PDF (4.0 MB) - Internationaler Mariologischer Arbeitskreis Kevelaer
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1 MARIOLOGISCHES<br />
März 2006<br />
1 Beilage des IMAK <strong>Kevelaer</strong><br />
JOSEFSTUDIEN<br />
German Rovira<br />
Die Bedeutung des hl. Josef<br />
in der Heilsgeschichte<br />
Wenn wir die Bedeutung des hl. Josef in der<br />
Geschichte betrachten wollen, müssen wir uns<br />
zuerst fragen: Wer macht die Geschichte? Denn<br />
Geschichte ist ein sehr komplexer Begriff; jeder<br />
Mensch hat seine eigene Geschichte und<br />
diese wirkt irgendwie in die Geschichte einer<br />
Epoche.<br />
Die Geschichte eines Menschen ist also ein<br />
Teil der Geschichte seiner Mitmenschen und<br />
zugleich ein Teil der Heilsgeschichte. Am deutlichsten<br />
wird das, wenn wir unsere eigene Geschichte<br />
vergleichen mit der Geschichte unserer<br />
Eltern und Geschwister oder mit der Geschichte<br />
der Menschen, mit denen wir eng verbunden<br />
sind oder waren. Diese Menschen waren für uns<br />
Gelegenheit, Gott zu begegnen oder zu sündigen,<br />
um es kurz so zusammenzufassen. Jeder<br />
Heiliger Josef mit Jesuskind<br />
von uns hat in der Nachfolge Christi auch eine<br />
wichtige Bedeutung in der Heilsgeschichte: Jesus<br />
will durch jeden von uns erfahrbar machen,<br />
was er gelehrt und für uns getan hat. Die Heilsgeschichte<br />
beginnt sofort nach dem Sündenfall:<br />
„Da sprach Gott, der Herr, zur Schlange:<br />
... Feindschaft setze ich zwischen dich und die<br />
Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren<br />
Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf und du triffst<br />
ihn an der Ferse!“ (Gen 3,15). Nun, auch wir<br />
stehen in diesem Kampf und müssen mit der<br />
Hilfe Gottes den Angriffen des Teufels widerstehen,<br />
bis wir am Ende mit dem Herrn und seiner<br />
Gnade siegen werden. Die Heilsgeschichte<br />
ist also die Geschichte des Kampfes, den wir<br />
zusammen mit Jesus und Gott führen. „Die<br />
Erlösung der Welt, die Wiedergeburt dieser Welt<br />
und all ihrer Bewohner hängt irgendwie, auf<br />
geheimnisvolle Weise,<br />
ab von uns, Gottes eigenen<br />
Geschöpfen: Er<br />
will unsere Mitarbeit<br />
und unser Bemühen.“ 1<br />
Manche mögen unter<br />
Heilsgeschichte nur<br />
das verstehen, was<br />
allein Gott und sein<br />
Sohn Jesus Christus<br />
für uns getan haben<br />
und noch tun (wie z.<br />
B. durch sein Wirken<br />
in den Sakramenten<br />
oder durch seine Lehre<br />
in der Kirche). Das<br />
ist aber die Geschichte<br />
der Wohltaten Gottes<br />
an den gefallenen<br />
Menschen, in concreto<br />
sind es die Taten des<br />
menschgewordenen<br />
Sohnes Gottes und das<br />
Werk der Erlösung. Er<br />
selbst hat es im Alten<br />
Testament schon angekündigt<br />
und durch<br />
das Neue Testament<br />
und die Heilige Tradition<br />
davon berichtet.<br />
Nun, wenn wir Heilsgeschichte<br />
als Wirken<br />
Gottes und gleichzeitig<br />
auch als Mitwirken<br />
des Menschen verstehen,<br />
dann muss man<br />
die Hingabe des hl.<br />
Josef an das Werk der<br />
Erlösung miteinbeziehen.<br />
Diese Hingabe,<br />
mit der der hl. Josef Jesus<br />
und Maria diente,<br />
INHALT<br />
German Rovira<br />
1 Die Bedeutung des hl. Josef<br />
in der Heilsgeschichte<br />
2 Roland Gauthier -<br />
ein verdienter Josefverehrer<br />
und Josefforscher<br />
Emil Valasek<br />
3 Im Barockzeitalter wurde<br />
der hl. Josef zum Vorbild<br />
aller Väter<br />
P. Josef Kohlhaas<br />
4 Gedicht:<br />
Gott möge vermehren<br />
ist der grundlegende Aspekt der Verehrung<br />
des hl. Josef. Sie ist in ihrer Bedeutung nur zu<br />
ermessen, wenn wir sehen, welche Aufgabe<br />
dieser Heilige durch seinen Dienst an Jesus in<br />
der Heilsgeschichte erfüllte, und zwar als Gehilfe<br />
des Herrn. Picot 2 hat diese Rolle des hl. Josef<br />
in der Heilsgeschichte mit einem Beispiel beim<br />
IX. Josefsymposion in <strong>Kevelaer</strong> unterstrichen,<br />
indem er Josef als „«sauveur» du Sauveur et<br />
son rôle dans la possibilité de la Redemption<br />
par la Croix“ zeigte, also Josef als Retter des<br />
Heilandes und seine Aufgabe als Ermöglichung<br />
der Erlösung durch das Kreuz.<br />
Nun, die Kirche lehrt uns, welche Aufgabe Josef<br />
beim Werk der Erlösung hatte: Er sollte den<br />
göttlichen Vater Jesu hier auf Erden vertreten<br />
und durch die treue Erfüllung seines Auftrags<br />
der göttlichen Vorsehung ermöglichen, dass<br />
Jesus heranwuchs und kräftig wurde. „Das Kind<br />
wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte<br />
es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf<br />
ihm“ (Lk 2,40). - „...er fand Gefallen bei Gott<br />
und den Menschen“ (Lk 2,52). Sicherlich, es<br />
geschah, weil Gott es so gewollt hat; denn, ich<br />
wiederhole es, hier zählen die Taten Jesu, die er,<br />
der Gott ist, für uns vollbrachte. Aber bei der<br />
unerforschlichen Vorsehung Gottes gehören zu<br />
diesen Taten auch die Werke und Aufgaben,<br />
welche Josef für Jesus und mit Ihm ausführte.<br />
Weil Gott in seiner Vorsehung alles so plante,<br />
ist der hl. Josef für die Heilsgeschichte so bedeutend,<br />
insofern er Jesus ermöglichte, Seine<br />
Heilstaten zu wirken. Aber, und ich wiederhole<br />
es nochmals, es geschah, weil Gott als unser<br />
Schöpfer und Erlöser es in Seinem unerforschlichen<br />
Ratschluss so vorsah: Er wollte, dass Josef<br />
so handelte und deswegen hat Gott ihn auserwählt.<br />
Jesus und Josef haben Vieles gemeinsam<br />
getan. Jesus Christus kam in die Welt, um uns zu<br />
erlösen, „zu unserem Heil“, wie wir es im Glaubensbekenntnis<br />
bekennen. Er hat uns erlöst und<br />
gelehrt, Gutes zu tun, „bis zu dem Tag, an dem<br />
Er in den Himmel aufgenommen wurde“ (Apg<br />
1,1). Die Taten Jesu sind noch wichtiger als seine<br />
Lehre, denn diese wäre nicht glaubwürdig,<br />
hätte er nicht getan, was er lehrte: man kann
2 JOSEFSTUDIEN<br />
Privat. Jetzt ist diese Statue in Litauen<br />
Gutes reden, wenn man auch böse ist (vergl.<br />
Mt 12,34, auch 23,2-32). Am Fest der Heiligen<br />
Familie lesen wir in der Lesehore das Bekenntnis<br />
des Papstes Paul VI. vor dem Haus von Nazaret:<br />
„Hier lernen wir mit Leichtigkeit die Weise und<br />
den Weg der Christuserkenntnis. Hier wird uns<br />
besonders klar, wie sehr man auf die ganze Umwelt<br />
achten muss, in der sein Wohnen unter uns<br />
eingebettet ist: Zeit, Ort, Gebräuche, Sprache,<br />
heilige Riten und endlich alles, wodurch Jesus<br />
sich der Welt offenbarte“ 3 .<br />
Unter diesen Umständen hat das Leben Jesu im<br />
Verborgenen eine hervorragende Bedeutung,<br />
bei der sein Leben mit den Taten und der Hingabe<br />
des hl. Josef eins sind. Die Heilige Tradition<br />
überliefert uns, wenn auch nicht ausführlich,<br />
aber ziemlich reflektiert, die Werke und Tugenden<br />
Jesu in dieser Zeit und parallel dazu, was<br />
der hl. Josef während der Jahre des verborgenen<br />
Lebens tat. Und dies ist für uns sehr wichtig.<br />
Das Leben des Sohnes Gottes hier auf Erden<br />
