Die Geschichte der Berliner Meilensteine - Forschungsgruppe ...
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Wolfgang Fredrich:<br />
<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong><br />
Teil 1: Einführung, Entfernungsmaße und <strong>der</strong> Obelisk auf dem Dönhoffplatz<br />
1. Einführung<br />
2. <strong>Die</strong> Entfernungsmaße<br />
3. <strong>Die</strong> ersten <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong><br />
4. Der Meilenstein auf dem Dönhoffplatz<br />
5. Der Dönhoffplatz-Meilenobelisk im Standortvergleich <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
Strafe: „Wer die Chaussee, die dazugehörigen Gebäude, <strong>Meilensteine</strong> o<strong>der</strong> sonstige Vorrichtungen<br />
beschädigt, muß, in sofern er nach den allgemeinen Strafgesetzen nicht eine höhere Strafe verwirkt hat,<br />
außer dem Schadenersatze eine Strafe von einem bis fünf Thaler erlegen“.<br />
- König Friedrich Wilhelm III., Berlin, den 29. Februar 1840 -.<br />
1. Einführung<br />
<strong>Meilensteine</strong> stehen entlang von Wegen und Chausseen. Sie dienten zunächst <strong>der</strong> Post zur<br />
Entfernungsbestimmung. „... Nach den solchergestalt angenommenen Entfernungen regelten sich die<br />
Beför<strong>der</strong>ungszeiten, die Postfuhrvergütungen, die Personengeld- und Extrapostsätze und das Paket- und<br />
Geldporto“ (1) . Später dienten <strong>Meilensteine</strong> <strong>der</strong> Chausseebauverwaltung, die für den Bau und die<br />
Unterhaltung <strong>der</strong> Straßen zuständig war. Heute künden diese Steine von einem interessanten Zeitabschnitt<br />
<strong>der</strong> Verkehrs-, <strong>der</strong> Rechts- und Vermessungsgeschichte.<br />
Erfreulich ist, dass viele <strong>Meilensteine</strong> im <strong>Berliner</strong> Territorium bis zur Gegenwart – nun als schützenswerte<br />
Denkmale – erhalten geblieben sind! Und seit dem 20. Jahrhun<strong>der</strong>t gibt es mehrere Initiativen in Berlin, die<br />
das Ziel haben, <strong>Meilensteine</strong> zu restaurieren und verloren gegangene Steine wie<strong>der</strong> neu herzustellen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Meilensteine</strong> haben eine Entwicklung aufzuweisen. Das betrifft sowohl ihre Gestalt als auch ihre<br />
Standorte.<br />
2. <strong>Die</strong> Entfernungsmaße<br />
<strong>Die</strong> <strong>Meilensteine</strong> in Berlin und Umgebung wurden anfänglich in Abständen von je einer „Viertel Meile“<br />
aufgestellt; vier Steine ergaben also eine ganze bzw. volle Meile (2) .<br />
Das zu Grunde liegende Maß war die Rheinländische Ruthe.<br />
1 Rheinländische Ruthe = (umgerechnet) 3,766242 Meter<br />
500 Rheinländische Ruthen = ¼ Meile (umgerechnet 1,88 Kilometer)<br />
2000 Rheinländische Ruthen = 1 Meile (umgerechnet 7,5325 Kilometer) (3)<br />
<strong>Die</strong>ses Entfernungsmaß war, schon mehrere Jahre bevor die ersten <strong>Meilensteine</strong> errichtet wurden, in<br />
Gebrauch. So zeigt beispielsweise eine Karte von <strong>der</strong> Stadt Potsdam aus dem Jahre 1683 eine Maßleiste mit<br />
„250 Reinlän. Ruthen o<strong>der</strong> [eine] halbe ¼ Meile“ (entspr. ⅛ Meile). Das Rheinländische Maß war ab 1704 in<br />
den preußischen Provinzen für die Landvermessung vorgeschrieben. <strong>Die</strong> ersten, noch wenigen <strong>Meilensteine</strong><br />
wurden dann im Königreich Preußen (gegründet 1701) ab 1730 aufgestellt.<br />
<strong>Die</strong>ses übernommene Rheinländische Maß erhielt im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t die Bezeichnung „Teutsche Meile“ und<br />
