23.12.2013 Aufrufe

Leo ohne Liebe

Brigitta sollte Leo bewegen, wieder zu Ines, ihrer Freundin, zurückzukommen. Zum Abendbrot war sie noch bei Leo geblieben. Brigitta trank auch Wein und meinte, dann müsse sie eben mit dem Taxi nach Haus fahren. Wir lachten viel und Brigitta blieb auch nach dem Abendbrot. „Jetzt ist sowieso alles zu spät.“ meinte sie und bat mich, doch Musik aufzulegen. „Etwas Sanfteres, et­was Getrageneres, dabei kann man sich doch nicht unterhalten.“ kritisierte Bri­gitta meine Musikauswahl. Plötzlich bekam ich von ihr einen Kuss. Schelmisch lächelnd meinte sie: „Ich mag dich auch, Leo.“ und küsste mich nochmal. Jetzt war es allerdings nicht mehr oberflächlich, sondern sie küsste mich intensiv mit der Zunge. Ich ließ alles geschehen und machte mit. Gedanken an irgendwel­che Folgen oder Konsequenzen kamen mir in dem Moment nicht. Ich mochte Brigitta und es war schön mich mit ihr zu küssen, c'est tout. Mehr war es nicht. Als wir uns gelöst hatten, schauten wir uns an und smilten, als ob wir ein we­nig überrascht und stolz wären. Stolz worauf? Auf unseren Wagemut, auf unser kühnes verbotenes Unterfangen? „Nochmal?“ fragte Brigitta, was weniger eine Frage als eine Bekundung ihrer Lust dazu war.

Brigitta sollte Leo bewegen, wieder zu Ines, ihrer Freundin, zurückzukommen.
Zum Abendbrot war sie noch bei Leo geblieben. Brigitta trank auch Wein
und meinte, dann müsse sie eben mit dem Taxi nach Haus fahren. Wir lachten
viel und Brigitta blieb auch nach dem Abendbrot. „Jetzt ist sowieso alles zu
spät.“ meinte sie und bat mich, doch Musik aufzulegen. „Etwas Sanfteres,
et­was Getrageneres, dabei kann man sich doch nicht unterhalten.“ kritisierte
Bri­gitta meine Musikauswahl. Plötzlich bekam ich von ihr einen Kuss.
Schelmisch lächelnd meinte sie: „Ich mag dich auch, Leo.“ und küsste mich
nochmal. Jetzt war es allerdings nicht mehr oberflächlich, sondern sie küsste
mich intensiv mit der Zunge. Ich ließ alles geschehen und machte mit.
Gedanken an irgendwel­che Folgen oder Konsequenzen kamen mir in dem
Moment nicht. Ich mochte Brigitta und es war schön mich mit ihr zu küssen,
c'est tout. Mehr war es nicht. Als wir uns gelöst hatten, schauten wir uns an
und smilten, als ob wir ein we­nig überrascht und stolz wären. Stolz worauf?
Auf unseren Wagemut, auf unser kühnes verbotenes Unterfangen?
„Nochmal?“ fragte Brigitta, was weniger eine Frage
als eine Bekundung ihrer Lust dazu war.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

erst recht nicht mehr. Die Anlässe waren in der Regel absolut banal. Meine Frau<br />

kauft anderes Waschpulver. Wieso das denn, das, was wir bislang hatten war<br />

doch gut. Das neue sei aber besser. Woher sie das denn wissen wolle, mir habe<br />

das bisherige völlig gereicht, weil damit alles sauber geworden sei. Was man<br />

denn da noch besser machen könne. Sie habe es von einer Freundin gehört.<br />

Ob denn jetzt ihre Freundin bestimme, was wir einzukaufen hätten. Diese<br />

Diskussion konnten wir zunehmend erregter werdend eine Stunde fortführen,<br />

bis jemand absolut genervt den Raum verließ. Oft wussten wir zum Schluss<br />

schon gar nicht mehr, worum sich der ganze Streit eigentlich gedreht hatte.<br />

Keiner wurde dabei ausfällig, grob oder laut, die Hauptsache war, dass man<br />

dem anderen widersprach. Zu Anfang hatten wir anschließend noch immer das<br />

Geschehen analysiert und uns versprochen, es nicht wieder dahin kommen zu<br />

lassen, aber es schien wie eine Sucht, die uns langsam immer stärker befiel.<br />

Was hätte mich früher interessiert, welches Waschpulver wir benutzten? Ich<br />

und meine Frau ebenso können auch zu Waschpulver überhaupt nichts sagen,<br />

haben nicht die geringste Ahnung davon, aber eine Stunde darüber streiten,<br />

das können wir. Über alles können wir streiten. Es braucht nur jemand etwas<br />

zu sagen, dem der andere widersprechen könnte. Ich war der Ansicht, dass es<br />

ein Ausdruck von Problemen in unserer Beziehung sei, die wir selber nicht<br />

direkt benennen konnten. Jedenfalls verschlechterte es unser Verhältnis rapide.<br />

Ich konnte es nur noch als stressig und belastend empfinden. Kontakten<br />

versuchte ich soweit wie möglich aus dem Weg zu gehen, weil sich aus allem<br />

ein Streit entwickeln konnte. Ich verstand mich ja hinterher meistens selber<br />

nicht mehr. Warum hatte ich mich auf so eine Belanglosigkeit eingelassen, und<br />

sie für so herausragend wichtig gehalten, mich hier zu behaupten? Es geschah<br />

etwas mit mir, dass ich aus rational übergeordneter Sicht nicht gewollt hätte.<br />

Es war fast zwanghaft, aber ich konnte es während eines Streits nicht<br />

erkennen und nicht ändern. Ich verhielt mich wie ein kleiner Junge, der sich<br />

gegenüber einem besserwisserischen Erwachsenen behaupten muss. Verhielt<br />

ich mich gegenüber meiner Frau vielleicht wie ein Besserwisser. Reizte mich<br />

etwas, ihr zu erklären, wie es sich tatsächlich verhielt. Brauchte ich das für<br />

mein Ego und konnte es nicht ertragen, wenn sie es nicht akzeptierte, sondern<br />

mir widersprach? Ich weiß es nicht, so sehen konnte ich mich jedenfalls nicht.<br />

Sehen konnte ich nur, dass es nach allen Versuchen keine Perspektive für eine<br />

Verbesserung mehr gab, und unsere Beziehung nur noch darin bestand, uns<br />

gegenseitig auf die Nerven zu gehen. Alle Erinnerungen an früher konnten<br />

keinen Einfluss darauf haben. Was half es jetzt, dass wir mal sehr verliebt<br />

gewesen waren und über viele Jahre glücklich zusammen gelebt hatten. Ich<br />

konnte dem wehmütig nachtrauern, aber die Situation jetzt beeinflusste es<br />

nicht. Es war nicht mehr früher und heute war es grässlich.<br />

Wärme fehlt<br />

Jetzt bin ich allerdings der Ansicht, dass es außer den nervigen Streitereien<br />

doch noch etwas gegeben haben muss, das mir heute fehlt, und das ich vermisse.<br />

Es handelt sich nicht darum, dass ich mich einsam fühle, weil ich allein<br />

bin und niemanden hätte, mit dem ich reden könnte. Es geht nicht darum,<br />

<strong>Leo</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Liebe</strong> – Seite 4 von 34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!