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Durchs Leben gejumpt Ilona will Thomas

Einen Freund oder eiene Freundin suchten sie beide nicht über die Partnervermittlung. Ilona und Thomas hatten es nur mal aus Jux probiert. Trotzdem schrieben sie sich, lernten sich kennen und lieben, aber das große Treffen wurde zur Katastrophe. Es war fast Mittag, als sie am Sonntagmorgen fertig waren. Ilona war unge­wöhnlich still und hatte auch keine Lust zu einem Spaziergang. Sie wollte Tho­mas zeigen, wie sie im Wohnzimmer ihre Beethoven CD's gehört hatte, zeigte ihm die umgetaufte Ilona Fantasie und legte sie auf. Schon im ersten Satz sag­te sie plötzlich unvermittelt: „Thomas, fahr nach Hause.“ Der erstaunte Tho­mas fragte erschrocken: „Was ist los, Ilona, was hast du?“ Sie kam zu ihm auf die Couch, setzte sich auf seinen Schoß und weinte. „Ich bin zu doof für alles. Ich bin bekloppt.“ sprach sie weinend, „Ich mache alles kaputt. Mache mir sel­ber mein eigenes größtes Glück kaputt. Ich weiß nicht in welcher Welt ich lebe. Ich will dir das mit den Beethoven Geschichten erzählen, aber du bist gar nicht hier. Hier ist nur der, der mit dem ich gestern Kaffee gekocht habe, mit dem ich mich gestern unterhalten habe, mit dem ich gestern Abend geschmust habe. Vor allem aber der, mit dem ich heut nacht geschlafen habe. Alles nur, was ich hier mit dir erlebt habe. Der andere, mein teurer Freund, den ich liebe, der ist gar nicht hier. Der ist im Netz. Irgendetwas muss von ihm gekommen sein. Ich habe mich ja zu ihm verhalten, aber hier ist er nicht. Hier ist nur der bei dem das Eindruckvollste unser Ficken war. Es ist immer da, ausschließlich da, wenn ich dich sehe. Dem Tom lege ich die Mondscheinsonate auf und nicht dem ich davon geschrieben habe und bei dem der hier ist, denke ich immer an die letz­te Nacht. Warum tue ich das, hätte es gar nicht gebraucht, habe es ja gar nicht gewollt, gar kein Bedürfnis danach. Warum muss ich dumme Kuh mit dem ins Bett gehen, alles zerstören, was mir das Wichtigste ist. Thomas, ich habe so etwas noch nie erlebt, muss es wohl von Anfang an intuitiv gespürt haben, wie bedeutsam es für mich werden könnte. Es war das, wonach ich mich gesehnt habe, obwohl ich es zunächst gar nicht wahr haben wollte. Nichts außer den Kindern ist mir je so wichtig gewesen, und ich zerstöre das einfach so und mach ein Bedürfnis zum Ficken daraus, einfach so wegen momentaner Lustbe­friedigung.“ Ilona sprang auf und rannte zum Bad. Ob Tom nach Hause fuhr und Ilona zerbrach, die Geschichte weiß es.

Einen Freund oder eiene Freundin suchten sie beide nicht über die Partnervermittlung. Ilona und Thomas hatten es nur mal aus Jux probiert. Trotzdem schrieben sie sich, lernten sich kennen und lieben, aber das große Treffen wurde zur Katastrophe. Es war fast Mittag, als sie am Sonntagmorgen fertig waren. Ilona war unge­wöhnlich still und hatte auch keine Lust zu einem Spaziergang. Sie wollte Tho­mas zeigen, wie sie im Wohnzimmer ihre Beethoven CD's gehört hatte, zeigte ihm die umgetaufte Ilona Fantasie und legte sie auf. Schon im ersten Satz sag­te sie plötzlich unvermittelt: „Thomas, fahr nach Hause.“ Der erstaunte Tho­mas fragte erschrocken: „Was ist los, Ilona, was hast du?“ Sie kam zu ihm auf die Couch, setzte sich auf seinen Schoß und weinte. „Ich bin zu doof für alles. Ich bin bekloppt.“ sprach sie weinend, „Ich mache alles kaputt. Mache mir sel­ber mein eigenes größtes Glück kaputt. Ich weiß nicht in welcher Welt ich lebe. Ich will dir das mit den Beethoven Geschichten erzählen, aber du bist gar nicht hier. Hier ist nur der, der mit dem ich gestern Kaffee gekocht habe, mit dem ich mich gestern unterhalten habe, mit dem ich gestern Abend geschmust habe. Vor allem aber der, mit dem ich heut nacht geschlafen habe. Alles nur, was ich hier mit dir erlebt habe. Der andere, mein teurer Freund, den ich liebe, der ist gar nicht hier. Der ist im Netz. Irgendetwas muss von ihm gekommen sein. Ich habe mich ja zu ihm verhalten, aber hier ist er nicht. Hier ist nur der bei dem das Eindruckvollste unser Ficken war. Es ist immer da, ausschließlich da, wenn ich dich sehe. Dem Tom lege ich die Mondscheinsonate auf und nicht dem ich davon geschrieben habe und bei dem der hier ist, denke ich immer an die letz­te Nacht. Warum tue ich das, hätte es gar nicht gebraucht, habe es ja gar nicht gewollt, gar kein Bedürfnis danach. Warum muss ich dumme Kuh mit dem ins Bett gehen, alles zerstören, was mir das Wichtigste ist. Thomas, ich habe so etwas noch nie erlebt, muss es wohl von Anfang an intuitiv gespürt haben, wie bedeutsam es für mich werden könnte. Es war das, wonach ich mich gesehnt habe, obwohl ich es zunächst gar nicht wahr haben wollte. Nichts außer den Kindern ist mir je so wichtig gewesen, und ich zerstöre das einfach so und mach ein Bedürfnis zum Ficken daraus, einfach so wegen momentaner Lustbe­friedigung.“ Ilona sprang auf und rannte zum Bad. Ob Tom nach Hause fuhr und Ilona zerbrach, die Geschichte weiß es.