im Verborgenen ist für uns exemplarisch und<br />
wir lernen dadurch, unter anderem, wozu das<br />
Fließen der Zeit und das Älter-Werden von Jugend<br />
an dienen: sich zu heiligen. Die Tradition<br />
bezeichnet Gott als den Autor der Bibel: Deus<br />
auctor 4 ist ein gängiger Ausdruck der Kirchenväter.<br />
Die Väter betrachten das Wort Gottes,<br />
das sich in der Bibel findet, und gehen mit<br />
höchster Sorgfalt mit diesem Geheimnis um.<br />
Später, besonders in der heutigen Zeit, sieht<br />
man in der Schrift vor allem das menschliche<br />
Wort 5 . Das ist zweifelsohne bereichernd für das<br />
Studium der Heiligen Schrift. Wir verstehen das<br />
Wort Gottes besser, wenn wir die historischen<br />
Gegebenheiten des Verfassers eines Buches der<br />
Bibel genauer kennen. Jedoch darf man das<br />
Wesentliche in der Schrift nicht übersehen: dass<br />
sie vom Heiligen Geist inspiriert, eingegeben<br />
ist. Nur so kommt man zu dem Schluss, dass<br />
das über das verborgene Leben Jesu Gesagte<br />
von transzendentaler Bedeutung für uns ist.<br />
Es hat eine Bedeutung, die man nicht überspringen<br />
und vergessen darf. Gewiss, das Werk<br />
der Menschwerdung und unserer Erlösung ist<br />
ein Geheimnis Gottes, ein Mysterium. Dieses<br />
Mysterium des verborgenen Lebens Jesu ist,<br />
um es einmal so auszudrücken, das «Passwort»<br />
für die Mitwirkung Marias und Josefs an diesem<br />
Werk, wie Prof. Dr. Tarcisio Stramare in seinem<br />
Vortrag beim Symposion formulierte, um die<br />
Wichtigkeit der Mariologie und Josefologie zu<br />
begründen 6 . Die Taten des hl. Josef kann man<br />
als unbedeutend oder selbstverständlich für das<br />
Werk der Menschwerdung und der Erlösung<br />
betrachten; aber damit versperren wir uns dem<br />
Mysterium salutis, das von Ewigkeit her vorgesehen<br />
ist. Wenn wir die Taten, die Jesus, Maria<br />
und Josef gemeinsam verrichteten, nicht als für<br />
unser Heil unentbehrlich betrachten, verneinen<br />
wir zumindest einen Teil der Offenbarung, die<br />
uns das alles lehrt.<br />
Das Geheimnis unseres Heils schließt das Wirken<br />
Marias und Josefs ein. Gerade deshalb ist es so<br />
bedeutend: weil es im ewigen und unerforschlichen<br />
Ratschluss Gottes vorgesehen ist. „Die<br />
heiligen Eltern Jesu eröffnen den Menschen<br />
den Weg, dem Mysterium Christi näher zu<br />
kommen“ 7 . So unterstreicht der Heilige Vater<br />
Benedikt XVI. die Rolle des hl. Josef im Leben<br />
Jesu in seinem Grußwort an alle Teilnehmer<br />
des IX. Symposions über den hl. Josef. Die Hingabe<br />
Marias und Josefs an das Geheimnis der<br />
Werke Jesu einte sie mit dem Erlöser, und das<br />
in einer Form, die selbst wieder ein Geheimnis<br />
ist. Diese Einheit nannte Jean Gerson, wenn er<br />
von der Heiligen Familie<br />
sprach, - mit einem<br />
für manche gewagten<br />
Ausdruck - die Trinitas<br />
terrestris in Analogie<br />
zur Trinitas coelestis 8 .<br />
Dieses dreifaltige Wirken<br />
der Heiligen Familie<br />
wird eins mit dem<br />
Wirken Jesu und ist<br />
immer in der Liebe begründet.<br />
Der Mensch<br />
ist Abbild Gottes vor<br />
allem, wenn er liebt.<br />
Alle Tugenden des<br />
Christen sind in dieser<br />
Trinität vertreten:<br />
die theologischen wie<br />
die menschlichen, die<br />
durch die Gnade erhoben<br />
sind und so in<br />
der Tat auch zu übernatürlichen<br />
Tugenden<br />
werden. Angefangen<br />
beim vorbildlichen<br />
Glauben des hl. Josef<br />
und seiner exemplarischen<br />
Wichtigkeit für<br />
uns sind das Nachdenken<br />
und das daraus folgende<br />
Handeln dieses<br />
Heiligen 9 von größter<br />
heils geschicht licher<br />
Bedeutung im Werk<br />
unseres Erlösers und<br />
- dementsprechend -<br />
für uns, wie Prof. Dr.<br />
Krupa ausführte. Auch<br />
die Hoffnung zeigt sich<br />
im Leben des hl. Josef:<br />
als er z. B. entschied,<br />
seine geliebte Braut zu<br />
verlassen (Mt 1,19-24)<br />
oder als er durch die<br />
Flucht nach Ägypten<br />
das Leben Jesu rettete<br />
(Mt 2,14) oder schließlich,<br />
aber nicht zuletzt,<br />
EL Greco: St. Josef mit dem Jesusknaben, Toledo<br />
als er für die Geburt des Herrn des Himmels<br />
und der Erde eine Herberge suchte (Lk 2,7).<br />
Andere wären in solchen Situationen verzweifelt<br />
gewesen. Josef aber überlegte bei solchen<br />
Schwierigkeiten, bevor er – auf Gott hoffend<br />
– handelte (vergl. Mt 1,20). Gott wollte in einer<br />
menschlichen Familie zur Welt kommen und<br />
„zu diesem Geheimnis gehört die wahre Vaterschaft:<br />
die menschliche Gestalt der Familie des<br />
Gottessohnes... In ihr ist Josef der Vater: seine<br />
Vaterschaft geht nicht auf die Zeugung von Kindern<br />
zurück; trotzdem ist sie nicht «scheinbar»<br />
oder nur «Ersatz », sondern sie besitzt die volle<br />
Authentizität der menschlichen Vaterschaft“ 10 .<br />
Nun, das lehrte uns verbindlich der Heilige Vater<br />
Johannes Paul II. und das macht die Bedeutung<br />
des hl. Josef für die Kirche deutlich. Gewiss, wir<br />
brauchen die Hilfe der Heiligen nicht zwingend<br />
für unser Heil; aber wir würden ärmer ohne den<br />
Beistand der Jungfrau Maria und der anderen<br />
Heiligen. Wenn Gott uns schon die Fürsprache<br />
der Heiligen „angeboten“ hat, dann dürfen und<br />
sollen wir sie annehmen. Es wäre vielleicht ein<br />
Zeichen des Stolzes, sie auszuschlagen.<br />
Die Aufgaben der Josefologie<br />
Es ist sehr wichtig, alle die genannten Gegebenheiten,<br />
von denen uns im Matthäus- und<br />
Lukasevangelium berichtet wird, inhaltlich und<br />
in ihrer Bedeutung für die Heilsgeschichte zu
JOSEFSTUDIEN 3<br />
Das Volk Gottes, die Gemeinschaft der Heiligen,<br />
hat immer nicht nur die Arbeit der echten<br />
Theologen gefördert, sondern auch die wahre<br />
und authentische Theologie getragen. Was in<br />
die Katechismen oder Kompendien der katholischen<br />
Lehre im Laufe der Jahrhunderte aufgenommen<br />
worden ist und weiterhin wird, ist<br />
das, was für die Glieder des mystischen Leibes<br />
Christi geistige Nahrung und Quelle für ihr<br />
Glaubenswissen ist und mit den Lehren des<br />
Lehramtes im Einklang steht. Das Kompendium<br />
der Lehre der Kirche sagt dies mit kurzen Worten<br />
so: „Durch den übernatürlichen Glaubenssinn<br />
hält das Volk Gottes unter der Leitung des<br />
lebendigen Lehramtes der Kirche den Glauben<br />
unverlierbar fest“ 13 . In den Predigten, durch<br />
die die Gläubigen in ihrem Glauben gefestigt<br />
werden und die deshalb meistens in den Gottesdiensten<br />
gehalten werden, handelt die Kirche<br />
nach dem Beispiel unseres Herrn, der den<br />
Armen das Evangelium verkündigte (Mt 11,5).<br />
Und es ist nicht nötig, den Terminus Arme hier<br />
zu erklären: Es sind einfach diejenigen, die von<br />
den Schriftgelehrten gering oder als ignorant,<br />
auf jeden Fall als unscheinbar und unbedeutend<br />
für die große Wissenschaft und den Verlauf der<br />
Weltgeschichte gehalten werden; es sind die<br />
Demütigen und Treuen, die anawim Israels:<br />
dieses Volk, das vom Gesetz nichts versteht (Joh<br />
