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460 häb 10/07 - Hamburg gegen den Schlaganfall

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DAS EDITORIAL THEMA<br />

schen Gesellschaft für Neurologie (DGN)<br />

behandelt: Es erfolgt ein Blutungsausschluss<br />

durch geeignete Bildgebung (CT<br />

oder MRT) und – bei Fehlen von Kontraindikationen<br />

– eine systemische Thrombolyse<br />

mit tPA. Dieses Vorgehen verbessert<br />

das Behandlungsergebnis mit einer<br />

> 30 % höheren Wahrscheinlichkeit, ein<br />

relevantes neurologisches Defizit (modifizierte<br />

Ranking-Skala 0-1) zurückzubehalten.<br />

Auch in der klinischen Routine ist<br />

die Thrombolyse sicher und effektiv und<br />

beim akuten <strong>Schlaganfall</strong> innerhalb von<br />

drei Stun<strong>den</strong> unumstritten.<br />

Bei Patienten, die erst nach Ablauf der<br />

dritten Stunde aber innerhalb von sechs<br />

Stun<strong>den</strong> nach Symptombeginn behandelt<br />

wer<strong>den</strong> können, sind der Nachweis<br />

eines Gefäßverschlusses sowie die I<strong>den</strong>tifikation<br />

von infarktgefährdetem Hirngewebe<br />

für die Therapieentscheidung unverzichtbar.<br />

Bei Nachweis von potentiell<br />

zu rettendem Hirngewebe wird je nach<br />

individuellem Behandlungsrisiko auch<br />

bei diesen Patienten eine systemische<br />

Thrombolyse mit tPA durchgeführt. Basis<br />

dieses Vorgehens ist die multimodale<br />

MRT-Bildgebung, mit deren Hilfe beim<br />

akuten <strong>Schlaganfall</strong> ein Gefäßverschluss<br />

nachgewiesen kann (s. Artikel „Moderne<br />

<strong>Schlaganfall</strong>bildgebung“). In mehreren<br />

Publikationen über die MRT-basierte<br />

Thrombolyse jenseits von drei Stun<strong>den</strong><br />

wur<strong>den</strong> Effektivität und Sicherheit der<br />

Thrombolyse bei MRT-basierter Patientenselektion<br />

belegt. MRT-selektierte Patienten<br />

erreichen im 6-Stun<strong>den</strong>-Zeitfenster<br />

häufiger ein gutes klinisches Ergebnis als<br />

CT-selektierte Patienten (Abb. 2). Dies gilt<br />

für die ersten drei Stun<strong>den</strong> ebenso wie<br />

für die Thrombolyse nach > 3-6 Stun<strong>den</strong>.<br />

Die Rate symptomatischer intrazerebraler<br />

Blutungen war in publizierten MRT-Studien<br />

sogar niedriger als bei <strong>den</strong> mit tPA<br />

behandelten Patienten aus <strong>den</strong> großen<br />

CT-basierten Thrombolysestudien. Die<br />

DGN weist in ihren Leitlinien zur Behandlung<br />

des akuten <strong>Schlaganfall</strong>s darauf<br />

hin, dass bei MRT-basierter Patientenauswahl<br />

ein individuell größeres Zeitfenster<br />

bestehen kann als in <strong>den</strong> Zulassungskriterien<br />

für tPA vorgesehen (www.dgn.org).<br />

Carotis-T-Verschluss<br />

Bei Verschluss der intrakraniellen A. carotis<br />

interna (sog. Carotis-T-Verschluss; CTO)<br />

im Drei-Stun<strong>den</strong>-Zeitfenster wird analog<br />

zum Versorgungsgebiet der ACM eine<br />

systemische Thrombolyse mit tPA durchgeführt.<br />

Bei Patienten, die nicht innerhalb<br />

von drei aber binnen sechs Stun<strong>den</strong> behandelt<br />

wer<strong>den</strong> können sowie bei jenen<br />

Abb. 1: Therapieschema bei akutem <strong>Schlaganfall</strong>. CTO: Carotis-T-Verschluss; BAO:<br />

