlich<br />

hat sie gar nicht bemerkt, dass <strong>Jesus</strong> ihr zugeschaut da am Gotteskasten. Aber eines hat sie<br />

gewusst: <strong>Das</strong>s sie sich ganz Gott anvertrauen kann. <strong>Und</strong> dazu lädt ihr Vorbild bis heute ein:<br />

Mit Christus ganze Sache zu machen. Er will nicht etwas von uns, er will uns selbst, ganz und<br />

gar, unser Leben, mit allem, was wir sind und haben, mit unserem Brauchbaren und<br />

Unbrauchbaren, mit all unserem Mangel und unseren Stärken. Damit wir nicht nur nebenbei<br />

ein bisschen christlich sind, son<strong>der</strong>n ganz, mit ungeteiltem Herzen, mit Christus leben. Amen

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