später „Preußische Meile“. <strong>Die</strong>ses Meilenmaß blieb unverän<strong>der</strong>t 7,5325 Kilometer lang.<br />
Im Jahre 1868 trat die „Maß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund“ in Kraft. Darin wurde<br />
festgelegt, dass eine deutsche Meile 7500 Meter lang sein müsse, was eine Verkürzung von 7532,5 Meter auf<br />
7500 Meter bedeute. Für die <strong>Meilensteine</strong> in <strong>der</strong> Umgebung von Berlin hatte dies jedoch praktisch keine<br />
Bedeutung; man ließ sie unverän<strong>der</strong>t an den bisherigen Stellen stehen.<br />
Im Jahre 1872 schließlich wurde das scheinbare Ende <strong>der</strong> <strong>Meilensteine</strong> eingeläutet. Am 7.12.1873 wurde im<br />
Reichsgesetz festgelegt, das bisherige Längenmaß „Meile“ ab 1.1.1874 aufzuheben.<br />
Fortan war das „Kilometer“ das gesetzliche Entfernungsmaß. <strong>Die</strong> <strong>Meilensteine</strong> wurden aber nicht komplett<br />
beseitigt, son<strong>der</strong>n teilweise in das neue metrische Maßsystem umgestellt. Ein Teil <strong>der</strong> <strong>Meilensteine</strong> wurde<br />
dabei einfach stehen gelassen und verkörpert so bis heute das alte Meilenmaß.<br />
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3. <strong>Die</strong> ersten <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong><br />
Der bisher älteste aufgefundene Literaturbeleg, <strong>der</strong> etwas zu <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong>n aussagt, stammt von<br />
1706. In dem Buch „Relation von den Königlichen Preußischen und Chur=Hannoverischen Höfen, an einen<br />
vornehmen Staatsminister in Holland überschrieben von Mr. Toland. Aus dem Englischen ins Teutsche<br />
übersetzt, Frankfurt [a. M.] 1706“, heißt es:<br />
„Das erste, welches ich gesehen habe, ist Oranienburg.... Von Berlin aus rechnet man bis an diesen<br />
Ort 4 teutsche Meilen, welche auch just durch so viele ausgehauene Steine bemercket seyn, an<br />
welchen die Zahlen und gewisse Inscriptiones nach Art <strong>der</strong> Wegesteine, so bey denen alten Römern<br />
gebräuchlich waren, stehen....“.<br />
Auch für den Weg von Berlin nach Potsdam gibt es<br />
Hinweise auf sehr alte <strong>Meilensteine</strong>, welche schon um 1700<br />
existiert haben sollen. Auf einer Zeichnung von Christian<br />
Eltester, von 1699, sieht man einen Stein mit einem<br />
vertieften Schriftfeld. <strong>Die</strong> lateinische Inschrift lautet: „ab<br />
urbe lapis II M passus distat“, auf deutsch etwa: „von <strong>der</strong><br />
Stadt (ist) <strong>der</strong> Stein zwei Meilen entfernt“. Oben ist eine<br />
Krone mit den Initialen „F3“aufgesetzt. <strong>Die</strong> II Meilen<br />
beziehen sich demnach auf einen Stein bei Zehlendorf.<br />
Einen gleichartigen Stein beschreibt Horvath auch für<br />
Potsdam, 1798: „Neben dem neuen Obelisk vor <strong>der</strong> langen<br />
Brücke stehet <strong>der</strong> von Churfürst Friedrich III. gesetzte<br />
kleinere Meilenstein: Auf welchem eingehauen ist Vierter<br />
Stein vier Meilen von Berlin 1700, auf <strong>der</strong> Morgen- und<br />
Abendseite siehet man den Namenszug, und darüber den<br />
Churhut“. Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg wurde im<br />
Jahre 1701 als Friedrich I. König in Preußen.<br />
Abb. 1: Titelseite zum Reisebericht von Toland, 1706;<br />
Literaturfund: Herbert Liman/Berlin, 2001. (4)<br />
4. Der Meilenstein auf dem Dönhoffplatz<br />
