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Fremde Frau in meinem Bett

Du siehst eine Frau, findest sie attraktiv, glaubst anderweitig Liebenswertes in ihr zu erkennen und wünscht dir nichts mehr, als dein weiteres Leben mit ihr zu verbringen. Nicht so ich. Dem schönen Schein glaubte ich nicht. Selbst bei den wundervollsten Frauen sah ich das zickig Zänkische nach dreißig Ehejahren, das auch heute schon in ihr angelegt sein musste. Eine Freundin hätte ich auch schon gern gehabt. Ich taxierte ja alle, aber immer dasselbe Resultat. Deshalb konnte ich auch keine Freundin finden. Meine Mutter hatte mir geraten, nach dem Liebenswerten zu suchen, das jeder Mensch in sich trage. Es veränderte manches, aber eine Freundin fand ich trotzdem nicht. Lola gehörte nicht zum Kreis meiner mehr oder weniger guten Freunde und auch nicht zu den Frauen, die ich auf Beziehungsfähigkeit taxiert, und bei denen ich Lust hatte, nach dem Liebenswerten zu fanden. Ich lud sie nicht zur Geburtstagsfeier ein und fragte sie auch nicht nach einem gemeinsamen Konzertbesuch. Auf die Idee kam ich gar nicht. Das hätte nicht gepasst. Ich empfand unser Verhältnis als äußerst vertrauensvoll, aber doch mit einem gewissen Grad an Distanziertheit. Eines Tages kam Lola und wollte bei mir schlafen. Selbstverständlich mit mir in meinem Bett. Ich schaute sie gern an, trotzdem hätte ich am liebs­ten zwischen Lola und mich eine Wand gebaut. Ich weiß nicht, ob es Angst war, aber Unsicherheit bestimmt. Was sollte denn daraus werden?

Du siehst eine Frau, findest sie attraktiv, glaubst anderweitig Liebenswertes in ihr zu erkennen und wünscht dir nichts mehr, als dein weiteres Leben mit ihr zu verbringen. Nicht so ich. Dem schönen Schein glaubte ich nicht. Selbst bei den wundervollsten Frauen sah ich das zickig Zänkische nach dreißig Ehejahren, das auch heute schon in ihr angelegt sein musste. Eine Freundin hätte ich auch schon gern gehabt. Ich taxierte ja alle, aber immer dasselbe Resultat. Deshalb konnte ich auch keine Freundin finden. Meine Mutter hatte mir geraten, nach dem Liebenswerten zu suchen, das jeder Mensch in sich trage. Es veränderte manches, aber eine Freundin fand ich trotzdem nicht. Lola gehörte nicht zum Kreis meiner mehr oder weniger guten Freunde und auch nicht zu den Frauen, die ich auf Beziehungsfähigkeit taxiert, und bei denen ich Lust hatte, nach dem Liebenswerten zu fanden. Ich lud sie nicht zur Geburtstagsfeier ein und fragte sie auch nicht nach einem gemeinsamen Konzertbesuch. Auf die Idee kam ich gar nicht. Das hätte nicht gepasst. Ich empfand unser Verhältnis als äußerst vertrauensvoll, aber doch mit einem gewissen Grad an Distanziertheit. Eines Tages kam Lola und wollte bei mir schlafen. Selbstverständlich mit mir in meinem Bett. Ich schaute sie gern an, trotzdem hätte ich am liebs­ten zwischen Lola und mich eine Wand gebaut. Ich weiß nicht, ob es Angst war, aber Unsicherheit bestimmt. Was sollte denn daraus werden?

