1 Arbeitsvertrag I. Form Im Arbeitsvertragsrecht ... - Sozialrechtler.de
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<strong>Arbeitsvertrag</strong><br />
I. <strong>Form</strong><br />
<strong>Im</strong> <strong>Arbeitsvertrag</strong>srecht gilt <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r Vertragsfreiheit, d.h. Arbeitsverträge können<br />
grundsätzlich formfrei abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Es bedarf daher nicht einmal einer mündlichen<br />
Vereinbarung, da auch konklu<strong>de</strong>ntes Verhalten ausreicht, um einen Vertragsschluss zu begrün<strong>de</strong>n. So<br />
kann <strong>de</strong>r Arbeitnehmer das Vertragsangebot <strong>de</strong>s Arbeitgebers auch durch die bloße Arbeitsaufnahme<br />
annehmen.<br />
Ausnahmsweise kann durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung o<strong>de</strong>r durch eine an<strong>de</strong>re<br />
Vereinbarung <strong>de</strong>r <strong>Arbeitsvertrag</strong>sparteien selbst eine <strong>Form</strong> vorgesehen sein, wobei Reichweite und<br />
Wirkung <strong>de</strong>s <strong>Form</strong>zwangs variieren können. Während die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s <strong>Form</strong>zwangs nach<br />
umstrittener, aber herrschen<strong>de</strong>r Auffassung dieselben sind, können die Rechtsfolgen bei einem Verstoß<br />
gegen das <strong>Form</strong>erfor<strong>de</strong>rnis unterschiedlich sein.<br />
1. Schriftform<br />
Die Schriftform kann nunmehr auf zweierlei Weise erfüllt wer<strong>de</strong>n. Zum einen gibt es weiterhin die<br />
bisher übliche schriftliche <strong>Form</strong>, zum an<strong>de</strong>ren besteht die Möglichkeit, statt<strong>de</strong>ssen die sog.<br />
elektronische <strong>Form</strong> zu wählen.<br />
Bei <strong>de</strong>r schriftlichen <strong>Form</strong> im herkömmlichen Sinn müssen sämtliche arbeitsvertraglichen<br />
Vereinbarungen in einer Urkun<strong>de</strong> zusammengefasst sein. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen die<br />
Vertragsurkun<strong>de</strong> eigenhändig durch Namensunterschrift o<strong>de</strong>r mittels notariell beglaubigten Handzeichens<br />
unterzeichnen. Sind mehrere gleich lauten<strong>de</strong> Urkun<strong>de</strong>n angefertigt wor<strong>de</strong>n, genügt es allerdings, dass je<strong>de</strong><br />
Partei die für die an<strong>de</strong>re Partei bestimmte Urkun<strong>de</strong> unterzeichnet.<br />
Bei <strong>de</strong>r elektronischen <strong>Form</strong> kann <strong>de</strong>r Aussteller einer Erklärung die schriftliche <strong>Form</strong> durch die<br />
elektronische <strong>Form</strong> ersetzen, soweit das Gesetz dies nicht ausschließt. Hierzu muss er <strong>de</strong>r Erklärung<br />
seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen<br />
Signatur versehen. Bei einem Vertrag müssen bei<strong>de</strong> Parteien jeweils ein gleich lauten<strong>de</strong>s Dokument<br />
elektronisch signieren. Es reicht nicht aus, wenn je<strong>de</strong>r Vertragspartner nur seine eigene Angebots- o<strong>de</strong>r<br />
Annahmeerklärung signiert.<br />
2. Rechtsfolgen bei Verstoß<br />
<strong>Im</strong> Falle <strong>de</strong>r Nichteinhaltung <strong>de</strong>r Schriftform führt dies zur Nichtigkeit <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es (§ 125<br />
BGB). Sollte das Arbeitsverhältnis bereits in Vollzug gesetzt wor<strong>de</strong>n sein, so gelten für die<br />
Vertragsparteien die Grundsätze <strong>de</strong>s faktischen Vertragsverhältnisses; im Übrigen bestehen keine<br />
arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten.<br />
Von dieser grundsätzlichen Rechtsfolge <strong>de</strong>r Nichtigkeit gibt es zwei Ausnahmen:<br />
a. Sofern die Schriftform durch Tarifvertrag angeordnet ist, greift die strenge Nichtigkeitsfolge bei<br />
einem Verstoß nur, wenn die entsprechen<strong>de</strong> Klausel als Abschlussnorm konstitutive Wirkung<br />
hat, also im Sinne eines echten Wirksamkeitserfor<strong>de</strong>rnisses gedacht war. Die im Tarifvertrag<br />
vorgeschriebene Schriftform kann aber auch nur <strong>de</strong>klaratorische Wirkung haben, d.h. sie soll<br />
z.B. <strong>de</strong>r Beweiserleichterung dienen und so <strong>de</strong>n Arbeitnehmer schützen. Die diesen Fällen kann<br />
die mangeln<strong>de</strong> Schriftform auf die Wirksamkeit <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es keinen Einfluss.<br />
b. In Ausnahmefällen kann die Berufung auf <strong>de</strong>n <strong>Form</strong>mangel unzulässig sein. Dies ist <strong>de</strong>r Fall,<br />
wenn es nach <strong>de</strong>n Beziehungen <strong>de</strong>r Parteien und <strong>de</strong>n gesamten Umstän<strong>de</strong>n mit Treu und<br />
Glauben unvereinbar wäre, das Rechtsgeschäft am <strong>Form</strong>mangel scheitern zu lassen. Dies<br />
erfor<strong>de</strong>rt jedoch, dass das Ergebnis für die Partei, die auf die <strong>Form</strong>gültigkeit vertraut hat, nicht nur<br />
hart, son<strong>de</strong>rn schlechthin untragbar ist.<br />
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Auch können die Vertragsparteien für <strong>de</strong>n <strong>Arbeitsvertrag</strong> individuell ein <strong>Form</strong>erfor<strong>de</strong>rnis vorsehen und<br />
dabei <strong>de</strong>ssen Anfor<strong>de</strong>rungen frei bestimmen. Aber auch hier muss die entsprechen<strong>de</strong> Klausel auf die<br />
Frage hin überprüft wer<strong>de</strong>n, ob sie konstitutive o<strong>de</strong>r nur <strong>de</strong>klaratorische Wirkung haben soll. <strong>Im</strong> Zweifel<br />
ist sie konstitutiv mit <strong>de</strong>r Folge, dass die Vorschriften über die schriftliche bzw. elektronische <strong>Form</strong><br />
Anwendung fin<strong>de</strong>n.<br />
3. Än<strong>de</strong>rungen und Ergänzungen<br />
Häufig wird arbeitsvertraglich vereinbart, dass Än<strong>de</strong>rungen und Ergänzungen <strong>de</strong>s Vertrages <strong>de</strong>r<br />
Schriftform bedürfen. Ein solcher Schriftformzwang hat nicht nur <strong>de</strong>klaratorische Wirkung. Er soll die<br />
<strong>Arbeitsvertrag</strong>sparteien vor übereilten Än<strong>de</strong>rungsverträgen bewahren, schleichen<strong>de</strong> Vertragsän<strong>de</strong>rungen<br />
vermei<strong>de</strong>n und vorgenommene Vertragsän<strong>de</strong>rungen beweiskräftig feststellen. Dennoch bewirkt ein<br />
solcher <strong>Form</strong>zwang nicht wirklich viel, da nach <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sarbeitsgericht (BAG) in je<strong>de</strong>r formlosen<br />
Vertragsän<strong>de</strong>rung zugleich eine – stillschweigen<strong>de</strong> – Aufhebung <strong>de</strong>s Schriftformzwangs liegen kann.<br />
Somit sind mündlich vereinbarte Än<strong>de</strong>rungen trotz <strong>de</strong>s vereinbarten Schriftformzwangs wirksam, wenn<br />
die Parteien nur „die Maßgeblichkeit <strong>de</strong>r mündlichen Vereinbarung übereinstimmend gewollt haben“<br />
(BAG DB 1989, 1989, 1628). Sofern die <strong>Arbeitsvertrag</strong>sparteien sich effektiv einem<br />
Schriftformerfor<strong>de</strong>rnis unterwerfen wollen, sollten sie zusätzlich vereinbaren, dass auch die<br />
Aufhebung <strong>de</strong>r vertraglichen Schriftformklausel nur schriftlich erfolgen kann.<br />
