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BJV Report 4 / 2013 - Bayerischer Journalisten Verband

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Titel<br />

Spitzenkandidaten<br />

dürfen die Redaktionen<br />

besuchen,<br />

aber dort keine<br />

08/15-Statements<br />

abgeben. Sie müssen<br />

sich vielmehr mit den<br />

Fragen der jeweiligen<br />

Leser beschäftigen.<br />

Von links:<br />

Christian Ude (SPD),<br />

Tanja Schweiger<br />

(Freie Wähler),<br />

Horst Seehofer (CSU)<br />

und Hubert Aiwanger<br />

(Freie Wähler).<br />

Fotos: Rolf Poss<br />

es doch, findet Hannah, „was die Jugend, die sich so leicht<br />

ablenken lässt, braucht“.<br />

Nur leider war Piazolo auf diese schnelle Nummer –<br />

der Zuschauer bekommt einen neunminütigen Zusammenschnitt<br />

– merkwürdigerweise nicht vorbereitet. Ob<br />

sein unkonkretes Rumschwurbeln auf die „wow, ganz<br />

schön taffen Fragen“ zurückzuführen war, wie Moderatorin<br />

Beck mutmaßte? Der Erkenntnisgewinn hält sich beim<br />

Anschauen dieser „quer“-Clips jedenfalls in Grenzen.<br />

Mehr Erkenntnis soll beim öffentlich-rechtlichen TV<br />

die übliche Routine bringen: ein TV-Duelle zwischen Ministerpräsident<br />

und Herausforderer, also Horst Seehofer<br />

und Christian Ude, ein Dreikampf zwischen den Spitzen<br />

der drei anderen größeren Parteien und ein Streitgespräch<br />

zwischen allen fünf Fraktionsvorsitzenden. Natürlich<br />

würden, so versichert BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb,<br />

in einer gesonderten Sendung auch die nicht im Maximilianeum<br />

vertretenen Parteien zu Wort kommen.<br />

Interessanter hört sich das schon beim BR-Hörfunk<br />

an, wenn Nikolaus Neumaier, Leiter Landespolitik, meint,<br />

Parteiveranstaltungen besuche man hauptsächlich, um<br />

Atmosphäre einzuholen. Der Spitzenkandidaten nehme<br />

man sich an, indem man sie begleite und nach dem Motto<br />

berichte: Ist Ilse Aigner tatsächlich das Zugpferd der CSU<br />

in Oberbayern? Wie kommt der Münchner OB Christian<br />

Ude in Franken an?<br />

Ein einfaches Konzept zum Umgang mit echten oder<br />

selbsternannten Spitzen hat Martin Wanninger, stellvertretender<br />

Chefredakteur der Passauer Neuen Presse: „Wir<br />

besuchen keine reinen Wahlkampftermine und haben<br />

auch den Kandidaten gesagt, wir sind nicht dabei, wenn<br />

sie oder ihre Politpromis Behörden oder Firmen besuchen.“<br />

Die Außenredaktionen haben freie Hand bei er<br />

Themenauswahl, Absprachen gibt es nur, um Dopplungen<br />

zu vermeiden. So sieht das auch Falk Zimmermann, Deskchef<br />

beim Fränkischen Tag in Bamberg. Regeln sollen nur<br />

einen Rahmen abstecken. Die wichtigste Regel lautet: Alles<br />

muss einen Bezug zum FT-Leser haben. So wurde eine<br />

Krypto-Party der Piraten besetzt, weil sie über Hacken<br />

informierten. Das habe Nutzwert. Wenn Sigmar Gabriel<br />

in die Redaktion kommt, solle er nicht irgendein langes<br />

politisches Statement abgeben, sondern sich zu Fragen der<br />

FT-Leser äußern.<br />

Ähnlich ergeht es Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer<br />

bei der Augsburger Allgemeinen. Wir wollen die<br />

Themenschwerpunkte selbst setzen, das sollen nicht die<br />

Politiker tun, erklärt der stellvertretende Chefredakteur<br />

Gerd Horseling. Mit Verkehrsminister Ramsauer wurde<br />

nicht über den Flughafen Berlin diskutiert, sondern über<br />

seinen Einsatz für Elektrifizierung im Allgäu. Eigenberichterstattung<br />

ist auch bei der Regionalzeitung das A und<br />

O. Lieber weniger Agenturmaterial im Mantel, sondern<br />

den Platz für lokale Geschichten nutzen. Die Süddeutsche,<br />

wie andere überregionale Blätter, gibt sogar eigene Umfragen<br />

für die Sonntagsfrage in Auftrag. Das lassen wir uns<br />

auch etwas kosten, so CvD Alexandra Borchardt.<br />

Wie alle Medien tummeln sich auch die Augsburger im<br />

Wahlkampf besonders intensiv im Internet. Sie interessiert<br />

der Umgang der Kandidaten damit: Wird die Website regelmäßig<br />

aktualisiert, entstehen Diskussionen, welchen<br />

Sprachstil verwenden die Kandidaten bei SMS-Botschaften?<br />

Natürlich werden Social Media als Betätigungsfeld eine immer<br />

größere Rolle spielen, aber auch die Chance, sich dort<br />

Infos zu holen, ist sich Falk Zimmermann sicher. Problem:<br />

Schon personell könne man nicht alles im Online-Bereich<br />

beobachten. Dank der neuen Medien werde die Infomenge<br />

wohl nach dem Last-minute-<br />

Prinzip kurz vor den Wahlen<br />

rasant steigen.<br />

Versuche, Druck auf die<br />

Redaktionen auszuüben, gibt<br />

es offenbar nicht mehr, höchstens<br />

Einzelfälle, die man ignorieren<br />

kann. Gerd Horseling<br />

dreht das sogar um: Druck?<br />

Höchstens auf die Kandidaten,<br />

weil die <strong>Journalisten</strong> vor<br />

allem im Internet die Themen<br />

setzen können. Auch Ausgewogenheit<br />

ist kein Thema<br />

mehr, versichern die Medien.<br />

Beim Bayerischen Rundfunk<br />

gibt es ausführliche Empfehlungen<br />

der juristischen Direktion<br />

und bei der Süddeutschen<br />

heißt es schlicht und einfach:<br />

Wir führen keine Strichlisten,<br />

wir s i n d ausgewogen.<br />

14 <strong>BJV</strong>report 4/<strong>2013</strong>

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