Denn im Winter ist ihm kalt

nachdem der Fremde im Klostergarten ihm die Augen geöffnet hatte, konnte er mit ihr sprechen.
Auch wenn er über die Zeit vor dem Kloster nur verworrene Erinnerungsfetzen besaß, so war es
doch ein Bild, das in seinen Gedanken und Träumen immer wiederkehrte. Ein kleines Zimmerchen
mit einer Wiege. Draußen vor dem Fenster heult der Wintersturm. Auf einem niedrigen dreibeinigen
Tisch steht eine einsame Kerze. Die tanzende Flamme erleuchtet die Kammer kaum. Es sind gerade
die Umrisse der Möbel zu erahnen. Kein Laut ist zu hören, bis auf das Wüten des Sturms. Er tritt
näher an die Wiege heran. Bei jedem Schritt dehnen sich die Dimensionen des Zimmers um das
doppelte aus. Er beschleunigt seine Schritte, fängt an zu rennen. Die Kammer ist groß wie ein
Palast, die Wiege unerreichbar. Ein Schatten wird aus der Dunkelheit geboren. Eine dunkle
Silhouette schleicht um die Wiege herum. Immer wieder. Dabei singt sie mit flüsternder Stimme ein
Lied:
Eines Mitternachts am Feuer
saß ich, seltsam, ungeheuer
die Gedanken, die da drangen dumpf in meines Hirnes Sphär´
Im Kamin die tanzend Flammen
wuchsen, zuckten wild zusammen
warfen im verrückten Spiele wirre Schatten kreuz und quer
[...]
Schritte knarrten auf den Dielen
meine wirren Blicke fielen
hin zum Spiegel und mein Antlitz starrte müde zu mir her
fahl und bleich die trüben Züge
starr die totengleiche Miene
nur ein Fremder, denn ich selber kannte mich schon längst nicht mehr
[...]
Schaudernd kehrte ich mich gegen
dieses Bild, die Spiegel-Schemen
ungestüm, und meine Schritte führten mich zum Flammenmeer
schweigend stand ich, endlos lange
zitternd sich das Feuer rankte