Basilarisverschluss; ACM: A. cerebri media.<br />

Patienten, die nicht binnen einer Stunde<br />

nach Beginn einer systemischen Thrombolyse<br />

rekanalisiert sind, sollte analog<br />

zum <strong>Schlaganfall</strong> im Versorgungsgebiet<br />

der ACM eine multimodale Bildgebung<br />

erfolgen (Abb. 1). Je nach Befundkonstellation<br />

und individuellem Behandlungsrisiko<br />

wird unverzüglich der Versuch einer<br />

endovaskulären Gefäßrekanalisation<br />

unternommen. Ggf. wer<strong>den</strong> betroffene<br />

Patienten unverzüglich in eines der bei<strong>den</strong><br />

<strong>Hamburg</strong>er Krankenhäuser mit rundum-die-Uhr<br />

verfügbarer endovaskulärer<br />

Neuroradiologie verlegt (Universitätsklinikum<br />

<strong>Hamburg</strong>-Eppendorf und Asklepios-Klinik<br />

<strong>Hamburg</strong>-Altona). Denn beim<br />

CTO droht im Falle eines persistieren<strong>den</strong><br />

Gefäßverschlusses ein raumfordernder,<br />

maligner Hirninfarkt, welcher mit einer<br />

Mortalität bis zu 80 % verbun<strong>den</strong> ist. Die<br />

systemische Thrombolyse innerhalb von<br />

drei Stun<strong>den</strong> erhöht die Rekanalisationsrate<br />

<strong>gegen</strong>über dem Spontanverlauf und<br />

ist mit einem besseren klinischen Ergebnis<br />

verbun<strong>den</strong>. Prinzipiell gibt es daher<br />

keine Rationale dafür, Patienten mit CTO<br />

innerhalb drei Stun<strong>den</strong> nicht mit der Zeit<br />

sparen<strong>den</strong> systemischen Thrombolyse zu<br />

behandeln. Allerdings sollte bei ausbleibender<br />

Rekanalisation nach Analyse der<br />

multimodalen Bildgebung wegen Gefahr<br />

der <strong>Schlaganfall</strong>progression der Versuch<br />

einer endovaskulären Rekanalisation erwogen<br />

wer<strong>den</strong>. Da es für die Behandlung<br />

des CTO jenseits von drei Stun<strong>den</strong> keine<br />

prospektiven Studien gibt, lässt sich hier<br />

keine evi<strong>den</strong>zbasierte therapeutische<br />

Empfehlung ableiten. Die ohne Rekana-<br />

lisation sehr schlechte Prognose spricht<br />

aber dafür, bei Patienten mit noch kleiner<br />

Infarktläsion und guter Kollateralisation<br />

einen raschen, primär endovaskulären<br />

Rekanalisationsversuch mit pharmakologischen<br />

und mechanischen Mitteln zu<br />

unternehmen.<br />

Akuter Verschluss der<br />

A. basilaris<br />

Bei akutem Verschluss der A. basilaris<br />

(BAO) ist eine Einteilung in zwei Zeitfenster<br />

nicht sinnvoll. Wegen hoher Spontanmortalität<br />

des BAO von ca. 90 % ist<br />

unverzüglich eine aggressive Gefäßrekanalisation<br />

anzustreben, die auch ein endovaskuläres<br />

Vorgehen beinhaltet. Die<br />

Zeit bis zum Beginn der endovaskulären<br />

Behandlung sollte durch systemische<br />

Gabe eines GpIIb/IIIa-Inhibitors überbrückt<br />

wer<strong>den</strong> (sog. Bridging-Verfahren).<br />

Bei deutlicher Verzögerung bis zum Beginn<br />

einer endovaskulären Rekanalisation<br />

(z. B. wenn sofortige Verlegung in Krankenhaus<br />

mit interventioneller Neuroradiologie<br />

nicht möglich) sollte der Versuch<br />

einer systemischen Thrombolyse mit tPA<br />

durchgeführt wer<strong>den</strong>. Die Indikation<br />

zur späten Rekanalisation ist immer eine<br />

Einzelfallentscheidung und sollte von erfahrenen<br />

Zentren mit interventioneller<br />

Neuroradiologie geprüft wer<strong>den</strong>. Bei<br />

schwerer Bewusstseinsstörung > 6 Stun<strong>den</strong><br />

oder bei ausgedehnten Infarktarealen<br />

sollte die Indikation für eine Rekanalisationsbehandlung<br />

nicht mehr gestellt<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

<strong>häb</strong> <strong>10</strong>/<strong>07</strong><br />

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