Vertrau - Rudolf Steiner Schule Aargau
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Editorial<br />
Schwerpunkt<br />
WARUM<br />
VERTRAUEN?<br />
<strong>Vertrau</strong>en hat zwei Gesichter<br />
Der marxistische Politiker Lenin, der auch<br />
einige Jahre in der Schweiz verbrachte, formulierte<br />
oft in seinen Reden den Grundsatz «<strong>Vertrau</strong>e,<br />
aber kontrolliere nach!». Die Geschichte<br />
zeigt, dass dies keine neue Idee war, denn Diktatoren<br />
aller Jahrhunderte hatten bereits das<br />
<strong>Vertrau</strong>en ganz weggelassen und sich der Kontrolle<br />
bedient, um ihre Macht zu erweitern.<br />
<strong>Vertrau</strong>en ist das Gegenteil von Kontrolle.<br />
Wenn ich vertraue, lasse ich los, ich gebe etwas<br />
in andere Hände, habe keinen Einfluss mehr,<br />
lasse Entwicklung zu. Ich kann mich zurücklehnen<br />
und die Dinge geschehen lassen. <strong>Vertrau</strong>en<br />
ist ein Geschenk, daher sprechen wir<br />
davon, dass wir «jemandem <strong>Vertrau</strong>en schenken».<br />
Dann gibt es noch das grundsätzliche <strong>Vertrau</strong>en<br />
in das Leben, in die Welt, in Gott. Dieses<br />
versuchen wir den Kindern mitzugeben. Kommen<br />
sie doch so voll <strong>Vertrau</strong>en zu uns und zum<br />
Leben überhaupt in diese Welt, wollen begeistert<br />
und freudig das aufnehmen, was die Welt<br />
ihnen geben kann. Hüten wir so lange wie<br />
möglich dieses Urvertrauen, helfen wir, dass es<br />
stark wird und wachsen kann, dass es möglichst<br />
ein Leben lang vorhält.<br />
Geben wir ihnen in der <strong>Schule</strong> viele Gelegenheiten,<br />
dass sie merken: Ich kann das ja,<br />
obwohl es am Anfang so schwierig ausgesehen<br />
hat. Ich habe mir neue Fertigkeiten erworben,<br />
eine Angst überwunden. Stärken wir ihr <strong>Vertrau</strong>en<br />
in sich selbst. Erzählen wir ihnen von<br />
Menschen, die am Schicksal gewachsen sind<br />
und ihren Weg im Leben gefunden haben.<br />
Könnten doch die Kinder am Ende der<br />
Schulzeit zur Türe hinausgehen und sagen:<br />
Was auch auf mich zukommt im Leben – ich<br />
bin bereit.<br />
Brigitte Rahmen<br />
n<br />
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16<br />
INHALT<br />
Wie das Weltvertrauen der Kinder<br />
während der Klassenlehrerzeit veranlagt<br />
und gefördert werden kann 3<br />
In der Felswand 6<br />
Menhir – Alignement – Dolmen oder<br />
<strong>Vertrau</strong>en im freien Religionsunterricht 7<br />
<strong>Vertrau</strong>en in der Circusarbeit 10<br />
Aufsätze der neunten Klasse<br />
zum Thema <strong>Vertrau</strong>en 12<br />
Kampf und <strong>Vertrau</strong>en 13<br />
Gedanken zum Thema <strong>Vertrau</strong>en:<br />
Worauf begründet sich <strong>Vertrau</strong>en? 14<br />
Von Huftieren, Tierkreis bildern und<br />
der zwölf gliedrigen Menschen gestalt 16<br />
Impressum 20<br />
Daten und Termine 23<br />
WIE DAS WELTVERTRAUEN DER KINDER<br />
WÄHREND DER KLASSENLEHRERZEIT VERANLAGT UND GEFÖRDERT WERDEN KANN<br />
«<strong>Vertrau</strong>en im ganz konkreten Sinn, individuell,<br />
einzelgestaltet, ist das Schwerste,<br />
was aus der Menschenseele sich herausringt.<br />
Aber ohne eine Pädagogik, eine Kulturpädagogik,<br />
die auf <strong>Vertrau</strong>en hin orientiert<br />
ist, kommt die Zivilisation der<br />
Menschheit nicht weiter.»<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong><br />
In den ersten Lebensjahren lebt das Kind in<br />
einem Nachklang der vorgeburtlichen Welt.<br />
Kinder bringen Impulse mit aus der geistigen<br />
Welt. Damit diese Zukunfts- und Erneuerungskräfte<br />
sich entfalten können, muss das Kind<br />
auf der Erde heimisch werden.<br />
An der <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> begleitet der<br />
Klassenlehrer (*) die Kinder in der Regel über<br />
eine längere Zeit; an unserer <strong>Schule</strong> von der<br />
ersten bis siebten Klasse. Der Klassenlehrer<br />
geht dadurch eine Verbindlichkeit im Zusammenleben<br />
mit den Kindern ein. Die Kinder<br />
bringen ihm eine grosse Offenheit, ein Urvertrauen<br />
entgegen. Daraus wächst eine Beziehung,<br />
die im Schulalltag trägt, auch wenn sie<br />
immer wieder durch Krisen geht.<br />
<strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> nennt das Verhältnis, das sich<br />
bildet zwischen dem Klassenlehrer und dem<br />
Kind «geliebte Autorität». Das Kind will naturgemäss<br />
der Autorität folgen. Als Klassenlehrer<br />
ist man immer wieder zutiefst beeindruckt, mit<br />
welcher Offenheit, Hingabe und <strong>Vertrau</strong>en die<br />
Kinder einem begegnen. Dieser kindlichen<br />
Haltung muss sich der Lehrer würdig zeigen.<br />
Selbsterziehung und Reflexion helfen ihm dabei.<br />
Das <strong>Vertrau</strong>ensverhältnis zwischen Lehrer<br />
und Schüler muss gepflegt werden. «<strong>Vertrau</strong>en<br />
bildet die seelische Hülle, innerhalb derer sich<br />
Beziehungen fördernd entwickeln können»<br />
(Wege zur Qualität, Feld 5, <strong>Vertrau</strong>en). In einer<br />
Metapher können wir ein «Beziehungskonto»<br />
beschreiben, in dem <strong>Vertrau</strong>en durch «Einzahlungen»<br />
gebildet wird. Jedes <strong>Vertrau</strong>en muss<br />
sich durch das Verhalten im Leben erfahrungsmässig<br />
bestätigen. Das Kind spürt und erahnt<br />
das Wesen seines Lehrers. Es möch te erleben,<br />
dass es sich lohnt, zu ihm aufzuschauen.<br />
(*) Der Begriff «Klassenlehrer» soll auch die weiblichen Lehrpersonen<br />
mit einschliessen.<br />
« <strong>Vertrau</strong>en<br />
bildet<br />
die seelische<br />
Hülle,<br />
innerhalb<br />
derer<br />
sich Beziehungen<br />
fördernd<br />
entwickeln<br />
können.»<br />
Diese Mitteilungen wurden<br />
mit freundlicher Unterstützung<br />
von Weleda AG gedruckt.<br />
2 <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> Mitteilungen Weihnachten 2013<br />
Mitteilungen Weihnachten 2013 <strong>Rudolf</strong> <strong>Steiner</strong> <strong>Schule</strong> <strong>Aargau</strong> 3