II. Inhalt<br />
Auch hinsichtlich <strong>de</strong>s Inhalts gilt <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r Vertragsfreiheit (§ 105 Satz 1 GewO), welcher zum<br />
Schutz <strong>de</strong>s Arbeitnehmers in vielfacher Hinsicht eingeschränkt wird. Zwar genügt für das<br />
Zustan<strong>de</strong>kommen <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es bereits die Einigung <strong>de</strong>r Vertragsparteien über einige wenige<br />
Punkte (Min<strong>de</strong>stinhalt), in <strong>de</strong>r Regel enthält <strong>de</strong>r <strong>Arbeitsvertrag</strong> aber Regelungen über alle wesentlichen<br />
Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.<br />
Der Arbeitgeber hat aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Rechtssicherheit die wesentlichen Vertragsbedingungen<br />
schriftlich nie<strong>de</strong>rzulegen.<br />
1. Einschränkungen <strong>de</strong>r Vertragsfreiheit<br />
Das gelten<strong>de</strong> Recht setzt <strong>de</strong>r inhaltlichen Gestaltungsfreiheit zum Schutz <strong>de</strong>s Arbeitnehmers Grenzen. Die<br />
Einschränkungen ergeben sich vornehmlich aus gesetzlichen Regeln wie z.B. <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>r Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen, <strong>de</strong>n kollektivvertraglichen Regelungen, <strong>de</strong>m Gleichbehandlungsgrundsatz sowie<br />
– als ultima ratio – <strong>de</strong>r richterlichen Vertragskontrolle.<br />
Zu <strong>de</strong>n gesetzlichen Regelungen, die <strong>de</strong>m sozialen und wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer entgegenwirken sollen, zählen neben <strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>r Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen (AGB´s) die einschlägigen Gesetze betreffend Arbeitszeit,<br />
Arbeitsbedingungen, Kündigungsschutz und Urlaubsanspruch. Daneben gibt es eine Reihe von<br />
Gesetzen, die <strong>de</strong>m beson<strong>de</strong>ren Schutzbedürfnis einzelner Arbeitnehmergruppen Rechnung tragen<br />
wie etwa <strong>de</strong>n Schwerbehin<strong>de</strong>rten, Schwangeren und Müttern sowie <strong>de</strong>n Jugendlichen und<br />
Heimarbeitern.<br />
Ebenso können auch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen <strong>de</strong>n Inhalt in zum Teil erheblichem<br />
Umfang gestalten. <strong>Im</strong> Regelfall legen sie Min<strong>de</strong>starbeitsbedingungen fest, von <strong>de</strong>nen nur zugunsten <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers abgewichen wer<strong>de</strong>n darf.<br />
Inhaltliche Vorgaben können sich auch aus <strong>de</strong>m Verbot willkürlicher Ungleichbehandlung einzelner<br />
Arbeitnehmer o<strong>de</strong>r Arbeitnehmergruppen ergeben.<br />
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In vielen Bereichen ist <strong>de</strong>r Gesetzgeber jedoch untätig geblieben. Dennoch darf die Vertragspraxis nicht<br />
<strong>de</strong>m „freien Spiel <strong>de</strong>r Kräfte“ überlassen bleiben. Aus diesem Grund haben die Gerichte im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Anwendung und Auslegung <strong>de</strong>r zivilrechtlichen Generalklauseln korrigierend einzugreifen.<br />
2. Min<strong>de</strong>stinhalt und üblicher Inhalt<br />
Für das Zustan<strong>de</strong>kommen eines <strong>Arbeitsvertrag</strong>es genügt es bereits, wenn sich die Parteien über die Art<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsleistung und <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>r Tätigkeit einigen. Betrachtet man die Hauptleistungspflichten<br />
<strong>de</strong>r Parteien, so gehört nur die <strong>de</strong>s Arbeitnehmers zum Min<strong>de</strong>stinhalt <strong>de</strong>s Vertrages. Über die<br />
Vergütungspflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers muss also theoretisch kein Konsens erzielt wer<strong>de</strong>n. Weil aber eine<br />
Arbeitsleistung regelmäßig nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, gilt sie gemäß <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />
Vermutung <strong>de</strong>s § 612 Abs. 1 BGB als stillschweigend vereinbart.<br />
a. Nachweis <strong>de</strong>r wesentlichen Vertragsbedingungen<br />
Spätestens einen Monat nach <strong>de</strong>m vereinbarten Beginn <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses hat <strong>de</strong>r Arbeitgeber die<br />
wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich nie<strong>de</strong>rzulegen, die Nie<strong>de</strong>rschrift zu unterzeichnen und sie<br />
<strong>de</strong>m Arbeitnehmer auszuhändigen (§ 2NachwG).<br />
Diese Regelung dient <strong>de</strong>r Beweiserleichterung insbeson<strong>de</strong>re für diejenigen Arbeitnehmer, die keinen<br />
schriftlichen <strong>Arbeitsvertrag</strong> besitzen. Daher ist <strong>de</strong>r Arbeitgeber von dieser Nachweispflicht entbun<strong>de</strong>n,<br />
wenn er <strong>de</strong>m Arbeitnehmer einen schriftlichen <strong>Arbeitsvertrag</strong> ausgehändigt hat, <strong>de</strong>r alle erfor<strong>de</strong>rlichen<br />
Angaben enthält. Eine Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r wesentlichen Vertragsbedingungen ist <strong>de</strong>m Arbeitnehmer<br />
ebenfalls innerhalb <strong>de</strong>r Monatsfrist schriftlich mitzuteilen, es sei <strong>de</strong>nn, sie beruht auf einer Än<strong>de</strong>rung<br />
gesetzlicher, kollektivvertraglicher o<strong>de</strong>r ähnlicher, für das Arbeitsverhältnis gelten<strong>de</strong>r Regelungen (§ 3<br />
NachwG). Von diesen Vorschriften darf nicht zuungunsten <strong>de</strong>s Arbeitnehmers abgewichen wer<strong>de</strong>n. Für<br />
Berufsausbildungsverhältnisse und Leiharbeitsverhältnisse gelten beson<strong>de</strong>re Nachweisregelungen.<br />
b. Min<strong>de</strong>stinhalt <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschrift<br />
Folgen<strong>de</strong> Vertragsbedingungen müssen <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rschrift gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG min<strong>de</strong>stens<br />
zu entnehmen sein:<br />
▪ Name und Anschrift <strong>de</strong>r Vertragsparteien.<br />
▪ Beginn <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses.<br />
▪ Bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare Dauer <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses.<br />
▪ Der Arbeitsort und ggf. <strong>de</strong>r Hinweis, dass <strong>de</strong>r Arbeitnehmer an verschie<strong>de</strong>nen Orten<br />
beschäftigt wer<strong>de</strong>n kann.<br />
▪ Eine kurze Charakterisierung o<strong>de</strong>r Beschreibung <strong>de</strong>r vom Arbeitnehmer zu leisten<strong>de</strong>n<br />
Tätigkeit.<br />
▪ Eine Zusammensetzung und Höhe <strong>de</strong>s Arbeitsentgelts einschließlich <strong>de</strong>r Zuschläge,<br />
Zulagen Prämien und Son<strong>de</strong>rzahlungen sowie an<strong>de</strong>rer Bestandteile <strong>de</strong>s Arbeitsentgelts<br />
und <strong>de</strong>ren Fälligkeit.<br />
▪ Die vereinbarte Arbeitszeit.<br />
▪ Die Dauer <strong>de</strong>s jährlichen Erholungsurlaubs.<br />
▪ Die Fristen für die Kündigung <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses.<br />
▪ Ein in allgemeiner <strong>Form</strong> gehaltener Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge,<br />
