Albvereinsblatt_2002-6.pdf
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T<br />
Zum 200. Geburtstag von Wilhelm Hauff – „Vordenker“ der Burg Lichtenstein<br />
Ein schwäbisches Fabuliergenie<br />
Von Dr. Eva Walter<br />
Es gibt in Deutschland nur zwei Bauwerke des 19. Jahrhunderts, die<br />
ihre Entstehung einer künstlerischen Gedankenwelt verdanken:<br />
Schloss Neuschwanstein, mit König Ludwig II. als Bauherr, ist<br />
von Richard Wagners Musikschaffen inspiriert. Schloss Lichtenstein,<br />
1839/41 erbaut unter Graf Wilhelm von Württemberg,<br />
entstand nach Wilhelm Hauffs schwäbischem<br />
Geschichts- und Heimatroman „Lichtenstein“ – an der<br />
Stelle über dem Echaztal, die der Dichter rund 14<br />
Jahre zuvor beschrieben hatte und die damals nur<br />
ein zerfallenes Forsthaus krönte. Wilhelm Hauff,<br />
dessen 200. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern,<br />
hat die Burg nicht mehr gesehen; er starb 1827<br />
kurz vor seinem 25. Geburtstag. Ins Herz der<br />
Lesewelt getroffen hatte der junge Dichter mit<br />
der Verlegung eines spannenden Ritterromans<br />
in die heimischen Gefilde des Jahres 1519. Den<br />
historischen Hintergrund bildet die Auseinandersetzung<br />
Herzog Ulrichs von Württemberg<br />
mit dem Schwäbischen Bund. Darin eingebettet<br />
ist eine dramatische Liebesgeschichte des jungen,<br />
aber armen Ritters Georg von Sturmfeder<br />
und der schönen Marie von Lichtenstein. Der<br />
Sage nach hielt sich damals der landflüchtige<br />
Herzog in der Nebelhöhle versteckt und fand in der<br />
Nacht Asyl auf der nahe gelegenen Burg<br />
Lichtenstein.<br />
An Phantasie und Erfindungsgabe, an romantischer Freude<br />
und erzählerischer Begabung, an Liebe zur heimatlichen<br />
Landschaft und außergewöhnlichem Arbeitstempo hat es<br />
Wilhelm Hauff nicht ermangelt. In knapp drei Jahren nach Ende<br />
seiner Ausbildung schrieb er zwei Romane („Lichtenstein“, „Der<br />
Mann im Mond“), die Gesellschaftssatire „Mitteilungen aus den<br />
Memoiren des Satans“, drei Märchenalmanache, sechs Novellen und die<br />
Geistergeschichte „Phantasien im Bremer Ratskeller“.<br />
4<br />
Als<br />
„ewiger<br />
Jüngling“<br />
ging<br />
Wilhelm<br />
Hauff in die<br />
schwäbische<br />
Literaturgeschichte<br />
ein: Miniaturporträt von<br />
Johann Michael Holder<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach/N