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<strong>Fremde</strong> <strong>Frau</strong> <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em <strong>Bett</strong><br />

Glauben<br />

„Morgen wird es nicht regnen, die Sonne wird sche<strong>in</strong>en, und schön warm wird<br />

es se<strong>in</strong>.“ sagst du. Das soll ich dir glauben? Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> zutiefst ungläubiger<br />

Mensch. Ich könnte dich fragen, warum du zu der Annahme kommst, und es<br />

dir dann vielleicht glauben, aber ich glaube nicht gern und lass es lieber bleiben.<br />

Ich hüte mich davor, etwas zu glauben, und manchmal glaube ich mir selber<br />

nicht. Wenn du es siehst, hörst oder fühlst, me<strong>in</strong>st du, es zu wissen, aber<br />

de<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d auch ke<strong>in</strong>e absolut sicheren Garanten. Sie lassen sich täuschen<br />

und geben sich Illusionen h<strong>in</strong>. Sie s<strong>in</strong>d auch nicht unvore<strong>in</strong>genommen,<br />

das meiste nehmen sie wahr, wie de<strong>in</strong> Unbewusstes es ihnen vorgibt, und wie<br />

sie es erwarten. Ich b<strong>in</strong> nicht misstrauisch und folge allem nur mit großer<br />

Skepsis und Vorbehalten, nur dass me<strong>in</strong>e Welt daraus bestehen soll, was ich zu<br />

glauben habe, ärgert mich schon seit frühester K<strong>in</strong>dheit. Du denkst als K<strong>in</strong>d<br />

hast du nach allem gefragt, bis es de<strong>in</strong>e Eltern nervte, so hättest du die Welt<br />

kennengelernt. Durch Fragen zu Wissen zu gelangen, sei e<strong>in</strong>e Grundstruktur,<br />

die sich bei de<strong>in</strong>er Gehirnentwicklung fest e<strong>in</strong>geprägt habe. Doch vorher hattest<br />

du auch schon Wissen, nachdem du nie gefragt hattest. Dass de<strong>in</strong>e Mutter<br />

de<strong>in</strong> Schutz und Ankerplatz <strong>in</strong> dieser Welt war, wusstest du schon, bevor du<br />

sprechen und verstehen konntest. Und dann gab es auch immer manches, was<br />

ke<strong>in</strong>er Frage bedurfte. Es war schon selbstverständlich, weil es zu de<strong>in</strong>em Leben<br />

gehörte, bevor du zum Fragen kamst. Du hast nie gefragt, warum du dich<br />

morgens anziehst und nie gefragt, warum du bei Tisch und vorm Zubettgehen<br />

beten sollst. Dass es Selbstverständlichkeiten gibt, die du nicht h<strong>in</strong>terfragst,<br />

hat sich auch bei de<strong>in</strong>er Gehirnentwicklung e<strong>in</strong>gebrannt, und du verfährst auch<br />

heute oft so.<br />

Die Vorstellung, dass vierzehn Engle<strong>in</strong> um mich stehen und mich die Nacht<br />

über behüten fand ich zauberhaft, genauso wie die gute Fee dem Fischer<br />

mehrmals e<strong>in</strong>en freien Wunsch erfüllt hatte. Die Existenz der Fee war nicht<br />

real, daran glaubte ich selbstverständlich nicht, aber an die Engle<strong>in</strong> sollte ich<br />

glauben. Ich habe nicht dagegen protestiert und konnte auch nicht vermuten,<br />

dass me<strong>in</strong>e Mutter mich belügen würde, aber skeptisch hat es mich gemacht.<br />

Nicht nur, dass die Engle<strong>in</strong> real existieren sollten, sondern auch allem weiteren,<br />

was aus dieser Richtung kam, stand ich mit größten Bedenken gegenüber. Es<br />

hätte ja so schön se<strong>in</strong> können, wenn nicht der Zwang bestanden hätte, es<br />

glauben zu müssen. Vor allem dieser Missbrauch des schönen Wortes 'glauben'<br />

hat sich mir e<strong>in</strong>geprägt. Glauben be<strong>in</strong>haltet Vertrauen, aber nicht das Aufoktroyieren<br />

von märchenhaften Geschichten, die als Wissen unter Strafandrohung<br />

für's spätere Leben den K<strong>in</strong>dern vermittelt werden. Es gibt nicht weniges,<br />

was ich gerne glauben möchte, so auch, dass das Wetter morgen schön wird,<br />

aber vieles lasse ich gar nicht dah<strong>in</strong> kommen, dass ich es zu glauben wünsche.<br />

<strong>Fremde</strong> <strong>Frau</strong> <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em <strong>Bett</strong> – Seite 3 von 15

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