Betriebs- und Dienstvereinbarungen.<br />
Weil die Nie<strong>de</strong>rschrift für <strong>de</strong>n Vertragsschluss nicht konstitutiv ist, hat eine Verletzung <strong>de</strong>r<br />
Nachweispflicht auf die Wirksamkeit <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es keinen Einfluss. Sollte <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
eine Nie<strong>de</strong>rschrift jedoch nicht (rechtzeitig) abfassen und erlei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Arbeitnehmer hierdurch einen<br />
Scha<strong>de</strong>n weil z.B. <strong>de</strong>r Vergütungsanspruch aufgrund einer Ausschlussfrist erlischt, so ist <strong>de</strong>r Arbeitgeber<br />
<strong>de</strong>m Arbeitnehmer zum Scha<strong>de</strong>nsersatz verpflichtet. Auch geht das Risiko von Missverständnissen und<br />
Unklarheiten zu Lasten <strong>de</strong>s Arbeitgebers.<br />
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III. Wirksamkeit<br />
Auch ein Arbeitsverhältnis kann in seiner Gesamtheit o<strong>de</strong>r in Bezug auf einzelne Klauseln unwirksam<br />
sein. Hierbei ist zu unterschei<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>r von Gesetzes wegen angeordneten Nichtigkeit <strong>de</strong>s<br />
Vertrages und seiner Anfechtbarkeit.<br />
Neben <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n bzw. beschränkten Geschäftsfähigkeit einer <strong>de</strong>r Vertragsparteien, <strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>n<br />
Vertretungsmacht und <strong>de</strong>m Verstoß gegen einen konstitutiven <strong>Form</strong>zwang (s.o.) kann <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Vertrag<br />
aber auch wegen <strong>de</strong>s Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot o<strong>de</strong>r wegen Sittenwidrigkeit nichtig<br />
sein.<br />
1. Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot<br />
Ein <strong>Arbeitsvertrag</strong>, <strong>de</strong>r gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig (§ 134 BGB). Sollten nur<br />
einzelne Klauseln <strong>de</strong>s Vertrages mit einem Verbotsgesetz unvereinbar sein, besteht nur eine<br />
Teilnichtigkeit. Grundsätzlich gilt zwar auch hier die allgemeine Regel, wonach die Teilnichtigkeit die<br />
Nichtigkeit <strong>de</strong>s gesamten Vertrages nach sich zieht (§ 139 BGB). Wenn es sich bei <strong>de</strong>m Verbotsgesetz<br />
aber – wie so häufig – um eine Arbeitnehmerschutzvorschrift han<strong>de</strong>lt, bleibt <strong>de</strong>r <strong>Arbeitsvertrag</strong> nach <strong>de</strong>r<br />
ständigen Rechtsprechung <strong>de</strong>s BAG im Übrigen wirksam. Wäre <strong>de</strong>r gesamte Vertrag in diesen Fällen<br />
nichtig, so wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Arbeitnehmer, <strong>de</strong>r durch die verletzte Vorschrift eigentlich geschützt wer<strong>de</strong>n soll,<br />
noch mehr geschädigt. An die Stelle <strong>de</strong>r unwirksamen Klausel treten dann gesetzliche und/o<strong>de</strong>r<br />
tarifliche Bestimmungen.<br />
Als Verbotsgesetze kommen in Betracht EU-rechtliche Grundnormen (z.B. Art. 141 – ex-Art. 119 –<br />
Grundsatz gleichen Entgelts für Männer und Frauen), grundrechtliche Garantien (z.B. spezielle<br />
Gleichheitssätze aus Art. 3 Abs. 2 und 3 GG, die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG u.a.), gesetzliche<br />
Regelungen (z.B. Vorschriften über Arbeitssicherheit- und Arbeitsschutz, die Arbeitszeit, <strong>de</strong>n<br />
Kündigungsschutz, Regelungen bezügl. beson<strong>de</strong>rs schutzbedürftiger Arbeitnehmergruppen wie<br />
Schwangere, Schwerbehin<strong>de</strong>rte, Jugendliche u.a.) und <strong>de</strong>r arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz.<br />
2. Verstoß gegen die guten Sitten<br />
Auch ein <strong>Arbeitsvertrag</strong>, <strong>de</strong>r gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig (§ 138 BGB). Der Begriff <strong>de</strong>r<br />
guten Sitten knüpft an die gemeinsamen ethischen Grundüberzeugungen <strong>de</strong>r Rechtsgemeinschaft an.<br />
Hiernach ist ein Vertrag nach <strong>de</strong>r ständigen Rechtsprechung sittenwidrig, wenn er nach Inhalt,<br />
Beweggrund <strong>de</strong>r Beteiligten und Zwecksetzung „<strong>de</strong>m Anstandsgefühl aller billig und gerecht<br />
Denken<strong>de</strong>n wi<strong>de</strong>rspricht“. Hierbei ist nicht erfor<strong>de</strong>rlich, dass sich die Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ssen bewusst sind.<br />
Maßgeblich ist in subjektiver Hinsicht lediglich, dass sie die Umstän<strong>de</strong> kennen, aus <strong>de</strong>nen sich die<br />
Sittenwidrigkeit ergibt o<strong>de</strong>r sie sich dieser Kenntnis grob fahrlässig verschließen.<br />
Es haben sich im Laufe <strong>de</strong>r Zeit drei Fallgruppen herausgebil<strong>de</strong>t, in <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Verstoß gegen die guten<br />
Sitten praktisch relevant wird:<br />
a. Übermäßige vertragliche Bindung<br />
Unzulässig wegen unangemessener wirtschaftlicher und beruflicher Beschränkung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />
örtlich und zeitlich unbegrenzte Wettbewerbsverbote, die Vereinbarung einer Entschädigung für Aus- und<br />
Weiterbildungskosten auch nach Beendigung <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses, eine unverhältnismäßige und<br />
betrieblich nicht gerechtfertigte Verschwiegenheitspflicht o<strong>de</strong>r die Androhung unverhältnismäßig hoher<br />
Vertragsstrafen.<br />
b. Belastung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers mit <strong>de</strong>m Betriebs- o<strong>de</strong>r Wirtschaftsrisiko<br />
Der Arbeitgeber darf sein Betriebs- o<strong>de</strong>r Wirtschaftsrisiko nicht auf <strong>de</strong>n Arbeitnehmer abla<strong>de</strong>n. Dies ist<br />
gera<strong>de</strong> dann anzunehmen, wenn eine Vergütungsabre<strong>de</strong> eine Verlustbeteiligung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />
vorsieht o<strong>de</strong>r die Vergütung generell von einem Min<strong>de</strong>sterfolg abhängig macht. Ebenso unzulässig ist ein<br />
vom Arbeitnehmer abverlangter Gehaltsverzicht beim Ausbleiben von För<strong>de</strong>rmitteln <strong>de</strong>r Agentur für<br />
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Arbeit o<strong>de</strong>r die Vereinbarung einer ausschließlich auf Provisionsbasis erfolgen<strong>de</strong>n Vergütung ohne<br />
Min<strong>de</strong>stgarantie o<strong>de</strong>r Fixum.<br />
c. Wucher<br />
Objektive Voraussetzung für die Sittenwidrigkeit wegen Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB) ist ein auffälliges<br />
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung. Subjektiv erfor<strong>de</strong>rlich ist, dass <strong>de</strong>r Wucherer die<br />
Zwangslage, die Unerfahrenheit, <strong>de</strong>n Mangel an Urteilsvermögen o<strong>de</strong>r die erhebliche Willensschwäche<br />
eines an<strong>de</strong>ren ausbeutet. Zur Feststellung, ob die arbeitsvertraglich geschul<strong>de</strong>te Leistung und<br />
Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, ist grundsätzlich auf die Arbeitsleistung als<br />
solche, auf <strong>de</strong>ren Dauer und Schwierigkeitsgrad, auf die körperliche und geistige Beanspruchung und die<br />
Arbeitsbedingungen abzustellen.<br />
