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Klaus Heer Wonne Worte - Rowohlt Theaterverlag

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immer und zuverlässig Nein sagen, wenn ihm nicht nach Sex<br />

zumute ist. Und die klimatischen Paar-Bedingungen wird ein<br />

sensibler und durchlässiger Mensch nicht aus den Augen verlieren<br />

und sie auf den Tisch bringen, wenn es ihm nötig erscheint.<br />

Aber nicht beides gleichzeitig! Denn Nein und Ja, verpackt<br />

in einem einzigen Satz, beißen sich. Und manch ein<br />

Betroffener reagiert entsprechend bissig.<br />

Den gähnendsten Krater reißt das «Alles» auf. «Alles muss stimmen!»<br />

hinterlässt den irritierenden Eindruck von Maximalforderung;<br />

es ist, als machte sich einer breit in seinem Ohrensessel,<br />

verschränkte seine Arme und entspannte sich: «Nun mach<br />

mal, mein Lieber. Sag mir, wenn du so weit bist!» Wer derlei zu hören<br />

bekommt, ist meist so hypnotisiert und verletzt von der Zurückweisung,<br />

dass er nicht nachfragt: «Was meinst du mit ‹alles›?<br />

Sag mir bitte, was zum Beispiel für dich anders sein müsste, sodass du<br />

meine Einladung annehmen könntest.»<br />

Diese Paradoxie<br />

wird in der<br />

Fachliteratur<br />

«Doppelbindung»,<br />

bzw. «double bind»<br />

(G. Bateson),<br />

«Beziehungsfalle»<br />

(H. Stierlin) oder<br />

«Zwickmühle» (W.<br />

Loch) genannt.<br />

«Das Ideal lässt<br />

sich am besten an<br />

den Opfern<br />

messen, die es<br />

verlangt.»<br />

Carl Friedrich von<br />

Weizsäcker<br />

Welten zwischen schwarz & weiß<br />

Manche Paare haben das Pech, dass in ihrer gemeinsamen Geschichte<br />

nur einmal «alles» stimmte: solange sie verliebt waren.<br />

Sexualität gedeiht ihnen ausschließlich in den Sphären des<br />

verschwommenen süßen Wahns. Sowie sie einander schärfer,<br />

das heißt klarer, sehen, kommt ihnen die sexuelle Schärfe abhanden.<br />

Entweder alles oder nichts! Entweder ist «Liebe» eine<br />

makellose Himmelsmacht, oder «dann lassen wir’s». Als ob dazwischen<br />

nichts wäre und man sich fürs eine oder andere zu<br />

entscheiden hätte… Für uns Irdische eine wahrhaft unpraktische<br />

und unergiebige Theorie! Oder möchten Sie sich vielleicht<br />

damit begnügen, in Ihrem Leben ein oder zwei Mal während<br />

durchschnittlich dreier Monate exquisiten Sex zu haben, und<br />

sonst sind Sie die ganze Zeit sauer oder trüb, weil nicht «alles<br />

stimmt»? Nein, danke; mich reizt dieser Emotionalfundamentalismus<br />

nicht. Ich empfinde ihn als zerstörerisch. Im real existierenden<br />

Beziehungsalltag liegen zwischen «alles» und<br />

«Mitunter<br />

genügt schon<br />

eine stärkere<br />

Brille, um den<br />

Verliebten zu<br />

heilen.»<br />

Nietzsche<br />

«Wenn du nicht<br />

haben kannst,<br />

was du liebst,<br />

musst du lieben,<br />

was du hast.»<br />

Sprichwort<br />

Welten zwischen schwarz & weiß 13

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