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Herbst 2011 - Christusgemeinde Freiburg

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10<br />

Kirche, Kultur, Kunst<br />

Ernst Lange – wer war er eigentlich?<br />

Etwas pointiert mag man ihn mit zwei<br />

Stichworten charakterisieren: Er war ein<br />

kirchlich-theologisches Wunderkind,<br />

früh vollendet gewissermaßen und doch<br />

zeitlebens „unfertig“ und voller Unruhe<br />

auf dem Weg zu neuen Erkenntnissen.<br />

Mit allen Begleiterscheinungen an hohen<br />

Begabungen und auch Gefährdungen, die<br />

Wunderkindern oft eigen sind. Und er war<br />

ein Prophet, der im eigenen Land vielleicht<br />

nicht nichts, aber doch wenig galt.<br />

1927 in München in ein bildungsbürgerliches<br />

Professorenhaus hineingeboren, verlor<br />

Ernst Lange als Achtjähriger seine Mutter,<br />

die als Jüdin, zur Scheidung von ihrem<br />

Mann gezwungen, in Nazi-Deutschland<br />

für sich keine Perspektive mehr sah und<br />

sich das Leben nahm. Diese Erfahrung hat<br />

sich ihm für sein ganzes Leben eingegraben.<br />

Immer wieder von Phasen schwerer<br />

Depressionen gequält, sah er sich 1974 am<br />

Ende seiner Kräfte und Hoffnungen und<br />

wählte den Weg der Mutter.<br />

Dazwischen lag ein 47 Jahre währendes<br />

Leben voller Dynamik und Erschöpfung,<br />

Kreativität und Lähmung. Gewissermaßen<br />

kann man sagen, dass sich in Ernst Lange<br />

als Person verdichtet, was typisch für das<br />

Protestantische ist, und dessen Stärke und<br />

Schwäche zugleich. Nämlich eine ausgeprägte<br />

Sensibilität für die Welt, für die<br />

Zeitläufte – also das, was in der theologischen<br />

Sprache das „prophetische Amt“ der<br />

Kirche genannt wird und wofür exemplarisch<br />

etwa die Evangelischen Kirchentage<br />

stehen. Dauernd sensibel für die umgebende<br />

Welt zu sein, immer die Antennen ausgefahren<br />

haben, das ist freilich anstrengend.<br />

Wir Protestanten sind gewissermaßen die<br />

Unruhestifter, die Anstrengenden unter den<br />

christlichen Konfessionen. Und manchmal<br />

überanstrengen wir uns und einander auch.<br />

So auch Ernst Lange. Seine Überwachheit<br />

und Kreativität hatte die Kehrseite einer<br />

immer wiederkehrenden Selbstüberforderung.<br />

So hat er in unterschiedlichsten<br />

Arbeitsfeldern gewirkt, aber nirgendwo<br />

sehr lange, immer wieder trieb ihn sein<br />

unruhiger Geist zu neuen Aktivitäten. Und<br />

doch ergeben die verschiedenen Stationen<br />

seines beruflichen Wegs in der Kirche<br />

auf eigentümliche Weise ein Ganzes. Ernst<br />

Lange war bedeutend vor allem in dreierlei<br />

Hinsicht: als Vordenker einer Kirchenreform<br />

– als theologischer Lehrer – als<br />

Ökumeniker.<br />

Foto: Ursula Merck

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