7,49). Für diese Unscheinbaren hat Christus die<br />
Hierarchie errichtet, deren wichtigstes Streben<br />
die Verkündigung des Evangeliums ist; denn das<br />
gläubige Volk soll zur Erkenntnis geführt und<br />
ermutigt werden, das zu leben, was ihm vorgeuntersuchen.<br />
An Hand der Tradition müssen<br />
Gestalt und Bedeutung des hl. Josef im Werk<br />
der Menschwerdung und Erlösung und in ihrer<br />
heilsgeschichtlichen Bedeutung bewertet werden.<br />
Man kann die Fülle der Aspekte im verborgenen<br />
Lebens Jesu und die Bedeutung des hl.<br />
Josef als Ernährer, Beschützer und Lehrer in der<br />
Heiligen Familie nicht pauschal mit einem Satz<br />
beschreiben. Der Jude Robert Aron 11 hat ein<br />
sehr wertvolles Buch geschrieben und in einer<br />
von Liebe getragenen Analyse des verborgenen<br />
Lebens Jesu - auch wenn er dessen Gottheit<br />
nicht glaubt - einen teilweise erhellenden Beitrag<br />
zur Forschung dieser Zeitspanne im Leben<br />
Jesu geliefert. Er hat einfach das, was die Evangelien<br />
kurz berichten, im Lichte des jüdischen<br />
Glaubens und des damaligen Brauchtums in Palästina<br />
interpretiert und beschrieben. Es ist die<br />
Aufgabe der Theologie, die Bedeutung dieser<br />
Gegebenheiten im Werk der Menschwerdung<br />
und Erlösung gebührend zu studieren, weil die<br />
Erlösung das Werk eines Menschen ist, der Gott<br />
war, und nicht ein unabhängiges Werk: Jesus<br />
Christus hat uns schon im verborgenen Leben<br />
und sogar schon im Schoße seiner Mutter erlöst.<br />
Alle Werke Gottes sind eins; und insbesondere<br />
für unsere begrenzte Sichtweite dürfen wir<br />
Menschwerdung Gottes und Erlösung durch<br />
Jesus Christus nicht als zwei getrennte Werke<br />
Gottes sehen, als ob die Christologie und die<br />
Sotereologie zwei verschiedene Wissenschaften<br />
wären. Die Betonung der Einheit ist ein Hauptanliegen<br />
der so belächelten Josefologie. Und<br />
allein dieses Anliegen zu fördern rechtfertigt<br />
schon die Abhaltung periodischer Tagungen,<br />
wobei die Symposien nur einen kleinen Teil<br />
ausmachen.<br />
Man kann Theologie in unserer Zeit nicht allein<br />
als gelehrtes Forschen über Werke und Leben<br />
der vielen großen Theologen der Vergangenheit<br />
betreiben. Das ist natürlich eine wichtige<br />
Aufgabe der theologischen Bibliographie. Und<br />
diese Theologie ist sicher notwendig in Forschung<br />
und Lehre. Aber man muss sie weiter<br />
entwickeln: Sie muss die Wahrheiten unseres<br />
Glaubens und unsere Frömmigkeit vertiefen<br />
und begründen. Die Offenbarung hat eine so<br />
unendliche Transzendenz, dass man immer<br />
weiter forschen muss, um das Wort Gottes<br />
deutlicher zu verstehen. Dies geschieht besonders<br />
beim Beten und deshalb soll die Theologie<br />
eine kniende Wissenschaft sein. Man muss darüber<br />
nachdenken, was das verborgene Leben<br />
unseres Herrn für unser Heil bedeutet; und<br />
hier sind die Mariologie und die Josefologie<br />
ein bedeutsamer Teil theologischer Arbeit. Es<br />
ist ein Irrtum, die Hingabe Josefs an das Werk<br />
der Menschwerdung und demzufolge der Erlösung,<br />
zu ignorieren. Die Christologie wäre<br />
ärmer ohne die Mariologie und diese hinkt<br />
auch ohne den Beitrag der Josefologie: Alle drei<br />
ergänzen sich in dem Bemühen, die Gestalt und<br />
die Wirklichkeit unseres Erlösers zu erkennen.<br />
Es genügt nicht, in Predigten die Vorbildfunktion<br />
und Heilsbedeutung des hl. Josef herauszustellen<br />
und allenfalls dazu anzuregen, den<br />
Heiligen als Fürsprecher für Vieles anzurufen.<br />
Es geht nicht allein um die Frömmigkeit des<br />
Volkes Gottes; es geht viel mehr um die Wahrheit,<br />
an der sich die Frömmigkeit des Volkes<br />
Gottes ausrichten muss. Ich wiederhole, man<br />
muss weiter theologisch untersuchen, welche<br />
Aufgabe im Werk der Menschwerdung Gott<br />
dem hl. Josef übertragen hat. Man kann dies<br />
auch aus anderen Perspektiven darlegen. Man<br />
kann z. B. untersuchen, wie sich die Verehrung<br />
des hl. Josef im spirituellen, historischen,<br />
künstlerischen, kunstgeschichtlichen und sogar<br />
pastoralen Bereich entfaltet hat. Dies ist eine<br />
Aufgabe der Josefologie: das zu analysieren und<br />
festzustellen, was sich daraus ergibt. Diese Aspekte<br />
sind stricte sensu auch Bereiche, welche<br />
die Theologie, als die Wissenschaft über die<br />
Offenbarung, prüfen soll, um zu sehen, wie<br />
der Hl. Geist, der Geist der Wahrheit auch im<br />
Volke Gottes wirkt; im weiteren Sinn sind diese<br />
Aspekte auch Teil der Theologie. Die Autoren,<br />
welche die Gestalt des hl. Josef hier auf Erden<br />
und seine Verehrung studiert haben, verdienen<br />
Lob und Dankbarkeit: Sie zeigen uns in concreto<br />
die Werke Gottes in der Heilsgeschichte, die<br />
noch nicht abgelaufen ist. Sie zeigen es an sehr<br />
wichtigen Beispielen.<br />
Die Verehrung des hl. Josef hat im Laufe der<br />
Jahrhunderte zunehmend an Bedeutung gewonnen.<br />
Es ist unverantwortlich, den hl. Josef als<br />
ein Randfigur unseres Glaubens bekenntnisses<br />
zu betrachten, nachdem der sel. Pius IX. diesen<br />
zum Schutzpatron der Kirche erklärt hat. Die<br />
Theologie muss dem hl. Josef den ihm zustehenden<br />
Rang gewähren. Dann wird man gar<br />
nicht daran vorbeikommen, die Bedeutung des<br />
hl. Josef in der Heilsgeschichte zu bedenken und<br />
zu würdigen. Dabei kommt es darauf an, nicht<br />
nur immer wieder Altes zu wiederholen, sondern<br />
durch Entdeckung neuer Gesichtspunkte<br />
die Verehrung des Heiligen tiefer zu begründen<br />
und zu fördern. Die Aufgabe muss die Theologie<br />
unbedingt wahrnehmen, denn es ist eine<br />
sehr schwerwiegende Pflicht der Kirche, immer<br />
wieder die Lehre des Heiles zu verkünden, damit<br />
der Ruf des Herrn an die Kirche richtig wahrgenommen<br />
wird. Dies ist – unter anderen - eine<br />
Aufgabe der Theologie, wie Thomas von Aquin<br />
lehrte, und zwar die wichtigste und zentralste 12 .<br />
Die Verkündigung soll begleitet werden von<br />
der Forschung. Und hier spielt die Josefologie<br />
eine Rolle.<br />
Die Aufgabe der Verkündigung<br />
In der Sakristei d. dt. Klarissen in Assisi<br />
tragen wird. „Die besondere Berufung der gläubigen<br />
Laien besteht darin, das Reich Gottes zu<br />
suchen, indem sie die zeitlichen Dinge Gott gemäß<br />
erleuchten und ordnen“ 14 . Das geschieht,<br />
wenn das Volk Gottes über die Wahrheiten<br />
unseres Glaubens unterrichtet wird und, wenn<br />
es erforderlich ist, durch Lehrentscheidungen<br />
der Kirche die Wahrheiten besser erkennt. „Die<br />
Bischöfe haben in der Gemeinschaft mit dem<br />
Papst, als authentische, mit der Autorität Christi<br />
versehene Zeugen des apostolischen Glaubens<br />
allen getreu und mit Vollmacht das Evangelium<br />
zu verkünden“ 15 .<br />
So kamen Kardinäle, Bischöfe und Priester<br />
nach <strong>Kevelaer</strong> und predigten während des IX.<br />
Symposions über den hl. Josef von der Macht<br />
und Güte und Heiligkeit des Schutzpatrons<br />
der Kirche. Man wollte die Gelegenheit des<br />