3. Anfechtbarkeit<br />
Der <strong>Arbeitsvertrag</strong> kann – von bei<strong>de</strong>n Parteien – wegen Irrtums, arglistiger Täuschung o<strong>de</strong>r<br />
wi<strong>de</strong>rrechtlicher Drohung angefochten wer<strong>de</strong>n. Die entsprechen<strong>de</strong> Anfechtung ist fristgebun<strong>de</strong>n und hat<br />
durch Erklärung gegenüber <strong>de</strong>m Anfechtungsgegner (Vertragspartner) zu erfolgen.<br />
Eine solche Anfechtung kann auch neben einer außeror<strong>de</strong>ntlichen Kündigung ausgesprochen wer<strong>de</strong>n.<br />
Anfechtung und Kündigung schließen sich <strong>de</strong>mnach nicht gegenseitig aus.<br />
a. Anfechtung wegen Irrtums<br />
Eine Person, die bei <strong>de</strong>r Abgabe einer Willenserklärung über <strong>de</strong>ren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum)<br />
o<strong>de</strong>r eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), kann die<br />
Erklärung anfechten. Hierbei ist allerdings Voraussetzung, dass <strong>de</strong>r Irrtum beachtlich ist. Davon kann<br />
aber nur ausgegangen wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Irren<strong>de</strong> die Erklärung „bei Kenntnis <strong>de</strong>r Sachlage und<br />
verständiger Würdigung <strong>de</strong>s Falles nicht abgegeben haben wür<strong>de</strong>“ (§ 119 Abs. 1 BGB).<br />
Daneben berechtigt auch <strong>de</strong>r Eigenschaftsirrtum zur Anfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB). Hierbei han<strong>de</strong>lt<br />
es sich um <strong>de</strong>n Irrtum über „solche Eigenschaften <strong>de</strong>r Person o<strong>de</strong>r Sache, die im Verkehr als wesentlich<br />
angesehen wer<strong>de</strong>n“. <strong>Im</strong> Arbeitsrecht hat dieser Irrtum insbeson<strong>de</strong>re für <strong>de</strong>n Arbeitgeber Be<strong>de</strong>utung. Er<br />
kann so einen <strong>Arbeitsvertrag</strong> anfechten, wenn er über eine verkehrswesentliche Eigenschaft seines<br />
Arbeitnehmers im Irrtum war. Entsprechend ist das Anfechtungsrecht auf solche Eigenschaften<br />
beschränkt, die sich auf die Eignung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers für die auszuüben<strong>de</strong> Tätigkeit unmittelbar<br />
auswirken.<br />
Verkehrswesentliche Eigenschaften können nach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Einzelfalls sein: Alter,<br />
Geschlecht, Sachkun<strong>de</strong>, Konfession, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit. Problematisch sind die<br />
Eigenschaften wie Krankheiten, Vorstrafen, Schwangerschaft o<strong>de</strong>r Schwerbehin<strong>de</strong>rung. Hier gilt <strong>de</strong>r<br />
Grundsatz, dass diese nur dann als Anfechtungsgrund ausreichen, wenn sie von solchem Gewicht sind,<br />
dass sie ein Arbeitnehmer o<strong>de</strong>r ein Stellenbewerber auch von sich aus – ungefragt – <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />
offenbaren muss.<br />
Die Anfechtung hat unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Anfechtungsberechtigte von <strong>de</strong>m Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Laut BAG muss die<br />
Anfechtung also innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis <strong>de</strong>r maßgeblichen Tatsachen erfolgen.<br />
b. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung<br />
Ebenfalls anfechten können Personen, die zur Abgabe <strong>de</strong>r Willenserklärung durch arglistige Täuschung<br />
bestimmt wor<strong>de</strong>n sind. Dabei ist unter Täuschung je<strong>de</strong>s Verhalten zu verstehen, durch das bewusst eine<br />
unrichtige Vorstellung erregt, bestärkt o<strong>de</strong>r aufrechterhalten wird. Dies kann sowohl durch positives Tun<br />
(z.B. durch Vorspiegeln, Unterdrücken o<strong>de</strong>r Entstellen von Tatsachen) als auch durch Unterlassen (z.B.<br />
durch Verschweigen von Tatsachen, wenn Offenbarungspflicht besteht) erfolgen. Hierbei ist Vorsatz<br />
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erfor<strong>de</strong>rlich, d.h. Wissen darum, dass die Falschinformation o<strong>de</strong>r die unterlassene Aufklärung für die<br />
Entscheidung <strong>de</strong>s Erklärungsgegners über <strong>de</strong>n Vertragsschluss von entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung war.<br />
In <strong>de</strong>r Praxis gewinnt die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung im Rahmen von<br />
Einstellungsverhandlungen Be<strong>de</strong>utung, wenn <strong>de</strong>r Bewerber vor Abschluss <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es auf<br />
zulässige Fragen <strong>de</strong>s Arbeitgebers wahrheitswidrig antwortet o<strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong>, die er ungefragt hätte<br />
offenbaren müssen, bewusst verschweigt.<br />
Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr und beginnt mit <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r Täuschung durch <strong>de</strong>n<br />
Anfechtungsberechtigten (§ 124 Abs. 1 BGB).<br />
c. Anfechtung wegen wi<strong>de</strong>rrechtlicher Drohung<br />
Auch eine wi<strong>de</strong>rrechtliche Drohung berechtigt zur Anfechtung. Dieses Recht steht <strong>de</strong>mjenigen zu, <strong>de</strong>r<br />
durch wi<strong>de</strong>rrechtliche Drohung zum Abschluss <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es bestimmt wor<strong>de</strong>n ist. Eine Drohung<br />
setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, <strong>de</strong>ssen Zufügung in irgen<strong>de</strong>iner Weise<br />
als von <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s Ankündigen<strong>de</strong>n abhängig hingestellt wird.<br />
Hier beträgt die Anfechtungsfrist ebenfalls ein Jahr.<br />
d. Rechtsfolgen von Nichtigkeit und Anfechtung<br />
Bei <strong>de</strong>n Rechtsfolgen eines nichtigen o<strong>de</strong>r angefochtenen Vertrages ist danach zu differenzieren, ob das<br />
Arbeitsverhältnis aufgenommen und damit „in Vollzug“ gesetzt wor<strong>de</strong>n ist o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Sofern <strong>de</strong>r Arbeitnehmer die Arbeit noch nicht angetreten hat, gelten die allgemeinen Regeln<br />
uneingeschränkt. <strong>Im</strong> Falle gesetzlich angeordneter Nichtigkeit sind – je nach Schutzzweck <strong>de</strong>r<br />
verletzten Norm – einzelne Klauseln o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r gesamte Vertrag von vornherein unwirksam. Dabei gilt die<br />
Vermutung, dass die Nichtigkeit einzelner Klauseln nicht zur Nichtigkeit <strong>de</strong>s gesamten Vertrages führt.<br />
Die hierdurch entstehen<strong>de</strong>n Lücken wer<strong>de</strong>n durch gesetzliche Bestimmungen o<strong>de</strong>r die Verkehrssitte<br />
ausgefüllt, sofern nicht kollektivvertragliche Regelungen greifen. Sollte eine Partei die Nichtigkeit zu<br />
vertreten haben, so kann ein Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren wegen Pflichtverletzung bei<br />
Vertragsanbahnung gegeben sein (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 280 BGB).<br />
Die Anfechtung <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es führt dazu, dass er als von Anfang an nichtig angesehen wird (§ 142<br />
Abs. 1 BGB). Damit bestan<strong>de</strong>n und bestehen zwischen <strong>de</strong>n Parteien keine arbeitsvertraglichen Rechte<br />
