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Tätigkeitsbericht 2006 - Sächsische Landesärztekammer

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Kammerversammlung<br />

(Knut Köhler M.A., Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)<br />

Im Jahr <strong>2006</strong> kamen die Mandatsträger der <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landesärztekammer</strong><br />

erstmals dreimal in der Kammerversammlung zusammen. Die Kammerversammlung<br />

beschließt grundsätzliche Angelegenheiten wie Satzungen,<br />

Ordnungen sowie Haushalt und berät aktuelle Schwerpunktthemen.<br />

Als oberstes Organ der <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landesärztekammer</strong> entlastet sie den<br />

Vorstand und die Geschäftsführung aufgrund des vorgelegten Jahresberichtes<br />

und der Jahresrechnung. Die Versammlungen fanden am 8. März,<br />

vom 23. bis 24. Juni und am 11. November <strong>2006</strong> statt.<br />

Außerordentliche Kammerversammlung<br />

Im Jahre <strong>2006</strong> gab es erstmals eine außerordentliche Kammerversammlung<br />

gemeinsam mit der außerordentlichen Vertreterversammlung der<br />

Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen. Anlass für diese Zusammenkunft<br />

war das von der Bundesregierung verabschiedete Arzneimittelverordnungs-<br />

Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG), auch bekannt als Bonus-Malus-Regelung.<br />

Der Präsident hatte seinen Vortrag überschrieben mit „Ärzte<br />

zwischen den Fronten – Patientenerwartungen und Gesundheitsreform“.<br />

Mit dem Bild „Die Galeere ‚Gesundheitssystem’ steuert mit den Ärzten<br />

unter Deck in den Hafen der Rationierung“ beschrieb er das Bild in<br />

Deutschland. Die Sorge, dass die vordergründige Ökonomisierung der Medizin<br />

eine Abwärtsspirale in Gang setzt, an deren Ende eine kommerzialisierte<br />

und seelenlose Dienstleistungsmedizin mit Kunden statt Patienten<br />

steht, ist nicht unbegründet. Die Kammerversammlung und die Vertreterversammlung<br />

waren sich einig, dass Ärztinnen und Ärzte nicht weiter in<br />

einen Rationierungskonflikt getrieben werden dürfen. Die ärztliche Therapiefreiheit<br />

darf nicht durch das Dogma der Beitragssatzstabilität über Bonus-Malus-Regelungen<br />

begrenzt werden. Diese Gesundheitspolitik würde<br />

dazu führen, dass die Menschen schlechter versorgt werden, dass das<br />

Deutsche Gesundheitswesen im internationalen Vergleich abrutscht und<br />

immer mehr deutsche Ärzte ins Ausland abwandern. Gute Ansätze zur<br />

Gewinnung von Ärzten würden so zunichtegemacht. Diesem Urteil schlossen<br />

sich auch die anderen Redner, wie der Vizepräsident der <strong>Sächsische</strong>n<br />

<strong>Landesärztekammer</strong>, Herr Dr. Stefan Windau, sowie der Vorsitzende der<br />

Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen, Herr Dr. Klaus Heckemann, an. Einstimmig<br />

wurde von der Politik gefordert: Weg mit der Malus-Regelung!<br />

16. <strong>Sächsische</strong>r Ärztetag / 33. Kammerversammlung<br />

Aktuelle Gesundheitspolitik<br />

In seiner berufspolitischen Ansprache ging Prof. Dr. Jan Schulze auf die aktuellen<br />

Entwicklungen in der Gesundheitspolitik ein. Der Fortgang der Gesundheitsreform<br />

ist für die Selbstverwaltung ungewiss. Die gesundheitspolitischen<br />

Überlegungen in der Großen Koalition sind chaotisch. Statements der einen<br />

Seite folgen Dementis der anderen Seite. Sicher ist, dass es zukünftig einen<br />

Gesundheitsfonds geben wird, in den alle gesetzlich Versicherten einzahlen.<br />

Nach dem Willen der CDU sollen die privaten Krankenkassen erhalten bleiben.<br />

Die SPD möchte dagegen die private Krankenversicherung an den Kosten<br />

der Solidargemeinschaft beteiligen. Zudem werden Zusatzversicherungen<br />

für bestimmte ärztliche Leistungen von den Bürgern abgeschlossen werden<br />

müssen. Die eigentliche Reform, nämlich die Reform der Finanzierungsgrundlagen,<br />

soll durch eine massive Steuererhöhung in zweistelliger Millionenhöhe<br />

bis 2009 und geringere Beiträge auf Arbeitseinkommen erfolgen.<br />

Ärztestreiks<br />

Ärzte sind in den vergangenen Jahrzehnten als Demonstranten nicht sonderlich<br />