In <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong> wurde ab dem Jahre 1730 ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der<br />
preußische König Friedrich Wilhelm I. hatte Gefallen an <strong>der</strong>artigen Steinen gefunden. Anlässlich seiner<br />
Reise nach Kursachsen 1728 erhielt dieser durch die dort gerade aufgestellten und schön geformten<br />
<strong>Meilensteine</strong> die Anregung, etwas Ähnliches in seinem Lande einzuführen.<br />
Im März 1730 brachte <strong>der</strong> Postrath Grabe den Vorschlag, die Poststraßen in Preußen vermessen und „diese<br />
mit Meilenpfeilern, damals Postsäulen genannt, besetzen zu lassen...“. König Friedrich Wilhelm I.<br />
genehmigte zwar den Antrag und die Kosten, befahl aber, die Probe vorerst auf dem Wege von Berlin bis<br />
Potsdam zu machen.<br />
Der erste Meilenstein in Berlin wurde außerhalb <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> Festungsmauer auf einem zunächst unbebauten<br />
Platz errichtet. Sein Standort befand sich westlich des Leipziger Tores. Es war ein auffälliger Obelisk, <strong>der</strong><br />
wahrscheinlich 1735 zur Aufstellung gelangte (Abb. 2 auf nächster Seite).<br />
In einer Situationsbeschreibung zum freien Platz heißt es: „An bestimmten Tagen, namentlich vor den<br />
großen Festen, war hier Gänsemarkt. <strong>Die</strong> Bauernwagen bedeckten den Platz ... Ein romantisch-frohes Bild in<br />
<strong>der</strong> Erinnerung: Das Licht <strong>der</strong> Wagenlaternen, die Bauern in Schafspelzen und klobigen, mit Stroh<br />
ausgestopftem Schuhwerk...“. (5) MJ 58 / 2009
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Abb. 2: Grundriß <strong>der</strong> Königlich-Preussischen Residenz-Stadt BERLIN, nebst <strong>der</strong> umliegenden Gegend,<br />
um 1770. – In: Nicolai, Friedrich: „Beschreibung <strong>der</strong> königlichen Residenzstadt Berlin“, Berlin<br />
1786. – Auf diesem Riss ist <strong>der</strong> Standort des ersten Meilensteins hervorgehoben (Pfeil).<br />
Außerdem ist nur an einem <strong>der</strong> Wege, die Berlin verlassen, <strong>der</strong> Verlauf mit Richtung<br />
angegeben, am Weg nach Potsdam. Norden ist rechts.<br />
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Abb. 3: Stark vergrößerter Ausschnitt von 1737 zeigt Obelisken<br />
auf dem <strong>Berliner</strong> Dönhoffplatz. Am Schaft ist im Bild zu<br />
identifizieren „Pots...“ für Potsdam. Darüber ein Posthorn,<br />
ganz oben ist ein Relief mit dem Preußischen Adler zu<br />
erahnen? – „Plan und Prospect <strong>der</strong> Königl. Preussischen<br />
und Chur-Brandenb. Haupt- und Residenz-Stadt Berlin ...,<br />
Johann Friedrich Walther delineavit Berolini 1737,<br />
George Paul Busch sculpsit Berolini 1738“. Norden ist<br />
unten. Original in Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer<br />
Kulturbesitz, Reprographie, Unter den Linden.<br />
7<br />
Der genaue Standort des Meilenobelisken richtete sich allerdings nicht nach dem in <strong>der</strong> Nähe befindlichen<br />
Leipziger Tor – wie oft beschrieben – son<strong>der</strong>n nur scheinbar. <strong>Die</strong>ser Stein diente neben<br />
Repräsentationszwecken hauptsächlich als Messstein, <strong>der</strong> auf die Entfernung zu Potsdam ausgerichtet war.<br />
Seine Position war 4 ganze Meilen (30 Kilometer) von Potsdam entfernt. Das in <strong>der</strong> Stadt Potsdam<br />
befindliche „Gegenstück“ des <strong>Berliner</strong> Meilensteins war ein gleichartiger Obelisk. Jener stand im<br />
Unterschied nicht auf einem freien Platz, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Mitte von einer bedeutenden Wegekreuzung, dem<br />