und Pflichten. Jedoch kann <strong>de</strong>r Anfechten<strong>de</strong> u.U. wegen <strong>de</strong>s Vertrauensscha<strong>de</strong>ns ersatzpflichtig sein.<br />
Sollten die Vertragsparteien <strong>de</strong>n <strong>Arbeitsvertrag</strong> übereinstimmend in Vollzug gesetzt haben – insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch die Aufnahme <strong>de</strong>r Arbeit – und erweist er sich zu einem späteren Zeitpunkt als fehlerhaft (nichtig<br />
o<strong>de</strong>r anfechtbar), so ist laut Rechtsprechung von einem „faktischen Arbeitsverhältnis“ auszugehen,<br />
welches für die Vergangenheit trotz seiner fehlerhaften Grundlage als vollwirksam betrachtet wird.<br />
Aus diesem Grund behält <strong>de</strong>r Arbeitnehmer für die Zeit seiner Tätigkeit alle vertraglichen Ansprüche<br />
(Vergütung, Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Eine Rückabwicklung <strong>de</strong>r wechselseitig<br />
erbrachten Leistungen ist ausgeschlossen. Die Rechtswirkungen <strong>de</strong>s faktischen Arbeitsverhältnisses<br />
können nur für die Zukunft beseitigt wer<strong>de</strong>n. Bei <strong>de</strong>r gesetzlich angeordneten Nichtigkeit hat sich je<strong>de</strong><br />
Partei durch einseitige Erklärung davon loszusagen, im Falle <strong>de</strong>r Anfechtbarkeit hat die<br />
Anfechtungserklärung keine rückwirken<strong>de</strong> Kraft.<br />
Vom faktischen Arbeitsverhältnis gibt es einige wenige Ausnahmen. Ein solches kommt z.B. nicht zur<br />
Anwendung, wenn <strong>de</strong>m <strong>Arbeitsvertrag</strong> so schwere Rechtsmängel anhaften, dass die Anerkennung<br />
quasivertraglicher Ansprüche <strong>de</strong>n Grundauffassungen <strong>de</strong>r gelten<strong>de</strong>n Rechtsordnung wi<strong>de</strong>rsprechen<br />
wür<strong>de</strong>. Auch kann sich eine Person, welche die Nichtigkeit kennt, nicht auf die fingierte Wirksamkeit<br />
berufen. Gleiches gilt, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen treuwidrig wäre, etwa weil eine Partei<br />
sich dadurch in Wi<strong>de</strong>rspruch zu ihrem früheren Verhalten setzt.<br />
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In diesen Fällen sind die ausgetauschten Leistungen nach <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>r ungerechtfertigten<br />
Bereicherung abzuwickeln, d.h. <strong>de</strong>r Arbeitnehmer hat <strong>de</strong>n Arbeitslohn zurückzuzahlen während <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeber Wertersatz für die empfangene Leistung zu erbringen hat.<br />
Durchführung <strong>de</strong>s <strong>Arbeitsvertrag</strong>es<br />
Die Vertragsparteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) haben im Rahmen <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>s<br />
<strong>Arbeitsvertrag</strong>es die ihnen wechselseitig obliegen<strong>de</strong>n (arbeitsrechtlichen) Pflichten zu erfüllen. Diese<br />
folgen nicht allein aus <strong>de</strong>m <strong>Arbeitsvertrag</strong>, son<strong>de</strong>rn ergeben sich auch aus Gesetzen, Richterrecht,<br />
Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, betrieblicher Übung, <strong>de</strong>r Betriebsordnung sowie <strong>de</strong>m Weisungsund<br />
Direktionsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers.<br />
Die Verletzung <strong>de</strong>r arbeitsvertraglichen Pflichten kann nicht nur zivilrechtliche<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche, son<strong>de</strong>rn auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.<br />
I. Weisungs- und Direktionsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
Der Arbeitgeber hat das Recht, dort wo <strong>Arbeitsvertrag</strong> und arbeitsrechtliche Normen zulassen, die<br />
Arbeitspflicht <strong>de</strong>s einzelnen Arbeitnehmers durch Weisungen zu konkretisieren und die betriebliche<br />
Ordnung nach seinen Vorstellungen zu regeln (§ 106 GewO). Dabei darf er willkürliche Maßnahmen<br />
nicht treffen. das Direktionsrecht unterliegt stets einer richterlichen Billigkeitskontrolle.<br />
Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, die vom Arbeitnehmer zu erbringen<strong>de</strong> Leistungspflicht im<br />
Einzelnen zu <strong>de</strong>finieren. Hierzu gehören insbeson<strong>de</strong>re Art, Qualität, Ort und Zeit <strong>de</strong>r Arbeit. Ferner ist<br />
es ihm im Rahmen seines Weisungsrechts erlaubt, innerbetriebliche Verhaltensregeln festzulegen, die<br />
einen ungestörten Arbeitsablauf und ein möglichst konfliktfreies „Miteinan<strong>de</strong>rauskommen“ <strong>de</strong>r<br />
Arbeitnehmer gewährleisten.<br />
Das Weisungs- und Direktionsrecht erfährt selbstverständlich auch Einschränkungen. Es besteht nur,<br />
soweit es nicht durch höherrangiges Recht ausgeschlossen o<strong>de</strong>r begrenzt wird (§ 106 Abs. 1 GewO).<br />
Solche Schranken ergeben sich u.a. aus:<br />
▪ <strong>de</strong>m <strong>Arbeitsvertrag</strong> – Erfor<strong>de</strong>rlich für ein Direktionsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers ist, dass<br />
überhaupt ein durch konkretisieren<strong>de</strong> Weisung auszufüllen<strong>de</strong>r Regelungsspielraum besteht.<br />
Umso <strong>de</strong>taillierter <strong>de</strong>r <strong>Arbeitsvertrag</strong> z.B. im Hinblick auf die zu erbringen<strong>de</strong> Arbeitsleistung ist, <strong>de</strong>sto<br />
enger ist <strong>de</strong>r Rahmen für die einseitige Regelungskompetenz <strong>de</strong>s<br />
Arbeitgebers.<br />
▪ Gesetz o<strong>de</strong>r Kollektivvertrag – Einschränkungen können sich hier insbeson<strong>de</strong>re ergeben aus<br />
gesetzlichen Arbeitsschutzregelungen (Unfallverhütungsvorschriften). Aber auch Weisungen, die<br />
gesetz- o<strong>de</strong>r sittenwidrig sind, muss <strong>de</strong>r Arbeitnehmer nicht folgen. Auch unwirksam sind Weisungen,<br />
wenn sie sich als Umgehung zwingen<strong>de</strong>r arbeitnehmerschützen<strong>de</strong>r Bestimmungen darstellen.<br />
▪ <strong>de</strong>m Mitbestimmungsrecht <strong>de</strong>s Betriebsrates. Diesem unterliegen sämtliche Maßnahmen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitgebers, die zwar nicht das Leistungs-, wohl aber das Ordnungsverhalten <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />
im Betrieb betreffen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, ferner Fragen <strong>de</strong>r Arbeitszeitgestaltung (§ 87 Abs. 1<br />
Nr. 2 BetrVG) sowie personelle Einzelmaßnahmen wie Umgruppierung und Versetzung (§ 99 Abs. 1<br />
BetrVG).<br />
Das Weisungsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers als einseitiges Leistungsbestimmungsrecht darf nur<br />
nach billigem Ermessen ausgeübt wer<strong>de</strong>n. Hiervon ist auszugehen, wenn die wesentlichen Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Falles abgewogen und die bei<strong>de</strong>rseitigen Interessen angemessen berücksichtigt wor<strong>de</strong>n sind. Auch dies<br />
unterliegt <strong>de</strong>r richterlichen Kontrolle. grundsätzlich hat <strong>de</strong>r Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass<br />
seine Weisungen <strong>de</strong>r Billigkeit entsprochen haben.<br />
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Unzulässigen Weisungen braucht <strong>de</strong>r Arbeitnehmer nicht Folge zu leisten, er hat insoweit ein<br />
