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Morgen ist es zu spät

„Julia, deine Wünsch sind immer Befehle, mir liegt es mehr, sie dir von den Augen abzulesen.“ rea­gierte Dominique „Du schummelst, mein Liebster. Meine Augen suchen nämlich schon eine ganze Zeit nach Weingläsern. Ist dir offensichtlich völlig verborgen geblieben.“ bemerkte ich dazu. Wir tranken und redeten dummes Zeug, spot­teten und ironisierten, zwischendurch mussten wir uns immer wieder küssen. „Sag mal Dominique, woran merkst du, ich meine jetzt dich persönlich, nicht all­gemein, eigentlich, dass ich eine Frau bin?“ stellte ich eine Frage, zu deren Be­antwortung sich Do­minique zunächst wegen Lachens nicht in der Lage fühlte. Dann beabsichtigte er sich auch weiter am Lachen zu halten. Nannte alle skur­rilen, unbedeutenden Merkmale, von meinen braunen Schuhen bis zu den blon­den Haaren und er Aura über mir. „Das ist schade, sehr schade, ich dachte, Männer würden auch etwas empfinden und es daran merken. Aber du scheinst tot zu sein, tot und kalt. Ich dachte heterosexuelle Männer würden so etwas wie Bedürfnisse, Wün­sche, Begierden, Verlangen oder Gelüste empfinden und daran merken, das sie es mit einem femininen Wesen ihrer Art zu tun haben. Bei dir ist das nicht so, nein?“ erkundigte ich mich. „In der Regel ist das nicht so, nein, nur bei den Wesen, die solche Fragen stellen, da tritt es in äußerst ex­tremen Formen auf.“ lautete seine Reaktion. Meistens verstanden wir uns auf Anhieb, es schien nur Weniges, das dezidiert geklärt werden musste. Wir verstanden uns auch, als um drei Uhr in der Nacht Dominique nackt am Flügel sitzend sang: „Ich liebe dich, so wie du mich, Am Abend und am Morgen.“, ich mich an seinem Rücken rieb, ihn ständig küssend unterbrach, und Domini­que so oft neu beginnen musste, dass ich Beethovens „Zärtliche Liebe” auch schon fast singen konnte.

„Julia, deine Wünsch sind immer Befehle, mir liegt es mehr, sie dir von den Augen abzulesen.“ rea­gierte Dominique „Du schummelst, mein Liebster. Meine Augen suchen nämlich schon eine ganze Zeit nach Weingläsern. Ist dir offensichtlich völlig verborgen geblieben.“ bemerkte ich dazu. Wir tranken und redeten dummes Zeug, spot­teten und ironisierten, zwischendurch mussten wir uns immer wieder küssen. „Sag mal Dominique, woran merkst du, ich meine jetzt dich persönlich, nicht all­gemein, eigentlich, dass ich eine Frau bin?“ stellte ich eine Frage, zu deren Be­antwortung sich Do­minique zunächst wegen Lachens nicht in der Lage fühlte. Dann beabsichtigte er sich auch weiter am Lachen zu halten. Nannte alle skur­rilen, unbedeutenden Merkmale, von meinen braunen Schuhen bis zu den blon­den Haaren und er Aura über mir. „Das ist schade, sehr schade, ich dachte, Männer würden auch etwas empfinden und es daran merken. Aber du scheinst tot zu sein, tot und kalt. Ich dachte heterosexuelle Männer würden so etwas wie Bedürfnisse, Wün­sche, Begierden, Verlangen oder Gelüste empfinden und daran merken, das sie es mit einem femininen Wesen ihrer Art zu tun haben. Bei dir ist das nicht so, nein?“ erkundigte ich mich. „In der Regel ist das nicht so, nein, nur bei den Wesen, die solche Fragen stellen, da tritt es in äußerst ex­tremen Formen auf.“ lautete seine Reaktion. Meistens verstanden wir uns auf Anhieb, es schien nur Weniges, das dezidiert geklärt werden musste. Wir verstanden uns auch, als um drei Uhr in der Nacht Dominique nackt am Flügel sitzend sang: „Ich liebe dich, so wie du mich, Am Abend und am Morgen.“, ich mich an seinem Rücken rieb, ihn ständig küssend unterbrach, und Domini­que so oft neu beginnen musste, dass ich Beethovens „Zärtliche Liebe” auch schon fast singen konnte.

