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Die Entwicklung des Innenohrs

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Diskussion 72<br />

4.2.1 Aspekte der frühen Innenohrmorphogenese werden in ektopischen<br />

Positionen nachvollzogen.<br />

Schon seit der ersten Hälfte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts dient das Innenohr als Modellsystem zur<br />

Untersuchung induktiver Prozesse im Vertebratenembryo. Fragen nach der Herkunft<br />

ohrinduzierender Signale, dem zeitlichem Verlauf von Induktion und ektodermaler Kompetenz und<br />

den räumlichen Erfordernissen für die Ausbildung <strong>des</strong> Ohrvesikels wurden zunächst in<br />

verschiedenen Amphibienspezies und im Hühnchen, später dann auch in der Maus studiert (Van De<br />

Water et al., 1991). In Abhängigkeit vom verwendeten Modellsystem und technischen Details der<br />

Versuchsdurchführung wurden dabei zum Teil höchst widersprüchliche Aussagen getroffen. Stark<br />

vereinfacht lassen die Ergebnisse der meisten Studien die Schlußfolgerung zu, daß die Ausbildung<br />

eines normalen <strong>Innenohrs</strong> schrittweise verläuft und aus dem Zusammenspiel von prospektivem<br />

Ohrektoderm mit prächordalem Mesoderm und Neuroektoderm resultiert. Dabei konnte eine frühe<br />

Phase ohrinduzierender Signale aus dem Mesoderm identifiziert werden, die mit späteren Signalen<br />

neuroektodermalen Ursprungs überlappt (Harrison, 1945; Yntema, 1955; Jacobsen, 1966). Da<br />

sowohl Mesoderm als auch Hinterhirn allein in der Lage sind Ohrplakoden zu induzieren, scheinen<br />

beide Signale in gewissem Umfang redundant zu sein (Harrison, 1945). Für einen normalen<br />

Fortgang der Morphogenese über das Plakodenstadium hinaus ist jedoch ein kontinuierlicher<br />

neuroektodermaler Einfluß erforderlich (Jacobsen, 1963).<br />

Größere Diskrepanzen zwischen den einzelnen Studien ergeben sich in der Frage, von welchem<br />

Stadium an Ohrplakoden determiniert sind und sich autonom von äußeren Einflüssen entwickeln<br />

können. Für den Frosch Rana pipiens konnte gezeigt werden, daß die Ohrplakode sich<br />

weiterentwickeln kann, wenn sie im späten Blastoporen- oder frühen Neuralplattenstadium in die<br />

posteroventrale Flanke transplantiert wird (Zwilling, 1941). In Salamanderembryonen der Art<br />

Amblystoma punctatum scheint ein vergleichbarer Grad an epithelialer Autonomie hingegen erst im<br />

späten Neurulastadium (Yntema, 1939), in Hühnchenembryonen erst im Ohrgrubenstadium<br />

(Waddington, 1937) und in Mausembryonen sogar erst einen Tag nach der Formierung <strong>des</strong><br />

Vesikels (Van De Water et al., 1991) erreicht zu sein. Obgleich die einzelnen Daten schwer<br />

vergleichbar erscheinen, werden sie von einigen Autoren als Hinweis auf eine heterochronische<br />

Verschiebung im Erwerb epithelialer Autonomie angesehen, der mit der Höherentwicklung der<br />

Arten einhergeht (Fritzsch et al., 1998). Insgesamt wird die Glaubwürdigkeit der vorgestellten<br />

Arbeiten jedoch teilweise durch das Fehlen von Kontrolloperationen, aber auch durch mangelnde<br />

sprachliche Präzision in der Verwendung von Begriffen wie „Induktion“, „Kompetenz“,<br />

„Spezifizierung“ oder „Determinierung“ stark eingeschränkt. Erst die Identifizierung einer Vielzahl<br />

ohrspezifisch exprimierter Gene während der letzten 20 Jahre (Übersichtsartikel von Fritzsch et al.,<br />

1998 und Torres et al., 1998) erlaubt es, Begriffe wie „Plakodenstatus“, „Kompetenz“, „Induktion“<br />

oder „Regionalisierung“ über morphologische Kriterien hinaus molekular zu definieren.

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