Leistungsverweigerungsrecht. Seinen Vergütungsanspruch behält er <strong>de</strong>nnoch. Die Rechtswidrigkeit <strong>de</strong>r<br />
Weisung kann er notfalls gerichtlich feststellen lassen bzw. in dringen<strong>de</strong>n Fällen kann er <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />
die Erteilung <strong>de</strong>r beabsichtigten Weisung im Wege <strong>de</strong>r einstweiligen Verfügung gerichtlich untersagen<br />
lassen. Die auf einer unzulässigen Weisung beruhen<strong>de</strong> Weigerung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers rechtfertigt keine<br />
Sanktionen <strong>de</strong>s Arbeitgebers, insbeson<strong>de</strong>re keine verhaltensbedingte Kündigung.<br />
Rechtmäßigen Weisungen hat <strong>de</strong>r Arbeitnehmer hingegen Folge zu leisten. Tut er dies nicht, verliert er<br />
seinen Vergütungsanspruch und muss zu<strong>de</strong>m – nach entsprechen<strong>de</strong>r Abmahnung – im Wie<strong>de</strong>rholungsfall<br />
mit einer or<strong>de</strong>ntlichen, verhaltensbedingten Kündigung rechnen. Auch können u.U.<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche <strong>de</strong>s Arbeitgebers wegen ungerechtfertigter Arbeitsverweigerung hinzukommen.<br />
II. Pflichten <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
Zu <strong>de</strong>n Hauptpflichten <strong>de</strong>s Arbeitgebers gehören die Vergütung <strong>de</strong>r vom Arbeitnehmer erbrachten<br />
Arbeitsleistung, die Entgeltfortzahlung bei Arbeitsfreistellung bzw. Krankheit o<strong>de</strong>r Urlaub sowie die<br />
Nebenleistungspflichten wie die in Bezug auf die Vergütung bestehen<strong>de</strong>n Auskunfts-, Rechenschaftsund<br />
Aufklärungspflichten.<br />
Hinzu kommt eine Reihe von sog. Nebenpflichten, die sich aus <strong>de</strong>r allgemeinen Fürsorgepflicht<br />
ableiten und <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r Arbeitnehmerinteressen dienen. Verletzt <strong>de</strong>r Arbeitgeber diese o<strong>de</strong>r fügt er<br />
<strong>de</strong>m Arbeitnehmer in an<strong>de</strong>rer Weise einen Scha<strong>de</strong>n zu, macht er sich scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig. Bei<br />
Personenschä<strong>de</strong>n ist seine Haftung weitestgehend ausgeschlossen und auf die Unfallversicherungsträger<br />
verlagert.<br />
1. Allgemeine Fürsorgepflicht<br />
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Arbeitsverhältnis stehen<strong>de</strong>n Interessen<br />
<strong>de</strong>s Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Interessen <strong>de</strong>s Betriebs und <strong>de</strong>r<br />
Interessen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Arbeitnehmer <strong>de</strong>s Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. Die allgemeine Fürsorgepflicht ist umso stärker ausgeprägt, je weiter das Direktionsrecht <strong>de</strong>s<br />
Arbeitgebers reicht.<br />
Die allgemeine Fürsorgepflicht erfährt inhaltliche Einschränkungen in zwei Richtungen:<br />
a. Es sind nur solche Interessen <strong>de</strong>s Arbeitnehmers schutzwürdig, die einen ein<strong>de</strong>utigen Bezug zum<br />
Arbeitsverhältnis aufweisen. Daher braucht <strong>de</strong>r Arbeitgeber also private, insbeson<strong>de</strong>re familiäre<br />
Belange nicht zu berücksichtigen.<br />
b. Zu<strong>de</strong>m gilt <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeit, d.h. die Interessen von Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer sind im konkreten Fall gegeneinan<strong>de</strong>r abzuwägen. <strong>Im</strong> Ergebnis muss das Interesse <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers vorrangig sein. Unzumutbare, weil unverhältnismäßige Aufwendungen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m<br />
Arbeitgeber aber nicht abverlangt.<br />
Die allgemeine Fürsorgepflicht ist grundsätzlich unabdingbar. Arbeitgeberpflichten zum<br />
Schutz von Leben und Gesundheit <strong>de</strong>s Arbeitnehmers unterliegen niemals <strong>de</strong>r Disposition <strong>de</strong>r<br />
Parteien.<br />
Die Fürsorgepflicht greift folgerichtig während <strong>de</strong>r gesamten Vertragsdauer. Allerdings können<br />
Schutzpflichten auch schon vor Vertragsschluss, d.h. im Rahmen <strong>de</strong>s sog. Anbahnungsverhältnisses<br />
bestehen. Genauso kann die Fürsorgepflicht auch noch über <strong>de</strong>n Zeitpunkt <strong>de</strong>r Vertragsbeendigung<br />
hinaus gelten. Dies zeigt sich z.B. in <strong>de</strong>r Pflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers zur Auskunft und Zeugniserteilung.<br />
Sollte <strong>de</strong>r Arbeitgeber die sich aus <strong>de</strong>r Fürsorgepflicht ergeben<strong>de</strong>n Schutz-, Integritäts- und<br />
Rücksichtnahmepflichten verletzen, hat <strong>de</strong>r Arbeitnehmer einen Erfüllungs- o<strong>de</strong>r<br />
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Unterlassungsanspruch. Zu<strong>de</strong>m kann er u.U. sein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, d.h. die<br />
Arbeitsleistung verweigern, bis <strong>de</strong>r Arbeitgeber rechtskonforme Arbeitsbedingungen schafft, ohne hierbei<br />
seinen Lohnanspruch zu verlieren.<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatz und ggf. Schmerzensgeld kann <strong>de</strong>r Arbeitnehmer verlangen, wenn er vom Arbeitgeber<br />
durch eine schuldhafte Pflichtverletzung in einem seiner geschützten Rechtsgüter wie Gesundheit,<br />
Persönlichkeit o<strong>de</strong>r Eigentum verletzt wird. Ein Verschul<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rer Mitarbeiter wird <strong>de</strong>m Arbeitgeber<br />
zugerechnet.<br />
2. Weitere Nebenpflichten <strong>de</strong>s Arbeitgebers (nicht abschließend)<br />
a. Beschäftigungspflicht<br />
Es entspricht <strong>de</strong>m mo<strong>de</strong>rnen Verständnis <strong>de</strong>r allgemeinen Fürsorgepflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers, die <strong>de</strong>m<br />
Persönlichkeitsschutz <strong>de</strong>s Arbeitnehmers von Verfassung wegen beson<strong>de</strong>rs verpflichtet ist, wenn <strong>de</strong>m<br />
Arbeitnehmer heute in ständiger Rechtsprechung neben <strong>de</strong>m Anspruch auf Vergütung auch ein Anspruch<br />
auf tatsächliche Beschäftigung eingeräumt wird. Dieser ist jedoch nicht zu verwechseln mit <strong>de</strong>r<br />
Weiterbeschäftigungspflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers nach Ausspruch <strong>de</strong>r Kündigung.<br />
Diese Beschäftigungspflicht entfällt, sofern die Parteien sie einvernehmlich suspendieren o<strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>r<br />
Arbeitgeber (in Ausnahmefällen) hiervon löst.<br />
Eine einvernehmliche Suspendierung ist stets möglich. Zu<strong>de</strong>m kann <strong>de</strong>r Arbeitnehmer ausdrücklich<br />
o<strong>de</strong>r stillschweigend auf seinen Beschäftigungsanspruch verzichten. <strong>Im</strong> Zweifel behält er hierbei seinen<br />
Vergütungsanspruch. Der Arbeitgeber kann sich auch einseitig von <strong>de</strong>r Beschäftigungspflicht lösen, wenn<br />
auf seiner Seite schutzwürdige Grün<strong>de</strong> an einer Nichtbeschäftigung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers überwiegen.<br />
Hierzu zählen z.B. dringen<strong>de</strong> betriebliche Grün<strong>de</strong> (Betriebsgefährdung) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verdacht erheblicher<br />