aufgefallen. Zuletzt im Jahr 1923. Umso beachtlicher ist das, was<br />

jetzt in Deutschland zu erleben ist. Damit meinte der Präsident nicht die zu<br />

dem Zeitpunkt stattfindende Weltmeisterschaft, sondern die Proteste. Die<br />

<strong>Sächsische</strong> <strong>Landesärztekammer</strong> hatte sich mit den Protesten und Demonstrationen<br />

der Kolleginnen und Kollegen gegen diese fortwährende Ungerechtigkeit<br />

solidarisch erklärt und war vor Ort. Wenn Ärzte geschlossen<br />

auf die Straße gingen, dann wäre ganz offensichtlich eine Schmerzgrenze<br />

überschritten: Marathondienste im Krankenhaus, hochqualifizierte Leistungen<br />

zu Dumpingtarifen, Verbürokratisierung, Dokumentationswahn,<br />

Checklisten-Medizin, Honorarverfall und Störung der Patienten-Arzt-Beziehung.<br />

Die Rahmenbedingungen ärztlicher Berufsausübung stimmten einfach<br />

nicht mehr. Ärzte hätten seit Jahren das marode Gesundheitswesen<br />

in Deutschland subventioniert.<br />

Tarifvertrag<br />

Ein arztspezifischer Tarifvertrag zwischen dem Marburger Bund und der<br />

Tarifgemeinschaft der Länder konnte abgeschlossen werden. Dafür applaudierten<br />

die über 100 Anwesenden. Doch Prof. Dr. Jan Schulze machte<br />

auch darauf aufmerksam, dass auf lange Sicht die einmalige Chance einer<br />

Ost-West-Angleichung der ärztlichen Tarife verpasst wurde. Die Vergütungsunterschiede<br />

im neuen Tarifvertrag liegen zwischen 400 und 800 €<br />

im Monat. Das entspricht bei einer 42-Stunden-Woche 88 Prozent des<br />

Westgehaltes. Ostdeutsche Ärzte liegen damit auch unter den 92,5 Prozent<br />

des öffentlichen Dienstes in den neuen Bundesländern.<br />

Vertragsarztrechtsänderungsgesetz<br />

Ein Vertragsarztrechtsänderungsgesetz liegt als Kabinettsentwurf vor, der<br />

äußerst weitreichend in ärztliches Berufsrecht eingreift. Der Präsident ging<br />

kurz auf diesen Entwurf ein. Vordergründig vollziehe der Gesetzentwurf<br />

zwar die Änderungen der ärztlichen Musterberufsordnung nach, die vor<br />

zwei Jahren auf dem 107. Deutschen Ärztetag in Bremen beschlossen<br />

worden ist. Der Deutsche Ärztetag wollte damit mehr Freiheit für niedergelassene<br />

Ärzte schaffen. Doch das Bundesgesundheitsministerium beabsichtige<br />

einen schweren Eingriff in das ärztliche Berufsrecht. Denn der<br />

Kabinettsentwurf greife gleichermaßen Länderrecht wie auch die Rechte<br />

der ärztlichen Selbstverwaltung an, weil er die ärztliche Berufsordnung in<br />

wesentlichen Punkten einfach aushebelt.<br />

Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz<br />

Ganz in der Ideologie staatlicher Regulierung verhaftet ist das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz<br />

(AVWG). Das Gesetz führe die<br />

Tradition fort, durch quasi staatliche Steuerung der Medikamentenversorgung<br />

Finanzierungsprobleme der Gesetzlichen Krankenversicherung lösen<br />

zu wollen. Sachsen hat sich bedauerlicherweise im Bundesrat der Abstimmung<br />

zum AVWG enthalten.<br />

Es stellt sich die Frage, wer eigentlich den ärztlichen Behandlungsauftrag<br />

definiert? Nach Auslegung des heutigen SGB V wird die Frage wie folgt<br />

beantwortet:<br />

• Der Gesetzgeber mit Bestimmung des Leistungskataloges,<br />

• der Gemeinsame Bundesausschuss durch normative Richtlinien,<br />

• die Vertragspartner (GKV und Leistungserbringer) durch Kataloge und<br />

Verträge (zum Beispiel EBM, DRG, dreiseitige Verträge),<br />

• die Gesetzlichen Krankenkassen bei Einzelverträgen (zum Beispiel in der<br />

integrierten Versorgung),<br />

• der Versicherte der GKV durch seine Wahlentscheidungen,<br />

• der Arzt im individuellen Behandlungsverhältnis.<br />

Fazit: Während früher die Patient-Arzt-Interaktionen den Anfang des Leistungskataloges<br />

bildeten, somit an der Spitze der Entscheidungskette standen,<br />

sind diese Partner nunmehr an das Ende dieser Entscheidungskette<br />

positioniert worden.<br />

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