später sogenannten „Leipziger Dreieck“, südlich des Teltower Tores in Potsdam. Durch die Position dieses<br />
Steines genau auf <strong>der</strong> Straßenkreuzung war <strong>der</strong> Potsdamer Meilenobelisk ein feststehen<strong>der</strong> Nullpunkt.<br />
Wahrscheinlich erfolgte von diesem Potsdamer Nullpunkt aus auch die Streckenvermessung in Richtung<br />
Berlin; also entgegengesetzt zur Meilenzählung. <strong>Die</strong> 4 Meilen Länge endeten in Berlin nicht dicht am<br />
Leipziger Tor, son<strong>der</strong>n bereits deutlich vorher, auf einem Platz im Zuge <strong>der</strong> Leipziger Straße, auf dem später<br />
sogenannten Dönhoffplatz. Der Abstand zwischen dem Leipziger Tor und dem Meilenobelisken auf dem<br />
Dönhoffplatz betrug rund 200 Meter. (6)<br />
Zur Namensgebung des Platzes in Berlin heißt es in einer Beschreibung aus dem Jahre 1834:<br />
„Der Döhnhofsplatz, in <strong>der</strong> Friedrichstadt und zum 14. Polizei-Revier gehörig, ist einer <strong>der</strong> schönsten Plätze<br />
unserer Hauptstadt. Er ist 35 Ruthen lang und fast eben so breit ... Er ist mit Bäumen eingefaßt, und ein<br />
großer Obelisk, früher Meilenzeiger, steht seit dem Jahr 1730 in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Stelle, auf <strong>der</strong> einst das<br />
Leipziger Thor stand. Zur Zeit <strong>der</strong> Befestigung Berlins war dieser Platz eine Esplanade vor dem eben<br />
genannten Thore. König Friedrich Wilhelm <strong>der</strong> Erste begann ihn im Jahre 1734 bebauen zu lassen, und<br />
König Friedrich <strong>der</strong> Zweite schmückte ihn mit vielen schönen Häusern. Der schöne Platz ist jetzt ganz frei ...<br />
Seinen Namen erhielt er von dem mit dieser Anlage beauftragten damaligen Commandanten Grafen<br />
[Alexan<strong>der</strong>] Dönhoff. Er bewohnte das Haus Nr. 55 und 56 [in] <strong>der</strong> Leipzigerstraße ...“. (7)<br />
Fast zeitgleich mit <strong>der</strong> Errichtung des Meilenobelisken wurde das Leipziger Tor in Berlin abgerissen. König<br />
Friedrich Wilhelm I. ließ von 1734-1737 Berlin mit einer Palisade (Zoll- und Steuermauer) umgeben, um es<br />
vom flachen Land abzutrennen und die Flucht <strong>der</strong> Soldaten einzudämmen. <strong>Die</strong>se neue Stadtgrenze war 14,5<br />
km lang und enthielt zahlreiche Stadttore (siehe auch Abb. 2). <strong>Die</strong> bisherigen alten Wallanlagen bzw.<br />
Festungsmauern wurden abgetragen, um eine kürzere Verbindung zwischen <strong>der</strong> Innenstadt und den<br />
Vorstädten zu schaffen. Über die offenen Gräben wurden neue steinerne Brücken gebaut, so auch die<br />
schmückenden Spittelkolonnaden im Zuge <strong>der</strong> Leipziger Straße.<br />
Abb. 4:<br />
<strong>Die</strong> Leipziger Straße zu Berlin, vom Dönhofs-Platz<br />
aus aufgenommen. Getönte<br />
Radierung, bez. F. A. Calau del (8) , radr. v.<br />
F. A. Schmitt in Dresd. Blick stadteinwärts,<br />
rechts <strong>der</strong> Meilenobelisk. - Links<br />
hinten, etwas in die Straßenflucht hervorspringend,<br />
die Spittelkolonnaden. Ganz<br />
hinten die Gertraudenkirche o<strong>der</strong> Spittelkirche<br />
auf dem Spittelmarkt (St. Gertraud:<br />
Beschützerin <strong>der</strong> Reisenden und Wan<strong>der</strong>er).<br />
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Abb. 5: Obelisk auf dem Dönhoffplatz, aus Nordosten, rechts ist die Potsdamer Straße, Blick stadtauswärts.<br />
Betrachtet man den Obelisken genauer und die am Fuße verlaufende Bordsteinkante, so sieht man,<br />