Pflichtverletzungen <strong>de</strong>s Arbeitnehmers (Gefahr <strong>de</strong>s Verrats wesentlicher Geschäftsgeheimnisse). Auch<br />
hier bleibt – von Ausnahmefällen abgesehen – <strong>de</strong>r Vergütungsanspruch <strong>de</strong>s Arbeitnehmers bestehen.<br />
Der Beschäftigungsanspruch kann vom Arbeitnehmer klageweise durchgesetzt wer<strong>de</strong>n. Auch eine<br />
einstweilige Verfügung ist <strong>de</strong>nkbar. Wegen <strong>de</strong>s grundsätzlichen Verbots <strong>de</strong>r Vorwegnahme <strong>de</strong>r<br />
Hauptsache kommt eine Verpflichtung zur Beschäftigung hier jedoch nur als ultima ratio bei Vorliegen<br />
einer außergewöhnlichen Interessenlage in Frage.<br />
b. Schutz von Leben und Gesundheit<br />
Ferner ist <strong>de</strong>r Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsstätte und Arbeitsmittel so einzurichten und zu unterhalten<br />
und <strong>de</strong>n Arbeitsprozess so zu gestalten, dass Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit<br />
soweit geschützt sind, wie die Natur <strong>de</strong>s Betriebes und <strong>de</strong>r Arbeit es gestatten (§ 618 BGB). Diese Pflicht<br />
wird konkretisiert durch eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Vorschriften <strong>de</strong>s Arbeitsschutzes<br />
(Arbeitsplatzschutzgesetz, Arbeitsstättenverordnung, Gefahrstoffverordnung etc.).<br />
Auch ergibt sich aus <strong>de</strong>r allgemeinen Fürsorgepflicht <strong>de</strong>s Arbeitgebers die Verpflichtung zum Schutz<br />
gegen Mobbing. Hierunter ist das fortgesetzte, systematische Anfein<strong>de</strong>n, Schickanieren o<strong>de</strong>r<br />
Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinan<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r durch Vorgesetzte verstehen. Diese<br />
Verhaltensweise ist geeignet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht und weitere geschützte Rechte <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers (Ehre, Gesundheit etc.) zu verletzen. Aus <strong>de</strong>r allgemeinen Fürsorgepflicht ergibt sich<br />
somit, dass <strong>de</strong>r Arbeitgeber <strong>de</strong>n einzelnen Arbeitnehmer vor Angriffen seiner Kollegen schützen und<br />
gegebenenfalls die erfor<strong>de</strong>rlichen Maßnahmen gegen <strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r die „Mobber“ ergreifen. Hierzu können<br />
zählen Ermahnung, Abmahnung, Versetzung, Kündigung. Tut er dies nicht, kann er sich – etwa bei<br />
gesundheitlichen Beeinträchtigungen <strong>de</strong>s Mobbingopfers – scha<strong>de</strong>nsersatzpflichtig machen wegen<br />
vertraglicher Pflichtverletzung. Hierzu zählt auch ein Schmerzensgeldanspruch <strong>de</strong>s Arbeitnehmers.<br />
Hinzu kommt, dass sich <strong>de</strong>r Arbeitgeber – wenn er adäquate Maßnahmen in Kenntnis <strong>de</strong>r Mobbing-<br />
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Attacken unterlässt – darüber hinaus wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen kann (§ 323c<br />
StGB).<br />
c. Schutz vor sexueller Belästigung<br />
Neben <strong>de</strong>m Schutz vor Mobbing hat <strong>de</strong>r Arbeitgeber seine Beschäftigten auch vor sexueller Belästigung<br />
am Arbeitsplatz zu schützen (§ 2 Abs. 1 BSchuG).<br />
Unter <strong>de</strong>m Begriff „sexuelle Belästigung“ ist je<strong>de</strong>s vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten zu<br />
verstehen, dass die Wür<strong>de</strong> von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt. Hierzu gehören z.B.:<br />
▪ sexuelle Handlungen und Verhaltensweisen, die nach strafgesetzlichen Vorschriften<br />
unter Strafe gestellt sind (sexueller Missbrauch, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung),<br />
▪ sonstige sexuelle Handlungen und Auffor<strong>de</strong>rungen zu diesen,<br />
▪ sexuell bestimmte körperliche Berührungen,<br />
▪ Bemerkungen sexuellen Inhalts,<br />
▪ das Zeigen und sichtbare Anbringen von pornographischen Darstellungen, die von <strong>de</strong>n<br />
Betroffenen erkennbar abgelehnt wer<strong>de</strong>n.<br />
Entsprechend ist <strong>de</strong>r Arbeitgeber zu präventivem und repressivem Han<strong>de</strong>ln verpflichtet.<br />
Präventive Maßnahmen (vorbeugend): Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sexuelle Belästigungen in<br />
seinem Unternehmen erst gar nicht aufkommen zu lassen. Hierzu können z.B. Betriebsvereinbarungen<br />
zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zählen, die entsprechen<strong>de</strong> Verhaltenskodizes vorgeben.<br />
Repressive Maßnahmen: Ist es bereits zu sexuellen Belästigungen gekommen, hat <strong>de</strong>r Arbeitgeber „die<br />
im Einzelfall angemessenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen“ gegenüber <strong>de</strong>m Belästiger zu ergreifen.<br />
Hierzu zählen z.B. Abmahnung, Umsetzung, Versetzung und Kündigung. Dabei ist <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r<br />
Verhältnismäßigkeit zu wahren. In <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen eine Abmahnung, Umsetzung o<strong>de</strong>r Versetzung<br />
nicht ausreicht, um weitere sexuelle Belästigungen auszuschließen, hat <strong>de</strong>r Arbeitgeber mit einer<br />
Kündigung auf sittlichen Verfehlungen zu reagieren.<br />
Hat sich <strong>de</strong>r belästigte Arbeitnehmer beschwert und ergreift <strong>de</strong>r Arbeitgeber keine o<strong>de</strong>r offensichtlich<br />
ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung <strong>de</strong>r sexuellen Belästigung, hat <strong>de</strong>r Beschäftigte das Recht, die<br />
Arbeitsleistung unter Fortzahlung <strong>de</strong>r Vergütung einzustellen, soweit dies zu seinem Schutz erfor<strong>de</strong>rlich<br />
ist.<br />
Solche sexuellen Belästigungen stellen für <strong>de</strong>n Betroffenen regelmäßig einen außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />
Kündigungsgrund dar. Zu<strong>de</strong>m können <strong>de</strong>m Belästigten Scha<strong>de</strong>nsersatz- und<br />
Schmerzensgeldansprüche zustehen. Diese Ansprüche können bestehen gegenüber <strong>de</strong>m Belästiger und<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Arbeitgeber.<br />
d. Schutz <strong>de</strong>r Arbeitnehmerpersönlichkeit<br />
Der Arbeitgeber hat zu<strong>de</strong>m die Privat- und „Eigensphäre“ <strong>de</strong>s Arbeitnehmers zu respektieren. Dabei ist<br />
nicht je<strong>de</strong>r Eingriff <strong>de</strong>s Arbeitgebers gleich rechtswidrig, vielmehr ist eine am<br />
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte Abwägung mit schützenswerten betrieblichen Interessen<br />
vorzunehmen, zu welchen u.a. die Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r betrieblichen Ordnung, die Wahrung von<br />
Geschäftsgeheimnissen, die Abwehr unternehmensschädlicher Meinungsäußerungen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s<br />
Unternehmenseigentums zählen.<br />
Überwachung <strong>de</strong>s Arbeitsplatzes<br />
Die gelegentliche Überwachung <strong>de</strong>s Arbeitsverhaltens am Arbeitsplatz ist unbe<strong>de</strong>nklich zulässig.<br />
An<strong>de</strong>rs ist dies bei <strong>de</strong>r ständigen und lückenlosen Überwachung durch technische Einrichtungen (z.B.<br />