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fach in einer Wohnung. „Der <strong>ist</strong> doch viel <strong>zu</strong> schade <strong>zu</strong>m transportieren. Hast<br />

du da keine Angst?“ fragte ich noch, aber jetzt wollte ich doch endlich etwas<br />

hören. Revolutions-Etüde spielte mein Dominique Chopin für mich. Wie kann<br />

man so etwas können? Liszt h-Moll Sonate folgte und nochmal Chopin Nocturne.<br />

Der Impr<strong>es</strong>ario ließ alle seine Talente auftreten. Bei dem, was er g<strong>es</strong>pielt<br />

habe käme der Klang b<strong>es</strong>onders gut <strong>zu</strong>r Geltung. Bis auf die Revolutions-Etüde,<br />

die hätte er speziell für die Barrikadenkämpfe in Münster g<strong>es</strong>pielt. Mein<br />

beliebt<strong>es</strong>t<strong>es</strong> und am me<strong>ist</strong>en gehört<strong>es</strong> Stück war die Ungarische Rhapsodie Nr<br />

2 von Franz Liszt, und ich hatte einen Freund, der so etwas selbst spielen<br />

konnte. <strong>Morgen</strong> sollte Hungarian Rhapsodie Tag sein. Seine Eltern waren auch<br />

gekommen, und ich musste Dominique erst mal küssen. „Ja, stellen sie sich<br />

vor, das bekamen wir sonst jeden Tag <strong>zu</strong> hören. Und was macht di<strong>es</strong>er Schlingel?<br />

Lässt einfach seinen b<strong>es</strong>ten Freund in Stich, und wir können wieder CDs<br />

auflegen. Können sie das verstehen?“ meinte sein Vater. „Eigentlich nicht,“<br />

meinte ich da<strong>zu</strong> <strong>zu</strong>, spürte schon wieder mein Zwerchfell und Dominiqu<strong>es</strong> Mutter<br />

schien auch schon ein erwartungsvoll<strong>es</strong> Grinsen aufgelegt <strong>zu</strong> haben, „aber<br />

wie hätte er sonst mich kennenlernen sollen. Ob Freundin Julia so wertvoll <strong>ist</strong><br />

wie Freund Ibach, weiß ich nicht, nur eins allein könnte für ihren Sohn auf die<br />

Dauer vielleicht ein bisschen <strong>zu</strong> wenig sein, oder?“ „Sie sind ein Schatz.“ wobei<br />

mich Vater Reber umarmte und mir einen Kuss auf die Stirn gab. Für Vater Reber<br />

war ich ein Schatz und für Mutter Reber goldig und jemand von dem sie<br />

nicht gern mit Frau Dr. Reber, sondern mit Lilo angeredet werden möchte. Bei<br />

der Abend<strong>es</strong>sens<strong>zu</strong>bereitung wollte ich Lilo ein paar Zusammenhänge verdeutlichen.<br />

Ich hätte ihn einfach nur g<strong>es</strong>ehen und sympathisch empfunden. „Das<br />

geht mir doch genauso, Julia.“ kommentierte Lilo, und wir prusteten los. Die<br />

ganze Zeit ging <strong>es</strong> so ähnlich weiter. Unbelievable, Dominique kam mir vor, wie<br />

eine Kopie seiner Mutter. Eine herrliche Frau. Ich würde später mal beide heiraten<br />

und ganz viele kleine Kinder bekommen, die auch alle so albern wären, wie<br />

Dominique und seine Mami. Über das Geld für's Apartment wurde kein Wort<br />

mehr verloren. Sein Vater fragte nur noch, ab welchem Monat Dominique denn<br />

dort einziehen wolle.<br />

Ja <strong>es</strong> war ein wunderschön<strong>es</strong> Wochenende. Seine Eltern mochten mich und behandelten<br />

mich, als ob ich selbstverständlich <strong>zu</strong>r Familie gehörte. Was sollte<br />

ich denn kritisieren, ich war ja happy, aber gefragt, ob ich so etwas wollte, hatte<br />

mich niemand. War ich denn eigentlich noch frei? Konnte ich überhaupt noch<br />

sagen: „Nein, ich will das all<strong>es</strong> nicht?“ Ich würde doch nicht all<strong>es</strong> verlieren wollen.<br />

Dominique, seine Eltern, sein Klavierspiel, das war doch all<strong>es</strong> bedeutend<br />

für mich. Was war denn sonst noch für mich bedeutend, was wollte ich sonst<br />

nicht verlieren? Zum Beispiel meine Freundin Marietta. Wenn sie einen Job in<br />

Finland bekäme, wäre das sehr schade für mich, aber ich würde <strong>es</strong> hinnehmen,<br />

wäre ja schließlich nicht <strong>zu</strong> ändern. So war das bei Dominique nicht, da würde<br />

ich nicht sagen können 'schade, war nicht <strong>zu</strong> ändern'. Der hatte sich bei mir<br />

selbst eingen<strong>ist</strong>et, als ob seine Anw<strong>es</strong>enheit, seine Leben schon mit mir verwoben<br />

wären. Es würde Lücken in mir hinterlassen und sehr weh tun. Grundsätzlich<br />

kam <strong>es</strong> eigentlich für mich nicht in Frage, dass ich so etwas mit mir g<strong>es</strong>chehen<br />

ließ, dass ich mich durch b<strong>es</strong>timmte Ereignisse in etwas treiben ließ,<br />

ich wollte schon selbst b<strong>es</strong>timmen was ich tat, und was mit mir g<strong>es</strong>chah. So<br />

<strong>Morgen</strong> <strong>ist</strong> <strong>es</strong> <strong>zu</strong> spät – Seite 18 von 36

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