dass <strong>der</strong> Obelisk nicht in <strong>der</strong> Seitenmitte des Dönhoffplatzes angeordnet ist. - Radierung von F. A.<br />
Calau, um 1825. Aus Olaf Grell u. Herbert Liman, „Preußische <strong>Meilensteine</strong> im Land Brandenburg<br />
entlang <strong>der</strong> europäischen West-Ost-Fernstraßen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Bundesstraße 1“; in<br />
Brandenburgische Denkmalpflege Jg. 12, Heft 1/2003, Seite 21.<br />
Abb. 6: Dönhoffplatz, Nordseite, mit Krambuden und<br />
ausgedientem Meilenobelisken. Er wurde um wenige<br />
Meter versetzt, bis zur Seitenmitte des Platzes. Im Jahre<br />
1852 wurde an ihn ein Brunnenbecken angefügt. – Foto<br />
von ca. 1875.<br />
Abb. 7: Obelisk auf dem Dönhoffplatz<br />
mit Brunnen. Das Wasser<br />
floss aus dem Maule eines<br />
Löwen aus Zinkguss (genannt<br />
„<strong>Die</strong> wilde Wasserkatze“).<br />
- Zeichnung von Knut Ekwell, 1875.<br />
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Bemerkenswert in Abb. 4 ist, dass <strong>der</strong> Obeliskenschaft aus mehreren Segmenten zusammengefügt ist. Unten<br />
sind zwei würfelförmige Sockel übereinan<strong>der</strong> und eine umlaufende Treppe zu erkennen. Mit <strong>der</strong> Basis<br />
erreichte <strong>der</strong> Obelisk eine Gesamthöhe von ca. 6 Metern.<br />
In <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts verlor <strong>der</strong> Meilenobelisk auf dem Dönhoffplatz seine Funktion. Ein an<strong>der</strong>er<br />
Bezugs- o<strong>der</strong> Nullpunkt für <strong>Meilensteine</strong> wurde maßgebend. <strong>Die</strong>ser neue Nullpunkt lag fortan am <strong>Berliner</strong><br />
Schloss.<br />
Im Jahre 1875 musste <strong>der</strong> Brunnen einschließlich ehemaligem Meilenobelisken einer Bronzeskulptur<br />
weichen. An dieser Stelle entstand ein Denkmal für den Freiherrn vom Stein; feierlich am 26.10.1875<br />
enthüllt.<br />
5. Der Dönhoffplatz-Meilenobelisk im Standortvergleich <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Stadt Berlin wurde die Leipziger Straße zum<br />
Bestandteil eines mo<strong>der</strong>nen Wohn- und Geschäftsviertels aus- bzw. umgebaut. Dort, wo früher etwa <strong>der</strong><br />
Dönhoffplatz war, wurde eine von zwei ehemaligen Spittelkolonnaden wie<strong>der</strong>errichtet. Gleichzeitig wurde in<br />
<strong>der</strong>en Halbrund (wenngleich auch historisch abweichend) ein originalgetreuer Nachbau des Meilenobelisken<br />
aufgestellt. <strong>Die</strong> Einweihung von diesem städtebaulich gelungenen Ensemble fand am 15. Dezember 1979<br />
statt.<br />
Ein Vergleich des Standortes mit historischen Karten (siehe nächste Seite) ergibt, dass <strong>der</strong> heutige Standort<br />
sich um ca. 50 Meter weiter östlich, d.h. stadteinwärts versetzt befindet.<br />
Abb. 8:<br />
Völlig neu rekonstruierter<br />
Meilenobelisk von 1979 in <strong>der</strong><br />
Leipziger Straße von Berlin. Wie<br />
bei seinem alten Vorbild wurde<br />
<strong>der</strong> Schaft detailgetreu und<br />
sichtbar aus mehreren Teilen<br />
zusammengefügt<br />
(Foto: W. Steinfath/Berlin, Juni<br />
2006)<br />
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Abb. 9: Standortvergleiche des <strong>Berliner</strong> Meilenobelisken an <strong>der</strong> Leipziger Straße von heute zu früher. Daraus ergibt sich eine Differenz von ca. 50 Metern<br />
(Schema: Fredrich/Sponholz, 2009)<br />
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Anmerkungen und Literatur<br />
(1)<br />
(2)<br />
(3)<br />
(4)<br />
(5)<br />