Symposions erstmals auch für eine pastorale<br />
Zielsetzung nutzen und organisierte deshalb<br />
neben dem wissenschaftlichen Teil auch einen<br />
pastoralen, um die Verehrung dieses großen<br />
Heiligen neu zu beleben. Dafür gibt uns wiederum<br />
das Kompendium einen wunderbaren<br />
Ansporn: „Während des verborgenen Lebens<br />
in Nazaret verbleibt Jesus im Schweigen eines<br />
gewöhnlichen Daseins. So ermöglicht er uns,<br />
in der Heiligkeit eines alltäglichen Lebens, das<br />
aus Gebet, Einfachheit, Arbeit und familiärer<br />
Liebe besteht, in Gemeinschaft mit ihm zu sein.<br />
Seine Unterordnung unter Maria und Josef ...<br />
ist ein Bild seines Sohnesgehorsams gegenüber<br />
dem Vater. Maria und Josef nehmen das<br />
Mysterium Jesu im Glauben an, auch wenn<br />
sie es nicht immer verstehen“ 16 . Dies hat auch<br />
Benedikt XVI. beim IX. Symposion über den<br />
hl. Josef unterstrichen, als er den Teilnehmern<br />
in seinem Grußwort sagte: „Die Braut und ihr<br />
Gemahl, die Mutter und der Vater Jesu bilden<br />
gemeinsam den Raum, in dem das Göttliche<br />
Wort Heimstatt nimmt. «Ist das nicht Jesus, der<br />
Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen?»<br />
(Joh 6,42), fragen die Juden, um sich das
4 JOSEFSTUDIEN<br />
Holland, Geschäft für Antiquitäten<br />
Geheimnis des Gottessohns zu erklären“ 17 . Die<br />
Pastoral soll und will sich immer an die jeweiligen<br />
Bedürfnisse des einfachen Menschen richten:<br />
ihm soll vor allem die unverwechselbare<br />
Wahrheit des Evangeliums verkündet werden;<br />
und das soll geschehen nach den Erfordernissen<br />
einer jeden Zeit. Die Pastoral aber soll sich<br />
richten nach dem Lehramt. Sie darf nicht ohrenschmeichelnd<br />
das sagen, was „ankommt“,<br />
was man hören will, sondern muss sagen, was<br />
ankommen soll, weil es wahr ist. „Die Katechese<br />
ist mit einigen Elementen des Seelsorgeauftrages<br />
der Kirche eng verknüpft, die selbst<br />
einen katechetischen Charakter haben, auf die<br />
Katechese vorbereiten oder aus ihr folgen: die<br />
Erstverkündigung des Evangeliums, das heißt<br />
die missionarische Predigt zur Weckung des<br />
Glaubens; die Suche nach Gründen, zu glauben;<br />
die Erfahrung des christlichen Lebens; die<br />
Feier der Sakramente; die Eingliederung in die<br />
kirchliche Gemeinschaft sowie das apostolische<br />
und missionarische Zeugnis“ 18 .<br />
Neben den Predigten der Hirten des Volkes<br />
Gottes arbeiteten die Gelehrten (Bischöfe, Priester<br />
und Laien) in der Josefologie. Sie sollten vor<br />
allem die Lehre der Kirche vertiefen, aber auch,<br />
wie gesagt, neue Aspekte der Bedeutung des hl.<br />
Josef in der Heilsgeschichte diskutieren: Welche<br />
Bedeutung haben das Leben, die Hingabe und<br />
die Taten des hl. Josef, welche Bedeutung hat<br />
die sich daraus ergebende Verehrung dieses<br />
Heiligen? Sie sollten die Formulierungen finden,<br />
welche die Lehre besser erklären. Nicht die<br />
„umstrittenen“ Fragen, welche in der Theologie<br />
häufig unnötigerweise immer wieder gestellt<br />
werden, sollten die Sorge der Hirten sein und<br />
noch weniger die des Volkes Gottes, sondern<br />
die Wahrheit und das, was den klaren Aussagen<br />
des Lehramtes nicht widerspricht. Das Volk will<br />
vor allem wissen, wie jeder Mensch Gott zu<br />
dienen hat und wie es die Heiligen verehren<br />
soll und ihre Hilfe erwarten darf. Gemäß der<br />
eindringlichen Mahnung unseres Herrn muss<br />
der Christ sich an das Lehramt halten: „...denn<br />
auch der Menschensohn ist nicht gekommen,<br />
um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen<br />
und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für<br />
viele“ (Mt 20,28). Der Christ ist in der Nachfolge<br />
Jesu verpflichtet, wie Maria und Josef so<br />
zu handeln, dass er Mitarbeiter Gottes an der<br />
Heilsgeschichte wird. Die Prediger haben uns<br />
eindringlich ermahnt, auf den Spuren des hl.<br />
Josef zu gehen, mit dem Wissen, dass wir auf<br />
diese Weise viel besser den Auftrag des Herrn<br />
erfüllen werden. Wir sollen verstehen, wie sich<br />
Maria und Josef das Werk der Erlösung ihres<br />
Sohnes zu Eigen gemacht haben, indem sie<br />
ihr Leben aufopferten, d. h. sich diesem Werk<br />
hingegeben und dadurch uns gedient haben.<br />
Der Dienst, den Maria und Josef Jesus leisteten,<br />
war zuerst ein Dienst an Gott; weil Jesus der<br />
Sohn Gottes war, der unseretwegen Mensch<br />
geworden ist: „Den Menschen hast du nach<br />
deinem Bilde geschaffen und ihm die Sorge<br />
für die ganze Welt anvertraut... Als er (aber) in<br />
Ungehorsam deine Freundschaft verlor und der<br />
Macht des Todes verfiel, hast du ihn dennoch<br />
nicht verlassen... Er ist Mensch geworden durch<br />
den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau<br />
Maria und hat wie wir als Mensch gelebt, in<br />
allem uns gleich außer der Sünde“ 19 .<br />
Man könnte den Einwand vorbringen, das klinge<br />
alles nach Manipulation, Überredung oder<br />
gar Zwang. Nein, das ist nicht gemeint und darf<br />
auch nicht sein. Wie das Kompendium sagt: „...<br />
die Würde der menschlichen Person (verlangt),<br />
dass im religiösen Bereich niemand gezwungen<br />
wird, gegen sein Gewissen zu handeln, noch<br />
daran gehindert wird, privat und öffentlich,<br />
einzeln oder in Verbindung mit anderen innerhalb<br />
der gerechten Grenzen der öffentlichen<br />
Ordnung nach seinem Gewissen zu handeln“ 20 .<br />
Es stimmt aber auch: Wenn jemand Katholik<br />
sein will, ist er verpflichtet, sich an die Lehre der<br />
Kirche zu halten. Vor allem darf er eigenes „Meinen“<br />
nicht schon für Gewissensentscheidungen<br />
halten. Tun, was das Gewissen uns sagt, bedeutet<br />
nicht, dass jeder Mensch machen kann, was<br />
er will; vielmehr soll er sich richten nach dem,<br />
was Recht ist, er soll wollen, was Gott für uns<br />
wünscht. Er erfährt dieses Recht in seinem Gewissen,<br />
wenn es recht gebildet ist. Das erfordert<br />
vom Menschen bei wichtigen Entscheidungen<br />
die aufrichtige Gewissensprüfung und dementsprechend<br />
vorher die Gewissensbildung. Und<br />
genau das war es auch, was die Hirten während<br />
des Symposions in <strong>Kevelaer</strong> verkündeten; darüber<br />
wurde in den Predigten des Symposions<br />
gesprochen: Der heilige Josef war und ist ein<br />
Vorbild für uns, an dem wir erfahren können,<br />
wie die Gewissensfragen im Gebet und in der<br />
Liebe zum Guten gelöst werden.<br />
Das Symposion über den heiligen Josef<br />
Es ist von daher natürlich, dass die meisten Referenten<br />
des Symposions über die Bedeutung<br />
Josefs für die Heilsgeschichte reflektierten und<br />
dabei auf die Gegebenheiten des verborgenen<br />
Lebens Jesu ausgerichtet waren. Im Laufe des<br />
Symposions wurden die Gläubigen nicht nur<br />
auf verschiedene und relevante Taten Josefs, von<br />
denen das Evangelium berichtet, hingewiesen,<br />
etwa zur Förderung der „privaten“ Askese und<br />
Frömmigkeit, sondern auch und insbesondere<br />
auf die Heilsbedeutung dieser Taten. So wurden<br />
