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Schlammbeisser - Story Numero 2 - oerred.dk

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denn er erträgt Temperaturen von 5 bis über 25° C.<br />

Ein im Abstand von etwa zehn Tagen vorgenommener<br />

teilweiser Wasserwechsel ist, besonders im Sommer,<br />

kein Luxus - wir sollten ihn nicht vergessen. Damit<br />

die Fischlein nicht zu sehr im Rampenlicht stehen,<br />

beleuchten wir das Schlammbeißerheim nicht<br />

a la Fernseh-Gala-Show, sondern eher wie eine<br />

schummerige Bar. Ein paar bizarre Wurzeln, einige<br />

Steine und Schieferplatten zum Verstecken tragen<br />

sehr dazu bei, den introvertierten Geschöpfchen das<br />

Gefühl zu geben, unter sich zu sein. Entgegen den<br />

Ansichten unseres oben zitierten Professors würde<br />

ich raten, die Fische regelmäßig zu füttern, und zwar<br />

nicht mit "Schlamm und fetter Erde", wie es auch<br />

schon empfohlen wurde, sondern, wie es sich gehört,<br />

mit Lebendfutter aller Art, ab und zu auch mit Futtertabletten.<br />

Entsprechend ihrer bodenorientierten<br />

Lebensweise ist es angebracht, solche Tiere zu füttern,<br />

die ebenfalls auf dem Grund leben. Auf die Vertaisse<br />

des Aquariums bezogen, heißt das: jedes<br />

.ndfutter, auch Wasserflöhe und Hüpferlinge. Vor<br />

allem natürlich Tubifex und Rote Mückenlarven (beide<br />

gut gewässert und ausgespült), Wasserasseln,<br />

Bachflohkrebse, Schnecken, na ja, eben alles, was<br />

da so in "Tümpel, Bach und Weiher" herumkriecht<br />

und -krabbelt. Noch einmal: Auch wenn unsere<br />

Moorgrundeln in der Natur nicht an glockenklares<br />

Quellwasser gewöhnt sind und sich lieber im warmen<br />

Schlamm wälzen, ein Aquarium ist nun mal, entgegen<br />

anderslautender Bekundungen, kein Naturausschnitt.<br />

Auch wenn das Aquarienwasser gefiltert<br />

wird, ist es immer mit Abfallstoffen belastet, auch<br />

wenn man diese nicht sieht - der Dreck bleibt im<br />

Kreislauf. Und weil die Haut von Misgurnus keineswegs<br />

die Vorzüge einer teflonbeschichteten Pfanne<br />

besitzt, vielmehr relativ verwundbar ist (z. B. gegenüber<br />

epidemisch auftretenden Ektoparasiten wie<br />

Ichthyophthirius, wie Rolf Bader es an seinen Tieren<br />

erleben mußte), sollten wir dafür sorgen, daß das<br />

Aquarium nicht in Richtung Sumpflandschaft des<br />

Mesozoikums tendiert. Die Moral von der Geschichte:<br />

Auch Schlammbeißer brauchen sauberes Wasser!<br />

Wenn der launische April seine Kapriolen schlägt,<br />

.., es mal ein bißchen regnet, mal ein bißchen<br />

_eit und zwischendurch die Aprilsonne die Luft<br />

und das Wasser erwärmt, dann erwärmt sich auch<br />

das Herz der Moorgrundel, und sie schickt sich an,<br />

der Minne zu huldigen. Bis Ende Juni, Anfang Juli<br />

kann die hohe Zeit dauern, und die Schlammis verbringen<br />

sie in höchst angenehmer und auf sehr anmutige<br />

Weise, die man diesen Underground-Typen<br />

nie zugetraut hätte. Die Balz-Aerobic beginnt damit,<br />

daß nicht nur die Farben der Fische intensiver werden,<br />

sondern auch ihre Bewegungen. Geschäftig<br />

schlängeln und jagen sie durch die Pflanzenbestände,<br />

das Männlein immer dicht hinter oder neben der<br />

Braut her. Man ist so echauffiert, so außer Atem, daß<br />

man häufig nach oben steigen muß, um Luft zu holen,<br />

immer einträchtig miteinander, versteht sich.<br />

Ziert sich das Jüngferchen anstandshalber am Anfang<br />

noch ein bißchen - macht nichts, denn "er"<br />

kennt alle Tricks: Zuerst wird sie mit den Brustflossen<br />

zärtlich, aber bestimmt angewedelt, worauf sie oft<br />

eine sicherlich nur gespielte (man kennt dies ja!)<br />

Scheinflucht veranstaltet. Was ihr aber nichts nützt,<br />

denn mit Karacho spurtet er hinterher - und schon<br />

hat er eine seiner Bauchflossen unter ihren wohlgefüllten<br />

Bauch geschoben. Mit einer raschen Bewegung<br />

schlingt er seinen Hinterleib um den seiner Gespielin<br />

und - schwupps! beginnt der Eiersegen zu<br />

rieseln. Rieseln ist eigentlich nicht das richtige Wort<br />

dafür, denn während des Laich- und Befruchtungsvorganges<br />

zappeln die beiden unbeeindruckt weiter,<br />

und die bis zu 10000 Eier (man spricht auch von<br />

70 bis 150 000) werden in Schüben von etwa 30 Stück<br />

in alle Himmelsrichtungen geschleudert. Das ganze<br />

Treiben kann, bis zur Erschöpfung des Eierkontingentes,<br />

sechs bis acht Stunden andauern. Sollten die<br />

geschilderten Vorgänge im Aquarium stattgefunden<br />

haben, was bisher noch nicht oft der Fall war, muß<br />

man die zwar erschöpften, aber auch heißhungrigen<br />

und eierlüsternen Elterntiere herausfangen. Die Jungen<br />

schlüpfen je nach Wassertemperatur nach acht<br />

Bild 3: Larve von Misgurnus lossilis<br />

Zeichnung: W. Weiss (nach Nikolsky/Marshall)<br />

bis zehn Tagen; sie sind lichtscheu und vergraben<br />

sich an den dunkelsten Stellen des Aquariums in den<br />

lockeren Bodengrund. Eine besondere Attraktivität<br />

der Jungfische sind ihre faden- oder schlauchförmigen<br />

äußeren Kiemen, durch die sie etwas an Molchlarven<br />

erinnern. Sie ernähren sich in der ersten Zeit<br />

von ein- und vielzelligen Tierchen und Pflänzchen,<br />

wohl auch von Detritus.<br />

Wir alle, Terrarianer und Aquarianer, sollten alles tun,<br />

damit dieser ebenso ansprechende wie anspruchslose<br />

Fisch nicht wie so manche Tier- und Ptlanzenart<br />

einfach spurlos verschwindet. Sicherlich wird dies in<br />

einer Gesellschaft, in der die Ökonomie nach wie vor<br />

vor der Ökologie rangiert, sehr schwer sein. Aber<br />

vielleicht versucht der eine oder andere ihn zu züchten,<br />

oder er verschafft ihm, bevor sein Heimatbächlein<br />

oder -weiher der Melioration zum Opfer fällt, eine<br />

Heimstatt in seinem Gartenteich. In der Januar-Ausgabe<br />

1984 der Zeitschrift "Das Tier" steht eine Traueranzeige,<br />

die das Ableben der Moorente bekannt<br />

gibt. Sie ist unterschrieben mit "Die trauernden<br />

Schuldigen".<br />

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