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Goldmann-Gedächtnisvorlesung ± Historische und aktuelle Aspekte ...

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<strong>Goldmann</strong>-<strong>Gedächtnisvorlesung</strong> <strong>±</strong> <strong>Historische</strong> <strong>und</strong> <strong>aktuelle</strong> <strong>Aspekte</strong> der Stereopsis Klin Monatsbl Augenheilkd 2001; 218 287<br />

achter zu, sodass man fast versucht ist, auf dieser Straûe auf<br />

den Mond zu marschieren.Wir nennen diesen im Handel erhältlichen<br />

Test den Stereobagolini nach Lang.Es ist ein Konturentest<br />

der jedem Auge ein unterschiedliches Bild darbietet.<br />

Scheibenstereopsis<br />

Eine andere stereoskopische Möglichkeit habe ich rein zufällig<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nenne sie Scheibenstereopsis.Auf einer Sternkarte<br />

sah ich einen Lichtstrich auf mich zukommen.Der Strich<br />

stammte von einem punktförmigen Licht, das auf den feinen<br />

zirkuläre Rillen, die durch die Rotation der Sternkarte entstanden<br />

waren, zu einer Linie verzogen wurde.Die Untersuchung<br />

zeigt, dass jedes Auge einen anderen Strich sieht, der ähnlich<br />

wie beim Stereobagolini unter Konvergenz oder Divergenz fusioniert<br />

werden kann.Übrigens kann man die gleiche Erscheinung<br />

auf jeder Compact Disc sehen, wobei sie wegen der Spektralfarben<br />

noch prächtiger imponiert (Abb.12 u. 13).<br />

Abb.12<br />

Abb.13<br />

Der Vollmond betrachtet mit Stereomodifikation.<br />

Scheibenstereopsis.<br />

Ich glaubte, dies sei eine eigenständige <strong>und</strong> neue Beobachtung,<br />

aber ich konnte in der Arbeit von Wheatstone [34] lesen, dass<br />

er die gleiche Erscheinung an einer auf der Drehbank bearbeiteten<br />

Metallplatte beobachtet hatte.<br />

Neurophysiologie<br />

Die Neurophysiologie des Binokularsehens hat in den letzten<br />

Dezennien gewaltige Fortschritte gemacht.Im Jahre 1959 wiesen<br />

Hubel <strong>und</strong> Wiesel [14] in Zellen der primären Sehrinde von<br />

Katzen Aktionspotenziale nach, die bei Stimulation des rechten<br />

<strong>und</strong> linken Auges separat oder gemeinsam auftraten.Damit<br />

waren die monokularen <strong>und</strong> binokularen kortikalen Zellen<br />

nachgewiesen.Barlow [2] u.Mitarb.entdeckten auf Stereopsis<br />

ansprechende Neurone <strong>und</strong> es wurden immer mehr Zellen<br />

nachgewiesen, welche reagieren, wenn die Stimuli mit einer<br />

gewissen Disparität angeboten werden (Poggio [33]).<br />

Leider hat die Kenntnis der binokularen Zellen in der Amblyopiebehandlung<br />

zu einem Fehlschluss geführt.Es wurde postuliert,<br />

dass man nicht eine konstante, sondern eine intermittierende<br />

Okklusion durchführen müsse, um den binokularen Zellen<br />

eine gewisse Funktion zu ermöglichen.Die intermittierende<br />

Okklusion verschlechtert aber die Compliance der<br />

Okklusionsbehandlung ganz erheblich, ohne den binokularen<br />

Neuronen zu nützen.<br />

<strong>Goldmann</strong>: Stereopsis <strong>und</strong> Strabismus<br />

Zum Schluss möchte ich auf die Ansichten von Professor Hans<br />

<strong>Goldmann</strong> zu sprechen kommen.An einem von ihm präsidierten<br />

Strabismus-Symposium im Jahr 1965 in Li›ge hielt <strong>Goldmann</strong><br />

einen Vortrag über ¹Gedanken eines Nicht-Strabologen<br />

zur Pathophysiologie des Optischen Raumsinnesª [8].Dabei<br />

hat er, basierend auf informationstheoretischen Überlegungen,<br />

über vier Mechanismen gesprochen: die Efferenzkopie,<br />

die Reafferenz, die Feedbackmechanismen der Fixation <strong>und</strong><br />

der Fusion.Er sagte: ¹Wenn die Feedback-Mechanismen der Fixation<br />

<strong>und</strong> der Fusion statistischen Gesetzen gehorchen, muss<br />

es eine Statistik stereoptischer sehender Doppelaugen geben,<br />

die vom Fehlen jeder Einstellbewegung beim Covertest bis<br />

zur kleinen, deutlichen Einstellbewegungen reicht, verknüpft<br />

mit verschieden gutem Stereosehen.Dies muss primär existieren,<br />

<strong>und</strong> nicht als Restzustand nach Behandlung.ª<br />

Nach dem Vortrag teilte ich <strong>Goldmann</strong> mit, dass ich 1960 an<br />

der SOG-Tagung in Basel über 18 Patienten mit ¹unauffälligem<br />

Schielwinkelª berichtet hätte, die sehr gut zu seinen Ausführungen<br />

passen würden [23].Er hat dann auch in Klammer seinem<br />

Skriptum hinzugefügt: ¹Dr.Lang scheint solche Fälle in<br />

gröûerer Anzahl beobachtet zu haben.ª<br />

Ich habe am Internationalen Strabismus-Symposium in Gieûen<br />

1966 diese Schielform Mikrostrabismus genannt [24] <strong>und</strong><br />

konnte in Diskussionen über die Ursache des Mikrostrabismus<br />

mich immer wieder auf die Erklärung von <strong>Goldmann</strong> berufen.<br />

Ich muss allerdings gestehen, dass die informationstheoretischen<br />

Überlegungen für mich anfänglich etwas schwer verständlich<br />

waren.Erst im Laufe der Zeit haben mich meine klinischen<br />

Beobachtungen vom <strong>Goldmann</strong>schen Vorschlag voll<br />

überzeugt.Primärer Mikrostrabismus zeigt eine starke Dominanz<br />

eines Auges.Er hat meist eine einseitige Amblyopie, ist<br />

fast immer konvergent, manchmal mit einer vertikalen Komponente<br />

<strong>und</strong> sehr selten divergent.Das dominierende Auge<br />

wirkt etwa so wie das Skifahren mit steter Belastung eines<br />

Beines: der andere Ski beginnt zu flattern.Der Visus <strong>und</strong> die<br />

Fixation im dominierten Auge werden schlechter, die binokulare<br />

Bindung wird gelockert <strong>und</strong> führt zu einer anfangs nur<br />

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