pax 04 08.pdf
pax 04 08.pdf
pax 04 08.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
quergedacht<br />
von<br />
Kurt Remele<br />
A Chance for Change<br />
von Dave Robinson<br />
Vor dreißig Jahren hielt der deutsche<br />
Theologe Johann Baptist Metz auf dem<br />
KatholikInnentag in Freiburg eine<br />
bemerkenswerte Rede über das Verhältnis<br />
von Christentum und Judentum nach<br />
Auschwitz. Er beklagte das Schweigen<br />
der Kirche(n) zu den an den Jüdinnen<br />
und Juden verübten Verbrechen im Dritten<br />
Reich und betonte, dass diese<br />
Schuld sich auf unser gegenwärtiges<br />
Verhältnis zum Staat Israel auszuwirken<br />
habe: "Wir müssten jedenfalls die letzten<br />
sein, die den Juden, nachdem sie in<br />
der jüngsten Geschichte unseres Landes<br />
an den Rand der totalen Vernichtung<br />
gebracht wurden, nun ein übertriebenes<br />
Sicherheitsbedürfnis vorwerfen."<br />
Metz sprach auch von einer christlichen<br />
Verantwortung "nicht nur für das, was<br />
wir tun oder nicht tun, sondern auch für<br />
das, was wir zulassen, dass es anderen<br />
… geschehe." Zahlreiche Mitglieder von<br />
Pax Christi, die das Elend der PalästinenserInnen<br />
hautnah miterlebt haben,<br />
scheuen sich heute nicht, die Politik<br />
Israels zu kritisieren. Sie tun dies nicht<br />
gegen das jüdische Volk, sondern<br />
gemeinsam mit regierungskritischen<br />
Jüdinnen und Juden.<br />
Pax Christi muss die Erinnerung an<br />
Auschwitz wach halten. Pax Christi kann<br />
die Leiden der PalästinenserInnen nicht<br />
ignorieren. Beides zu tun, ist schwierig,<br />
führt zu internen Diskussionen und zu<br />
verzerrten Fremdwahrnehmungen. Wir<br />
bemühen uns trotzdem darum.<br />
Das frühchristliche Zitat<br />
Martin v.Tours (317-397) zum Kaiser:<br />
"Bis heute habe ich dir gedient. Gestatte<br />
nun, dass ich jetzt Gott diene. Dein<br />
Geschenk mag nehmen, wer in die<br />
Schlacht ziehen will. Ich bin Soldat Christi,<br />
es ist mir nicht erlaubt zu kämpfen."<br />
...man nahm ihn fest, damit er am nächsten<br />
Tag in der ersten Schlachtreihe sich<br />
waffenlos den Barbaren entgegenstelle;<br />
doch kam es zu Verhandlungen und zum<br />
Frieden.<br />
Bei seiner Antrittsrede erinnerte<br />
uns der gewählte Präsident Obama,<br />
dass "dieser Sieg nicht<br />
schon der Wechsel ist, den wir<br />
suchen - Er ist nur die Chance<br />
für uns, diesen Wechsel herbeizuführen."<br />
Wir schrieten voran<br />
und sehen uns erschreckenden<br />
Herausforderungen gegenüber,<br />
die vor uns liegen: die Kriege im<br />
Irak und in Afghanistan beenden,<br />
unsere Abhängigkeit von<br />
fossilen Energieträgern und die<br />
Gewalt, die diese Abhängigkeit<br />
begleitet, aufkündigen, eine zerbrochene<br />
Weltwirtschaft stabilisieren,<br />
Gerechtigkeit für die<br />
arbeitende Bevölkerung herstellen<br />
und die Armut überwinden,<br />
und uns auf eine wirkliche nationale<br />
Diskussion über Rasse und<br />
Privilegien einlassen.<br />
Die bahnbrechende Wahl des<br />
ersten Afro-Amerikaners zum<br />
Präsidenten der USA hat die<br />
Kraft der Hoffnung zur Überwindung<br />
von Angst und Trennung<br />
bestätigt. Diese Hoffnung muss<br />
uns jetzt allen die Kraft zum<br />
Handeln geben. Während wir<br />
unsere Hoffnung auf eine Nation<br />
setzen, die durch das historische<br />
Ergebnis im November 2008<br />
verändert wurde, bleiben wir<br />
bescheiden vor der Wirklichkeit,<br />
dasstrotz des Überwindens einer<br />
großen Barriere, der Rassismus,<br />
der diese Barriere geschaffen<br />
hat, eine gefährliche Realität<br />
bleibt. Unsere Arbeit der letzten<br />
zehn Jahre, Pax Christi USA zu<br />
einer anti-rassistischen, multikulturellen<br />
Bewegung für<br />
Gerechtigkeit und Frieden auszuformen,<br />
bietet uns einen Blick<br />
auf die liebevolle Gemeinschaft,<br />
zu der Dr. King uns aufgerufen<br />
hat. In den kommenden Jahren<br />
muss dieser Blick sich zu einer<br />
Klarheit und Vision vertiefen,<br />
wie Gewaltlosigkeit - in der richtigen<br />
Beziehung - unsere Bewegung<br />
zu einer noch größeren<br />
Kraft für Gerechtigkeit und Frieden<br />
aufbauen kann.<br />
Dave Robinson ist Executiv-Direktor<br />
von Pax Christi USA<br />
Die Bemühungen von Pax Christi<br />
USA während der Kampagne zur<br />
Präsidentenwahl, Krieg und Rassismus<br />
den Kampf anzusagen,<br />
werden fortgeführt werden,<br />
indem wir unsere Bemühungen<br />
verdoppeln, grundsätzliche Veränderungen<br />
der US Politik in der<br />
neuen Administration und im<br />
Kongress herbeizuführen. Als<br />
Senator Obama zum Präsidenten<br />
gewählt wurde, hat die ganze<br />
Welt auf ihn geschaut. Aller<br />
Augen ruhten auf dem Mann,<br />
nannten ihn den "Führer in die<br />
Umgestaltung", über dessen<br />
Wahl die ganze Welt sich freute<br />
und große Hoffnung schöpfte.<br />
Während seiner Kampagne sagte<br />
Senator Obama: "Es ist nicht<br />
genug, den Krieg im Irak zu<br />
beenden. Wir müssen die Gesinnung<br />
verwerfen, die zu diesem<br />
Krieg geführt hat." Diese Gesinnung<br />
ist die Idee, dass die Vereinigten<br />
Staaten allein mit noch<br />
nie da gewesener Gewalt agieren<br />
können, um ihre eigenen<br />
gebündelten Interessen in jeder<br />
Region der Erde durchsetzen zu<br />
können, wann immer sie wollen.<br />
Wir stehen jetzt vor einer neuen<br />
Wende in den Beziehungen zum<br />
Rest der Welt. Ich erwarte, dass<br />
die USA abrückt von ihrer unilateralen,<br />
sich selbst angemaßten<br />
und egoistischen Haltung<br />
gegenüber unserer verstörten<br />
Welt und statt dessen eine neue,<br />
internationale, multilaterale Politik<br />
aufbaut, die unsere Beziehungen<br />
zu langfristigen Verbündeten<br />
stärken kann, während sie<br />
eine neue, positive Partnerschaft<br />
mit der größeren globalen<br />
Gesellschaft entwickelt.<br />
(Übers.: Gerhilde Merz)<br />
Seite 8 <strong>pax</strong> 4/08