(6)<br />
(7)<br />
(8)<br />
(9)<br />
Aus Stephan, H.: „<strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> Preußischen Post“, Berlin 1858, Nachdruck 1987, Seite 362.<br />
11<br />
Friedrich Nicolai verwendet im Jahre 1786 zwar auch die Begriffe „kleine“ und „große Meile“. Doch<br />
nach meinem (- Fredrich) Sprachverständnis sind damit keine weiteren Meilenmaße gemeint, son<strong>der</strong>n die<br />
Begriffe „reichlich“ und „knapp“. – Nicolai, F.: „Beschreibung <strong>der</strong> königlichen Residenzstadt Berlin“,<br />
Berlin 1786, Nachdruck Leipzig 1987.<br />
Neben <strong>der</strong> preußischen Meile war die Geographische Meile in Gebrauch. Eine geographische Meile =<br />
1969,98 Rheinländische Ruthen = 7,420 Kilometer. <strong>Die</strong>ses Entfernungsmaß galt jedoch zu keiner Zeit für<br />
die <strong>Meilensteine</strong> (zumindest in Preußen), obwohl das manchmal behauptet und sogar auf<br />
Erläuterungstafeln für <strong>Meilensteine</strong> angegeben wurde.<br />
Einen Auszug zu Toland und eine Zeichnung von Eltester sind u. a. enthalten in „Arbeitsmaterial Nr. 41“<br />
unserer <strong>Forschungsgruppe</strong>, Genthin 2001, Seite 1 und 33-34 sowie in Liman, Herbert, „aus <strong>der</strong> berliner<br />
postgeschichte“, Berlin 1984, Seite 34-35.<br />
Zitiert aus: Rendler, Eduard, „ Das alte Foto (V): Berlin-Dönhoffplatz....“ - In: Arbeitsmaterial 14 (1987),<br />
Seite 2-7.<br />
<strong>Die</strong>se Interpretation zur Messung zwischen Potsdam und Berlin teile ich nicht (- Liman und Grell). Der<br />
Potsdamer Stein stand vor dem „Teltower Tor“, <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> vor dem „Leipziger Tor“. Damit waren es<br />
Torsäulen nach kursächsischem Vorbild.<br />
Zitiert aus: von Zedlitz, L.- F., „Neuestes Conversations-Handbuch für Berlin und Potsdam zum täglichen<br />
Gebrauch <strong>der</strong> Einheimischen und Fremden aller Stände“, Berlin 1834, Nachdruck Berlin 1981, Seite 154.<br />
del. = delineavit = gezeichnet.<br />
Bereitstellung des Bildes: Direktor des Postmuseums <strong>der</strong> DDR, Berlin, Herr Wöllmann, 1977. – <strong>Die</strong>s<br />
geschah im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Unterstützung seitens unserer beiden <strong>Forschungsgruppe</strong>n<br />
„Kursächsische Postmeilensäulen (Herr Stölzel/Karl-Marx-Stadt) und „Preußische und Mecklenburgische<br />
Postmeilensäulen“ (Herr Pörschke/Berlin) für die Bereitstellung von Daten zur Rekonstruktion des<br />
historischen Meilensteins vor <strong>der</strong> Spittelkolonnade. Abstimmungen erfolgten 1978 u. a. mit dem Büro für<br />
Städtebau beim Magistrat, Bereich Historische Bauten, Berlin (Architekt Herr Köhler).<br />
Gestaltung <strong>der</strong> Titelseite: Wolfgang Fredrich, 2009.<br />
Dank<br />
Für die Erarbeitung <strong>der</strong> Serie „<strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong>“ danke ich beson<strong>der</strong>s Herrn Herbert<br />
Liman/Berlin.<br />
Ein erstes großes Literaturverzeichnis über <strong>Berliner</strong> <strong>Meilensteine</strong><br />
erschien im Jahre 1984. Es bestand aus 55 Quellenangaben.<br />
Liman, Herbert: „<strong>Die</strong> Postmeilensteine in Berlin“. - In: aus <strong>der</strong><br />
berliner postgeschichte, Nr. 3/1984, Postgeschichtliche Hefte <strong>der</strong><br />
Bezirksgruppe Berlin <strong>der</strong> Gesellschaft für deutsche Postgeschichte<br />
e. V., Berlin, An <strong>der</strong> Urania 15, ISSN 0723-4376, Seite 33-53.<br />
MJ 58 / 2009<br />
- Fortsetzung im nächsten Heft -