Vi<strong>de</strong>okameras etc.). Dies stellt einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht <strong>de</strong>s Arbeitnehmers<br />
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dar, weil er auf diese Weise einem permanenten Überwachungsdruck ausgesetzt wird. Eine solche<br />
Überwachung ist nur in beson<strong>de</strong>rs gelagerten Fällen gerechtfertigt, so z.B.<br />
▪ aufgrund berechtigter Interessen <strong>de</strong>s Arbeitgebers o<strong>de</strong>r wenn dies zur Wahrnehmung <strong>de</strong>s Hausrechts<br />
erfor<strong>de</strong>rlich und verhältnismäßig ist – jedoch nur wenn <strong>de</strong>r Arbeitnehmer hierüber informiert ist. Dies<br />
ist gera<strong>de</strong> bei öffentlich zugänglichen Räumen wie Kaufhäusern, Tankstellen, Gaststätten etc. <strong>de</strong>r Fall.<br />
▪ zu Beweiszwecken. Hier ist auch die – zeitlich begrenzte – ver<strong>de</strong>ckte Vi<strong>de</strong>oüberwachung von<br />
Arbeitnehmern zulässig, wenn es um die Feststellung von Straftaten geht, die nicht an<strong>de</strong>rs<br />
nachgewiesen wer<strong>de</strong>n können.<br />
Telefonüberwachung<br />
Bei <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Zulässigkeit von Telefonüberwachungen ist zu unterschei<strong>de</strong>n zwischen <strong>de</strong>r<br />
Inhaltsüberwachung und <strong>de</strong>r Gebührenüberwachung.<br />
Inhaltsüberwachung: Je<strong>de</strong>s Abhören von – dienstlichen o<strong>de</strong>r privaten – Telefongesprächen <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers durch <strong>de</strong>n Arbeitgeber ist als Verstoß gegen das „Recht am eigenen Wort“ schlechthin<br />
unzulässig. Entsprechen<strong>de</strong>s gilt für das heimliche Mithören(lassen) von Telefongesprächen zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer und das ungenehmigte Aufzeichnen von Gesprächen. Nur das Mithören<br />
z.B. über Lautsprecher ist erlaubt, sofern <strong>de</strong>r Arbeitnehmer dies im Einzelfall gestattet.<br />
Gebührenüberwachung: Die Erfassung <strong>de</strong>r Telefondaten <strong>de</strong>r vom Arbeitnehmer geführten Gespräche<br />
(Zeitpunkt, Dauer, Gebühren, Zielnummer etc.) ist datenschutzrechtlich zulässig. Dies resultiert aus <strong>de</strong>m<br />
anerkannten Interesse <strong>de</strong>s Arbeitgebers, aus Kostengrün<strong>de</strong>n einer missbräuchlichen Verwendung von<br />
Diensttelefonen vorzubeugen. Die Kenntnis <strong>de</strong>s Arbeitgebers, ob und in welchem Umfang Dienst- und<br />
Privatgespräche geführt wer<strong>de</strong>n, behin<strong>de</strong>rt nicht <strong>de</strong>n freien Fernsprechverkehr <strong>de</strong>s Arbeitnehmers und<br />
stellt angesichts <strong>de</strong>s legitimen Kontrollinteresses keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das<br />
Persönlichkeitsrecht <strong>de</strong>s Arbeitnehmers dar.<br />
Physische und psychische Tests und Kontrollen<br />
Solche Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht <strong>de</strong>s Arbeitnehmers sind nur dann gerechtfertigt, wenn ihnen<br />
ein strikt arbeitsplatzbezogener Untersuchungszweck zugrun<strong>de</strong> liegt, <strong>de</strong>r Arbeitnehmer seine<br />
Einwilligung erklärt hat und <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Gleiches gilt für<br />
Leibesvisitationen, die z.B. im Zusammenhang mit Torkontrollen durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />
Auskünfte über <strong>de</strong>n Arbeitnehmer<br />
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, wohl aber in engen Grenzen berechtigt, Auskünfte<br />
über <strong>de</strong>n Arbeitnehmer auch ohne <strong>de</strong>ssen Einwilligung an Dritte weiterzugeben. Auch hier ist <strong>de</strong>r<br />
Grundsatz <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeit vom Arbeitgeber zu beachten, welcher es gebietet, zum Schutz <strong>de</strong>s<br />
Persönlichkeitsrechts <strong>de</strong>s Arbeitnehmers nur solche Auskünfte als zulässig zu erachten, die Leistung und<br />
Verhalten <strong>de</strong>s Arbeitnehmers während <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses betreffen. Dabei sind weitergehen<strong>de</strong><br />
Informationen wie z.B. Einsicht in <strong>de</strong>n <strong>Arbeitsvertrag</strong> o<strong>de</strong>r generell außerhalb <strong>de</strong>s zulässigen<br />
Auskunftsbereichs liegen<strong>de</strong> nachteilige Informationen nicht mehr vom Auskunftsrecht <strong>de</strong>s Arbeitgebers<br />
ge<strong>de</strong>ckt. So darf ein Arbeitgeber eine strafbare Handlung <strong>de</strong>s Arbeitnehmers zwar anzeigen, im Betrieb<br />
bekannt machen darf er dies aber nur, wenn daran ein berechtigtes Interesse besteht.<br />
Personalakten<br />
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet aber berechtigt, Personalakten zu führen. Allerdings gebietet das aus<br />
<strong>de</strong>m Persönlichkeitsrecht <strong>de</strong>s Arbeitnehmers abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung<br />
Vertraulichkeit bei <strong>de</strong>r Führung von Personalakten. Deshalb dürfen diese nicht allgemein zugänglich<br />
sein, son<strong>de</strong>rn müssen sorgfältig aufbewahrt wer<strong>de</strong>n. Auch muss <strong>de</strong>r Kreis <strong>de</strong>r mit Personalakten befassten<br />
Beschäftigten möglichst eng gehalten wer<strong>de</strong>n. Beson<strong>de</strong>rs sensible Daten (körperlicher, geistiger u.<br />
seelischer Gesundheitszustand etc.) bedürfen <strong>de</strong>s verstärkten Schutzes und dürfen nur <strong>de</strong>m speziell für<br />
diese Fragen zuständigen Personenkreis zugänglich sein.<br />
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Arbeitnehmer können je<strong>de</strong>rzeit Einblick in ihre Personalakten nehmen (§ 83 Abs. 1 BetrVG). Verlang<br />
<strong>de</strong>r Arbeitnehmer dies, so sind die Personalakten dann vollständig vorzulegen. Um das Einsichtsrecht<br />
voll umfänglich ausüben zu können, müssen in die Hauptakte daher gegebenenfalls Vermerke über<br />
zusätzlich geführte Neben- o<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rakten. Mit <strong>de</strong>m Recht auf Einsichtnahme ist auch das Recht <strong>de</strong>s<br />
Arbeitnehmers verbun<strong>de</strong>n, Notizen, Abschriften o<strong>de</strong>r – auf seine Kosten – Kopien von <strong>de</strong>n einzelnen<br />
Dokumenten anzufertigen. Wird die Akte EDV- mäßig geführt, kann er einen Ausdruck verlangen.<br />
Zu<strong>de</strong>m hat <strong>de</strong>r Arbeitnehmer das Recht, <strong>de</strong>r Personalakte in Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Arbeitsverhältnis<br />
stehen<strong>de</strong> Erklärungen beizufügen (§ 83 Abs. 2 BetrVG). Er kann somit insbeson<strong>de</strong>re<br />
Gegendarstellungen zu ihm nachteiligen Vorgängen (Tatsachenbehauptungen, Werturteilen) verfassen,<br />
die <strong>de</strong>r Arbeitgeber bis zur Grenze <strong>de</strong>s Rechtsmissbrauchs in die Personalakte integrieren muss. Bei<br />
unzulässigen Tatsachenbehauptungen (z.B. Rügen o<strong>de</strong>r Abmahnungen) sowie unzulässigerweise<br />
aufgenommenen Unterlagen kann <strong>de</strong>r Arbeitnehmer die Tilgung <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Vorgänge aus <strong>de</strong>r<br />
Personalakte verlangen.<br />
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