theologisch einwandfrei dargelegt: die Bedeutung<br />
der Verkündigung des Engels über die von<br />
Gott gewünschte Vaterschaft des hl. Josef; die<br />
Ehe des hl. Josef mit der Gottesmutter und die<br />
daraus sich ergebende Vaterschaft gegenüber<br />
Jesus; die jungfräuliche Geburt Jesu und die<br />
Jungfräulichkeit der Ehe der Eltern Christi; die<br />
Davidssohnschaft des Messias durch den hl.<br />
Josef; die Bedeutung der Flucht nach Ägypten;<br />
der Verlust und die Wiederfindung Jesu im Tempel;<br />
die Transzendenz der Arbeit, die der hl. Josef<br />
mit dem Heiland verrichtete, etc. etc...<br />
Das IX. Internationale Symposion hatte sich<br />
letztendlich vorgenommen, den Grund für die<br />
Verehrung des hl. Josef zu untersuchen. Die<br />
vorangegangenen Symposien, mit Ausnahme<br />
des ersten Symposions 1970, wo die Umstände<br />
und die Bedeutung der Proklamation des<br />
Schutzpatronats des heiligen Josef für die universale<br />
Kirche gewürdigt wurden, die vorangegangenen<br />
Symposien also studierten zum Teil<br />
verschiedene Aspekte der Verehrung des hl.<br />
Josef in der Kirche. Mehrere Symposien wurden<br />
dem Studium der Kirchenväter bezüglich ihrer<br />
Aussagen über den hl. Josef gewidmet; dann<br />
ging man durch die Jahrhunderte hin und studierte<br />
die unzähligen Autoren, die über den Heiligen<br />
geschrieben haben. Schließlich wurde das<br />
Apostolische Schreiben „Redemptoris custos“<br />
von Papst Johannes Paul II. analysiert. Deshalb<br />
sollte man die Wahl des Themas für 2005, das<br />
in El Salvador 2001 beschlossen worden ist,<br />
als den Abschluss der bis dahin behandelten<br />
Thematik ansehen und das darauf bezogene<br />
Studium für <strong>Kevelaer</strong> im Jahre 2005 würdigen:<br />
„Die Bedeutung des hl. Josef in der Heilsgeschichte“.<br />
Somit kann man für die Symposien<br />
der Zukunft übereinkommen, partielle Aspekte<br />
dieser Bedeutung, die zum geistlichen Leben<br />
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Vielen Dank!
JOSEFSTUDIEN 5<br />
der Gläubigen beitragen und die Verehrung des<br />
hl. Josef in der Geschichte der Kirche vermehren,<br />
partielle Aspekte dieser Bedeutung also zu<br />
untersuchen und ihre Wichtigkeit zu bewerten.<br />
Es wurde in <strong>Kevelaer</strong> gründlich geprüft, welche<br />
Thematik von einer größeren Aktualität ist, um<br />
die Themen der nächsten Symposien festzulegen.<br />
So ist das Thema des nächsten Symposions<br />
in Kalizs (Polen), das im Jahre 2009 stattfinden<br />
soll, von größter Relevanz: „Die Wichtigkeit<br />
der Verehrung des hl. Josef für die Welt und<br />
die moderne Kultur“. Gewiss, es waren andere<br />
Studien oder Arbeiten, die beim IX. Symposion<br />
vorgelegt wurden.<br />
Die Themen waren aber nicht nur sehr interessant,<br />
sondern auch sehr nützlich für den Verlauf<br />
des Symposions: Man sah, wie in der Geschichte<br />
vorgegangen wurde; man erfuhr von den<br />
Schwierigkeiten, welche für die Verbreitung der<br />
Josefsverehrung hinderlich waren oder man erfuhr<br />
von den Reliquien, Heiligtümern, Bildern<br />
und Andachten, die diese Devotion begünstigten<br />
und die spontan im Volke Gottes entstanden<br />
sind. Über sechzig Wissenschaftler haben<br />
in verschiedenen Sprachgruppen über die Bedeutung<br />
des hl. Josef in der Kirche gesprochen.<br />
Und es war sehr fruchtbar und erfreulich. So<br />
kann man die Verbreitung der Verehrung des<br />
Schutzpatrons der ganzen Kirche fördern.<br />
1. J. H. MATLÁRY, Love-Story – So wurde ich katholisch, Augsburg<br />
2003, S. 245.<br />
2. D. J. Picot, Joseph sauveur de Sauveur ..., Vortrag, gehalten beim<br />
IX. Symposion über den hl. Josef, vom 25. bis 02.10.05 in <strong>Kevelaer</strong>.<br />
Er wird veröffentlicht in der Dukumentation des Symposions.<br />
Daniel J. Picot ist der Leiter des Centre de Recherche et Documentation<br />
des Oratoire de St. Joseph in Montreal.<br />
3. Paul VI., Sermo in templo Annuntiationis BVM in urbe Nazareth,<br />
AAS 56 167 f.<br />
4. Vgl. M. A. Tábet, Introducción general a la Biblia, Madrid 2004 2 ,<br />
S. 59 f.<br />
5. Vgl. R. Trevijano, Patrología, Madrid BAC 1998 3 , S. XVII f.<br />
6. Siehe Dokumentation des IX. Internationalen Symposions über<br />
den hl. Josef.<br />
7. BENEDIKT XVI., Grußwort des Hl. Vaters zur Eröffnung des IX. Symposions<br />
des hl. Josef, in: Dokumentation.<br />
8. J. GERSON, Sermo de nativitate Beatae Mariae Virginis, Opera omnia,<br />
Antwerpiae 1706, Sp. 1355-1357.<br />
9. Siehe Dokumentation des IX. Josefsymposiums.<br />
10. JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Redemptoris custos, n. 21.<br />
11. R. ARON, Die verborgenes Jahre Jesu, Frankfurt a. M. 1962.<br />
12. Docere: Summa Theologica II-II, 107, 1; 181, 3 Praedicare: III,<br />
67, 1 ad 1; 2 ad 1; 71, 4 ad 3 und II-II, 10, 12 ad 5.<br />
13. Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, München<br />
2005, n. 184.<br />
14. Ibidem, n. 188.<br />
15. Ibidem, n. 184.<br />
16. Ibidem, n. 104.<br />
17. Grußwort in der Dokumentation des IX. Josefsymposiums.<br />
18. Katechismus der Katholischen Kirche, München 1993, n. 6.<br />
19. Viertes Hochgebet der Heilige Messe.<br />
20. Kompendium, n. 444.<br />
Der IMAK<br />
bittet:<br />
Bedenken Sie, lieber Leser,<br />
dass mit der Herausgabe dieser Beilage<br />
sehr hohe Kosten verbunden<br />
sind. Wir engagieren uns ehrenamtlich,<br />
um diese Beilage pünktlich und<br />
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Verfügung stellen zu können. Helfen<br />
Sie uns bitte mit Ihrer Spende<br />
für „Mariologisches“, diese Bei lage<br />
weiter fortzuführen.<br />
Wir danken Ihnen recht herzlich!<br />
Roland Gauthier - ein verdienter<br />
Josefsverehrer und Josefforscher<br />
Am 2. September 2005, kurz vor dem IX. Internationalen<br />
Josefsymposium in <strong>Kevelaer</strong>, starb<br />
Roland Gauthier im Alter von fast neunzig Jahren.<br />
Geboren wurde er in Montréal, Kanada<br />
am 2. Oktober 1915. Er wurde am 15. September<br />
1940 zum Priester geweiht und war Mitglied<br />
der Kongregation vom Heiligen Kreuz.<br />
Von Anfang an widmete er sich dem Studium<br />
der Josefologie, des Teiles der Theologie also,<br />
der sich befasst mit dem verborgenen Leben<br />
Jesu und dem von Gott auserwählten Mann,<br />
der hier auf Erden die Stelle des Vaters Jesu<br />
übernahm: dem hl. Josef.<br />
Bei der Suche nach den Schriften der Verehrer<br />
des hl. Josef, die in der Heiligen Schrift viel<br />
über die Bedeutung des Vaters Jesu entdeckt<br />
hatten, stieß er auf große Schwierigkeiten.<br />
Deshalb gründete er 1950 das Zentrum für<br />
Dokumentation und Forschung des Oratoire<br />
Saint Josef (Centre de recherche et de documentation<br />
de l‘Oratoire Saint- Josef) in Montreal.<br />
Er bereiste die<br />
ganze Welt, erwarb<br />
oder fotokopierte für<br />
die Bibliothek des Zentrums<br />
Werke aus seinem<br />
Forschungsgebiet:<br />
Inkunabel, patristische,<br />
pastorale, historische<br />
und theologische Bücher<br />