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dauern? Trotzdem fand <strong>Thomas</strong> es schade und war unglücklich, dass sie sich<br />

jetzt nicht mehr schreiben sollten.<br />

Herbst und Winter waren vergangen, am 4. April befand sich in <strong>Thomas</strong> Box<br />

eine E-Mail von 'ilona.s@guineapics.de'<br />

Lieber <strong>Thomas</strong>,<br />

du wirst mich nicht so intensiv vergessen haben, dass du nicht mehr weißt,<br />

wer ich bin. Ich wollte meine Ablage aufräumen und habe unsere kurze Korrespondenz<br />

noch mal gelesen. Hauptsächlich fiel mir dabei auf, dass ich in meinem<br />

letzten Schreiben selber unmöglich unhöflich war. Deine Mails waren toll,<br />

du hast mich sehr ernst genommen, und ich habe mich nicht einmal dafür bedankt.<br />

Natürlich war die Hauptursache, dass ich über deine letzte Mail so verärgert<br />

war, wo ich dir doch so offen von mir berichtet hatte. Das schmerzte<br />

und machte ärgerlich. Ich denke, dass es auch nicht zu dem passte, was du<br />

vorher über anerkennen und akzeptieren gesagt hattest. Du machst dir tolle<br />

Gedanken, aber in der Praxis bist du stinknormal.<br />

Ich weiß es nicht, vielleicht macht das ja auch den Unterschied zwischen uns<br />

aus. Ich habe mich auch selber ehrlich zu fragen versucht. Dass ich nicht jemanden<br />

suche, um auszutesten, ob er zu mir passen könnte, das ist schon so,<br />

nur wenn ich mich mit dir unterhalte, habe ich schon ein Bedürfnis, dich näher<br />

kennen zu lernen. Wenn du nicht einen interessanten Eindruck auf mich gemacht<br />

hättest, wäre ich ja gar nicht auf die Idee gekommen, auf deinen Agenturtext<br />

zu reagieren. Eine Form von mehr Persönlichem ist das schon. Wenn du<br />

mir immer schreibst und antwortest, wird es bei dir nicht anders sein. Du<br />

brauchst nicht daran zu denken, ob ich eine potentielle Partnerin sein könnte,<br />

aber ein irgendwie geartetes Interesse aneinander muss doch schon bestehen.<br />

Nur deine Briefe waren zwar ganz nett, aber ließen von dir persönlich nicht viel<br />

erkennen. Du hast außer dem kurzen Hinweis auf deine Frau immer über dich<br />

in theoretisch Verallgemeinerungen gesprochen. Das wirkt auf deine Leserin<br />

nicht besonders persönlich animierend. Ich glaube, deshalb sah ich auch keine<br />

Perspektive mehr.<br />

Ich weiß nicht, ob das heute auch noch meine Einstellung ist, jedenfalls bin ich<br />

der Ansicht, dass ich mir mal wieder zu wenig Gedanken gemacht habe, welchen<br />

Wert eigentlich eine derartige Kommunikation, wenn es auch nur eine<br />

kurze war, für einen Menschen hat. Ich gehe zu leichtfertig damit um, zerstöre<br />

es im Affekt, weil mir irgend etwas nicht passt. Dass ist auch eine Form der<br />

emotionalen Dominanz, die mir so nicht mehr gefällt.<br />

Weißt du, hier ist es wunderschön. Auf dem Rhein fahren die Menschen mit<br />

dem Bötchen zum Drachenfels, die Sonne bestrahlt das neue Grün und Gelb<br />

und Weiß mit aller Frühlingskraft, Le Sacre du Printemps, in letzter Zeit jeden<br />

Tag. Das macht einfach glücklich. Natürlich wohne ich in Bonn und wenn es dir<br />

etwas bedeutet, ich bin 46 Jahre alt. Das Anonymspiel macht mir in diesem Alter<br />

keinen Spaß mehr.<br />

<strong>Durchs</strong> <strong>Leben</strong> <strong>gejumpt</strong> <strong>Ilona</strong> <strong>will</strong> <strong>Thomas</strong> – Seite 9 von 33

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