über den hl. Josef.<br />
Auch sammelte er Devotionalien,<br />
ikonographische<br />
und archäologische<br />
Werke sowie<br />
Münzen und Briefmarken.<br />
Seine unermüdliche<br />
Arbeit hat das Zentrum<br />
in Kanada zu<br />
dem wichtigsten Forschungszentrum<br />
der<br />
Josefsverehrung gemacht.<br />
1953 erfolgte die Gründung<br />
der Zeitschrift<br />
Cahiers de Joséfologie,<br />
die P. Gauthier vorantrieb<br />
und die die Estudios<br />
Josefinos von Valladolid<br />
(gegründet 1947)<br />
ergänzen sollte, indem<br />
diese Zeitschrift ein Organ<br />
auch für Schaffende<br />
im französischen<br />
Sprachraum herstellte.<br />
P. Gauthier hat viele<br />
Jahre - bis 1995 - die<br />
Zeitschrift geleitet.<br />
1999 publizierte er<br />
die große und großartige<br />
Bibliographie über<br />
den heiligen Josef, die<br />
mehr als 25.000 Bücher<br />
und Artikel über den<br />
hl. Josef umfasst. Im<br />
Mariologischen Jahrbuch Sedes sapientiae sind<br />
einige Werke besprochen, die P. Gauthier danach<br />
geschrieben hat.<br />
Vieles aus dem Wirken von P. Gauthier könnte<br />
und müsste noch gewürdigt werden. Aber<br />
wenigstens auf drei große Ereignisse soll noch<br />
kurz das Augenmerk gelenkt werden: die Einfügung<br />
des Namens des hl. Josef in den Kanon<br />
der Messe (am 13.11.1962 durch JO-<br />
HANNES XXIII.); das 1. Symposion über den<br />
hl. Josef von 1970 (aus Anlass der 1. Jahrhundertfeier<br />
der Proklamation des Patronats des<br />
hl. Josef über die ganze Kirche); und schließlich<br />
auf das Apostolische Schreiben Redemptoris<br />
custos von JOHANNES PAUL II. (wiederum<br />
aus Anlass der 1. Jahrhundertfeier der<br />
Enzyklika Quamquam pluries). Bei allen drei<br />
Ereignissen hat P. Roland Gauthier durch Anregungen<br />
und Mitarbeit sein umfangreiches<br />
Wissen eingebracht.<br />
Der Herr möge dem verdienten Josefsverehrer<br />
und Josefologen die ewige Ruhe gewähren!<br />
Heimsuchung Mariens. Wallfahrtskirche „Unsere liebe Frau” von Todtmoos/<br />
Schwarzwald.
6 JOSEFSTUDIEN<br />
Emil Valasek<br />
Im Barockzeitalter wurde der hl. Joseph<br />
zum Vorbild aller Väter<br />
In den Schriften des Neuen Testaments erscheint<br />
Joseph, „der Mann Marias, von der Jesus<br />
geboren wurde“ (Mt 1,16) als eine deutlich<br />
herausgehobene Persönlichkeit. Das Matthäus-Evangelium<br />
beginnt mit der feierlichen Aufzählung<br />
des Stammbaums, des „Ursprungs Jesu<br />
Christi, des Sohnes Abrahams“, von dem<br />
bis zu eben diesem Joseph im biologischgenetischen<br />
Sinne nicht die Rede sein kann.<br />
Maria war mit Joseph verlobt, und als der<br />
Verlobte bemerkte, dass sie schwanger war,<br />
„ehe sie zusammenkamen“, beschloss er,<br />
„sich in aller Stille von ihr zu trennen“, denn<br />
er „war gerecht und wollte sie nicht bloßstellen“.<br />
Zweimal erschien ein Engel dem Joseph<br />
„im Traum“ und brachte ihm eine Botschaft<br />
Gottes: „Scheue dich nicht, Maria, deine<br />
Frau, heimzuführen, denn das in ihr Gezeugte<br />
stammt vom Heiligen Geist“ (Mt 1,20). Und:<br />
„Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter<br />
Santuario de Torreciudad (España) Sagrada Familia<br />
und flieh nach Ägypten und bleibe dort, bis<br />
ich es dir sage; denn Herodes will das Kind suchen,<br />
um es zu töten“ (Mt 2,13).<br />
Man braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen,<br />
was die beiden „im Traum“ empfangenen<br />
Befehle für Joseph bedeuteten. Die<br />
Geschichte vom winterlichen Marsch nach Betlehem<br />
zur Volkszählung, von der vergeblichen<br />
Suche nach einer Unterkunft, von der Geburt<br />
im Stall wirft genug Licht auf das Leben eines<br />
jungen Paares ohne Reichtümer in damaliger<br />
Zeit, in Palästina unter der Herrschaft der römischen<br />
Besatzungsmacht.<br />
Zwar blieben Maria, Joseph und das Kind im<br />
Machtbereich der Römer, als sie nach Ägypten<br />
emigrierten, aber die Strapazen und Schwierigkeiten<br />
des Unternehmens darf man sich<br />
doch nicht gering denken. Die Palmen-Idylle<br />
der „Ruhe auf der Flucht“, die uns Tausende<br />
von Malern, Bildhauern, Kupferstechern und<br />
Miniaturisten überliefert haben, dürfte mit der<br />
Realität diese Exodus nicht viel zu tun haben.<br />
Ganz abgesehen von der inneren Not, die es<br />
einem frommen Juden bereitet haben muss,<br />
ausgerechnet nach Ägypten zu fliehen, wo<br />
sein Volk so viel Leid hatte erfahren müssen.<br />
Vor der Flucht keine<br />
Anfrage beim Sozialamt<br />
„Gerecht“ nennt der Evangelist diesen Joseph;<br />
fromm muss der gewesen sein, im Sinne des<br />
archaischen Wortes „gottesfürchtig“, von tatbereitem<br />
Gehorsam. Denn „er stand auf, nahm<br />
das Kind und seine Mutter bei Nacht mit sich<br />
und entfloh nach Ägypten“ (Mt 2,14). Da war<br />
kein Zaudern und Zögern, keine Konsultation<br />
bei Weisen und Schriftgelehrten, keine Anfrage<br />
beim Sozialamt. Auch verlangte Joseph von<br />
Gott kein „Zeichen“, ob der Befehl auch ernst<br />
gemeint sei, wie dies einige - ihm gewiss bekannte<br />
- Gestalten aus dem alten Testament<br />
getan hatten, ohne damit Gottes Zorn zu erregen.<br />
Joseph aus dem Hause Davids - aus einem<br />
„nicht mehr regierenden“ Hause, aber sich der<br />
verpflichtenden Würde seiner Abstammung<br />
bewusst: Die Braut, die schwanger geworden<br />
war, ohne dass er das Wie und von Wem sich<br />
erklären konnte, sollte in aller Stille zu ihren<br />
Eltern zurückgeschickt werden, ohne öffentliches<br />
Aufsehen, ohne Skandal. Erklärungen<br />
verlangte er nicht, diskret und gelassen sollte<br />
die gute Ordnung wiederhergestellt werden.<br />
Ein Mann des Wortes scheint Joseph überhaupt<br />
nicht gewesen zu sein. Als er nach dreitägigem<br />
Suchen das Kind Jesus bei der Disputation<br />
im Tempel wiederfindet, überlässt er es<br />
der Mutter, die Frage zu stellen: „Kind, warum<br />
hast du uns das angetan?“<br />
Der Überlieferung nach war Joseph Zimmermann.<br />
Volkstümlicher Legende entspricht es,<br />
sich das häusliche Leben in Nazareth, wo die<br />
Familie nach der Rückkehr aus Ägypten Wohnung<br />
nahm, bescheiden, ja ärmlich auszumalen.<br />
Aber die Historiker belehren uns, dass der<br />
Zimmermann im alten Palästina nicht nur ein<br />
besonders angesehener und wichtiger, sondern<br />
dem „gehobenen Mittelstand“ zuzurechnender<br />
Beruf war, vergleichbar mit dem heutigen<br />
Baumeister, ja dem Architekten. Holz<br />
war der seltenste, kostbarste und für den „gehobenen“<br />
Hausbau entscheidende Werkstoff.<br />
Da es wenig technisch verwendbares Holz<br />
gab, musste sorgfältig geplant, sparsam gewirtschaftet<br />
werden.<br />
Der Zimmermann, der mit einem Minimum<br />
an Holz auskam, um ein tragfähiges Gerüst<br />
für den fachwerk-ähnlichen Lehmziegelbau<br />
zu errichten, war der gesuchteste Handwerker.<br />
Von ihm hing es ab, was das Ganze kostete,<br />
wie wohnlich es wurde, wie lange es hielt.<br />
Vom „Proletarier“, vom „Niedervolk“ (Friedrich<br />
Heer), von einer „Randexistenz“ hatte der<br />
Zimmermann der Zeitenwende nichts an sich.
JOSEFSTUDIEN 7<br />
Bayern<br />
Er war selbstständig, auf eigene Rechnung<br />
und Gefahr, ein „Klein-Unternehmer“. Reich<br />
mag er allerdings auch nicht gewesen sein, jedenfalls<br />
nicht zur Zeit der Geburt Jesu, denn<br />
die beiden Tauben, die das Paar bei der Darstellung<br />
im Tempel opferte, entsprachen dem<br />
ermäßigten Tarif für die Nichtbegüterten. Vom<br />
Nichtstun konnte die Familie keinesfalls leben;<br />
der Gedanke, dass auch der Knabe Jesus, als<br />
er heranwuchs, in das Handwerk eingewiesen<br />
wurde und kräftig zupacken musste, ist nicht<br />
unwahrscheinlich.<br />
Sucht man sich aus diesen Einzelzügen, alle bibelkritischen<br />
Einwände auf sich beruhen lassend,<br />
ein naives Bild des Mannes Joseph zusammenzusetzen,<br />
so ergibt sich das Porträt<br />
eines tüchtigen, entschlossenen, auch schwierigen<br />
Aufgaben durchaus gewachsenen Familienvaters,<br />
bei dem die Seinen gut aufgehoben<br />
sind, sich geborgen wissen und ihr Auskommen<br />
haben.<br />
Um so merkwürdiger muss es erscheinen, dass<br />
dieser von dem Evangelisten recht deutlich gezeichnete<br />
Mann schon in der frühen Kunst in<br />
der byzantinischen Überlieferung und schließlich<br />
in den Darstellungen auch des „westlichen“<br />
Mittelalters vorzugsweise als ein alter,<br />
greisenhaft müder Mann erscheint, gelegentlich<br />
mit einer Schlafmütze angetan, eine Laterne<br />
in der Hand, dem Nachtwächter der<br />
spitzgiebligen Kleinstadt bis zur Karikatur angenähert.<br />
In der von Byzanz abhängigen russischen<br />
und griechischen Malerei des Mittelalters<br />
ereignet sich die Geburt Jesu in einer<br />
Höhle; Ochs und Esel (Heidentum und Judentum)<br />
sind näher bei der Mutter und dem Kind<br />
als der weißhaarige Joseph, der in der Regel<br />
draußen vor der Höhle sitzt und mit kummervollen<br />
Blicken vor sich hin oder in das Feuer<br />
starrt, auf dem das Wasser für das erste Bad<br />
des Neugeborenen erwärmt wird.<br />
Wird Joseph deshalb als Halb-Schlafender geschildert,<br />
weil die beiden Aufforderungen,<br />
die an ihn ergehen, „im Traum“ geschehen?<br />
Oder blickt er „abwesend“, weil er mit dem<br />
Kinde, um das es geht, „eigentlich“ nichts zu<br />
tun hat? Der Evangelist sagt klar genug, wie<br />
entscheidend die Rolle dieses Mannes, der da<br />
durch Gottes Ratschluss in die Heilsgeschichte<br />
hineingezogen wird, für das Schicksal des Kindes<br />
ist.<br />
Aus dem ersten Jahrtausend ist keine Darstellung<br />
Josephs bekannt, die das Oberhaupt der<br />
Heiligen Familie als Einzelfigur zeigte. Fast nur<br />
als eine Nebengestalt der Weihnachtsgeschichte<br />
erscheint er, als Statist der Szene von Betlehem<br />
oder der Anbetung der Weisen aus dem<br />
Morgenland, bescheiden im Hintergrund, demütig<br />
geneigten Blickes oder abwartend, den<br />
Kopf aufgestützt, als kämpfe er mit Problemen,<br />
die zu begreifen er längst aufgegeben hat.<br />
Mit der Renaissance und dem Manierismus tauchen<br />
erstmals Darstellungen der heiligen Familie<br />
auf, in denen Joseph als Mann in der Vollkraft<br />
der Jahre dasteht, nur wenig älter als die<br />
jugendliche Mutter, nicht mehr als gebeugter<br />
Greis am Rande des Lebens und Geschehens.<br />
Die Detailfreudigkeit des ausgehenden Mittelalters<br />
versetzt ihn in die behagliche Werkstatt<br />
eines zunftgerechten stadtbürgerlichen Zimmermanns:<br />
vornehm gekleidet, mit allen nur<br />
denkbaren Werkzeugen ausgerüstet. Das offene<br />
Fenster erlaubt es, die bevorzugte Lage<br />
des Hauses am Marktplatz der Stadt zu erkennen.<br />
Ganz konzentriert auf das Holzstück, das<br />
er gerade bearbeitet und dem Betrachter vorzeigt,<br />
präsentiert er doch gleichzeitig seine geglückte<br />
Einordnung in den bürgerlichen Kosmos<br />
der Stadt, für deren Bewohner er da ist,<br />
als Zimmermann wie als heiliger Schutzherr.<br />
Erst das Barockzeitalter „entdeckt“ Joseph den<br />
Vater und Erzieher, den Beschützer und Verteidiger<br />
der Familie, das Vorbild der Väter, aller<br />
Väter, auch besonders der „Landesväter“. Gerade<br />
weil er nicht der leibliche Vater des Kindes<br />
Jesus ist, weil die Vaterschaft ihm durch<br />
Gottes Willen aufgetragen wurde, kann die<br />
patriarchalisch-christliche Variante des landesfürstlichen<br />
Absolutismus auf ihn als Patron<br />
und zugleich als legitimierendes Symbol zurückgreifen.<br />
Jetzt tauchen die Statuen und Gemälde,<br />
ja ganze Altäre auf, die Joseph als Einzelpersönlichkeit<br />
in den Mittelpunkt stellen,<br />
manchmal mit dem Kind auf dem Arm; statt<br />
Senkblei und Winkelmaß, Axt oder Säge, die<br />
den Zimmermann charakterisierten, ist es jetzt<br />
die Lilie der Unschuld, der Herzensreinheit, die<br />
seine Zuordnung zum Stand der „Bekenner“<br />
ausdrückt.<br />
Die „Aufwertung“ des heiligen Joseph gehört<br />
zu den erstaunlichsten Ereignissen der barocken<br />
Frömmigkeitsgeschichte. Sie war vorbereitet<br />
durch die Visionen der heiligen Birgitta<br />
von Schweden, auch durch die besondere<br />
Verehrung, die Theresia von Avila dem Nährvater<br />
entgegenbrachte; ihre erste eigene Klostergründung<br />
stellte sie unter seine Schutzherrschaft.<br />
Aufstieg zum Patron<br />
von Staaten und Ländern<br />
Erst im Barock wurde der Josephstag zum liturgischen<br />
Feiertag, und wenn bis heute an<br />
„Josefi“ (19. März) in Bayern und Österreich<br />
der Gottesdienst mit besonderer Feierlichkeit<br />
gehalten wird, so hat das denselben Grund<br />
wie die Häufigkeit des Namens Josef: Kur pfalz<br />
und Habsburg wählten den Familienvater<br />
Joseph zum Patron ihrer Länder, unterstellten<br />
diese seiner geistlichen Obhut. Pfarreien und<br />
Vereine schlossen sich an. Wie der Name Hans<br />
für den deutschen Norden, so wurde der Name<br />
Sepp für den deutschen Süden zur Abkürzung<br />
für den volkstümlichen Jedermann.<br />
In seinen Studien zur Volksfrömmigkeit des Barock<br />
kommt Andreas Ludwig Veit zu der Feststellung,<br />
dass dieser Wandel in der Auffassung<br />
des heiligen Joseph seinen tieferen Grund findet<br />
in der Entwicklung einer neuzeitlichen Philosophie<br />
vom Staat: Der tatkräftige, in jeder Situation<br />
zuverlässige Familienvater, der, nicht<br />
ohne Bewusstsein seiner bedeutenden Position,<br />
das göttliche Kind auf dem Arm trägt und<br />
der Menschheit darbietet, wird „Träger einer<br />
neuen Kulturidee, nämlich jener der Väterlichkeit“,<br />
Sinnbild für den „Vatergedanken, für<br />
den die Staatstheorie des Barock sehr großes<br />
Verständnis hatte“.<br />
Die Romantik führt die Josephs-Verehrung des<br />
17. und 18. Jahrhunderts auf ihre Weise weiter.<br />
In Clemens Brentanos „Romanzen vom<br />
Rosenkranz“ spielt das Haupt der Heiligen Familie<br />
bei den gefahrvoll-verworrenen Ereignissen<br />
der Flucht eine führende Rolle. Die nazarenische<br />
Kunst betont das Idyllische, Bürgerliche,<br />
Familiäre noch stärker. Im Bemühen, den Bedürfnissen<br />
des Industriezeitalters Rechnung<br />
zu tragen, heben Kirche und kirchliche Kunst<br />
den „Arbeiter“ Joseph hervor. Papst Johannes<br />
XXIII. fügt den Namen Joseph in den Kanon<br />
der Messe ein, im „Hochgebet I“, dem „römischen<br />
Kanon“, hat er die Liturgie-Neuordnung<br />
nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil<br />
heil überstanden.<br />
Wenn es zutrifft, dass sich in unserer Zeit aus<br />
der heftigen Gärung der Vorstellungen von<br />
„Geschlechterrollen“, von Emanzipation und<br />
Gleichheit, von Patriarchat und Matriarchat,<br />
von „Männlichkeitswahn“ und „womans lib“,<br />
allmählich wieder ein neuer Begriff von „Väterlichkeit“<br />
herauskristallisiert, dürfte auch der<br />
heilige Joseph Aussicht haben, sich als Symbolgestalt<br />
einer solchen „neuen Väterlichkeit“<br />
zu erweisen, in der sich Demut (als Mut zum<br />
Dienen) und Entschlossenheit, Gottesfurcht,<br />
Standhaftigkeit und Diskretion zur Einheit verbinden.<br />
Bayern
8 JOSEFSTUDIEN<br />
Hinweise<br />
Tagung des IMAK<br />
Vom 28. April bis zum 1. Mai dieses<br />
Jahres ist das 25. Jubiläum der<br />
IMAK-Tagungen. Wir erhoffen uns<br />
eine große Beteiligung, mit möglichst allen<br />
Mitgliedern des IMAK, um gemeinsam Gott zu<br />
danken. Selbstverständlich sind auch andere<br />
Interessenten an unserer Arbeit zur Ehre Marias<br />
sehr willkommen. Das Thema der Tagung<br />
Maria in den christlichen Konfessionen<br />
wird von Spezialisten gestaltet und am Ende<br />
mit einem Podiumsgespräch noch einmal beleuchtet:<br />
Metropolit Dr. Serafim Joanta, Prof.<br />
Dr. Dr. Jutta Burggraf, Prof Dr. Jozef Krupa,<br />
Sr. Lutgart Govaert und Dr. Josef Wienecke.<br />
Bitte melden Sie sich bis zum 1. April 2006 an<br />
beim Internationalen Mariologischen <strong>Arbeitskreis</strong>,<br />
Maasstr. 2, 47623 <strong>Kevelaer</strong>, E-mail: mail@<br />
imak-kevelaer.de<br />
Wallfahrt nach Rom, Pompeji, Loreto<br />
und Einsiedeln<br />
Vom 5. bis zum 14. Juni wird die diesjährige<br />
Wallfahrt des IMAK uns durch Verona, Bologna,<br />
Florenz, Orvieto nach Rom bringen. Dort<br />
haben wir zwei volle Tage für Besichtigungen<br />
der vier Hauptkirchen, einer Katakombe und,<br />
wenn es möglich ist, eine Audienz beim Hl.<br />
Vater. Von Rom fahren wir über Montecassino,<br />
Sorrent und die Amalfiküste bis Pompeji, wo wir<br />
die Basilika des Rosenkranzes besichtigen. Bei<br />
der Rückfahrt werden wir in Loreto, Ancona,<br />
Mailand und Einsiedeln Aufenthalt machen.<br />
Die Hl. Messe jeden Tag und das Gebet des<br />
Rosenkranzes sind aber die Höhepunkte. Bitte<br />
melden Sie sich rechtzeitig an beim Internationalen<br />
Mariologischen <strong>Arbeitskreis</strong>, Maasstr. 2,<br />
47623 <strong>Kevelaer</strong>, E-mail: mail@imak-kevelaer.<br />
de. Bis zum 15. April 2006!<br />
Gedicht<br />
Gott möge vermehren<br />
Joseph, Mann, den Gott erwählte,<br />
weil Du fromm warst und gerecht;<br />
denn nur Königliches zählte<br />
aus Davidischen Geschlecht.<br />
Schautest träumend solche Boten,<br />
die Dir wiesen Pfad und Ziel,<br />
um Dein Leben auszuloten,<br />
wurde Dir kein Weg zu viel.<br />
Wahrtest das Geheimnis derer,<br />
die verlobt, Dir anvertraut:<br />
wurdest dadurch der Ernährer<br />
dessen, dem Du selbst geglaubt.<br />
Du stärkst jeden durchzuhalten<br />
Hoffend bis ans Ziel der Zeit:<br />
Bittend wir die Hände falten -<br />
Beispiel treuer Heiligkeit:<br />
Hilf uns, Joseph, wie ein Vater,<br />
der Du still gingst Deinen Schritt!<br />
Führe, himmlischer Berater,<br />
Deines Sohnes Kirche mit!<br />
Stütz‘ uns, wenn wir danach handeln,<br />
wie Christus lehrt, stets gut zu sein.<br />
Die Liebe soll das Leben wandeln,<br />
dann sind im Tod wir nicht allein.<br />
Du wirst uns einst gewiss empfangen<br />
Mit denen wir verbunden sind -<br />
Dass wir wie Du zu Gott gelangen,<br />
weil jeder von uns ist Sein Kind.<br />
So rufen wir in dem Vertrauen -<br />
und anderes wird nicht gehört -<br />
mit Dir und Deiner Braut wir bauen,<br />
was ewig bleibt uns unzerstört.<br />
Ein Gedicht vom P. Josef Kohlhaas ss. cc. 19. März 2005<br />
Impressum<br />
MARIOLOGISCHES<br />
Verbandssparkasse<br />
Goch-<strong>Kevelaer</strong>-Weeze<br />
Kto-Nr. 236 075<br />
BLZ 322 500 50<br />
<strong>Internationaler</strong> <strong>Mariologischer</strong><br />
<strong>Arbeitskreis</strong>, <strong>Kevelaer</strong> e.V.<br />
www.imak-kevelaer.de<br />
mail@imak-kevelaer.de<br />
Maasstraße 2<br />
47623 <strong>Kevelaer</strong><br />
Telefon 02832 799900<br />
Fax 02832 978202<br />
Verantwortlich für den Inhalt:<br />
Dr. German Rovira<br />
Prof. Dr. Dr. Jutta Burggraf<br />
Layout und Druck:<br />
Louis Hofmann Druck- u.<br />
Verlagshaus<br />
96242 Sonnefeld<br />
Santuario de Torreciudad (España) Sagrada Familia